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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Zweiter Weihnachtstag, 26.12.2018

Predigt zu Römer 1:1-7, verfasst von Winfried Klotz

Paulus im Dienst der Guten Nachricht

1 1 Diesen Brief schreibt Paulus, der Jesus Christus dient, zum Apostel berufen und dazu erwählt, Gottes Gute Nachricht bekannt zu machen.      Apg 9,3-15; 26,16; Gal 1,15-16

2 Diese Gute Nachricht hat Gott durch seine Propheten in den Heiligen Schriften schon lange angekündigt.         3,21; 1Petr 1,10-12

3-4 Es ist die Botschaft von seinem Sohn, Jesus Christus, unserem Herrn.

Als Mensch geboren, ist er ein Nachkomme des Königs David. Durch die Kraft des Heiligen Geistes als Erster vom Tod erweckt, ist ihm die Macht übertragen, die ihm als Sohn Gottes zusteht.    (1,3-4) Apg 13,33; (Nachkomme Davids) Mt 1,1S

5 Er hat mich bevollmächtigt, sein Apostel zu sein. Mein Auftrag ist es, zur Ehre seines Namens Menschen aus allen Völkern dafür zu gewinnen, dass sie sich Gott im Gehorsam unterstellen und ihm vertrauen.    Apg 9,15S; Röm 11,13; 15,15-19; Gal 2,7.9; Eph 3,2; 1Tim 2,7

6 Zu ihnen gehört auch ihr. Denn Gott hat euch in die Gemeinschaft mit Jesus Christus berufen.

7 Dieser Brief ist für alle in Rom, die Gott liebt und dazu berufen hat, ihm als sein heiliges Volk zu gehören. Gnade und Frieden sei mit euch von Gott, unserem Vater, und von Jesus Christus, dem Herrn!

Liebe Gemeinde!

Das ist kein Weihnachtstext, das ist der Beginn des Briefes, den Paulus um das Jahr 60 an die christlichen Hausgemeinden in Rom geschrieben hat. Paulus erzählt nicht die Geschichte von der Geburt Jesu, wie wir sie in unterschiedlicher Weise in den Evangelien Matthäus und Lukas finden. Er vermittelt uns nicht das, was wir Weihnachtsstimmung nennen, vielmehr hat unser Abschnitt den Klang eines offiziellen Schreibens, wohlüberlegt, knapp in der Formulierung; er nennt das für die Herstellung eines Kontaktes, einer Beziehung, Wichtigste: Wer ist der Verfasser, was ist sein Anliegen, wer sind die Adressaten? Und natürlich gehört ein freundlicher Gruß mit dazu.

Aber nun ist heute immer noch Weihnachten. Und deshalb will ich, bevor ich in unserem Predigttext aus Römer 1 danach grabe, ob nicht doch etwas drinsteckt, was wir heute, am 2. Weihnachtstag hören müssen, erst einmal den Begriff Weihnachten genauer betrachten. Er stammt ja nicht aus christlicher Tradition, sondern ist heidnischen Ursprungs.

Im Internet las ich: Die Bezeichnung Weihnachten „nimmt Bezug auf die 12 Nächte, die mit der Nacht vom 24. auf den 25.12. beginnen und in denen die Druiden (germanische Priester) verschiedene Weihehandlungen vornahmen, um den Lebensbereich des Menschen vor dem Zugriff der Finsternis, dem Lebensbereich der Dämonen, zu schützen.“ Eine zweite Wurzel für das Christfest liegt in der Übernahme des heidnischen Festes des Sol invictus, des unbesiegbaren Sonnengottes, durch die christliche Kirche in Rom im 4. Jahrhundert. Dieses heidnische Fest wurde am 25. 12. nach der Wintersonnenwende gefeiert, wenn die Tage wieder länger werden. Dass die Christen diesen Termin übernahmen ist Ausdruck dafür, dass der Christus Jesus unser Licht ist, das alle Finsternis besiegt. „Es leuchtet ein, dass die Christenheit, die Jesus als das Licht der Heiden verkündigt, an diesem Fest nun besonders den Geburtstag des Herrn feiert, der die Mächte der Finsternis ein-für-allemal besiegt hat. Die längste Nacht des Jahres wird erhellt durch das ewige Licht, das alle Menschen zu einem Leben in der Gemeinschaft mit Gott führt.“ (Zitate aus: www.daskirchenjahr.de; Christfest II)

