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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Sexagesimae, 04.02.2018

Predigt zu 2. Korinther 12:1-11, verfasst von Manfred Wussow

Da viele sich rühmen nach dem Fleisch, will ich mich auch rühmen.

Ich habe mehr gearbeitet, ich bin öfter gefangen gewesen, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin oft in Todesnöten gewesen.

Von Juden habe ich fünfmal erhalten vierzig Geißelhiebe weniger einen;

ich bin dreimal mit Stöcken geschlagen, einmal gesteinigt worden; dreimal habe ich Schiffbruch erlitten, einen Tag und eine Nacht trieb ich auf dem tiefen Meer.

Ich bin oft gereist, ich bin in Gefahr gewesen durch Flüsse, in Gefahr unter Räubern, in Gefahr von meinem Volk, in Gefahr von Heiden, in Gefahr in Städten, in Gefahr in Wüsten, in Gefahr auf dem Meer, in Gefahr unter falschen Brüdern;

in Mühe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durst, in viel Fasten, in Frost und Blöße;

und außer all dem noch das, was täglich auf mich einstürmt, die Sorge für alle Gemeinden.

 

Wer ist schwach, und ich werde nicht schwach? Wer wird zu Fall gebracht, und ich brenne nicht?

Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen.

 

Gerühmt muss werden; wenn es auch nichts nützt, so will ich doch kommen auf die Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn.

Ich kenne einen Menschen in Christus; vor vierzehn Jahren – ist er im Leib gewesen? Ich weiß es nicht; oder ist er außer dem Leib gewesen? Ich weiß es nicht; Gott weiß es –, da wurde derselbe entrückt bis in den dritten Himmel.

Und ich kenne denselben Menschen – ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es –,

der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann.

 

Für denselben will ich mich rühmen; für mich selbst aber will ich mich nicht rühmen, außer meiner Schwachheit.

 

Denn wenn ich mich rühmen wollte, wäre ich kein Narr; denn ich würde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit nicht jemand mich höher achte, als er an mir sieht oder von mir hört.

 

Und damit ich mich wegen der hohen Offenbarungen nicht überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe.

Seinetwegen habe ich dreimal zum Herrn gefleht, dass er von mir weiche.

Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne.

 

Darum bin ich guten Mutes in Schwachheit, in Misshandlungen, in Nöten, in Verfolgungen und Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, so bin ich stark.

 

 

 

 

 

 

Predigt

 

Ein erster Aufschrei

 

So ein langer Brief! Die Leute in Korinth schauen gespannt. Neugierig? Oder entsetzt? Wir übrigens auch. Schade, dass wir nicht mitbekommen, wie sie damals reagiert haben. Da haben wir doch noch ein wenig mehr Zeit. Für unsere Bedenken und Einreden.

Sammeln wir erste Eindrücke, stolpern wir schon über die Schilderungen von Gefahren, Strafen und Schwierigkeiten. „Mehr gearbeitet“, „tiefer verletzt“, „öfter hungrig“ – und so weiter. Satz reiht sich an Satz. Ein Superlativ an den nächsten? Eine Peinlichkeit an die andere? Irgendetwas stimmt nicht. Das Bild eines armen Menschen steigt aus den Untiefen der Worte. Armer Paulus! So redet ein Mensch nur im vertrauten Kreis aufgeregt und außer Fassung – oder wenn er wild um sich schlägt. Paulus, erzähl doch! Was ist los?

 

Korinth ist eine tolle Stadt. Eine Hafenstadt. Mit großer Geschichte. Hier pulsiert und quirlt alles. Die Menschen, die Waren – und die Ideen. Hier tut auch jeder so, als ob nicht nur die Stadt, sondern er selber der Nabel der Welt sei. Sagen wir ruhig: Kleingeister sind hier nicht zu Hause, eher die Großmäuler und Besserwisser. Die großen Philosophen sowieso. Von den großen Sportlern erst gar nicht zu reden. Alles ganz groß! Sogar die kleine christliche Gemeinde wird von einer Zerreißprobe in die nächste gerissen. Was vorgefallen ist, kann ich – leider – nicht erzählen. Ich weiß es nicht. Aber alle Indizieren deuten darauf hin, dass hier jeder größer, klüger und bedeutender ist als der andere. Nur Sonnen unter sich. Aber wo so viel Licht ist, wächst der Streit. Uneinigkeit und Fremdheit legen sich klamm über Worte und Gesten. Am Ende können Menschen nicht mehr miteinander reden – sie reden übereinander. Und gegeneinander. Dafür allerdings müssten wir nicht nach Korinth reisen.

