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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Christvesper, 24.12.2018

Weihnachtlicher Gut-Schein
Predigt zu Jesaja 9:1.5-6, verfasst von Hosea Heckert

Liebe Gemeinde!

Was schenke ich nur zu Weihnachten? Was wünschst du dir denn? Eine Frage, die sicher jetzt nicht mehr aktuell ist, denn mittlerweile wird jede und jeder was gefunden haben…so hofft man doch…die Bescherung ist nach der Christvesper… jetzt können sich alle entspannen!

Aber die letzten Wochen hat diese Frage sicherlich manchen ganz ordentlich beschäftigt. Gut man kann es sich auch einfacher machen. Es gibt da eine geniale Lösung auf die ich auch gerne zurückgreife:

Es ist der Gutschein!

Da muss ich nur wissen, wo diejenige oder derjenige gerne einkauft. Ich geh in den Laden oder in den Onlineshop und schnell ist das erledigt. Dann ist es nur noch eine Frage der geschmackvollen und originellen Verpackung und ich habe etwas, womit ich bestimmt eine große Freude machen kann.

Nun es gibt auch Kritiker für diese praktische Gutschein-Geschenk-Variante. Es wirkt vielleicht etwas unpersönlich und als ob man zu faul gewesen wäre, sich etwas mehr Gedanken zu machen, was wohl passen könnte, aber wenn das Kleidungsstück dann nicht passt, dann passt doch besser der vielseitig einsetzbare Gutschein. Der Beschenkte oder die Beschenkte kann selbst entscheiden und sich so einen Wunsch erfüllen, den er vielleicht schon lange hatte oder einen, der ihm oder ihr später noch in den Sinn kommt. Er ist oder sie ist nicht so festgelegt. Ein Stück Freiheit wird mitgeschenkt, die Originalität bleibt natürlich zwangsläufig etwas auf der Strecke. Aber man kann ja nicht alles haben!

Fazit ein Gutschein hat seinen Wert. Ich habe nicht sofort was in den Händen, aber er ist so ein Versprechen, dass ich einlösen kann, meistens kann ich mir ein Jahr Zeit damit lassen. Je nachdem wie mein Leben so spielt, was ich vielleicht ganz gut gebrauchen kann, was notwendig wird in meinem Leben

Ich behaupte mal Gott hat 2018 und jedes Jahr neu auch für uns einen Gutschein ausgestellt bzw. ausstellen lassen. Unser Lektor hat den Text gerade eben vor wenigen Minuten aus dem Buch des Propheten Jesaja uns allen vorgelesen!

Der Text dieses Geschenk-Gutscheins ist über 2700 Jahre alt und ich behaupte einmal wir können ihn heute immer noch ohne Probleme in unserem Leben einlösen:

1 Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

5 Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ist auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst;

6 auf dass seine Herrschaft groß werde und des Friedens kein Ende auf dem Thron Davids und in seinem Königreich, dass er's stärke und stütze durch Recht und Gerechtigkeit von nun an bis in Ewigkeit. Solches wird tun der Eifer des HerrnZebaoth.

Der Prophet Jesaja hört diese Worte von seinem Gott im 8. Jahrhundert vor Christus in einer Zeit, die sich für das ganze Volk sehr dunkel anfühlt. Israel wird bedroht von einer militärischen Übermacht aus Assyrien, erste Gebietsverluste sind zu beklagen, der eigene König ist schwach und kann nichts machen. Hilfe von anderen ist nicht in Sicht. Ein „Volk, das im Finsteren wandelt“ eben!

Aber kaum ist diese Klage ausgesprochen, geht es auch schon mit der Ankündigung weiter: „sieht ein großes Licht und über denen die da wohnen im finsteren Lande scheint es hell!“

Sehr schnell haben wir Christen dieses alte Prophetenwort auf Jesus Christus gedeutet und deshalb wird es heute auch in der Christvesper gelesen. „Natürlich“, sagen wir. „mit diesem Licht ist Jesus gemeint, der König mit den tollen Titlen, die hier genannt werden: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.“

Der Prophet meinte hier aber wohl tatsächlich erst einmal „nur“ einen neuen König, einen ganz weltlichen Herrscher, der die Politik rumreißt und im Auftrag Gottes und in seiner Stellvertretung Gutes für das Volk bewirkt.

