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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Advent, 08.12.2019

Das Ende ist nah! Ta-tü-ta-taa!
Predigt zu Lukas 21:25-33, verfasst von Udo Schmitt

Der zweite Advent hat ein Thema: das Kommen Gottes in diese Welt, nicht das erste sondern das letzte, das endgültige Kommen am Ende aller Zeiten, der letzte Advent, das Wiederkommen Christi und also das Ende dieser Welt, wie wir sie kennen.  Jesus selbst hat es angekündigt, und nach dem Evangelium des Lukas tat er es so:
[Predigttext]

Als ich ein kleiner Junge war, da wohnte ich in einer großen Stadt, Köln am Rhein, und gleich drei Häuser weiter war eine Feuerwache. Wenn ich einen Freund zum Spielen zu Besuch hatte, dann konnte es sein, dass der plötzlich aufsprang, zum Fenster lief und rief: „He, guck mal da: die Feuerwehr!“ Ich aber sagte nur: „Ach, die“. „Hörst du nicht? Tatütata!“, und ich sagte nur: „Ja, ja.“ Blaulicht und Martinshorn - kannte ich schon, da ich hörte gar nicht mehr hin, denn mehrmals die Woche passierte das, aber zu sehen gab es nie etwas.

Ein bisschen ging es mir so manches Mal auch - ich muss es gestehen - mit all den Apokalypsen, Katastrophen- und Weltuntergangs-Szenarien, die mir seitdem begegnet sind: Das Ende ist nah! Das Ende ist nah! Ta-tü-ta-taa! Ta-tü-ta-taa! Viel zu oft habe ich das schon gehört in den letzten 40, 50 Jahren.

Als ich noch keine zehn war, da war das noch anders, da war noch was los, da hatten sie in meinem Stadtteil den Schleyer ermordet, keine 5 Minuten entfernt, und durch die Stadt rannten viele Polizisten. Teils in zivil, teils mit Maschinenpistole. Hielten Autos an, fragten nach den Papieren. In jeder Post hingen Fotos der Terroristen, die Bevölkerung war alarmiert. Wir Kinder standen davor, lasen die Namen, prägten uns die Gesichter ein, dachten, es könnte ja sein, dass wir sie sehen, und dann die Belohnung kassieren. Was irgendwie dann doch nie geschah.

In den 80er Jahren dann war die Stimmung ganz schön mies, denn die Aussichten waren ebenso: mies. No Future! und Null Bock!, so hieß es, Aufrüstung, Hochrüstung und die Gewissheit, dass das Ende nicht mehr fern sein kann, immerhin, so der Trost, es würde schnell gehen, eine von den 5 verfeindeten oder 4 verfreundeten Atombomben, die auf deine Vaterstadt gerichtet waren, würde ihr Ziel schon nicht verfehlen.

Apropos Atom, als zur Umweltzerstörung, dem Artensterben und dem Waldsterben, auch noch Tschernobyl dazukam, schien auch dies klar: So oder so ist das Ende nah, schleichende Vergiftung und Verstrahlung oder doch der große Knall, am Ende lief beides auf das Gleiche hinaus: Das Ende der Welt. Was irgendwie dann doch nie geschah.

Denn: Auf einmal war sie weg, die Sowjetunion und mit ihr die atomare Bedrohung, eine friedliche Revolution hatte sie freundlicherweise in Rente geschickt. Na sowas! Keiner hat es kommen sehen, keiner hätte gedacht, dass die Kommunisten in Moskau das mit sich machen lassen. Einfach so. Und nicht wie ihre Kollegen in Peking auf dem Platz des himmlischen Friedens… man kennt die Bilder. Wie dem auch sei, auf einmal war sie weg die Mauer, quasi über Nacht – wer hätte das gedacht? Ein Wunder. Man wundert sich und staunt, wie konnte das nur geschehen, wir waren doch so sicher, dass der Russe nicht mehr hergibt, was er einmal hat, und so warteten wir eben ganz ergeben auf einen großen Knall, ein Ende mit Schrecken. Was irgendwie dann doch nie kam.

