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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Judika, 02.04.2017

Mariä Verkündigung
Predigt zu Lukas 1:26-38 (Dänische Perikopenordnung), verfasst von Christian Grund Sørensen

Ist es denkbar, dass Gott uns ruft?

Ist es denkbar, dass wir in der großen allumfassenden Perspektive Gottes mehr sind als zufällige Atome und überflüssige Räder in der Maschine der Gesellschaft? Ist es denkbar, dass wir in eigentlichem Sinne wirklich etwas bedeuten?

Ein Blich auf das Kreuz Golgathas kann uns daran erinnern. Er starb für uns.

Ein Blick auf Maria, hier am Tag ihrer Verkündigung, die Botschaft von der Geburt Jesu, kann uns daran erinnern, dass Gott gebrauchen kann, wen er will.

Er ist nicht begrenzt auf die Erfahrenen und Erfolgreichen. Er hat erwählt, wen er wollte.

„Fürchte dich nicht, Maria! Denn du hast Gnade vor Gott gefunden“.

Von dem Augenblick, als der Engel seine Worte zu Maria sprach, veränderte sich ihr Leben für immer. Das wird die Wirklichkeit überschreiten, den Verstand übersteigen, alle ihre Träume, Hoffnungen und Sehnsüchte herausfordern.

Und es geschah. An einem Abend oder in einer Nacht in der Stadt Nazareth in Galiläa.

„Fürchte dich nicht, Maria!“

Gott erwählte nicht einen Pastoren oder eine Fernsehstar, Gott erwählte nicht einen bestimmten Schriftsteller, einen eloquenten Demagogen oder die solide reife Mutter. Er erwählte Maria.

„Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären, dem sollst du den Namen Jesus geben. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden; und Gott der Herr wird ihm den Thron seine Vaters David geben, und er wird König sein über das Haus Jakob in Ewigkeit, und sein reich wird kein Ende haben.“

„Fürchte dich nicht, Maria!“

Und doch war die Furcht von nun an auch bei Maria. Der alte Simeon saß im Tempel und prophezeite von Jesus, als der nach acht Tagen hineingetragen wurde zur Beschneidung. „Siehe, dieser ist dazu bestimmt, dass viele in Israel fallen und viele aufstehen, und ist bestimmt zu einem Zeichen, dem widersprochen wird – und auch durch deine Seele wird ein Schwert dringen …“ (Lukas 2, 34).

In einem sehr schönen englischen Lied, „Mary, did you know“, hebt der Text die Doppelheit hervor, die darin besteht, dass Maria einerseits die begnadete ist. Die Auserwählte Gottes, Leben in die Welt zu bringen. Und zugleo9ch war sie ja nur ein ganz gewöhnliches junges Mädchen, das nun ganz Großes im Kleinen erfahren sollte.

Maria, wusstest du,

dass dein kleiner Junge eines Tages auf dem Wasser gehen würde?

Maria, wusstest du,

dass dein kleiner Junge unsere Söhne und Töchter erlösen wird?

Wusstest du,

dass dein kleiner Junge gekommen ist, um dich neu zu schaffen?

Das Kind, das du gebarst, wird dich bald neu gebären.

 

(Mary, did you know that your Baby Boy would one day walk on water? Mary, did you know that your Baby Boy would save our sons and daughters? Did you know that your Baby Boy has come to make you new? This Child that you delivered will soon deliver you.)

Maria, wusstest du,

dass dein kleiner Junge den Blinden sehend machen wird?

Maria, wusstest du,

dass dein kleiner Junge den Sturm mit seiner Hand stillen wird?

Wusstest du,

dass dein kleiner Junge unter Engeln wandelte?

Wenn du deinen kleinen Jungen küsst, hast du das Angesicht Gottes geküsst.

 

(Mary, did you know that your Baby Boy will give sight to a blind man? Mary, did you know that your Baby Boy will calm the storm with His hand? Did you know that your Baby Boy has walked where angels trod? When you kiss your little Baby you kissed the face of God?)

Maria, wusstest du,

dass dein kleiner Junge Herr ist über die ganze Schöpfung?

Maria, wusstest du,

dass dein kleiner Junge eines Tages die Welt regieren wird?

Wusstest du,

dass dein kleiner Junge das schuldfei Lamm des Himmels ist?

Das kleine Kund, das du trägst, ist der große „Ich bin“.

 

(Mary, did you know that your Baby Boy is Lord of all creation? Mary, did you know that your Baby Boy would one day rule the nations? Did you know that your Baby Boy is heaven's perfect Lamb? The sleeping Child you're holding is the great "I am")

 

“Fürchte dich nicht, Maria!” sagte der Engel.

Und Maria sagte: „Siehe, ich bin des Herren Magd, mir geschehe, wie du gesagt hast!“

Und der Engel verließ sie. Allein zurück mit der Gabe und der Aufgabe. In die Welt zu gehen. Mit Jesus an der Brust und Jesus an der Hans, und eines Tages auch an der Via Dolorosa.

Niemand von uns hat einen Ruf bekommen wir Maria.

Aber wir können so viele andere Rufe bekommen.

Gott erwählte Maria, weil er der ist, der das nimmt, was nichts ist, und es zu etwas macht, oder zu jemandem.

Nicht umsonst ist Maria so populär unter den biblischen Personen vor allem in der katholischen Welt, wo sie die fürsorgliche Seite Gottes repräsentiert. Das Mütterliche und die Nähe, das was vielleicht in einem traditionellen patriarchalischen Gottesbild nicht so hervortritt.

Wir können sagen, dass das Werk vollbracht ist und der Sohn Gottes in die Welt gekommen ist, und dank an Maria, die begnadete und herausgeforderte, weil sie es so gut gemacht hat. Respekt!

Aber ist das Werk in allen Perspektiven vollbracht? Ist Jesus Christus zu jedem Menschen gekommen? In Dänemark. In Deutschland. In dem postmodernen Gemisch verschiedener Werte und Lebensanschauungen, in denen sich Christus zutiefst verborgen hat, während andere spektakuläre Attraktionen oben schwimmen?

Haben wir vielleicht einen Ruf, den Christus, den Maria zur Welt brachte, in die Welt zu bringen, die er uns brachte?

„Fürchte dich nicht, Maria!“ heißt es. Als Kirche können wir uns in diesen Jahren in der Defensive fühlen und erleben, dass das Evangelium in unseren Gesellschaften ist wie der Inhalt in einem Waschbecken, in dem der Stöpsel herausgezogen wird. Die Botschaft befindet sich in einer ständigen Wirbelbewegung hin zum Abfluss, und nur ständige Reparatur und ständiges Nachfüllen bewirken, dass das Becken nicht eines Tages leer ist.

Maria hat ein phantastisches Leben gelebt. In einer tiefen, aber unerwarteten Interaktion mit dem lebendigen Gott. In Freude und Schmerz, aber nie in Gleichgültigkeit. Und es begann mit den spannenden Worten einer jungen Frau: „Siehe, ich bin des Herren Magd, mir geschehe, wie du gesagt hast!“

Ist es denkbar, dass Gott uns ruft?

Ist es denkbar, dass wir in der großen allumfassenden Perspektive Gottes mehr sind als zufällige Atome und überflüssige Räder in der Maschine der Gesellschaft? Ist es denkbar, dass wir in eigentlichem Sinne wirklich etwas bedeuten?

Amen.



Pastor Christian Grund Sørensen
Aalborg
E-Mail: cgs@km.dk

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