„Den Lebensbereich des Menschen vor dem Zugriff der Finsternis schützen; Jesus, der Herr, hat die Mächte der Finsternis ein-für-allemal besiegt.“ Diese Aussagen können auch wir heute verstehen, jedenfalls was das Stichwort Finsternis betrifft, denn Finsternis begleitet uns nicht nur äußerlich wegen der Kürze der Tage, sondern als immer wiederkehrende Erfahrung von Leid, Krankheit, Gefahr und Streit. Unser Leben ist auch in einem so sicheren Land wie Deutschland bedroht, weil dies zu unserer irdischen Existenz gehört. Sobald Sie z.B. in ein Auto steigen, setzen Sie sich dem Risiko aus, durch einen Verkehrsunfall zu Schaden zu kommen. Das wissen wir, realisieren es zum Glück aber nicht ständig. Oder: Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir im Lauf unseres Lebens von einer schweren Krankheit betroffen sein werden; auch das wissen wir. Ebenfalls besteht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass jemand von uns irgendwann einmal durch Einbrecher oder Diebe geschädigt wird; davon lesen wir oft in der Zeitung, trotzdem ist das Risiko gering. Gott sei Dank mussten wir in unserem Land seit 1945 nicht mehr unter einem Krieg leiden. Krieg gehört zu dem Schrecklichsten, was einem Volk und Land widerfahren kann. Aber die Nachrichten sind voll von Berichten über Krieg und Bürgerkrieg in vielen Regionen der Welt, zurzeit taucht vor allem der Jemen oft in den Nachrichten auf. Kriege sind oft Auslöser für Flüchtlingsströme; der Krieg in Syrien hat auch zu uns viele Flüchtlinge gebracht.

All die genannten Beispiele sind Ausdruck der Finsternis, die wir wahrnehmen, die uns umfangen kann, die uns das Leben schwer machen kann. Finsternis macht uns Angst, wir sehen die Zukunft im Dunkeln und fangen vielleicht an, uns eine heile Welt zu erträumen, die dann Wirklichkeit würde, wenn das oder jenes anderes wäre.

Besonders schlimm ist Finsternis zu ertragen, wenn sie nicht nur eine Nachricht in der Zeitung ist, sondern uns persönlich betrifft. Der Streit am Arbeitsplatz, die Auseinandersetzung um das Erbe zwischen Geschwistern, der pflegebedürftige Vater mit seinen Ansprüchen, die Suchtkrankheit eines Angehörigen, das zehrt unsere nervliche Kraft auf, macht im Extrem uns krank.

Ich denke, ich habe genug Beispiele genannt für Finsternis; aber etwas muss ich doch noch ergänzen: Ist es nicht auch Finsternis, wenn wir statt des Guten das Böse tun; wenn wir einen Mitmenschen reinlegen, auflaufen lassen, missachten, schlecht machen, belügen oder sonst schädigen? Und wird in diesen Dingen, die ja nicht selten geschehen, nicht sichtbar, wieviel Finsternis auch in uns selbst herrscht? Finsternis ist doch nicht nur eine Erscheinung der Außenwelt, sondern sie durchdringt jeden von uns bis ins Innerste, ja wir selbst bewirken Finsternis. Wir tun als Menschen nicht nur das Gute, sondern genauso das Böse, das was Leben mindert und zerstört.

Jetzt komme ich zu unserem Abschnitt aus dem Römerbrief, in dem der Begriff Finsternis nicht vorkommt, der aber von der guten Nachricht, der Botschaft von Jesus Christus, unserem Herrn redet. Paulus fasst hier in aller Kürze zusammen, wer Jesus Christus ist:

„Als Mensch geboren, ist er ein Nachkomme des Königs David. Durch die Kraft des Heiligen Geistes als Erster vom Tod erweckt, ist ihm die Macht übertragen, die ihm als Sohn Gottes zusteht.“

