1. Petrus 1,18-21

1. Petrus 1,18-21

Der heilige Strom der Christen | Okuli | 03.03.2024 | 1. Petr 1, 18-21 | Markus Kreis |

Anlässlich der Feier zum Ruhestand eines verdienten Managers äußerte der Lobredner, der für die Ebene eins drüber anwesend war, folgenden Satz: Bis hierher sollst Du kommen und nicht weiter; hier sollen sich legen deine stolzen Wellen!

Ein Zitat aus der Bibel. Gott spricht zu Hiob. Und er redet dabei über die Wege des Wassers, weil er dem klagenden Hiob seine Macht schildern will. Genauer gesagt, spricht Gott über die Chaosmacht Wasser, und dass und wie er sie gebändigt hat. Im letzten Sinn ist mit dem wilden Getöse des Wassers die Sünde, das Gottlose gemeint. Und deren Strömen geht dank Gott dem Ende zu.

Unser Leben ist ein einziges Strömen und Fließen. Durch eine Nabelschnur fließen Moleküle, Eiweiß, Fett und Zucker, die einen gedeihen lassen. Sobald das eigene Blut nach der Geburt in den Adern pulsiert, schießt einem der Speichel im Mund zusammen oder es fließt das Näschen. Manchmal strömt das Blut leider auch außerhalb des Körpers – jemand verletzt sich oder wird verletzt. Dann strömen oft die Tränen, weil einer leidet oder trauert. Aber auch dann, wenn einer sich freut, vor lauter Lachen nicht mehr weiterweiß und kann. Oder sei es, weil man sich gerade sehr anstrengt. Dann kommt oft noch Schweiß zu den Tränen dazu. Der Mensch ist Einflüssen ausgesetzt, gegen die er sich kaum wehren kann. Diese entspringen dem eigenen Körper oder dem Körper und Geist seiner Mitmenschen. Aus dem Menschen strömt es irgendwann auch heraus, auch wenn das Einfließen sich immerzu fortsetzt. Ein einziges sich Verströmen und Fließen, das gilt auch für den Menschen in Gesellschaft. Ein stetes aufeinanderfolgen beim Einzelnen und wechselseitig unter den Einzelnen. Fußgänger, Radler, Autofahrer, Züge, Luftverkehr, alles strömt, alles fließt. Dampf in die Turbine, Elektronen in der Leitung, aus dem Hochofen Stahl, Material in die Anlagen, Bauteile in die Montage, Waren in die Lieferung, Geld strömt in die und aus den Kassen und Computern. Mit Hilfe des Arbeitsflusses von Körpern. Dazu gehört auch ein Protestmarsch für eine andere Politik oder Bezahlung. Auch in der Freizeit: beim Schattenboxen, Tanzen, Malen, Theater spielen fließt der Körper und seine Teile, beim Singen der Atem, beim Geigen sogar die Töne selbst.

Arbeitsfluss gibt’s auch vorwiegend im Kopf. Fokussiert sein bei dem, was man macht und tut. Als Turmspringer im Schwimmbad an der Brettkante vor dem Absprung noch einmal im Kopf den geschraubten zweifachen Rückwärtssalto durchgehen. Beim Skifahren statt Felsen oder Baum oder sonst ein Hindernis –  die Lücke, den Freiraum vor Augen sehen, das, was ein Durchkommen ermöglicht. Eine Investition durchrechnen. Ein schwieriges Problem erkennen und durchschauen und Lösungen dazu ausprobieren. Ein Traum, der wie aus dem Nichts hoch geladen des Nachts Gehirn und Geist beströmt.

Wenn´s lääft, dann lääfts, sagt man in Mannheim. Soll einer mal sagen die deutsche Sprache kenne nur den Teufelskreis, Skepsis aus Prinzip. Dass es auch zu dem ein Gegenstück gibt, ist außerhalb ihres Sinnes. Wenn´s lääft, dann lääfts, in diesen Worten steckt doch schon fast ein ganzer himmlischer Kreislauf, gutes Engelswerk. Schon die Macht dieses Strömens, diese Energie des Lebens kann man unheimlich finden. Es kann aus dem Nichts quellen und im Nichts versiegen, um dann irgendwo wieder auf Erden zu erscheinen. Wer in Kalkalpen wanderte, der kennt das. Es kann mit einem leisen Glucksen und hübschen Gemurmel anfangen. Und sich bis zu Getöse steigern, das sowohl ein Trommelfell als auch einen ganzen Gebirgszug zu schreddern vermag. Es kann sich an einem Damm abbremsen und stillen und kontrolliert abfließen. Es kann sich stauen und dann wie ein riesiger Wasserfall kaum gebremst weiter schießen und Energie und Neues schaffen. Es kann aber auch in schönen Wellen anschwellen und abebben. Das Strömen kann plötzlich die Richtung wechseln und sich umkehren. Wer je einmal in einem verzweigten Flussdelta gepaddelt hat und dann mit dem Einströmen einer starken Flut konfrontiert war, der kennt das. Da irrt man sich leicht und schnell mal über die Stromrichtung und ihren Ursprung. Was ist jetzt Meer und was ist Fluss? Da werden vertraute Inseln und Strände geflutet. Oder bei Ebbe umgekehrt ein Ruheort neu frei gemacht und nurmehr sanft umspült.