Der starke Mann also, der alles im Griff hat, dem die Herrschaft über alles auf der Schulter liegt und der das Heil, das Glück, die Befreiung und den Frieden bringt.

Schauen wir heute in unsere Zeit, sehnen sich nicht auch viele nach einem solchen starken Mann in diesen finsteren oder sagen wir heute vielleicht eher „unsicheren“ Zeiten. Einem, dem man blind vertrauen könnte, der eben auf alles eine Antwort weiß, ein wunderbarer Ratgeber also, ein Überflieger, der wie ein junger Gott als mutiger Held alle Probleme furchtlos anpackt. Ein starker beschützender Vater, der mich nie im Stich lässt, eine Politiker, der es geschickt schafft, Frieden und Wohlstand zu erhalten – ein Friedefürst.

Sie sehen: Wir kennen diese Sehnsucht doch auch. Einer könnte es doch richten! Wann kommt er denn? Wen sollen wir wählen? Woher kommt er? Wann kommt er zu mir, in meine Dunkelheit?

Es scheint doch ganz gut zu sein, mit einer solchen Hoffnung zu leben und sich nicht der Dunkelheit zu ergeben. Wir brauchen und suchen diesen Lichtschein am Horizont, der uns Gutes und bessere Zeiten verheißt.

Da ist wieder dieses Wort: Gutes auf-scheinen sehen.

Es scheint gut zu sein, einen Schein des Guten im Dunkel zu bemerken, einen Gut-Schein zu haben: über denen, die da wohnen im finsteren Lande scheint es hell“schreibt Jesaja.

Ich wandele den Satz mal leicht ab: „die da wohnen im finsteren Lande werden aufmerksam auf einen guten Schein – einen Gut-Schein - inmitten ihres Dunkels“

Dieses Wort an den Propheten Jesaja meint es gut mit denen, die im Dunkeln tappen, mit dem Volk Israel vor 2700 Jahren. Dieses Wort meint es gut mit mit uns heute hier in Großeutersdorf und anderswo. Es ist ein Gutschein. Es bringt einen guten Schein in die ganz persönliche Nacht meines Lebens. Damit ist kein bunter Geldschein im dreistelligen Bereich gemeint, der scheinbar Probleme lösen könnte. Sondern eher darum:

Wenn ich Angst vor dem habe, was morgen wohl auf mich einprasseln wird.

Wenn ich mir Sorgen mache, wie ich diesen Schmerz weiter aushalten kann.

Wenn ich gar kein Land mehr sehe.

Wenn eben alles um mich herum dunkel scheint.

Und vielleicht ist Weihnachten jedes Jahr neu die Gelegenheit, ob ich den Geschenkgutschein Gottes nicht doch endlich einlösen sollte.

Was hält mich denn davon ab?

Erste Möglichkeit: Ich vergesse es einfach. Aber das passiert sicher weniger häufig…

Zweite Möglichkeit: Es gibt nicht das Richtige. Ich warte noch bis ich was finde, was mich richtig glücklich macht.

 

Manch gekaufter Gutschein hat eine Einlösebeschränkung, wenn er bis dahin nicht eingelöst ist, läuft er ab, das Guthaben erlischt. Wäre schade drum. Schade um die verpasste Chance, sich etwas Gutes leisten zu können.

Ich behaupte mal, dass Gottes Dunkelheit aufhellender Gut-Schein, der uns hier im Buch des Propheten Jesaja eingelegt ist, ewig gültig ist. Er verfällt nicht, aber das Problem ist dass er eben doch in der Gefahr liegt in Vergessenheit zu geraten und so regelrecht zu verfallen, obwohl er ja eigentlich gültig ist und in Er-Scheinung treten möchte in meinem Leben. Einen guten Schein hervorrufen, seinem Namen also alle Ehre machen!

Viel zu lange nimmt dann der Verfall seinen Lauf, denn tappe ich weiter im Dunkeln, obwohl ich eigentlich einen Gut-Schein bekommen habe und ihn in der Tasche trage. Dieses Versprechen Gottes begleitet mich, dass er mein Dunkel sieht, dass er mein Dunkel durchleuchten will, dass er einen Retter sendet, der solche überragende Qualitäten hat, wie sie der Prophet beschreibt: Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst.