Weihnachten und Ostern in einem Atemzug, Jesus Christus als Mensch geboren, hier finden wir einen Bezug zu den Weihnachtsgeschichten der Evangelien, durch die Kraft des Heiligen Geistes auferweckt von den Toten und als Sohn Gottes ausgestattet mit göttlicher Macht. Was Paulus hier anspricht finden wir z. B. in Matthäus 28, wenn der Auferstandene sagt: „Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden.“ Oder wenn Paulus im Philipperbrief, Kap. 2, aus einem urchristlichen Lied zitiert: „Darum hat Gott ihn auch erhöht und ihm den Rang und Namen verliehen, der ihn hoch über alle stellt.“ (V. 9) Paulus meint nicht, dass Jesus erst durch die Auferstehung Gottes Sohn wird, sondern dass Jesus durch Tod und Auferstehung von Gott zum Herrn über alle Herren, über alle Mächte und Gewalten gemacht wird. Erfahrbar wird dies für alle, die ihm Vertrauen schenken, durch die Gabe des Heiligen Geistes, der als Feuer der Hoffnung und Liebe in ihnen brennt. Jesu Geist ist das Siegel, die Bestätigung dafür, dass mein Glaube keine religiöse Verirrung, kein weltfremder Trug, sondern Ausdruck dessen ist, dass der unfassbare Gott durch Jesus Christus mich erdgebundenen und von IHM abgewandten Menschen ergriffen und zu sich gezogen hat.  Jesu Geist ist es, der die Finsternis in mir durchbricht, der es immer wieder hell macht in meinem Leben, der mich auch die Finsternis der Welt sehen lässt mit der Brille der Hoffnung: „Es wird nicht dunkel bleiben über denen, die in Angst sind.“ (Jes. 8, 23)

Aber, damit dass wir jetzt wieder Weihnachten gefeiert haben, uns an den haben erinnern lassen, der damals als Licht der Welt gekommen ist, ist es noch nicht hell geworden unter uns, in den Familien, unter Nachbarn, auch ist dadurch kein Krieg beendet und kein Hass zwischen Menschen und Völkern überwunden. Wenn die Heilige Schrift uns Jesus Christus als den Herrn über alle Mächte vor Augen stellt, dann fragt sie uns zugleich: Ist Jesus auch dein Herr? Nicht als ob Jesu Herrschaft von unserer Anerkennung abhinge, aber es kommt doch darauf an, dass er mein Herr ist, damit die Finsternis in meinem Leben weicht! Es kommt doch darauf an, dass der Weihnachtsfrieden auch mich und mein Haus erfüllt! Vom Anschauen von Brot wird niemand satt, aber vom Essen! Deshalb: Lasst uns Jesus, den Herrn, hereinbitten in unser Leben, unsere Beziehungen, unser Denken und Tun. Lasst uns dann mit Engagement fragen, was dem Frieden dient und wie wir helfen können, dass unter Menschen und Völkern Gerechtigkeit geschieht und Frieden einzieht.

Schließlich: Paulus nennt in unseren Versen seinen Auftrag: „Mein Auftrag ist es, zur Ehre seines Namens Menschen aus allen Völkern dafür zu gewinnen, dass sie sich Gott im Gehorsam unterstellen und ihm vertrauen.“ Wir sind keine Apostel, aber haben doch Anteil an diesem Auftrag. Sollte durch Jesus Christus Gottes Licht in unser Leben eingezogen sein, sollte Befreiung und Entlastung uns geschenkt sein, Hoffnung und Zuversicht durch den Glauben, dann lasst uns davon nicht schweigen. Dann lasst uns dankbar und mutig davon erzählen und dafür einstehen, was Gott an denen wirkt, die ihr Vertrauen auf Jesus setzen und IHM folgen.

Ich schließe mit den Worten des Apostels als mein Weihnachtswunsch für Sie: „Gnade und Frieden sei mit euch von Gott, unserem Vater, und von Jesus Christus, dem Herrn!“ Amen.

 

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Winfried Klotz, Pfr. i. R., Jg. 1952, verheiratet, 3 Kinder, Hobbyschafhalter seit rund 30 Jahren.

Studium in Frankfurt und Heidelberg, theol. geprägt von Otto Michel und Hans Joachim Iwand.



Pfr. i. R. Winfried Klotz
Bad König, Hessen, Deutschland
E-Mail: winfried.klotz@web.de

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