 

Paulus ist übrigens in den Augen der meisten Menschen damals nur ein Tölpel. Zu klein. Zu ungebildet. Zu provinziell. Nicht einmal reden kann der. Apostel soll er sein? Dass wir nicht lachen! Paulus aber ringt um die Menschen, um die Gemeinde, um Korinth. Lauschen wir einmal:

 

„Ich fürchte aber, dass, wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, so auch eure Gedanken abgewendet werden von der Lauterkeit und Reinheit vor Christus.

Denn wenn einer zu euch kommt und einen andern Jesus predigt, den wir nicht gepredigt haben, oder ihr einen andern Geist empfangt, den ihr nicht empfangen habt, oder ein anderes Evangelium, das ihr nicht angenommen habt, so ertragt ihr das recht gern!

Ich meine doch, dass ich den Überaposteln in nichts nachstehe.

Und wenn ich schon ungeschickt bin in der Rede, so bin ich's doch nicht in der Erkenntnis; sondern in jeder Weise und vor allen haben wir sie bei euch kundgetan.“ (2. Kor. 11,3-6)

 

Eine feine Ironie: Dass ich den Überaposteln in nichts nachstehe …

Nein, Paulus muss sich verteidigen. Die Ahnung, dass er so weit ausholt, um die Dinge auf den Punkt zu bringen, verwandelt sich in Gewissheit. Wie Paulus das aber  macht, ist ein Lehrstück, ein Paradebeispiel - große Kunst. In einer Konfliktgeschichte.

 

 

Ruhm bricht Ruhm

 

Als geheimes Thema – am Ende ist es dann so geheim nicht mehr – schält sich das Thema „Ruhm“ heraus. Die Leute in Korinth sind auf Ruhm aus. Sie brauchen Ruhm. Sie sind im Bann von Ruhm. Ruhm beschert Größe, Ruhm hebt heraus, Ruhm macht einmalig. Menschlich kommt mir das alles sehr vertraut vor. Dass Ruhm unterschiedliche Gesichter hat, weiß ich wohl. Dass die größte Kunst des Ruhmes ist, sich klein zu machen oder sich gar zu verstecken, ist mir auch nicht entgangen. Dass ich für Ruhm anfällig bin, kann ich nicht ausschließen. Aber dass Ruhm die Einsamkeit braucht – und einsam macht, machen will – ist nicht nur ein Wermutstropfen  - das macht den Ruhm zum Boten des Todes.

 

Paulus spielt das durch. „Da viele sich rühmen nach dem Fleisch, will ich mich auch rühmen.

Ich habe mehr gearbeitet, ich bin öfter gefangen gewesen, ich habe mehr Schläge erlitten, ich bin oft in Todesnöten gewesen…“ In dieser Tonlage geht es weiter. Nicht nur, dass dieser Ruhm zu stinken anfängt – er symbolisiert geradezu den Tod. Die Vergänglichkeit. Die Hilflosigkeit. Ich will mich auch rühmen – und unter der Hand erscheint ein ganz anderer Ruhm: „Wenn ich mich denn rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen“ (11,30). Ausgiebig und mutig führt Paulus die Gedankengänge seiner „Korinther“ ad absurdum. Paulus geht vom Hölzchen aufs Stöckchen, um alles auszuhebeln, womit sich ein Mensch wichtig, groß und unersetzlich machen will. Durchgedacht, nacherzählt, vorgetragen ist nichts mehr mit „mehr“, „tiefer“ und „öfter“  zu beschreiben – nichts mehr ist größer, würdiger und spektakulärer. Paulus hat das Ende gesehen, sein Ende. Und seine Schwachheit. Seine Verlorenheit. „Gott, der Vater des Herrn Jesus, der gelobt sei in Ewigkeit, weiß, dass ich nicht lüge“ (11,31). Es gibt keine Zuflucht als die eine – bei Gott. Er hat auch andere Maßstäbe von Größe und Stärke, von Bedeutung und Kraft. Andere Maßstäbe als die der klugen Leute, aber auch die der dummen Leute.

