Christi Herrschaft

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Christi Herrschaft

Predigt zu 1. Petr. 3, 18-22 | Karsamstag, 3. April 2021 | verfasst von Matthias Wolfes |

„Sintemal auch Christus einmal für unsre Sünden gelitten hat, der Gerechte für die Ungerechten, auf daß er uns zu Gott führte, und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist. In demselben ist er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis, die vorzeiten nicht glaubten, da Gott harrte und Geduld hatte zu den Zeiten Noahs, da man die Arche zurüstete, in welcher wenige, das ist acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser; welches nun auch uns selig macht in der Taufe, die durch jenes bedeutet ist, nicht das Abtun des Unflats am Fleisch, sondern der Bund eines guten Gewissens mit Gott durch die Auferstehung Jesu Christi, welcher ist zur Rechten Gottes in den Himmel gefahren, und sind ihm untertan die Engel und die Gewaltigen und die Kräfte.“ (Jubiläumsbibel, Stuttgart 1912)

Liebe Gemeinde,

am heutigen Karsamstag wendet sich das Blatt. Vor wenigen Stunden erst haben wir das Geschehen von Karfreitag miterlebt, des Tages, an dem Jesus gefoltert und gekreuzigt worden ist und starb. Morgen, am Ostersonntag, werden wir uns mit dem Ruf „Der Herr ist auferstanden! – Er ist wahrhaftig auferstanden!“ begrüßen.

Heute aber harren wir des Kommenden und stehen doch auch noch unter dem Eindruck der gerade eben erst Erinnerten.

Was tut man an einem solchen Tag des Dazwischen?

Wir jedenfalls wollen unsere Gedanken und Eindrücke ordnen. Dazu nehmen wir uns den Abschnitt aus dem ersten Petrusbrief zuhilfe. Es ist ein kurzer, aber ziemlich schwergewichtiger Text.

I.

Der Autor fasst in ihm noch einmal zusammen, was sich in der frühen Christenheit an Überzeugungen zu dem Wirken Jesu bereits entwickelt hatte. Er nennt ihn „Christus“, und das ist auch konsequent, befinden wir uns nun doch in der Zeit nach Jesu Auferstehung. Der irdische Jesus ist nunmehr als der erhöhte Herr Gegenstand der Verehrung geworden.

Die Gemeinde sieht in ihm den Mittler, der „uns zu Gott führte“. Dies hat er bewirkt, indem er als „der Gerechte“ „für die Ungerechten“ gelitten hat. Was seinen Tod am Kreuz betrifft, so gilt, dass er getötet ist nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist“.

Mit uns, die wir „glauben“, hat Gott durch ihn einen Bund geschlossen, und zwar „den Bund eines guten Gewissens durch die Auferstehung Jesu Christi“. Christus selbst aber, „welcher ist zur Rechten Gottes in den Himmel gefahren“, herrscht über „die Gewaltigen und die Kräfte“, wie ihm auch „die Engel untertan“ sind.

II.

Darauf läuft in diesem Text also alles hinaus: Christus herrscht. Aus dem irdischen Wanderprediger Jesus von Nazareth ist „Jesus Christus“ geworden, der als Inhaber der göttlichen Allgewalt zur Rechten Gottes thront.

Das sind die Vorstellungen und Überzeugungen, die in diesem Abschnitt des ersten Petrusbriefes – verfasst etwa sechzig bis siebzig Jahre nach Jesu Tod – zum Ausdruck kommen. Wir finden ähnliche Formulierungen in anderen neutestamentlichen Schriften. Und im Apostolischen Glaubensbekenntnis, noch einmal mehr als dreihundert Jahre später entstanden, heißt es dann:

„Am dritten Tage auferstanden von den Toten,

aufgefahren in den Himmel;

er sitzt zur Rechten Gottes,

des allmächtigen Vaters;

von dort wird er kommen,

zu richten die Lebenden und die Toten.“

Die Vorstellung vom Richtenden Christus finden wir in jener Passage des ersten Petrusbriefes nicht. Dafür schreibt er Christus die unbedingte Herrschergewalt zu, die das Glaubensbekenntnis mit dem „allmächtigen Vater“ verbindet. Doch das Richteramt ist ja, wenn es ausgeübt wird, selbst ausgeübte Macht. Insofern überschreitet der erste Petrusbrief die Reichweite der Formulierung des Bekenntnisses sogar noch, und deshalb ist es auch konsequent, wenn hier nicht nur alle Kreatur Christus unterworfen ist, sondern selbst noch „die Engel“.

Die Unterschiede, auf die wir hier stoßen, verweisen auf tiefgreifende Kontroversen verschiedener theologischer Strömungen der antiken Religionsgeschichte. Sie sollen uns heute nicht weiter beschäftigen. Für uns ist die Idee wesentlich, dass schon das Neue Testament Christus, den Erlöser, als Herrscher der Welt dargestellt und bekannt hat.

III.

Die Herrschaft Christi – sie ist es, zu der auch wir uns jedes Jahr wieder am Osterfest bekennen. Wir tun es wohl nicht in solchen Wendungen. Wir tun es in eigenen Formulierungen und in anderen Bildern. Für mich etwa spielt in diesem Zusammenhang eine große Rolle der Gedanke des Widerstandes. Die Entschlossenheit, mit der wir als gläubige Menschen den widrigen Verhältnissen trotzen, hat unmittelbar damit zu tun, was an Ostern geschieht.

Der Tod wird überwunden. Er hat weder das letzte Wort noch kann er das letzte Wort übertönen. Vor der Kraft des Lebens erlischt seine Macht. Der Tod macht das Leben eben gerade nicht zunichte. Dafür steht ja die Auferstehung Jesu. Die Auferstehung Jesu ist das unzerstörbare Hoffnungszeichen.

In meinem Glauben mache ich mir dieses Hoffnungszeichen zu eigen. Ich fühle mich eingeschlossen in den „Bund eines guten Gewissens“. Und darin kann ich auch die Vorstellungen von der „Herrschaft Christi“ auf mich beziehen. Ich bin erfüllt von der guten Gewissheit, dass den dunklen Mächten dieser Welt nicht die Oberhand gehört. Sie mögen toben und wettern, doch sie tun es mit brüchiger Gewalt. Am Ende unterliegen sie doch.

Das Osterfest ist das Fest der Hoffnung. Jesu Auferstehung steht für das Leben, die Freiheit und das Licht. Dies alles feiern wir. Wir sind dabei getragen von der Gewissheit, dass auch unser Leben geborgen ist in der Güte Gottes.

Amen.

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Pfarrer Dr. Dr. Matthias Wolfes

wolfes@zedat.fu-berlin.de

Herderstraße 6, 10625 Berlin

Dr. Dr. Matthias Wolfes ist Pfarrer der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) und amtiert zur Zeit an der Evangelischen Trinitatiskirche in Berlin-Charlottenburg (https://www.trinitatiskirche.de).

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