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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Ostermontag, 22.04.2019

Unsere Hoffnung wird nicht enttäuscht werden
Predigt zu Jesaja 25:6-9, verfasst von Thomas Volk

Liebe Gemeinde,

worum es an Ostern geht, hat bereits ein Prophet einige Jahrhunderte vor dem ersten Osterfest in Worte gefasst, aufgeschrieben im Buch des Propheten Jesaja, im 25. Kapitel, in den Versen 6-9:

6 Und der HerrZebaoth wird auf diesem Berge allen Völkern ein fettes Mahl machen, ein Mahl von reinem Wein, von Fett, von Mark, von Wein, darin keine Hefe ist.

7 Und er wird auf diesem Berge die Hülle wegnehmen, mit der alle Völker verhüllt sind, und die Decke, mit der alle Heiden zugedeckt sind.

8 Er wird den Tod verschlingen auf ewig. Und Gott der Herrwird die Tränen von allen Angesichtern abwischen und wird aufheben die Schmach seines Volks in allen Landen; denn der Herrhat's gesagt.

9 Zu der Zeit wird man sagen: „Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften, dass er uns helfe. Das ist der Herr, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“

 

Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften.

„Siehe, das ist unser Gott, auf den wir hofften“ (V.9a).

So sollen wir auch einmal sagen können.

Froh, weil wir etwas geschafft haben, was wir selbst nicht mehr für möglich gehalten haben.

Erleichtert, weil wir eine bittere Zeit, die wir uns nicht ausgesucht haben, endlich hinter uns gelassen haben.

Dankbar, weil wir das Leben mit all seinen bunten Frühlingsfarben wieder wahrnehmen konnten und auch wieder den Weg vor uns gesehen haben, der uns weitergebracht hat.

All das, was wir erhofften, haben wir nicht einfach so erreicht. Mit Gottes Hilfe haben wir es geschafft! Er hat uns das Leben wiedergebracht (vgl. EG 107,1).

 

Ostern verheißt: Unsere Hoffnung soll nicht enttäuscht werden!

Ob Sie erst kürzlich so oder so ähnlich haben mitsprechen können oder ob sie schon viel zu lange darauf warten, endlich wieder so sprechen zu können - Ostern verheißt uns: Unsere Hoffnung soll nicht enttäuscht werden!

Dabei erfahren wir ja viel zu oft das Gegenteil. Unsere Hoffnungen wurden enttäuscht. Das, wonach wir uns so gesehnt haben, ist nicht eingetreten. Wir haben vergeblich gebetet, umsonst gewollt und uns viel zu lange an den einen brüchigen Strohhalm festgeklammert.

 

Die Hoffnung des Propheten

Dazu muss man sich vorstellen, dass ungefähr 500 oder 400 Jahre vor dem ersten Osterfest ein Prophet eine großartige - in dieser Form vielleicht noch nie dagewesene - Vision für die Menschen seines Volkes verkündet, das politisch und gesellschaftlich schon lange keine guten Zeiten mehr erlebt hat. Und es ist auch nicht schwer sich dazu noch vorzustellen, dass jede einzelne Familie unter diesen widrigen Verhältnissen mitgelitten hat. Wie viele Hoffnungen sind da auf der Strecke geblieben?

Einmal - so der Prophet - wird Gott in Jerusalem zu einem Festmahl mit köstlichen Speisen und herrlichem Wein einladen.

Den Trauerschleier, der über allen Menschen ausgebreitet ist, wird er zerreißen und das Leichentuch, das über allen Völkern liegt, wegziehen. Höchstpersönlich wird er die Tränen von jedem Gesicht abwischen. Die Menschen seines Volkes, die weit weg leben müssen, brauchen sich nicht mehr schämen.

Und - das ist bislang noch nie gewagt worden zu hoffen - Gott wird sogar den Tod für immer und ewig vernichten.

Dann werden die Menschen bekennen: „Ja, es stimmt! Er allein ist unser Gott! Auf ihn haben wir unsere Hoffnung gesetzt und er hat uns gerettet. Unsere Hoffnung war nicht vergebens! Wir werden Danklieder singen und uns ausgelassen, froh und glücklich über unsere Rettung freuen!“

 

Zu hoch gegriffen?

