Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

5. Sonntag nach Trinitatis, 21.07.2019

Predigt zu Lukas 5:1-11(dänische Perikopenordnung), verfasst von Elof Westergaard

Und Jesus sprach zu Simon: ”Von nun an wirst du Menschen fangen”. Und sie brachten die Boote an Land und verließen alles und folgten ihm nach.

 

„Ich habe keine Lust, von jemandem gefangen zu werden, ich will nicht an den Haken anderer anbeißen“. Das ist mein erster Gedanke, wenn ich diesen Bericht beim Evangelisten Lukas höre. „Ich bin ein Mensch anno 2019, dem der Gedanke durchaus nicht gefällt, Gegenstand von Menschenfischerei zu sein oder selbst als solcher aktiv zu werden. Keiner soll mich in sein Netz einfangen oder an den Haken kriegen, und welches Recht habe ich selbst, andere in meinem Garn zu fangen? Meine Freiheit, mein individueller Wille und der Wille und die Freiheit anderer stehen hier auf dem Spiel.“

Was aber nun, wenn meine impulsive Reaktion dazu führt, dass ich nicht das höre, was ich eigentlich hören soll, nämlich das Evangelium, ja dass diese Reaktion den Blick für das Anliegen Jesu verstellt, wenn er davon redet, dass Petrus ein Menschenfischer werden soll?

Simon Petrus macht sich offenbar keine Sorgen. Er bringt vielmehr froh und gern sein Boot an den Strand, folgt Jesus sogleich, wird nun Jünger und Menschenfischer, gibt seinem Leben eine neue Richtung. Simon Petrus sogt sich offenbar nicht um den Verlust eventueller Freiheit, sondern er stellt sich mit derselben Selbstverständlichkeit seiner neuen Aufgabe, mit der er zuvor seine Netze gewartet hatte und jeden Tag in die See stach um zu fischen.

Gefangen werden, das klingt unmittelbar als eine Störung, und andere Menschen fangen als ein Eingriff in deren Leben, und das ist es ja auch. Der Fang bedeutet jedoch nicht notwendigerweise ein Gefängnis, gebunden an Händen und Füßen, ein Zappeln im Netz des Fischers. Der Fang ist hier, dass man aufgerufen dazu berufen wird, sich selbst in der Bindung an andere und anderen als nur sich selbst verpflichtet zu verstehen. Gefangen werden bedeutet zu wissen, dass man in das Leben eingebunden und mit anderen Menschen verbunden ist, ja sich der Abhängigkeit von anderen bewusst zu sein und sich dieser Berufung verpflichtet zu fühlen. 

Was Jesus tut, ist dies, dass er die Arbeit des Petrus auswechselt, oder vielleicht besser dass er seine Arbeitsbeschreibung erweitert. War Petrus zuvor Fischer, wird Petrus nun Menschenfischer in der Welt. Das Fischerboot bleibt nun am Strand, aber die Jüngerschaft ist nicht ein Verschwinden aus der Welt. Petrus und die anderen Jünger folgen nun Jesus in Galiläa und dann nach Jerusalem. Sie gehen auf den staubigen Wegen zusammen mit ihm, gehen hinein in die Lehmhütten, essen und schlafen, trinken Wasser aus den Quellen, pflücken Körner aus den Ähren auf dem Felde und bereiten Essen auf den Lagerfeuern. Die Jünger, diese Menschenfischer, sind weiter an die konkrete Wirklichkeit und den konkreten Alltag , die Landschaften und die vertrauten Orte gebunden, aber sie sind nun auch gebunden an das Wort Jesu, und sie sind nun immer unterwegs mit Gott in der Welt. 

Petrus tauscht also im Grunde das Boot mit dem Reich Gottes, d.h. sein eigenes Boot mit Besatzung mit einer Nachfolge Jesu, und hier auf dieser Wanderschaft im Leben mit einer Berufung, aus dem Glauben der Hoffnung und der Liebe zu leben, dien Gott in die Welt bringt.

Hier ist nun eine Botschaft, die hinausgetragen werden muss. Hier ist ein Leben, das aus dieser Forderung heraus gelebt werden soll. Eine Botschaft, die auch wir weitertragen sollen. 

Und worin besteht diese Berufung? Ja, die Berufung, die wir erhalten haben, besteht darin, dass wir das Menschliche auf uns nehmen. Jesus sagt ja zu Petrus: Werdet Menschenfischer. D.h. zu dem Zimmermann sagt er auch: Werde Menschenzimmermann. Zum Datalogen: Werde Menschendataloge. Zum Lehrer: Werde Menschenlehrer. Zum Pastoren: Werde Menschenpastor. Zum Juristen: Werde Menschenjurist. Gottes Sohn ruft so jeden von uns auf, Menschen zu sein und in unserem Leben und Wirken Menschlichkeit zu zeigen. Wir sind nicht nur unsere Arbeit, und wir sind nicht nur wir selbst, autonom und auf uns selbst beruhend. Jesus sagt zu jedem von uns: Werde Mensch. Liebe Gott, und liebe deinen Nächsten! Amen.



Bischof Elof Westergaard
Ribe, Dänemark
E-Mail: eve(at)km.dk

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