1. Könige 10,1-13

1. Könige 10,1-13

Wir sollen Seine Herrlichkeit sehen! | Epiphanias | 6.1.2024 | 1. Kön 10,1-13 | Winfried Klotz |

10 1 Salomo wurde zur Ehre des HERRN so bekannt, dass auch die Königin von Saba von ihm hörte. Sie machte sich auf den Weg, um sein Wissen durch Rätselfragen auf die Probe zu stellen. (10,1-10) Mt 12,42par

2 Mit zahlreichem Gefolge kam sie nach Jerusalem. Ihre Kamele waren schwer beladen mit duftenden Ölen, Gold und Edelsteinen. Als sie zu Salomo kam, legte sie ihm die Rätsel vor, die sie sich ausgedacht hatte.

3 Salomo blieb ihr keine Antwort schuldig; auch die schwierigsten Fragen konnten ihn nicht in Verlegenheit bringen.

4 Die Königin war tief beeindruckt von der Klugheit Salomos. Sie besichtigte auch seinen Palast.

5 Sie sah die Speisen und Getränke, die auf seine Tafel kamen, die Minister, die nach ihrem Rang an seiner Tafel saßen, und die Diener, die in kostbaren Gewändern aufwarteten, und sie sah auch die reichen Brandopfer, die er dem HERRN im Tempel opferte. Sie konnte sich vor Staunen nicht fassen

6 und sagte zu Salomo: »Es war nichts übertrieben, was ich bei mir zu Hause über dich und dein Wissen gehört habe.

7 Ich wollte es nicht glauben, aber jetzt habe ich mich mit eigenen Augen davon überzeugt. Dein Wissen und dein Reichtum übertreffen sogar noch alles, was ich darüber gehört hatte. Nicht einmal die Hälfte der Wahrheit hat man mir gesagt.

8 Wie glücklich sind deine Frauen (B) und deine Minister, die täglich um dich sind und deine klugen Worte hören! B) Frauen mit alten Übersetzungen; H Männer. (Der ursprüngliche Text wurde vermutlich im Blick auf den schlechten Ruf der Frauen Salomos verändert; vgl 11,1-8.)

9 Der HERR, dein Gott, sei gepriesen, der dich erwählt und auf den Thron Israels gebracht hat! Weil seine Liebe zu seinem Volk nicht aufhört, hat er dich zum König eingesetzt, damit du für Recht und Gerechtigkeit sorgst.«

10 Dann schenkte sie Salomo 120 Zentner Gold, eine Menge duftende Öle und viele Edelsteine. Nie wieder gelangte so viel kostbares Öl nach Jerusalem wie damals.

11 Übrigens brachten die Schiffe König Hirams, die Gold aus dem Land Ofir einführten, auch große Ladungen Edelhölzer und Edelsteine von dort mit. 9,26-28

12 Salomo ließ aus dem Holz Schnitzwerk (A) für den Tempel des HERRN und den Königspalast sowie Saiteninstrumente für die Tempelsänger herstellen. Bis heute ist nie mehr so viel kostbares Edelholz nach Jerusalem gekommen. A) Der Sinn des Wortes ist unsicher; vielleicht Geländer (2Chr 9,11: Treppen).

13 Salomo erfüllte der Königin von Saba jeden ihrer Wünsche und beschenkte sie darüber hinaus so reich, wie nur er es konnte. Danach kehrte die Königin mit ihrem Gefolge wieder in ihr Land zurück.

Hofberichterstattung – was machen wir damit am Epiphaniastag? Ein Bericht von der Weisheit, dem Reichtum, auch von der Frömmigkeit Salomos – wo gab es größere Herrlichkeit? Um das Aufstrahlen von Herrlichkeit geht es doch auch an Epiphanias, dem Fest der Erscheinung Gottes in dieser Welt. Aber wer kommt als Heiland, als Retter? Geht es um Salomo, oder Augustus, oder Karl den Großen, oder die, denen heute die Volksmassen zujubeln, aus Zustimmung, befohlen oder aus Fanatismus?

Im ersten Kapitel des Johannesevangeliums heißt es: „Und das Wort, der Logos, wurde Fleisch und wohnte unter uns, und wir schauten seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit, wie sie ein Einziggeborener vom Vater hat, voller Gnade und Wahrheit.“ (1,14) Johannes redet von der Herrlichkeit Jesu, die ihm von Gott gegeben ist. Das meint Epiphanias! Was aber hat die Herrlichkeit dieses Retters mit der vergänglichen Herrlichkeit eines Salomo oder Augustus oder Erdogan zu tun? Es geht doch bei dem gottgesandten Retter Jesus um die Herrlichkeit Gottes, die sich in dieser Welt so oft unter dem Gegenteil verbirgt; schwach, gering, glanzlos zu sein scheint? Das Kind, geboren im Stall, in eine Krippe gelegt; der Mann Jesus, verachtet von den Frommen und Angesehenen, nur das dumme Volk läuft ihm nach (Joh 7,49), vor Gericht gestellt, schließlich gekreuzigt, das ist doch keine Herrlichkeit! Bekommt das Kind in der Krippe königlichen Glanz dadurch, dass Sterndeuter aus dem Osten einem besonderen Stern folgend ihm königliche Geschenke bringen? Das ist vermutlich in Verbindung mit einem Satz aus dem Jesajabuch gesagt: „Und Nationen werden zu deinem Licht gehen und Könige zu deinem strahlenden Lichtglanz. … aus Saba kommen sie alle, und sie tragen Gold und Weihrauch und verkünden die Ruhmestaten des HERRN.“ (Jesaja 60, 3+6b)

