Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Osternacht / Ostersonntag, 23.03.2008

Predigt zu Matthäus 28:1-8, verfasst von Hanne Drejer

Etwas vom Besten, was Kinder wissen, sind Geheimnisse - besonders, vor den Erwachsenen ein Geheimnis zu haben. Bei Tisch mitteilen zu können, dass man ein Geheimnis hat - und ihr bekommt es nie zu wissen - und dann auf und davon, sobald sie fortkommen können, mit Kichern und geheimnisvollen Mienen - und so lange wegbleiben, dass die meisten Eltern allmählich besorgt sind, dass Ruhe und Frieden zu lange dauern - das ist einfach herrlich für Kinder, in einem gewissen Alter!

            Und das Schöne an einem solchen Geheimnis ist doch, dass die Erwachsenen jetzt wissen, da ist etwas, das heimlich ist - aber eben nicht wissen, worum es geht. Und die Freude ist plötzlich verschwunden, wenn die Erwachsenen das Geheimnis aufdecken.

            Denn das Schöne an einem Geheimnis ist dies, dass man etwas hat, was einem selbst gehört, was nicht zugänglich ist für jeden beliebigen.

 

Wenn die Alten beschreiben sollten, was da eigentlich am Ostermorgen in Jerusalem geschah, nannten sie es oft eben ein Geheimnis - das heißt Mysterion auf Griechisch - also Mysterium!

            Und das ist faktisch doch eine feine Beschreibung des Osterevangeliums, das wir eben gehört haben - ein Mysterium; denn die Auferstehung ist und bleibt ein Geheimnis im NT.

            Weder im Osterevangelium des Matthäus, das wir heute hören, noch irgendwo sonst im NT wird nämlich die Auferstehung selbst beschrieben. Denn die hat niemand gesehen. Es sind vielmehr die Wirkungen, die Reaktionen von Menschen auf das leere Grab und auf die wilde Behauptung des Engels, wovon wir hören.

            Soliden und klaren Bescheid über das, was eigentlich geschah, bekommen wir nicht; denn die Auferstehung selbst ist und bleibt ein Geheimnis, ein Mysterium. Und es ist wie bei den Geheimnissen der Kinder: es ist gut, dass die Auferstehung ein Geheimnis, ein Mysterium ist und bleibt; denn nur so kann das Osterevangelium zu einer frohen Botschaft werden, die etwas mit unserem Leben zu tun hat.

            Denn es ist doch im Grunde unbedeutend, wie das damals geschah, das Wesentliche ist selbstverständlich die Bedeutung der Tatsache, dass der gekreuzigte Jesus von Nazareth von den Toten auferstanden ist, dass Gott den, den wir kreuzigten, erhöht hat. Christus ist auferstanden, das ist die Botschaft, die wir bekommen.

            Denn das Evangelium ist kein Bericht darüber, wie Jesus auferstand, sondern eine Verkündigung, dass er lebt. Wie die Frauen es an jenem Morgen am Grab Jesu erlebten. Sie erlebten nicht die Auferstehung selbst, sondern ein Erdbeben, und sie begegneten einem Engel, der den Stein wegwälzte, um ihnen bloß zu sagen: Fürchtet euch nicht, ich weiß, ihr sucht nach Jesus, dem Gekreuzigten. Er ist nicht hier, er ist auferstanden, wie er gesagt hat!

            Also: worum alles hier in der Kirche geht - Christi Auferstehung von den Toten - der Grund dafür, dass wir jeden Sonntag, an seinem Auferstehungstag, Gottesdienst halten, das Ereignis wird nirgends beschrieben, es ist und bleibt ein Geheimnis, ein Mysterium, wie das in christlichem Sinne Wichtigste von allem - die Auferstehung Christi - vor sich ging.

            Es mag wie eine Schwäche wirken. Könnten wir nur klaren Bescheid bekommen, sagt man. Aber da hätten die Alten geantwortet, das ist gar kein Fehler, es ist gut und richtig, dass es so ist; denn die Auferstehung ist ein Geheimnis, ein Mysterium, etwas, was für das Gehirn und die Vernunft nicht zugänglich ist. Und sie würden wie die Kinder hinzufügen, dass es dadurch bestimmt nicht schlechter wird, faktisch ganz im Gegenteil.

            Wenn wir den Ausdruck gebrauchen: dass etwas mystisch klingt, dann meinen wir gewöhnlich, dass es unglaubwürdig und unsicher wirkt, dass wir uns nicht darauf verlassen können.

