1. Könige 8, 22-24.26-28

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1. Könige 8, 22-24.26-28

Gottesdienst Himmelfahrt (Freiluftgottesdienst)
Lesung: Apostelgeschichte 1, 1-10
Predigt: 1. Könige 8, 22-24.26-28

Predigt von Anne Töpfer


Liebe Gemeinde!

Auf und davon!
Hinaus ins Freie (bei Regen oder Sonnenschein). Gottesdienst einmal anders – für viele eine gute Erfahrung. Ich finde Gott eher im Wald als in der Kirche, so sagen manche. Und vielleicht sind ja auch Förster die besseren Prediger und können noch viel mehr, als dafür zu sorgen, dass wir heute Morgen hierhin kommen und hinfinden konnten. Wir könnten es ja einmal ausprobieren.
Himmelfahrt und über uns ist der Himmel offen. Kein Dach weder als Schutz noch als Einengung. Ein Gottesdienst draußen eröffnet neue Perspektiven. Das Vertraute verlassen und zurücklassen, wenigsten heute einmal.

Auf und davon!
Das gilt auch für Jesus. Aber es gilt in anderem Sinne als unser Spaziergang hierher zum Freiluftgottesdienst.
Weg ist er und jetzt zum zweiten Mal.
Das erste Mal waren sie traurig. Alles schien vorbei. Der Tote am Kreuz hatte alle Hoffnungen zunichte gemacht. Aber dabei blieb es nicht. Es ging weiter. Wunderbar und kaum zu glauben ist das. Neues Leben erblickt das Licht der Welt. Die totgeglaubte Hoffnung wird wieder lebendig. So kann es weitergehen. Aber nichts da.
Auch diese Zeit der Gewissheit hat ein Ende. Zum zweiten Mal verabschiedet sich Jesus von seinen Freundinnen und Freunden. Sie können ihn nicht festhalten. Er entzieht sich ihnen. Er tut dies aber nicht ohne ihnen etwas zu versprechen: Ihr werdet die Kraft des heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein. Apg 1,8. Das ist die Geschichte der Lesung, die von dem erzählt, was wir heute mit diesem Gottesdienst hier draußen feiern. Voran wir uns erinnern, nach dessen Sinn wir fragen: Himmelfahrt!
Seit dieser Geschichte gilt für Jesus ein zweites Mal: Auf und davon!

Wir können Gott nicht, auch nicht in der Gestalt seines Sohnes, an uns binden. Wir können uns nicht in der Sicherheit wägen: Hier ist er! Seht her und glaubt!
So sehr wir das manchmal möchten, können wir Gott nicht unserer Verfügungsgewalt unterwerfen. Das lässt Gott nicht mit sich machen. So können wir ihn nicht domestizieren, zähmen, einsperren oder trainieren.

Aber wir Menschen haben es immer wieder versucht. Wir wollen die Sicherheit, dass dieser Gott bei uns bleibt, dass wir seiner habhaft werden und bleiben. Das jede und jeder weiß, wo dieser Gott zu finden ist. So wurde auch der Tempel gebaut, damals in Jerusalem. König David wollte es schon und durfte es nicht. Sein Sohn Salomo, der den Glauben an den einen Gott mit menschlichem Nachsinnen, mit Weisheit verbinden konnte, baute das prächtige Haus. Ein Haus für Gott, ein Tempel aus edelsten Materialien nach einem genau festgelegten Bauplan.
Endlich konnte Israel mit anderen Völkern und Religionen konkurrieren. Endlich hat auch Israel ein Haus, in dem Gott „wohnt“. Hier ist er greifbar, hier ist er zu finden.

Doch schon früh kommen Zweifel daran auf. Wir können sie nachlesen im Weihe-Gebet für den Tempel. Vom König Salomo werden sie erzählt.

Lesung: 1. Könige 8, 22-24.26-28
22 Und Salomo trat vor den Altar des HERRN angesichts der ganzen Gemeinde Israel und breitete seine Hände aus gen Himmel
23 und sprach: HERR, Gott Israels, es ist kein Gott weder droben im Himmel noch untern auf Erden dir gleich, der du hältst den Bund und die Barmherzigkeit deinen Knechten, die vor dir wandeln von ganzem Herzen;
24 der du gehalten hast deinem Knecht, meinem Vater David, was du ihm zugesagt hast. Mit deinem Mund hast du es geredet, und mit deiner Hand hast du es erfüllt, wie es offenbar ist an diesem Tage.
26 Nun, Gott Israels, lass dein Wort wahr werden, das du deinem Knecht, meinem Vater David, zugesagt hast.
27 Aber sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dies Haus tun, das ich gebaut habe?
28 Wende dich aber zum Gebet deines Knechts und zu seinem Flehen, HERR, mein Gott, damit du hörest das Flehen und Gebet deines Knechts heute vor dir:

