Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

10. Sonntag nach Trinitatis, 20.08.2017

Predigt zu Lukas 19:41-48 (dänische Perikopenordnung), verfasst von Lasse Rødsgaard Lauesen

Pastoren können auf Abwege geraten. Mein Weg führte mich an einem Trainingszentrum vorbei, wo ich stand und an ein paar Hanteln herumfummelte. Vor mir stand ein Herr, der nicht fummelte. Selbst große Hanteln wurden leicht hoch und runter bewegt. Das hatte ihm zwei imponierende Oberarme verschafft. Die Tätowierung auf dem einen Arm war wirklich mit großen Buchstaben geschrieben. Ich konnte meinen Blick nicht losreißen von dem, was da stand: DER KÖRPER IST MEIN TEMPEL.

Die Predigt heute muss mit diesem imponierenden Körper beginnen. Ein Körper, der der Tempel dieses Riesen geworden war. Ich kam etwas ins Nachdenken, denn war der Körper eigentlich sein Tempel oder war es das Zentrum, wo er viele Stunden zugebracht hatte, um diesen schönen Körper zu pflegen. Der Tempel, wo wir etwas geben, damit er und das gibt, was wir wünschen und nach dem wir trachten. Der Ort, an den die Wege aller vorbeigehen, weil wir mit Gott handeln und uns ein eindrucksvolles Leben verschaffen wollen. Ein Umstand, der direkt in der lateinischen Wendung do, ut des seinen Ausdruck findet: Ich gebe, damit Du gibst. Der Mann gab seine Zeit im Zentrum und bekam dafür dann diesen imponierenden Körper.

Jesus kommt heute auch im Tempel vorbei um zu beten, aber er bemerkst, dass jemand ihn zu einer Räuberhöhle gemacht hat. Räuber terrorisieren die Leute und bringen sie dazu, alles was sie haben, abzuliefern aus Angst vor dem, was ihnen passieren kann. War der Mann auch in das Center gejagt worden, um seinen Körper zu einem Tempel zu machen? War es in Wirklichkeit die Angst vor Krankheit oder davor, nicht geliebt zu werden, die ihn dazu trieb, mit Hanteln zu arbeiten? Angst und Furcht können den Menschen dazu bringen, mit dem Leben zu handeln.

Der Mann vor mir ist längst verschwunden, und ich fummele noch immer mit den Hanteln. Gott lacht nicht über meinen Versuch und verhöhnt mich nicht. Er weint, weint, wenn ich selbstgenügsam werde und glaube, dass ich mich zu einem besseren Ergebnis handeln kann. In der Liebe geht es ja nicht darum, etwas zu geben, um dafür etwas zu bekommen. Die Liebe ist umsonst und nicht käuflich, und deshalb ist ein Mensch in Bezug auf sie eigentlich machtlos. Machtlos, weil wenn man Macht braucht und seinen Willen bekommt, handelt es sich nicht um Liebe. Die Liebe droht nicht mit ihrer imponierenden Stärke, sondern sie weint, wie Jesus heute, der über Jerusalem weint.

Die Kirche ist kein Tempel, in dem wir mit Gott handeln, sie ist vielmehr der Ort, wo wir weinen, wenn das Leben gegen uns ist. Wir lachen auch und freuen uns, wenn uns ein Kind geschenkt wird oder die Liebe, die wir für Geld nicht kaufen können. Wir kommen hier her, um Gott darum zu bitten, an dem Leben teilzuhaben, vom dem wir ein Teil sind, und darauf zu hoffen, dass er uns letztlich das schenkt, was wir uns nicht erkaufen können. Amen.



Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen
DK-5000 Odense
E-Mail: lrl(at)km.dk

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