Die christliche Tradition hat hier einen Zusammenhang gesehen; so eröffnet die Bachkantate BWV 65 zum Epiphaniasfest mit den Worten: „Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herren Lob verkündigen.“ (Text aus: https://webdocs.cs.ualberta.ca/~wfb/cantatas/65.html) Das wird weitergeführt im folgenden Choral: „Die Kön’ge aus Saba kamen dar, Gold, Weihrauch, Myrrhen brachten sie dar, Alleluja!“ So wurden aus Sterndeutern Könige; die Bachkantate weiß aber und sagt in der Fortsetzung: „Was dort Jesaias vorhergesehn, das ist zu Bethlehem geschehn. Hier stellen sich die Weisen bei Jesu Krippe ein und wollen ihn als ihren König preisen.“ Aus Königen, die zur Krippe eilen, werden Weise, die das Kind als ihren König preisen.

Die Überlieferung hat recht, wenn sie betont, dass Gott seine Königsherrschaft neu aufgerichtet hat im Kommen von Jesus. Aber gerade ein Bericht wie der aus 1. Könige 10 von der Herrlichkeit Salomos verfehlt die Botschaft des Epiphaniasfestes; ich kann ihn jedenfalls nur als Negativfolie sehen.

Wer ist Jesus, was ist seine Herrlichkeit? Luther sagt im Kleinen Katechismus in Anlehnung an die altkirchlichen Bekenntnisse von Nicäa (325) und Chalcedon (451): „Ich glaube, dass Jesus Christus, wahrhaftiger Gott vom Vater in Ewigkeit geboren und auch wahrhaftiger Mensch von der Jungfrau Maria geboren, sei mein Herr.“ Aber wie weit hilft uns das? Können wir wirklich definieren, wer Jesus ist? Unser Verstand reicht kaum dazu, unser irdisch-menschliches Wesen zu erklären, wieviel weniger reicht er an den Himmel, um Gottes Wesen zu verstehen. Letztlich sind unsere Bekenntnisaussagen ein Notbehelf, ein Versuch zu verstehen. Jedenfalls dann, wenn wir sie nicht im Sinne des auf Gottes Handeln antwortenden Lobpreises gebrauchen. Immer kommt es darauf an, zurückzugehen zu den biblischen Berichten und Zeugnissen und sie zu bedenken. Sie reflektieren das Geschehen der Offenbarung Gottes in Jesus; wir werden in dieses Geschehen hineingenommen und gelangen so zum Glauben – zu einer Gewissheit, die immer wieder auch mit dem Zweifel ringt, oder auch zur Ablehnung des Glaubens. Es findet eine Entscheidung statt in der Begegnung mit Jesus so wie die Bibel von ihm erzählt.

Wer ist Jesus, was ist seine Herrlichkeit? Ich habe den Bericht von Salomo aus 1. Könige 10 als Negativfolie für Epiphanias bezeichnet. Das bedeutet nicht, dass ich diesen Bericht verachte, vielmehr will ich versuchen, die Botschaft von Jesus auf seinem Hintergrund zu lesen.

Die Königin von Saba – das lag ungefähr im heutigen Jemen – macht einen Staatsbesuch in Jerusalem; sie hat von Salomos Weisheit gehört. Erinnern wir uns, das Buch der Sprüche beginnt mit dem Satz: „Dieses Buch enthält in Sprüche gefasste Ratschläge fürs Leben von Salomo, dem Sohn Davids und König von Israel.“ Ähnlich das Buch Prediger – Kohelet: „In diesem Buch sind die Einsichten des Lehrers aufgeschrieben. Er war ein Sohn Davids und König in Jerusalem.“ Diese Begabung Salomos, Zusammenhänge des Lebens und der Natur im Blick auf Gott und seine Gebote zu beschreiben, zeichnete Salomo aus und beeindruckte die Königin von Saba sehr. Dazu kam die Pracht seiner Hofhaltung und der Glanz der gottesdienstlichen Feiern im Tempel mit den vielen Brandopfern. Was sie hört und sieht, übertrifft bei weitem das, was man ihr von Salomo erzählt hat. Deshalb lobt sie Gott: „Der HERR, dein Gott, sei gepriesen, der dich erwählt und auf den Thron Israels gebracht hat! Weil seine Liebe zu seinem Volk nicht aufhört, hat er dich zum König eingesetzt, damit du für Recht und Gerechtigkeit sorgst.“ Geschenke werden ausgetauscht, so ist es üblich. Soweit die Hofberichterstattung von der Herrlichkeit Salomos.

