Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

20. Sonntag nach Trinitatis, 14.10.2018

Predigt zu Matthäus 21:28-44 (Jes. 5,1-7; Röm. 11,25-32)- dänische Perikopenordnung, verfasst von Eva Tøjner Götke

 

 

Es gibt ein Wort, das immer wieder in vielen alten Gebeten vorkommt, die wir in den Gottesdiensten benutzen – und das ist das Wort gehorsam.

Das ist meiner Meinung nach ein belastetes Wort.

Gehorsam ist ja etwas, was in einem hohen Maße missbraucht werden kann – und im Laufe der Geschichte und auch in der Geschichte der Kriege auch missbraucht worden ist.

Macht es überhaupt Sinn, dieses Wort heute in der Kirche zu benutzen?

 

Gehorsame Kinder – das gab es einmal.

Damals war der Vater eine brutale Autorität, vor der man Angst hatte oder vor der man sich fürchten sollte.

Wenn man nicht gehorsam war, gab es Prügel.

Gehorsame Schüler waren die, die sich beugten, und wenn sie nicht taten, was ihnen befohlen wurde, mussten sie nachsitzen - im besten Fall.

Eine gehorsame Frau war eine, die schwieg und ihrem Mann nicht widersprach.

 

Ich finde es gut, dass Kinder nicht mehr gehorsam sind und dass die Frauen ihren Männern nicht mehr gehorsam und ihnen untertänig sind.

Und ich finde es ist gut, eine Gemeinde zu haben, die nicht einfach die Predigt des Pastors für bare Münze nimmt.

Es ist gut, wenn man den Mut hat, kritisch zu sein und sich Autoritäten zu widersetzen.

Es ist gut, frei zu sein, selbst zu denken und sich nicht einfach einer Autorität zu unterwerfen.

Ging es nicht eben darum in der ganzen Reformationsbewegung vor über 500 Jahren?

Dass wir als Menschen nicht nur blind gehorchen sollen, sondern selbst den Text befragen sollen und auf Ihn vertrauen, dem wir dort begegnen – in dem Wort, das frei macht – von der Furcht und der Macht der Autoritäten und dem Machtmissbrauch.

Frei von der Furcht vor den Folgen des Versagens.

Frei von der Furcht, vergessen zu werden, nicht genauso viel zu bekommen wie die anderen, nicht genug zu bekommen.

 

Ist es nicht die Freiheit, die uns mit dem Glauben an die bedingungslose Liebe Gottes geschenkt wird?

Ist das nicht der Eckstein, auf dem das Haus gebaut ist?

 

Das ist nicht unser Gehorsam.

Nicht unsere eigene Macht.

Nicht unser eigener Wille.

Heißt das nicht, an Gott glauben und ihm vertrauen?

 

Lieber freie Kinder als gehorsame Kinder.

Lieber ein Sohn, der nein sagt, und dann hingeht und es trotzdem tut, worum man ihn gebeten hat, als ein Sohn, der gefällig ist und sagt: ‚Ja, ja‘ – und dann tut er nichts und tut so, als wäre nichts gewesen. Lieber die Erkenntnis – oder die Gewissensbisse, die zum Handeln führen trotz eines ursprünglichen Nein, als ein unaufrichtiger Gehorsam, der sich als Geringschätzung und Gleichgültigkeit dem gegenüber erweist, der um etwas gebeten hat.

 

Das schreckliche Gleichnis von den bösen Weingärtnern ist das Bild einer Welt, wo es nur gewissenlose Jasager gibt, die nur ihrer eigenen Gier gehorchen.

Ihrem eigenen Willen.

Ihrer eigenen Macht.

Sie wollen nichts hergeben.

Sie ernten, was sie nicht selbst gesät haben, und das ist ihnen ganz egal.

Sie betrachten es als ihr Eigentum.

Um jeden Preis wollen sie an dem Ihren festhalten.

Nicht irgendein Zugeständnis machen.

Keine Schwäche zeigen.

Niemandem etwas schulden.

Herzen so hart wie Steine.

 

Das ist eine Welt, die wir allzu gut kennen.

Und das ist die Welt – der Weinberg, den wir fürchten sollten, nicht Gott.

Das ist der gehorsame Jasager, den wir fürchten sollen, wir können nicht darauf vertrauen, dass er Wort hält.

Deshalb ist Gehorsam ein belastetes Wort.

 

Aber vielleicht kann dieses tragische Gleichnis umgekehrt dem Wort Gehorsam einen neuen Inhalt geben.

Dann ginge es beim Gehorsam darum, dem treu zu sein, woran man glaubt.

Das, von dem wir sagen, dass wir daran glauben.

Nämlich dass Gott der ist, der uns sein Jawort gegeben hat – und Wort hält, koste es, was es wolle.

 

Amen.

 



Pastorin Eva Tøjner Götke
Odense, Dänemark
E-Mail: Etg(at)km.dk

(zurück zum Seitenanfang)