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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Osternacht, 20.04.2019

Jesus sucht Leute, die in seiner Spur gehen!
Predigt zu 1. Thessalonicher 4:13-18, verfasst von Winfried Klotz

Vorbemerkung: Der Gottesdienst in der Osternacht lebt aus dem Kontrast von dunkel und hell; er beginnt in einer dunklen Kirche, die nach der Lesung der Auferstehungsbotschaft durch Kerzen, die aufgehende Sonne u. a. erhellt wird. Alt- und neutestamentliche Lesungen beschreiben Gottes rettendes Handeln und Lieder tragen die Botschaft in die Herzen; Taufe und Abendmahl sind Zeichen der Gemeinschaft mit Gott und Schwester und Bruder. Eine lange Predigt braucht es eher nicht. Es ist denkbar, die nachfolgende Predigt auf die Verse 13 und 14 zu verkürzen und mit dem Satz „Jesus sucht Leute, die in seiner Spur gehen!“ zu beenden. Daran anschließen könnte sich Taufe oder Tauferinnerung.

 

Die Toten in Christus (Züricher Bibel) Text: 1. Thessalonicher 4, 13-18

13 Wir wollen euch, liebe Brüder und Schwestern, nicht im Ungewissen lassen über das Schicksal der Verstorbenen; ihr sollt nicht betrübt sein wie die anderen, die keine Hoffnung haben. 1Kor 15,20

14 Wenn wir nämlich glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die Verstorbenen durch Jesus mit ihm zusammen heraufführen. 5,10

15 Denn dies sagen wir euch aufgrund eines Wortes des Herrn: Wir, die wir leben, die wir bis zum Kommen des Herrn am Leben bleiben, werden den Verstorbenen nichts voraushaben. V.15-17: 1Kor 15,51-52; 1Kor 15,23

16 Denn der Herr selbst wird beim Erschallen des Befehlswortes, bei der Stimme des Erzengels und der Posaune Gottes vom Himmel herabsteigen. Und die, die in Christus gestorben sind, werden zuerst auferstehen, Mt 24,30-31 · 1Kor 1,24-25

17 danach werden wir, die wir noch am Leben sind, mit ihnen zusammen hinweggerissen und auf Wolken emporgetragen werden in die Höhe, zur Begegnung mit dem Herrn. Und so werden wir allezeit beim Herrn sein. Phil 1,23!

18 So tröstet also einander mit diesen Worten.

Liebe Osternachtgemeinde!

In einer dunklen Kirche haben wir unseren Gottesdienst begonnen, vielleicht fröstelnd und mit Schlaf in den Augen. Nun ist es hell geworden; ein unfassbares Wunder wurde vor unseren Ohren ausgerufen: Der Herr ist auferstanden, Jesus Christus lebt! Wir lassen uns gerne einhüllen von diesem Licht des neuen Morgens, diesem Licht der Auferstehung und des Lebens, diesem Licht, dass uns die Überwindung des Todes verkündigt. Aber zugleich sind wir ein wenig besorgt, dass unsere Osterhoffnung und Osterfreude, unsere neue Lust am Leben, doch nur diesem besonderen Gottesdienst in der Frühe des Morgens, diesem Osterevent geschuldet ist. Zugleich können wir nicht ganz ausschalten, was alltäglich uns umfließt an Nachrichten von Tod und Verderben. Und unwillkürlich mag sich jemand erinnern an das Sterben eines Menschen, der ihm lieb war. Wie weit wird uns die Hoffnung tragen, die uns in dieser Osternacht verkündigt wurde, die wir sehnsuchtsvoll gehört und fröhlich gefeiert haben? Wird sie im Alltag mit uns gehen oder bald aufgebraucht sein? Wird sie die schlechten Nachrichten und harten Erfahrungen überstehen?

Warum sind wir hier? Feiern wir ein weltloses Geheimnis, etwas, was man sich vorstellen, was man fantasieren kann, was aber letztlich doch nur Fiktion ist und bleiben muss, weil wir alle wissen, wir sind mitten im Leben vom Tod umfangen? Und der Tod hat eben doch das letzte Wort?! Aber wir ersehnen Hoffnung an Gräbern! Da gehen wir halt diesen uralten Weg der Religion, versuchen uns auf eine Botschaft einzulassen, die von der Überwindung des Todes redet. Andere, moderne Menschen, scheinen dagegen den Tod schon fast überwunden zu haben; er ist für sie nicht mehr als ein Ortswechsel. „Du bist nicht tot, du wechselst nur die Räume“, steht über mancher Todesanzeige. Das scheint uns doch zu wenig für einen Trost, aber haben wir denn mehr?!

„Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden!“ So sprechen die Engel am Grab Jesu, so rufen wir uns zu – und so wird es uns bezeugt von den Frauen am Grab und den Aposteln und so vielen, denen Jesus als der Lebendige erschienen ist. „Mir auch“, ruft der Apostel Paulus dazwischen, zwischen unsere Fragen und Zweifel, „mir auch, der Spätgeburt“.