 

Ob Paulus den Propheten Jeremia gekannt hat? Persönlich gewiss nicht – Jahrhunderte liegen zwischen ihnen -, aber seine Predigten haben ihn wohl beeindruckt. Hören wir einmal kurz in eine Predigt von Jeremia hinein:

 

So spricht der HERR:

Ein Weiser rühme sich nicht seiner Weisheit,

ein Starker rühme sich nicht seiner Stärke,

ein Reicher rühme sich nicht seines Reichtums.

Sondern wer sich rühmen will, der rühme sich dessen,

dass er klug sei und mich kenne,

dass ich der HERR bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden;

denn solches gefällt mir, spricht der HERR.

(Jeremia 9,22-23)

 

Dass ich der Herr bin, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden …

Richtig schwach ist die Liebe – und die ist so stark, dass sie es sogar mit dem Tod aufnimmt. Nur sie kann das! Kein Wunder, dass Gott selbst als DIE Liebe beschrieben wird!

 

Wie in einem Spiegel sehen wir – Korinth haben wir längst verlassen – unsere eigenen großen Ambitionen und Träume, unsere Leistungen und Erwartungen in ihrer Schwachheit. Aber auch in ihrer Schönheit. Auf dem ersten Blick genieße ich das richtig, aus dem Teufelskreislauf der Ruhmessüchtigen ausbrechen zu können, auf dem zweiten Blick bleibt es befremdlich, sich seiner Schwachheit zu rühmen. Was die Historiker wohl dazu sagen? Geschichte ist doch auf weiten Strecken immer noch die Geschichte der großen Männer. Sie wird geschmiedet. Durch Blut und Eisen. Kaum formuliert, brechen die Worte auch schon in sich zusammen. Längst ist nicht mehr ausgemacht, was Größe ist – und die berühmten großen Männer haben Blutspuren hinterlassen, über die die Erde klagt, über die Menschen weinen. Nichts ist so unheimlich wie die große Geschichte. Nicht so ersehnt wie eine Liebesgeschichte. Paulus geht mit dem Wort Liebe sehr behutsam und vorsichtig um. Er nimmt es nicht leichtfertig in den Mund. Aber alles, was er uns schreibt, gleicht einer Übersetzung des wirklich großen Wortes „Liebe“. Heroen haben hier keinen Platz, obwohl sie in unseren modernen Götterhimmeln immer noch fest auf ihren Sockeln stehen. Paulus hat sich aus diesem Raum stillschweigend und doch lauthals entfernt. „Wenn ich mich rühmen soll, will ich mich meiner Schwachheit rühmen“ (11,30).

 

Sollte sich jetzt der Eindruck einstellen, Schwäche heilig zu sprechen, nur weil sie schwach ist, müssten wir doch genauer hinschauen. Schwach ist der Mensch, der nicht mehr auf seine eigenen Verdienste und Leistungen baut – und sie auch nicht mehr vor sich hinträgt -, aber Gottes Geheimnis gesehen hat! Das ist so viel mehr als nur von leeren Händen zu reden. Gottes Geheimnis gesehen zu haben, macht groß und schön. Es ist eine mächtige Schwachheit, die den Himmel auszumessen versteht. Doch mein Ruhm ist das nicht. Mein Ruhm wird es auch nie werden. Gott lässt sich sehen!

Es ist sein Ruhm, seine Herrlichkeit. Aber die teilt er mit mir.

 

Während die Ruhmestaten, Ruhmesworte, Ruhmeslorbeeren in den vielen Geschichten verwelken, wird uns ein anderer Ruhm geschenkt:  Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig! (12,9).