In den 90er Jahren dann sah man mit Sorge, wie sich Seuchen ausbreiteten, AIDS zuallererst, dann BSE und Vogelgrippe und andere Schrecken, die nächste Pandemie und Monsterkillergrippe komme bald, so hieß es, und wir müssten alle sterben, mindestens 97% der Weltbevölkerung, wenn es erstmal soweit ist. Davor schütze dann auch keine Praxisgebühr und keine private Krankenkasse. Es könnte aber auch sein, so las man etwas später und von anderer Seite, dass ein Killer-Komet aus den Tiefen des Alls uns trifft wie einst die Dinosaurier. Die Dinos waren in den 90ern schwer in Mode und man ließ die Kinder damit spielen, während man selbst mit dem Gedanken spielte, ob nicht auch wir - und überhaupt alles Leben auf diesem Planeten – durch eine kosmische Katastrophe ausgelöscht werden könne. Was aber irgendwie dann doch nie geschah.

Als das Jahr 2000 näher rückte, warnte man dann vor einem Zusammenbruch aller Systeme. Computer, so glaubte man sicher annehmen zu können, würden entscheidend versagen und dazu beitragen, dass bald schon keine Bahn mehr fährt und kein Strom mehr fließt. Was irgendwie dann doch nie geschah. Denn der große Knall blieb aus, obwohl… Man könnte genauso gut sagen: er kam mit einer Verspätung von einem Jahr, neun Monaten und elf Tagen. Dann aber gleich doppelt. Nine-eleven wie man neudeutsch sagt. Ein gewisser Osama, den bis dahin kaum einer kannte, verkündete via Satellit und Internet, er werde die Welt mit Terror überziehen und uns alle vernichten. Was nicht sehr nett war, was aber irgendwie dann doch nie geschah. Zwar haben bei dem Versuch ihn zu fassen, viele Tausend Soldaten und noch mehr Zivilisten ihr Leben gelassen, aber das Ende der Welt ist auch hier noch nicht in Sicht.

So näherten wir uns dem Jahr Zweitausendundzehn. Und neue Schrecken ließen sich sehn. Die Börsianer hatten sich verzockt, die Heuschrecken sich verschluckt, Banken gingen pleite, und irgendwie haben wir das alles dann den Griechen angehängt. Oder dem Euro. Oder fünf Jahre später den Flüchtlingen aus Syrien. Und der Merkel sowieso. Oder dem Brexit. Oder Trump und den Chinesen.

Ein weiteres Jahrzehnt voll von lauter hausgemachten Schreckensmeldungen. Und das Geschrei wird lauter. Aus dem Aufreger der Woche in der Zeitung mit den großen Buchstaben ist mittlerweile der Chatroom geworden, wo die Leute sich – so hörte ich - nur noch anschreien. Auch mit großen Buchstaben. Oder Katzenclips teilen. Oder Modetipps. Oder den neuesten „meme“ ihres Influencers. Alles ohne Filter und twentyforseven.

Darüber vergisst man dann fast, dass noch weitere und weit schwerere Probleme ungelöst bleiben, die Erde erwärmt sich weiter und weiter, die Klima-Katastrophe nimmt ihren Lauf. Und keiner hält sie auf. Trotz aller Beteuerungen und Konferenzen, trotz aller Versicherungen, man wolle vielleicht demnächst mal etwas daran tun, trotz des Wissens, dass eben diese Herum-Schwätzerei im Glashaus uns noch sehr teuer zu stehen kommen wird. Denn dabei geht es um noch viel größere Dimensionen und ganz andere Summen und nicht nur um ein paar arme Eisbären, die bald nur noch im Zoo überleben. Für die eigenen Versäumnisse der Vergangenheit, werden wir in der Zukunft die Zeche zahlen. Auch das steht fest.