Sie fragen, wann und ob diese gewaltige Vision einmal Wirklichkeit geworden ist? In den ungefähr 2400 Jahren, die zwischen der Verkündigung damals und dem heutigen Ostermontag liegen?

Bis jetzt noch nicht. Es ist heute kaum vorstellbar, dass die immerzu umkämpfte Stadt Jerusalem, die Juden und Muslimen für sich beanspruchen, einmal der Ort werden wird, wo Menschen aus allen Ecken und Enden hinströmen und die Vernichtung des Todes feiern. Und wie soll das logistisch gehen, wenn unzählige Menschen von allen Seiten auf dem Gottesberg Zion zusammenkommen?

Sind diese Worte vielleicht doch nur ein frommer Wunsch gewesen vergleichbar mit vielen anderen Vertröstungen auf bessere Zeiten?

Und wir könnten bestimmt noch so manch andere enttäuschte Hoffnung von uns anfügen, wo wir uns möglicherweise nur etwas vorgemacht haben. Wo wir vielleicht zu naiv waren und dachten, dass eine Änderung möglich ist. Wo wir uns Illusionen über unseren Gesundheitszustand gemacht und doch glatt gedacht haben, unser Körper könnte wieder in einen Zustand wie vor fünf Jahren zurückversetzt werden.

Ja, diese Vision des Propheten ist wirklich eine Utopie gewesen. Eine Utopie ist etwas, das es noch nie gab, das nahezu unvorstellbar ist, das aber in der Vorstellungskraft der Person, die sie ausspricht, ganz bestimmt einmal eintreten wird.

Das hat es noch nie gegeben, dass der Tod einmal vernichtet werden wird und dass damit auch alles Leid und alle Trauerschleier nicht mehr nötig sind.

Deshalb gibt es auch nicht wenige - damals wie heute - die behaupten, dass diese Vorstellung auch niemals eintreten wird.

 

Ostern der Grund unserer Hoffnung

Auch Ostern ist für uns Christen utopisch. Wir glauben an etwas, dass es noch nie gab. Wie soll man sich auch vorstellen, dass Christus nicht nur den Tod vernichtet, sondern ihn auch endgültig hinter sich gelassen hat?

Für das, was wir an Ostern feiern, gibt es keinen Beweis, keine medizinische Erklärung, keine wissenschaftliche Berechnung für diese uns bislang unbekannte Form des Lebens beziehungsweise Weiterlebens.

Anders gefragt? Was wäre die Alternative? Dass wir unser Leben als einen Weg in ein dunkles Loch ansehen? Und wir irgendwann im Laufe unseres Lebens feststellen, dass wir auf dieses Loch zusteuern und unbeweglich, hoffnungslos, ängstlich werden?

Ich möchte so nicht leben. Ich möchte an der Utopie des Propheten und an der Utopie von Ostern festhalten, auch wenn ich das eigentlich gar nicht kann: über Raum und Zeit hinausdenken.

Ich will das Leben nicht als eine Fallgrube ins Nichts ansehen.

Ich möchte mit Ostern daran glauben, dass Christus in ein neues Leben eingegangen ist und alle, die mit ihm verbunden sind, eine Zukunft bei Gott haben. Darum ist Ostern ein Fest, das ermutigt und unsere Hoffnung weckt.

 

Die ersten Christen haben diese Hoffnung weitergeführt.

So wie bei den beiden Jünger, die am Ostertag von Jerusalem in das wenige Kilometer entfernte Emmaus gegangen sind und neuen Mut bekommen haben, dass sie sagen konnten. „Brannte nicht unser Herz in uns, da er mit uns redete auf dem Weg und uns die Schrift eröffnete?“ (Lukas 24,32).

So konnten sie allerdings erst im Nachhinein sprechen. Sozusagen im Rückblick ist ihnen bewusst geworden: Die gewaltige Utopie, dass der Tod vernichtet ist und deshalb vor uns immer Zukunft, immer Leben, sein wird, ist eigentlich kein Traumgebilde, sondern für einen Moment ein winziges Stück Wirklichkeit geworden.