            So würden die Alten nicht reden. Für sie war es ja gerade wertvoll, dass etwas verborgen und ein Geheimnis war. Dass das Leben mit sehr viel mehr gefüllt ist, als ein Mensch verstehen kann. Denn will man das Geheimnis aufklären, das Mysterium aus dem Dasein entfernen, dann würde die Freude - das Neue und Andere und Überraschende - damit auch verschwinden.

            Deshalb sollen wir die Auferstehung selbst ein Mysterium bleiben lassen; wie sich das ereignete, soll ein Geheimnis bleiben; und so kann die Auferstehung uns daran erinnern, dass wir das Leben nicht so einfach in den Griff bekommen können - es kann jederzeit etwas Unverwartetes und Anderes geschehen, das Leben erneuert sich immer wieder; denn Gott hat den Tod besiegt.

            Das Leben ist Gott sei Dank viel größer und anders, als ein Mensch begreifen kann.

            Und nimmt man das Rätselhafte und Geheimnisvolle weg aus dem Leben, dann verschwindet die Freude oft gleichzeitig, wie wir den Kindern ihre Freude nehmen, wenn wir sie nicht ihr Geheimnis in Frieden haben lassen können.

 

Die frohe Botschaft am Ostermorgen hat nichts damit zu tun, wie die Auferstehung geschah, sondern es ist die Verkündigung, dass Jesus Christus lebt - dass er, der Armen und Bedrückten gute Botschaft gebracht hat, er, der Blinden die Augen geöffnet, Hungernde gesättigt, Lahme und Kranke geheilt, Lügner zurechtgewiesen und frohe Botschaft für Bedrückte verkündet hat, dass der bei uns wieder lebendig ist, dass er also Recht hat in allem, was er sagte und tat, und dass seine Worte fortgesetzt Recht haben, wenn sie zu mir gesagt sind und ich sie höre.

            Am Ostertag sollen wir uns nicht in Raterei verlieren, wie die Auferstehung vor sich gehen konnte; denn das ist ganz und gar nicht das Entscheidende. Es ist vielmehr unsere Aufgabe, auf das Wort zu hören, dass Jesus Christus auferstanden ist und lebt, und wenn wir es wirklich hören, dann sind wir mitten in der Welt des Glaubens, dann sind wir zum Wesentlichen vorgestoßen, zu der Botschaft, die in Menschenherzen Glauben schafft. Jesus Christus lebt in seinen Worten, denn er ist auferstanden von den Toten als der, der zu uns reden kann, nicht als eine bedeutende Person der Geschichte, sondern als unser lebendiger Herr und Erlöser.

 

Und wenn Gottes Wort, wenn die Berichte über Jesu Leben und Wirken und seine Worte über Gott wenn dieses Wort Gottes nicht zu uns kommt als lebendiges Wort, das heißt, wird es nicht mir heute und in meiner Situation gesagt, - dann ist es kein Evangelium. Denn Gottes Wort soll reden, so dass ich zu Gott geführt werde, all meinen Zweifel vergesse und von Hoffnung und Leben erfüllt werde.

            Wie Jesus Christus nach dem Tod lebendig wurde, ist deshalb faktisch gleichgültig, denn die Botschaft von Ostern ist, dass er lebt, mitten unter uns ist in seinem Wort und in seinem Geist.

           

Aber wenn seine Auferstehung mehr sein soll als bloß ein eigentümlicher Bescheid aus der Vergangenheit und mehr als ein Mysterium, das wir nicht aufklären können, dann ist es selbstverständlich entscheidend, dass es uns im eigentlichen Sinne auch angeht.

            Und Jesu Tod geht uns an, weil er in den Tod ging, damit wir leben dürfen. Und Jesu Auferstehung geht uns an, weil sie verkündet, dass wie er lebt, so sollen wir leben - dass der Tod, obwohl wir also alle auf dem Weg zum Tod leben, nicht das Letzte ist, was über uns zu sagen ist; denn da Christus auferstand von den Toten, wurde der Tod zunichte gemacht und besiegt - auch unser Tod.

            Alles, was Jesus Christus tat und sagte, geschieht um unseretwillen, deshalb geht es uns an, denn es ist unser Leben, um das es geht - dass wir leben und sterben dürfen im Glauben an die Vergebung der Sünden, die Auferstehung des Fleisches und das ewige Leben.

            So geben Jesu Tod und Auferstehung uns ein Leben mit Frieden und mit Hoffnung als Gottes geliebte Kinder. Denn Christus ist auferstanden - er lebt, und deshalb können wir leben. Fröhliche Ostern!

Amen



Pastorin Hanne Drejer
Asperup, Dänemark
E-Mail: hdr(a)km.dk

Bemerkung:
Übersetzung aus dem Dänischen: Dietrich Harbsmeier


(zurück zum Seitenanfang)