Aber… Wird es diesmal das Ende der Welt sein? Ist das Ende nah? Oder ist es wieder nur Tatütata? Ich weiß es nicht. Als Rheinländer bin ich ja versucht, es leicht zu nehmen und zu sagen: „Et kütt wie et kütt“ und „Et hät noch immer jot jejange“. Aber diesmal zögere ich. Ich denke so bei mir: Und was, wenn nicht? Was, wenn wir es diesmal doch verbocken? Die Zeit wird knapp. Und wir reden nur. Aber handeln nicht. 60% der Deutschen meinen, dass wir zu wenig tun, (aber sie meinen dabei nicht sich, sondern nur die Politiker). Außerdem meinen ebenfalls 60% der Deutschen, dass sie das Thema schon nicht mehr hören können. Beste Voraussetzungen, um nichts zu tun. 

Und was, wenn es diesmal nicht nur Tatütata ist? So wie die vielen Male vorher?

Na dann, sage ich als Christ, dann haben wir es wenigstens kommen sehen. Und das schon lange. Nicht erst seit 50 oder 60 Jahren, sondern seit bald 2000 Jahren wissen wir schon, wissen wir es als Christinnen und Christen durch die Worte der Bibel, durch die Worte unseres Herrn Jesus, dass es nicht ewig so weiter geht und dass diese Welt, die scheinbar so fest steht, ein Verfallsdatum hat.  Das wissen wir, auch wenn wir den genauen Termin nicht kennen. Wir sollen nicht danach fragen, wann und wie und wann genau, wir brauchen auch das Ende nicht herbeisehnen, nicht herbeireden, brauchen es nicht beschreien.

Es kommt ja doch. Jesus hat es uns gesagt. Und er hat es uns gesagt, damit wir nicht daran irre werden und verzweifeln, wenn es geschieht, er hat es uns gesagt, damit wir wissen, dass wir keine Angst zu haben brauchen.
„In der Welt habt ihr Angst, doch seid getrost, ich habe diese Welt überwunden.“
„Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen nicht.“

Und wenn es soweit ist „seht auf und erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.“ Denn was wir dann sehen werden ist nicht die Dunkelheit, die Kälte, das Nichts, was wir dann sehen werden ist unser Heiland, unser Herr, er kommt in Wärme, in Liebe und Licht, und wir werden ihn sehen endlich und von Angesicht zu Angesicht. Und weil wir das wissen, wissen wir etwas, was diese Welt nicht weiß. Und weil wir das wissen, freuen wir uns darauf. Wir freuen uns nicht nur darauf, dass das Christkind kommt, freuen uns nicht nur an Tannenzweigduft und süßer nie klingenden Glöckchen.

Wir erinnern uns auch daran, dass er selbst zu uns kommen will, Christus, als Richter und Retter dieser Welt. Er hat es uns versprochen. Und wir, die wir durch diese Welt gehen, mit all ihren Schreckensmeldungen, mit all den Katastrophen- und Untergangsszenarien, wir wissen, dass wir ihm entgegengehen. Und wir sagen: Maranatha! Ja, Herr komm! Wir freuen uns schon darauf, dich zu sehen, endlich und von Angesicht zu Angesicht.

 

 

Liedvorschläge:

Eingang: „O komm, o komm, du Morgenstern“ (EG 19)

Lied vor der Predigt: „O Heiland reiß die Himmel auf“ (EG 7),               

Lied nach der Predigt: „Es ist gewisslich an der Zeit“ (EG 149,1.2.7)

oder: „Das Volk, das noch im Finstern wandelt“ (EG 20)

Schluss: „Wie soll ich die empfangen“ (EG 11)

 

Udo Schmitt, geb. 1968, Pfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland, von 2005-2017 am Niederrhein, seit 2017 im Bergischen Land.



Pfr. Udo Schmitt
Wülfrath, Nordrhein-Westfalen, Deutschland
E-Mail: udo.schmitt@ekir.de

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