Sie konnten sich wieder für das Leben begeistern. Nicht nur, dass es ihnen gut getan hat, dass sie auf ihrem Weg nach Emmaus alles Mögliche und manches Belastende los reden konnten. Sondern vor allem beim gemeinsamen Essen haben sie gemerkt: Das Leben ist wieder ein Stück weit zurückgekommen. Es hat so gut getan, Gemeinschaft zu erleben und zu spüren: „Ich bin einfach nicht alleine!“

 

Auf Spurensuche gehen

Das konnten die beiden nur im Nachhinein sagen. Wir können auch nur im Nahhinein bestätigen, dass unsere Hoffnungen nicht enttäuscht worden sind und wir das Leben mit all seinen bunten Farben doch wieder gefühlt haben.

Wie war das nochmal, als ich ganz unten am Boden war? Woher kam mir der Mut, dass ich wieder aufstehen konnte?

Mit welchen Augen habe ich gesehen, dass der Mandelzweig wieder blüht und treibt (vgl. EG 659) und das Leben wieder die Oberhand bekommen hat?

Und mit welcher Kraft habe ich die Abschlussprüfung geschafft, von der ich mir für meinen weiteren Weg so viel erhoffe?

Man kann sich natürlich alles, was einem gelingt, auf die eigene Fahne schreiben und alles gelungene Hoffen mit Glück, Zufall oder den Sternen, die gerade so und nicht anders kreisen, in Verbindung bringen.

Man kann aber auch jede Begebenheit, in denen unsere Hoffnung nicht enttäuscht worden ist, mit Gott in Verbindung bringen. Man kann sich solche Ereignisse in Erinnerung rufen, sie - wie Kinder die Ostereier - sammeln und gleichzeitig als eine Art Urvertrauen mitnehmen, dass der Auferstandene mich immer wieder dahin führt, wo das Leben auf mich wartet.

 

Sich an die Hoffnung halten

So hat schon der Prophet, der einige hundert Jahre vor Christus gelebt hat, ausgesprochen: „Ich halte mich an die Hoffnung!“

Ostern ist das wunderbare Fest, das uns aufs Neue verheißt: Unsere Hoffnungen werden nicht enttäuscht werden. Wir dürfen Vertrauen in die Zukunft haben, auch wenn wir nicht wissen, wie sie sich uns zeigt.

Ostern macht deutlich: Christus hat den Tod endgültig hinter sich gelassen. Was wie eine Utopie, wie eine Unmöglichkeit, klingt, können Christen manchmal schon erahnen und spüren. Wenn das Leben unvermutet eine neue Wendung nimmt und wir froh staunen, dass etwas wieder gut geworden ist. Wenn wir eine lange Durststrecke überwunden haben. Oder wenn uns mit einem Mal bewusst wird, was andere für uns tun und für uns in die Wege leiten.

Natürlich: Ostern ist keine Garantie für ein heiles, unbeschwertes Leben auf höchstem Niveau. Unser Leben ist immer ein Schreiten auf einem schmalen Grat. Es wird vorwärts gelebt und manchmal rückwärts verstanden. Aber unser Leben darf sich an die Hoffnung halten.

Und Hoffnung - so hat der Apostel Paulus einmal kräftig unterstrichen - „lässt nicht zuschanden werden“ (Römer 5,5). Will heißen: Unsere Hoffnung wird uns nicht enttäuschen. Sie ist mehr als eine Utopie, weil der Auferstandene sie sozusagen in Raum und Zeit und damit in unser Leben gebracht hat, damit wir immer wieder nachsprechen können: „Das ist der Herr, auf den wir hofften; lasst uns jubeln und fröhlich sein über sein Heil.“

Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glauben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des Heiligen Geistes (Römer 15,13).

 

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Liedvorschläge:

Eingangslied:EG 110,1-5 (Die ganze Welt, Herr Jesu Christ)

Glorialied: EG 99 (Christ ist erstanden)

Wochenlied: EG 100 (Wir wollen alle fröhlich sein)

Lied: KAA 062,1-3 (Kommt, atmet auf)

Schlusslied: EG 659 (Freunde dass der Mandelzweig)

 

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Thomas Volk, geb. 1962, Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche in Bayern. Seit 2006 mit jeweils 50% tätig in den Kirchengemeinden Marktbreit und Ochsenfurt (Unterfranken)

Twitter: @ThomasVolk12



Pfarrer Thomas Volk
Unterfranken, Bayern, Deutschland
E-Mail: thomas.volk@elkb.de

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