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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Invokavit, 10.03.2019

Predigt zu Matthäus 4:1-14 (dänische Perikopenordnung), verfasst von Lasse Rødsgaard Lauesen

Wüsten sind ohne jede Kultur, die uns von uns selbst wegrufen hinein in eine von Menschen geschaffene Welt. Wüsten sind leer und öde, sie sind so, wie sie Gott geschaffen hat. Deshalb sind sie dafür geeignet, das zu suchen, was uns geschaffen hat.

Jesus befindet sich vierzig Tage allein in der Wüste, und er leidet Hunger und wird versucht. Will er sich selbst verleugnen und auf den Teufel hören, der ihn dazu bringen will, der Versuchung zu erliegen? Bist du da gewesen, wo du anfingst nachzugeben oder nur aufzugeben. Da, wo die Gedanken darum kreisen, das zu tun. Dort wo du fast nicht vermeiden kannst, der Versuchung zu erliegen? Die Versuchung ist da, sie verschwindet nur, indem man ihr erliegt. Wird der Stein zu Brot, ist die Versuchung verschwunden, aber die Moral auch. Denn wer ist man eigentlich, wenn man der Versuchung erlegen ist? Wenn man genau das tut, was man nicht tun wollte.

Heute, wo Wüsten selten sind und wo es weniger Orte gibt, wo man Gott in der Stille begegnen kann, ist es eher die Versuchung, die wir aufsuchen als Wüsten. Wir erliegen Versuchungen, die uns für einen Augenblick satt machen und dann durch neue Versuchungen abgelöst werden. Heißt das moderne Gebet nicht: Führe uns in Versuchung, diesen Reiz, was ich nicht darf, was ich aber tue. Es ist, als würde das Gebot an sich die Versuchung hervorbringen.

Bin ich der einzige, der die Worte des Teufels: Wenn du der Sohn Gottes bist, als ein Urteil über das Leben hört, das ich lebe? Wenn ich ein Kind Gottes wäre, würde ich dann der Versuchung erliegen? Würde ich mich am Brot satt essen, während andre hungern? Wenn ich ein Kind Gottes wäre, würde ich dann nur zum Spaß an das andere Ende der Welt reisen, während die Welt einen Hitzeschlag erleidet? Wenn ich ein Kind Gottes wäre, würde ich dann weiter all den Versuchungen erliegen, so dass ich nie der Wüste entkommen und zu Gott kommen würde?

Die Antwort, die mir die Kirche gibt, ist die, dass ich nicht ein Kind Gottes bin kraft meiner Taten, wie ich wohl weiß. Es ist doch mehr über uns Menschen zu sagen als über unsere Handlungen. Wir sind tatsächlich mehr als das, worüber wir fallen und stolpern.

Du bist mehr als das, was deine eigenen guten oder schlechten Taten aus dir gemacht haben. Mehr als die Statussymbole, mit denen wir die Welt zu unseren Füßen zu legen versuchen. Du bist selbst mehr als deine Gedanken über dich selbst und das Leben, das den Versuchungen erliegt anstatt nach dem Himmel zu streben.

Du bist nämlich nicht ein Kind Gottes durch deine Wahl, sondern weil Jesus dich erwählt hat. Jesus verzichtete auf all das, was die Welt ihm geben konnte. Er erwählte mich und alle euch anderen, ein Kind Gottes zu sein. Er erlag nicht dem Versucher und kann deshalb über ihn bestimmen und ihn zurückweisen.

Das eröffnete neue Möglichkeiten. In der Kirche nennen wir das die Taufe, wo Jesus allen die Möglichkeit gibt, ihm anzugehören und ihm zu folgen. Nachfolge heißt ja gerade, dass man nie den erreicht, dem man folgt, sondern dass man von dem lernt, der vorangeht.

Er verlockt nicht mit Genuss oder schmückt dein Leben mit Statussymbolen, sondern schmückt unser Leben mit der Wahrheit von dem Leben, das wir miteinander leben, der Wahrheit, die hinter all dem steht, was uns gerade begegnet. Denn ist die Wahrheit über uns nicht die, dass ein Mensch nicht vom Brot allein leben soll, sondern von einem jeden Wort, das aus dem Munde Gottes kommt? Ist es nicht das, was bleibt, wenn wir einmal dem Lärm der Welt für einen Moment Einhalt gebieten könnten?

Es geschieht, dass Menschen der Versuchung erliegen zu denken, dass wir nicht Gottes Kinder sind und der Wahrheit nicht folgen können.

Es geschieht in der Tat, dass jemand müde wird und abfällt. Einige geben alles auf und geraten ins Hintertreffen. Der Geist scheint sie nirgendwo hinzuführen, und nun erliegen sie der Versuchung. Es geschieht, dass ich denke, ich bin kein Kind Gottes. Denn wer ist das eigentlich?

Eben da, wo mein Mut total am Ende ist, habe ich es nötig, dass Jesus mit Macht und Vollmacht meinen Zustand mit den Worten einholt: Weg mit dir, Satan, denn es steht geschrieben: Du sollst anbeten den Herrn, deinen Gott, und ihm allein dienen.

Jesus, der mich mit seinen Worten hier einen Satan nennt für das, was ich da tue, der aber dem Bösen befiehlt zu verschwinden. Jesus, der mit uns ist nicht nur bis zum Ende des Glaubens oder bis wir ihn verwerfen, sondern der mit uns ist alle Tage bis an das Ende der Welt. Auch an den Tagen, wo wir der Versuchung erliegen, nicht daran zu glauben, dass wir Gottes Kinder sind.

Diese Worte bringen Erleichterung, und etwas von dem Finsteren verschwindet, und ich werde in mein Leben zurückversetzt mit dem Glauben daran, dass die Engel auch für mich sorgen werden. Dass ich ein Mensch bin, der in seinem stolpernden Gang stets ganz eng an der Wahrheit über mich selbst war. Dass ich geliebt bin, dass mir Vergebung widerfährt, auch wenn ich der Versuchung erliege. Amen.



Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen
Odense, Dänemark
E-Mail: lrl(at)km.dk

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