Deshalb ist Weihnachten alle Jahre wieder so etwas eine Sicherungsfunktion, wie ein wiederkehrender Alam in meinem Smartphone, dass ich den Geburtstag des Retters der Welt, meines ganz persönlich auf mich abgestellten Retters nicht verpasse und mir des Guten-Scheines gewahr werde, den dieser Retter hier direkt neben mir ausstrahlt.

Geburtstag heißt eben, es könnte vorerst noch ein unscheinbares noch hilflos erscheinendes Kind sein, was mich rettet, keine Superlösung, die alles Dunkel sofort vertreibt. Aber das Gute erscheint eben schon und gibt schon eine gewisse Orientierung im Dunkel und der Weg zum Helden zum Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater und Friede-Fürst ist vorgezeichnet. Es gibt schon ein Licht am Horizont, einen „Guten Schein“, einen „Gut-Schein“ mitten in der Nacht.

Weihnachten ist für mich ein wiederkehrender Weckalarm, dass ich Gottes altes Versprechen nicht vergesse und in Anspruch nehme und einlösen lerne in meinem Leben. Er hat mit mir oft unsichtbar einen wunderbaren Ratgeber, einen heldenhaften Kämpfer für meine Sache, einen geduldigen fürsorglichen Vater, eine liebende Mutter einen konfliktlösenden Begleiter an die Seite gestellt. Ich kann ihn oder sie erkennen, wenn ich genau zuhöre und hinschaue und langsam genug unterwegs bin.

Und das geht sehr schnell, dass die Probleme über mir zusammenschlagen und die Nacht mich einhüllt und kein Gedanke mehr an den Guten Schein auftaucht. Vielleicht ist es gut noch eine Sicherung einzubauen, dass ich den Gut-Schein Gottes nicht vergesse einzulösen.

Aber eine Frage habe ich noch gar nicht überlegt, wie löse ich den Gut-Schein denn ein. An welche Kasse muss ich denn gehen?

Eines kann ich Ihnen versprechen, es gibt keinen Automaten, kein Online-Portal wo sie den einlösen können, keine Ladenkasse wird klingeln, wenn Sie diesen Gutschein Gottes vorlegen.

Es gibt nur einen Weg ihn einzulösen und seinen guten Schein zu entfalten und zum Leuchten zu bringen.

Ein Weg ist das Ziel!

Wenn ich mich selbst auf den Weg mache zu dem, der den Gutschein ausgestellt hat, wie die Hirten auf dem Feld, wie die Weisen aus dem Morgenland, dann geschieht etwas, was mein Leben verändert, wenn ich diesen Gott aufsuche und ihn mit meinem Leben befasse und geradezu belästige, dann werde ich gewahr, dass er ja schon neben mir geht und nur angesprochen werden will, um seine Qualitäten aus dem Gutschein anbieten zu können.

Der Weg ist zu der oft erbärmlich wirkenden Krippe ist das Ziel. An dieser Krippe könnte ich den Kontakt so aufnehmen:

Gott ich möchte, dass du in meinem Leben heute eine Rolle spielst!

Ich bitte dich:

Sei mir ein wunderbarer Ratgeber heute! Du Wunder-Rat!

Spring mir heldenhaft zur Seite, damit mich der Mut heute nicht verläßt. Du Gott-Held!

Halte deine Hand über mir und beschütze mich. Du Ewig-Vater!

Hilf mir meine Krisen in den Griff zu überstehen! Du Friede-Fürst!

Jetzt kann man das hier hören und nach der Bescherung und im Alltag erst recht schnell wieder vergessen haben, dass es ja einen Gott gibt, der hinter diesem Gutschein des heutigen Abends steht und dafür bürgt. Deshalb habe ich uns allen mal dieses kurze Gebet als Gut-Schein ausgedruckt. Es birgt die Chance in sich, dass ich diesen Jahrtausende alten Gutschein in meinem Leben heute und morgen einlösen kann.

Ich wünsche Ihnen einen guten Weg zur Krippe auch nach Weihnachten. Vergessen Sie nicht ihren Gut-Schein im Leben einzulösen. Möge es hell werden und ein guter Schein über ihrem Leben leuchten.

Amen



Pfarrer Hosea Heckert
Meckfeld bei Blankenain, Thüringen, Deutschland
E-Mail: hoseaheckert@hotmail.de

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