Schauen wir ins Neue Testament: Verknüpft mit dem Epiphaniasfest ist der Bericht vom Besuch der Sterndeuter aus dem Osten in Bethlehem. Eine ungewöhnliche Sternkonstellation hat sie in Bewegung gebracht. Sie suchen zuerst in Jerusalem und fragen: „Wo finden wir den neugeborenen König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, um uns vor ihm niederzuwerfen.“ (Mt 2,2) Der König Herodes und die Menschen in Jerusalem erschrecken; schnell werden die zusammengerufen, die sich in den Hl. Schriften auskennen. In Jerusalem ist kein neues Königskind geboren worden – wo aber dann? Bethlehem könnte es sein, so steht es beim Propheten Micha, stellen die Schriftgelehrten fest. Herodes schickt die Weisen dorthin, nachdem er sie zu dem besonderen Stern befragt und heuchlerisch darum gebeten hat, dass sie ihn informieren – falls sie etwas finden.

Der Stern leuchtet den Sterndeutern, das prophetische Wort aus dem Buch Micha weist ihnen den Weg, sie finden das Kind. Bei Matthäus heißt es: „Als sie den Stern sahen, kam eine große Freude über sie. Sie gingen in das Haus und fanden das Kind mit seiner Mutter Maria. Da warfen sie sich vor ihm zu Boden und ehrten es als König. Dann holten sie die Schätze hervor, die sie mitgebracht hatten, und legten sie vor ihm nieder: Gold, Weihrauch und Myrrhe. (Mt 2,10+11)

Wer ist Jesus und was ist seine Herrlichkeit? Nichtjuden suchen ihn, während König Herodes und die führenden Leute in Jerusalem erschrecken. Aus dem Osten ziehen sie nach Jerusalem, aber hier finden sie nicht das Kind noch besondere Weisheit und Pracht, vielmehr einen heuchlerischen König; hilfreich ist aber wenigstens die Schriftgelehrsamkeit. Die Weisung der Schrift und das Wiederaufleuchten des Sterns führen zum Kind und erfüllen die Sterndeuter mit großer Freude. Was sie dann aber sehen ist nur ein neugeborenes Kind in ärmlicher Umgebung, – Herrlichkeit? Jesus ist nicht Salomo, seine Herrlichkeit nicht die eines irdischen Machthabers! Trotzdem ehren die Sterndeuter das Jesuskind als König. Sie sehen mit den Augen des Glaubens in der Niedrigkeit des Kindes die Herrlichkeit Gottes.

Die Frage nach der Herrlichkeit ist auch eine Frage nach der Legitimation – kommt Jesus von Gott, kann er sich ausweisen, beweisen als Sohn Gottes? ‚Jesus hat doch viele Wunder vollbracht, ist das nicht ein Beweis?‘ ‚Ich habe um ein Wunder gebetet, aber es ist kein Wunder geschehen, Jesus hat mir nicht geholfen‘, sagt jemand dagegen. ‚Seine Worte sind einmalig‘, sagt jemand anderes, ‚beweist das nicht, dass er von Gott kommt?‘ ‚Viele Religionsstifter haben große, wichtige Erkenntnisse verkündet, nicht nur Jesus‘, sagt jemand dagegen.

Auf der Ebene unserer Erfahrungen und Erkenntnis werden wir keine Gewissheit über Jesus finden. Gewissheit, Augen für die Herrlichkeit Gottes in Jesus, schenkt nur der Glaube. Zum Glauben kommen die, die Jesus in ihrem Leben Raum geben (Joh 1,12; vgl. 7,17), die ihm folgen und auf diesem Weg die Zeichen seines Reiches, das Aufleuchten seiner Herrlichkeit, sehen. Es geht darum, in der Spur Jesu zu gehen. Auf dem Weg hinter Jesus her wird uns Gottes Herrlichkeit im Angesicht Jesu aufleuchten. Ich schließe mit zwei Bibelworten: „Der Glaube ist ein Unterpfand der Hoffnung, ein Überführt sein von Dingen, die man nicht sieht.“ (Hebr 11,1) Und: „Denn der Gott, der gesagt hat: Aus der Finsternis soll Licht aufstrahlen, er ist es, der es hat aufstrahlen lassen in unseren Herzen, so dass die Erkenntnis aufleuchtet, die Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes auf dem Angesicht Jesu Christi.“ Amen.

Liedvorschläge: Herr, das Licht deiner Liebe leuchtet auf, (Lord the light of your love is shining) Graham Kendrick, dt. Manfred Schmidt; Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude, EG 66; In das Warten dieser Welt fällt ein strahlend helles Licht, Johannes Jourdan; Blinde werden sehn, Lahme werden gehen, wenn die Herrlichkeit des Herrn erscheint, Werner Arthur Hoffmann; Du bist unsre Zuversicht. Du bist unsre Stärke. Gerhard Schnitter; Freuet euch ihr Christen alle, EG 34.

Winfried Klotz, Pfr. i. R. Jg. 1952, verh., 3 erw. Kinder, Bad König/ Odenwald

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