Das Haus, der Tempel ist fertig. Die Menschen freuen sich. Sie haben ihre Erwartungen, aber auch andere Töne werden hörbar. ‚Geht das denn überhaupt? Wo doch aller Himmel Himmel Gott nicht fassen können, wie sollte es dann dies Haus, diese Mauern, von Menschenhand gebaut?’
Klingt hier die bittere Erfahrung an, die Jahre später wahr wird? Der Tempel zerstört durch die Babylonier. Steckt hinter der Frage: geht das überhaupt, Gott ein Haus zu bauen, die Erkenntnis, dass selbst wenn der Tempel zerstört ist, Gott die Menschen dennoch nicht verlässt egal, wo sie auch sind, egal wo sie auch beten und Gottesdienst feiern?

Das eine ist so sehr erwünscht: die Sicherheit der Nähe Gottes!
Das andere ist so offensichtlich: wir können Gott nicht in Mauern einsperren!
Und das ist drittens tröstlich nämlich dann, wenn es keine Mauern mehr gibt, in denen Gottesdienst gefeiert werden kann.

So gut wie es ist, Orte zu haben, die uns und unserem Glauben gut tun, so richtig ist auch, dass wir die Nähe Gottes nicht dahin zwingen können.
Wir können sie nicht für unsere Gottesdienste erzwingen, ob wir sie in unseren Kirchen feiern oder auf dem Kirchentag oder wie heute hier im Wald.
Aber: Gott hat seine Gegenwart versprochen – unabhängig von Orten und Plätzen, von Prunk und Pracht. Weltweit gibt es genügend christliche Gemeinden, die keine Gebäude haben. Auch sie feiern Gottesdienste in Schulen und Scheunen, im Schatten von Bäumen oder in Zelten, in Privathäusern oder an Straßenecken.
Trotz des Baus des Tempels wird von Salomo erzählt, dass er das weiß. Und er hält mit dieser Erkenntnis nicht hinterm Berg, selbst nicht bei dessen feierlicher Eröffnung. Auch da gehört sie hin: die Feststellung, dass wir Menschen Gott weder festhalten noch einsperren können.

Eine gute Gelegenheit, sich dessen immer wieder bewusst zu werden, ist ein Ortswechsel für den Gottesdienst wie heute.
Natürlich ist es gut, dass wir unsere Kirchen noch haben. Für die meiste Zeit des Jahres ist es auch wesentlich angenehmer dort Gottesdienst zu feiern … wenn manche es auch da gerne noch wärmer hätten. In unseren Breiten ist der Freiluftgottesdienst einfach keine Ganzjahresvariante.

Die Sicherheit von Mauern kann auch unser Denken und Glauben einschränken. Begrenzt durch Mauern wird unser Blick eingeschränkt. Gottesdienst kann zu diesem abgegrenzten Raum werden und hat er dann mit unserem Leben im Alltag wenig zu tun. Wenn ich Konfirmanden fragen, was denn zur Kirchengemeinde dazugehört, dann kommen als erstes Antworten wie: die Kirche, gemeint ist das Gebäude und der Gottesdienst am Sonntag und dann wird erst einmal überlegt. Es dauert etwas und dann kommen auch andere Gedanken.
Aber in einem Gottesdienst wie heute hier draußen ist einfach mehr Raum, Anderes zu denken. Sich auf und davon zu machen, eröffnet neue Sichtweisen.

Jenseits der bekannten Mauern, im Gespräch auf dem Hinweg und dem Rückweg, beim Würstchen oder Zucchini essen geschieht Begegnung auch mit Raum für Gedanken über unseren Glauben. In der Begegnung von Menschen aus vier (fünf) Kirchengemeinden können neue Kontakte entstehen.
Sich auf und davon zu machen und das Versprechen Gottes über allem … ich bin bei euch.
Der Himmel und aller Himmel Himmel können ihn nicht fassen. Aber die fehlende Sicherheit wird mit einem weit größeren Geschenk übertroffen. Auch im Exil ist Gott bei seinem Volk Israel geblieben. Auch nach Himmelfahrt weht Gottes Geist auf Erden, da wo er will (auch außerhalb der Kirchen- und anderer Mauern).
Vielleicht musste er sich ja auf und davon machen, um uns zu zeigen, dass er
Immer und überall zu finden ist.

AMEN


Anne Töpfer
Steffensweg 65
37120 Bovenden
annetoepfer@t-online.de

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