Weltlose Botschaft von der Auferstehung, nein, weltüberschreitende und weltrettende Botschaft! In unserem Predigtwort schreibt der Apostel Paulus:

„Wir wollen euch, liebe Brüder und Schwestern, nicht im Ungewissen lassen über das Schicksal der Verstorbenen; ihr sollt nicht betrübt sein wie die anderen, die keine Hoffnung haben. Wenn wir nämlich glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist, so wird Gott auch die Verstorbenen durch Jesus mit ihm zusammen heraufführen.“

„Wenn wir glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist …“ Ja, das ist doch unser Glaube, darauf setzen wir doch unser Vertrauen! Wenn wir glauben, ja, dann stehen auch wir traurig an Gräbern, wie die anderen, aber nicht ohne Hoffnung auf Jesus, den Auferstandenen und Kommenden! Wenn wir glauben, ja, dann leiden wir auch an uns selbst und den Mitmenschen und den manchmal ungerechten Verhältnissen, an Krankheiten, unter Ängsten und Ungewissheit. Aber nicht ohne Halt in Gott, der unser Gebet durch Jesus erhört, nicht ohne Mut, der Veränderung anstrebt, nicht ohne Frieden, in dem Gott unsere Herzen in Christus Jesus bewahrt. Und wenn wir glauben an den für uns Gekreuzigten und für uns Auferstandenen, dann leben wir in der Liebe zu Gott und den Menschen und ringen durch Umkehr und Vergebung darum, Gottes Gebote zu halten auch wenn es uns Lebensgenuss zu kosten scheint. Wo schaust Du hin? Vor allem auf Dich und Deine Wünsche und Sehnsucht, auf all das, was Dir Mangel zu sein scheint, oder auf Jesus, den Anfänger und Vollender Deines Glaubens, der nach Gottes Willen sein Kreuz getragen hat?! Jesus sucht Leute, die in seiner Spur gehen!

„Wenn wir nämlich glauben, dass Jesus gestorben und auferstanden ist“; Jesu Auferstehung verspricht sein Wieder-Kommen, verspricht die Überwindung des Todes und seiner Begleiter. Paulus und die Gemeinde damals rechneten mit einem baldigen Kommen des Herrn, mit einer Überwindung von Sünde und Tod zu ihren Lebezeiten. Als die ersten Gemeindemitglieder starben, gerieten manche in Sorge; was ist mit den Verstorbenen? Paulus tröstet und gebraucht dazu die apokalyptische Bildsprache seiner Zeit:

„Denn dies sagen wir euch aufgrund eines Wortes des Herrn: Wir, die wir leben, die wir bis zum Kommen des Herrn am Leben bleiben, werden den Verstorbenen nichts voraushaben. Denn der Herr selbst wird beim Erschallen des Befehlswortes, bei der Stimme des Erzengels und der Posaune Gottes vom Himmel herabsteigen. Und die, die in Christus gestorben sind, werden zuerst auferstehen, danach werden wir, die wir noch am Leben sind, mit ihnen zusammen hinweggerissen und auf Wolken emporgetragen werden in die Höhe, zur Begegnung mit dem Herrn. Und so werden wir allezeit beim Herrn sein. So tröstet also einander mit diesen Worten.“

Eines vor allem finde ich großartig an diesen Worten: „Danach werden wir, die wir noch am Leben sind, mit ihnen zusammen hinweggerissen und auf Wolken emporgetragen werden in die Höhe, zur Begegnung mit dem Herrn. Und so werden wir allezeit beim Herrn sein.“

Wir werden mit den schon Verstorbenen hingerissen zur Begegnung mit dem Herrn! Welch ein großes Wort, Unfassbares beschreibend, das mich mit Freude und Sehnsucht erfüllt. Da geschieht etwas von Gott her, aus seiner unsichtbaren Welt. Machtvoll greift er ein, rettet die Verlorenen, reißt sie heraus aus dem Machtbereich von Sünde und Tod – ein triumphaler Sieg. Es sind nicht unsere Bilder, es ist nicht unsere Sprache, Paulus beschreibt endzeitliche Rettung an anderer Stelle auch anders (2, Kor. 5; Phil. 1, 21-23), aber wir können es verstehen, es passt zu Ostern, zu Jesu Auferstehung, die doch der Anfang all dessen ist.

Wir werden bei dem Herrn sein allezeit. Wir sind jetzt schon bei dem Herrn durch den Glauben, seine rettende Herrschaft geschieht jetzt schon unter uns und bewirkt Gerechtigkeit, Frieden und Freude im heiligen Geist. Das hat Zukunft. Amen

 



Pfr. Winfried Klotz
Bad König, Hessen, Deutschland
E-Mail: winfried.klotz@web.de

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