 

 

In den Himmel entrückt

 

Ich stelle mir vor, wie die Leute in Korinth auf ihren Stühlen rutschen. Wie lange soll das jetzt noch so weiter gehen? Ist der Brief nicht bald am Ende? Zeig her – wieviel kommt noch? Doch unheimlich und befremdlich mag uns das alles auch anmuten. Bestimmte Vorstellungen und Sätze sind uns zwar als Evangelische so in Fleisch und Blut eingegangen, dass wir nicht offen widersprechen möchten, aber letztlich zählt auch bei uns nur, was jemand leistet oder geleistet hat. Alle Begleiterscheinungen eingeschlossen. Menschen sind Konkurrenten. Menschen müssen kämpfen. Menschen müssen sich vergleichen. Aus der Psychologie wissen wir, wie wichtig das sogar ist – und wie gut für alle Beteiligten.

 

Korinth ist also so weit nicht weg. Eine pulsierende, lebendige, dynamische Stadt – viele Städte bei uns möchten das auch sein. Als Kirchengemeinde sind wir mittendrin. Überwiegend als „Mittelstandskirche“. Und abhängig sind wir auch. Von Kirchensteuereinnahmen, von dem guten Verhältnis von Staat und Kirche, von dem Wohlwollen der Zivilgesellschaft. Was aber können wir einbringen, wenn der Abstand zwischen reich und arm als immer größer wahrgenommen wird? Wenn Menschen in der sog. Leistungsgesellschaft nicht mehr mitkommen? Wenn sog. Flüchtlinge als Bedrohung instrumentalisiert werden? Fairerweise sind wir auch keine Kirche mehr in „Gründungsphase“ – wie in Korinth. Wir sind eher in die Jahre gekommen. Manchmal beschwören wir auch die große Geschichte herauf. Mit Jubiläen, Festakten und Ausstellungen. Irgendwann sind dann die Buden abgebaut.

 

Paulus schenkt uns einen Blick in den Himmel. Paulus erzählt:

 „Ich kenne einen Menschen in Christus; vor vierzehn Jahren – ist er im Leib gewesen? Ich weiß es nicht; oder ist er außer dem Leib gewesen? Ich weiß es nicht; Gott weiß es –, da wurde derselbe entrückt bis in den dritten Himmel.

Und ich kenne denselben Menschen – ob er im Leib oder außer dem Leib gewesen ist, weiß ich nicht; Gott weiß es –,

der wurde entrückt in das Paradies und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann.“

 

Wollen Sie wissen, wer dieser Mensch ist? Haben Sie vielleicht eine Ahnung? Warum nennt Paulus nicht den Namen? Oder ist es in Korinth egal, weil die Leute dort diesen Typen sowieso nicht kennen können? Eine große Überraschung: Paulus spricht von sich. Paulus spricht von seiner Bekehrung. Lass es 14 Jahre zurück sein – ich wurde in das Paradies entrückt und hörte unaussprechliche Worte, die kein Mensch sagen kann. Die Umstände und Begleiterscheinungen lassen sich nicht mehr so genau ausmachen. In der Apostelgeschichte ist von einem überwältigendem Licht die Rede – und dass der Christenschlächter und Terrorist Saulus vom hohen Ross stürzt. Drei Tage ist er blind (wie tot) – dann erlebt er seine Auferstehung. Im Brief finden wir nur eine Spur, fast schon ein Versteckspiel. Aber mehrfach heißt es: Gott weiß es. Paulus ist nicht einmal Herr seiner Lebensgeschichte. Er schwankt zwischen „Ich weiß es nicht“ und „Gott weiß es“. Doch die Entrückung in den Himmel gibt seinem Leben eine neue Wendung. Wer in den Himmel entrückt wird, kann mit einer anderen Welt in Kopf und Herzen auf der Erde leben – und Briefe schreiben. Wie den Brief heute. Es ist, als ob Paulus nicht nur die Feder, sondern auch die Gedanken im Himmel vorgefunden hat. Ein Geschenk. Eine Offenbarung.