Strömungsabriss. Der Fluss stockt. Das Wasser steht, Versickern. Unheimlich ist uns die Unterbrechung des Strömens, wenn sie willkürlich, plötzlich eintritt, außerhalb unseres Sinnens und Denkens. Das kann von außen geschehen, über das Zutun anderer Menschen, auch über Ereignisse der Natur. Kann auch nur aus dem Inneren eines Menschen entstehen. Das Strömen kann aus dem Nichts quellen, wie eine Schwangerschaft trotz aller Maßnahmen, sie zu verhüten. Und im Nichts versiegen, auch ohne je wieder oben zu erscheinen, so wie bei einem die guten Gefühle für einen Mitmenschen auf immer Ade sagen können. Es kann mit einem leisen Glucksen und einem hässlichen Gemurmel anfangen. Und sich bis zu Getöse steigern, das sowohl das Leben einzelner als auch das Leben ganzer Gruppen unterhöhlen und zerstören kann. Es ist unfähig, sich an einem Damm abzubremsen und zu stillen und kontrolliert abzufließen. Es kann sich stauen und dann wie ein riesiger Wasserfall kaum gebremst weiter schießen, indem es alle Dämme bricht und überflutet und zerstört. Es kann aber auch so gegen den gewohnten Kreislauf anschwellen und abebben, wie es gerade keiner gebrauchen kann. Das Strömen kann plötzlich die Richtung wechseln und sich umkehren. Wer je einmal in einem verzweigten Flussdelta gepaddelt hat und dann mit dem Einströmen einer Springflut konfrontiert war, der kennt das. Da irrt man sich entscheidend leicht und schnell über die Stromrichtung und ihren Ursprung. Was ist jetzt Meer und was ist Fluss? Da werden vertraute Inseln und Strände für immer weggespült. Oder bei Ebbe umgekehrt zwar ein Ruheort neu frei gemacht, aber sanft unterspült, Oase voller Trug, Fata Morgana in der Wasserwüste. Strömungsabriss. Denn man hatte in Wahrheit den Hauptstrom verloren und schwamm stattdessen nur im Fluss des eigenen Saftes. Um dann schließlich trocken zu fallen, im Nichts sich zu verlieren.

Manchmal fließt das Leben einfach an einem vorbei! Und doch fließt ohne Unterlass Gottes Strom der Liebe und des Lebens in und um einen jeden. Deshalb ist der Satz von eben falsch: Manchmal fließt das Leben einfach an einem vorbei! Das scheinbare Gefühl entsteht, weil in jedem Menschen zuweilen eine Art Zweistromland entsteht, ein Gebiet, in dem mindestens zwei mächtige Flüsse strömen samt ihren Nebengewässern. Und in so einem Flusswirrwarr geht einem der wahre Hauptstrom schnell verloren, ohne dass einer es bemerkt.

Gut, dass sich in und aus Jesu Tod Gott vergießt. Und von daher seine Liebe und sein Leben strömen. Die überfließen jeden Gegenstrom, den Menschen ausstoßen und verbreiten. Sein Vergießen und Verströmen schwappt an die Deiche, die wir errichten. Gluckert, knabbert und klopft dort an, wo wir ohne es zu ahnen uns gegen Gott abdichten. Ihn aus unserem Leben dämmen, um im eigenen Fluss zu leben. Gibt es ein Strömungswerk, das Gottes Strom der Liebe und des Lebens widerstehen kann? Der Predigttext des heutigen Sonntags Okuli gibt dazu folgende Antwort:

18 denn ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, 19 sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. 20 Er ist zwar zuvor ausersehen, ehe der Welt Grund gelegt war, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, 21 die ihr durch ihn glaubt an Gott, der ihn von den Toten auferweckt und ihm die Herrlichkeit gegeben hat, sodass ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt.

Gottes Liebe und Lebensfluss vergießt sich und strömt uns zu, jetzt und immerdar, und außer der Zeit von Ewigkeit zu Ewigkeit, Amen.

de_DEDeutsch