Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Neujahrstag, 01.01.2020

Predigt zu Matthäus 6:5-13 (dänische Perikopenordnung), verfasst von Lasse Rødsgaard Lauesen

Neujahrswünsche

 

Er lag in seinem Bett und beendete den Tag mit einem Vaterunser für sich. Das hatte er als Kind gelernt, dass man den Tag mit dem Vaterunter abschloss. Eine feste Routine, die in wenigen Sekunden den Himmel in sein Bett rief vor dem Einschlafen.

 Manchmal redete seine Frau zu ihm, während er da lag: Schläfst du? Warum antwortest du nicht? Er konnte nicht so gut sagen, dass er gerade dabei war, mit Gott zu reden. Deshalb sagte er nur, er wäre gerade beim Einschlafen. Dann musste er von vorne anfangen, denn mit den Worten des Vaterunsers kam Gott an sein Bett, und der Tag konnte seinen Abschluss finden.

Danach lag er und dachte an die Weihnachtstage und alle die Wünsche, die in der Luft lagen. Sein Sohn hatte drei Mal darauf bestanden, dass sie zum Briefkasten in die Stadt gehen sollten mit Wünschen an den Weihnachtsmann. Denn dem Sohn war eingefallen, dass er etwas auf dem Wunschzettel vergessen hatte. An Heiligabend zeigte sich, dass alle Briefe angekommen waren, denn die Wünsche gingen in Erfüllung, die Relation war intakt, der Weihnachtsmann musste existieren.

Wunschzettel müssen immer mit etwas ergänzt werden. Das ist anders beim Vaterunser, das in einer gewissen Weise alles für uns beinhaltet.

Jesus sagt: Euer Vater im Himmel weiß, was ihr braucht, ehe ihr ihn darum bittet.

Das Vaterunser ist eine Versicherung, die uns begleitet. Es stellt sicher, dass wir uns Gott zuwenden und ihn zu uns rufen. Die Worte stellen sicher, dass der Tag, ganz gleich was er uns gebracht hat, mit Gott und seinem Willen endet.  

Die Worte des Vaterunsers sollen uns nicht aufblasen wie die Heiden oder uns vor allen Leuten rühmen. Stattdessen lehrt uns Jesus, im Verborgenen zu beten, so dass das Gebet nicht anderen Menschen gilt oder Gott erpressen will. Das Gebet wird unser eigener Raum, wo wir Gott vom Himmel herabrufen hinein in unser Leben. 

Wir bitten um einfache Dinge wie das tägliche Brot, und so soll es sein. Der Gott, der der Vater sein will für einfache Menschen, muss sich unsere einfachen Bitten um Essen und all das andere anhören, was uns in der Welt Geborgenheit gibt.

Alle unsere Wünsche, Sehnsüchte und Träume haben mit den Worten des Vaterunsers einen Platz bei Gott. Gott will Vater sein für dich, wenn du meinst, dass die Zeit stillsteht, für den, der meint, das Ende sei nahe, und für den, der in seinem Bett liegt und das Vaterunser betet, während die Dunkelheit anbricht. Das Vaterunser ist kein Wunschzettel, aber dennoch bringt es unsere Sehnsüchte und Träume vor Gott.

Ich möchte, dass der Name Gottes geheiligt wird und dass sich sein Reich natürlich in der Zukunft einfindet aber auch in der Sekunde, in der ich das Vaterunser bete, dann werden das Bett und mein Sinn dort sein, wo Gott ist.

Ich möchte, dass er uns etwas geben wird, von dem und für das wir leben können. Wir beginnen mit dem Brot, und dann rechne ich damit, dass er weiß, was noch dazu kommt usw.

Ich möchte, dass die Schuld, die wir mit uns herumtragen in Bezug auf andere Menschen und Gott in Vergessenheit geraten möge. Oder jedenfalls nicht die ganze Wirklichkeit beschweren und füllen soll, mit der wir herumlaufen, sondern dass Gott alles erfüllt. 

Ich wünsche, dass die Versuchung keine Macht über uns gewinnt, auch wenn die Welt, die wir geschaffen haben, uns oft in Versuchung bringen kann.

Und ich wünsche natürlich, dass wir befreit sind von dem Bösen in unserem Leben. Letzten Endes glauben wir ja daran, dass die Macht Gott gehört und dass er stärker ist als all das andere und deshalb alles in allem wird, in der Ewigkeit, die wir gerade mitten im Leben vielleicht nicht erblicken. Aber wir glauben, dass sie das Ziel aller Dinge ist und dass wir ihr entgegengehen. 

Mein Wunschzettel ist länger als das Vaterunser, auch wenn gerade Weihnachten gewesen ist – ganz zu schweigen von den Wünschen, die ich im neuen Jahr habe. Vielleicht ist es dann gut, dass Gott mich im Vaterunser eine Sicherheit gegeben hat und eine Sprache, mit der ich in ihn meine Welt rufen kann.

In diesem Sinne dürfen wir ihn beim Wort nehmen. Amen.



Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen
DK-5000 Odense
E-Mail: lrl(at)km.dk

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