 

Paulus schreibt in seinem Brief offen davon, dass er einen Pfahl im Fleisch hat. Etwas tut ihm weh. Etwas tut ihm dauernd weh. Ist er krank? Traumatisiert? Verletzt? Vielleicht ist es auch nur die eigene Lebensgeschichte mit den großen Schatten, die ihm wie ein Makel, wie eine Wunde anhaftet. Die Rätsel lösen wir heute nicht auf. Für Paulus ist dieser Schmerz, den er nicht weiter beschreibt, ein lebendiger Hinweis, sich nicht zu erheben, sich nicht zu erhöhen, sich nicht stark und unanfechtbar zu fühlen. Dreimal – die drei steht für Nacht, für Qual, für Tod – habe er Gott gebeten, ihm den Schmerz zu nehmen.

„Und er hat zu mir gesagt: Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit. Darum will ich mich am allerliebsten rühmen meiner Schwachheit, auf dass die Kraft Christi bei mir wohne.“ (12,9)

 

Ich liebe Entrückungsgeschichten. Wie diese, von Paulus erzählt. Es ist eine verrückte Geschichte. Es ist eine Geschichte, in der alles ver-rückt wird. Nichts bleibt auf seinem angestammten Platz. Die Dinge nicht, Menschen nicht, Gott nicht. Die Bewegung, die im Himmel beginnt und dort auch immer zu Hause ist, gibt allen menschlichen Erfahrungen und Planungen eine neue Richtung. Unsere Bilder von Groß und Klein, hoch und niedrig, gelungen und misslungen werden erst ver-rückt, dann sehen wir Menschen in Gottes Licht und Herrlichkeit. Die Großen werden dann klein, die Kleinen groß.

Die Einheimischen werden zu Fremden, die Fremden zu Einheimischen. Die Verlierer zu Gewinnern,

die Gewinner zu Verlierern. Paulus: „Gerühmt muss werden; wenn es auch nichts nützt, so will ich doch kommen auf die Erscheinungen und Offenbarungen des Herrn.

Ich kenne einen Menschen in Christus…“

 

Einen Menschen in Christus kennen, sich (selbst) in Christus kennen – so beginnt eine, so beginnt die Himmelsgeschichte.

Lass dir an meiner Gnade genügen; denn meine Kraft vollendet sich in der Schwachheit.

Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Heißt es in der alten Lutherübersetzung. Ein Paradox.

Genau genommen, lässt Gott sich nur in der Schwachheit, nur bei den Schwachen finden. Die großen, starken, übermächtigen Menschen haben mit sich genug – und auch genug mit sich zu tun. Gott brauchen sie nicht, und wenn, nur als Projektionsfläche, als Dekor, als Machtmittel. Gott selbst begibt sich in die Schwachheit. Er wird schwach. Schwach wie ein Kind, schwach wie ein Aufgehenkter, schwach wie ein Verworfener. Doch am dritten Tag überwindet er den Tod. Bei Paulus spielt die Zahl „drei“ tatsächlich auch die Hauptrolle: 3 Tage blind, 3 mal um Hilfe gebeten – und eben im dritten Himmel. Mit der Zahl „drei“ wird die Auferstehung gezählt. 1, 2, 3!

 

Das Lob der Schwachheit

 

So ein langer Brief! Die Leute in Korinth schauen gespannt. Neugierig? Oder entsetzt? Wir übrigens auch. Wie die Leute damals reagiert haben, wird uns nicht erzählt. Wie reagieren wir?

Sammeln wir die letzten Eindrücke, finden wir in einer ver-rückten Welt die Spuren des Himmels, bewerten wir Größe neu und entdecken Gottes Kraft in der Schwachheit (und in Schwachen!). Paulus, erzähl doch! Was ist los?

 

Und Paulus schreibt:

„Zuletzt, Brüder und Schwestern, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein.

Grüßt euch untereinander mit dem heiligen Kuss. Es grüßen euch alle Heiligen.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen!“ (13,13)



Manfred Wussow
Aachen, Deutschland
E-Mail: M.Wussow@gmx.de

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