Gottes Programm…

Gottes Programm…

Gottes Programm: Grenzen überwinden | Predigt zu Apostelgeschichte 9 i.A.; 2. Kor. 11,16-30, verfasst von Uland Spahlinger | Reimpredigt zum Faschingssonntag |

Biblische Bezüge: Apg. 9 i.A.; 2. Kor. 11, 16-30

Na, geht’s euch gut, ihr lieben Leut?

Dann Gott zum Gruß, es ist soweit.

Denn was nun kommt, ihr wisst das schon –

ab dreimal ist’s ja Tradition:

Gereimtes presst‘ ich aus der Feder,

denn Sprüche klopfen kann fast jeder.

In Versmaß, streng nach Takt und Uhr

wird auch der Schüttelreim Kultur

(denn reimst du nicht,

dann fress ich dich…..).

Drum lehnt euch ganz entspannt zurück,

ich dichte euch jetzt mal ein Stück.

Auf geht’s: Wir machen eine Reise,

das bildet ja auf seine Weise.

Heut schaffen wir’s sogar einmal

und reisen CO2-neutral –

die Greta hätte ihre Freude,

das dürft ihr glauben, liebe Leute –

mit großem Sprung und wie der Wind:

dorthin, wo die Hellenen sind,

und nicht nur in Europas Südosten,

Souflaki und Retsina zu kosten,

nein: wir erhöhen noch das Glück:

wir reisen in der Zeit zurück.

Ins Jahr fuffzich denn geschwind:

an den Isthmos – nach Korinth.

Zwei Häfen, einer liegt im Südien,

Richtung Ägypterland und Lybien,

vom andern fahrn Schiffe in Richtung Norden,

hin zu den Römern und den wilden Horden;

gehandelt wird mit Öl und Wein

mit Weizen, Holz, behau’nem Stein,

und kunterbunt war das Gewimmel,

aus aller Herren Länder Leut‘,

so könnt’s auch sein bei Gott im Himmel,

weil der sich an der Vielfalt freut.

Wir bleiben aber in Korinth,

wo Griechen, Römer, Perser sind

und Mauren, Berber und Germanen

Illyrer, Galater, Afghanen,

vielleicht sogar – nur ein Gedanke:

dein Vorfahr – so ein alter Franke.

Kurz und gut: die Stadt mit zwei Porten

war Multikulti in ihren Pforten.

Ein 1 A super Handelsplatz,

das darfst du glauben, lieber Schatz.

Doch wo die Pfeffersäcke handeln,

ist nicht für jedermann lustwandeln.

Wo Händler feilschen, lauern, neppen,

da müssen andre Lasten schleppen.

Es herrschte schreckliches Gewühl

wie sommertags in Dinkelsbühl.

Bei uns sind’s meistens die Touristen –

dort mussten Tagelöhner schwitzen.

Und selbstverständlich waren da

die Philosophenschulen, klar –

genau, das hatte Tradition

seit Thales, Platon, Xenophon,

Sokrates, der nur Fragen stellte,

Diogenes, der Schüler quälte

mit bitter schwierigen Gedanken –

da tat selbst Alexander wanken.

Kurz: scharfes Denken, Redekunst

stand bei den Griechen hoch in Gunst.

Das war Korinth in jenen Tagen,

da mussten viele Leut‘ sich plagen,

und andre, ohne lang zu fragen,

vergnügten sich in Fressgelagen.

Und eines Tages, irgendwann

kam in Korinth Herr Paulus an.

(Die folgenden Verse können auch als Lesung herausgetrennt werden)

Herr Paulus, na, ihr wisst doch schon,

der hatte eine Vi-si-on,

der eingefleischte Christenhasser –

das war er nämlich, ein ganz krasser:

den haut es vor Damaskus‘ Toren

vom Pferd, er kriegt es auf die Ohren:

„Saul, Saul, warum verfolgst du mich?

Das muss nicht sein, ich bitte dich!

Das kannst du besser, horch – und zwar

brauche ich dich als Missionar.

Kein leichter Job, so viel ist sicher,

da erntest du nicht nur Gekicher,

das trägt dir wohl auch Prügel ein,

doch Gottes Gnade – das muss sein –

soll hin zu den Leuten überall

zu Sklave, Bürger, Herrscher, Vasall,

denn Jeder ist an mir – Christus – Glied,

da mache ich keinen Unterschied.

Und du, der frühere Verächter,

du wirst mein Zeuge, ein gerechter –

wenn du nur feste glaubst daran,

dass ich die Menschen ändern kann.

Alsdann, du alter Saulus,

sei ab sofort mein Paulus!“

So begann in ungefähre

Paulus seine Karriere.

(Ende der Lesung, vgl. Apostelgeschichte 9)

Wo überall er aufgeschlagen

in seinen vielen Reisetagen

das könnt daheim ihr selber lesen.

Im Sessel oder auch am Tresen

in Dinkelsbühl und Fallingbostel.

In der lukanischen Apostel-

geschichte stehen die Stationen.

Ja, die Lektüre mag sich lohnen.

Dazu auch noch – ganz ohne Grenz‘

haben wir die Korrespondenz,

mit der der Paulus, wirklich sehr durchtrieben,

mit den Gemeinden in Kontakt geblieben.

Und zwar mit denen, das ist wohl klar,

bei denen er schon gewesen war.

Und so – das merken wir geschwind –

so war es halt auch in Korinth.

Denn wie ich sagte: irgendwann

kam in Korinth Herr Paulus an.

Sogleich nahm er die Predigt auf,

das hatte er ja ganz gut drauf,

und sammelte Frau, Mann und Kind

die so in seiner Nähe sind:

am Markt und im Gymnasium

für Gottes Evangelium,

die gute Botschaft von der Gnad‘,

zu der ein jeder Zugang hat,

wenn er sich dies nur sagen lässt:

halt dich an Gottes Gnade fest.

Denn Glaube, Liebe, Hoffnung, die drei,

die machen dich für den anderen frei.

Das Ding mit der Gnade und Freiheit, ihr Leut,

gefiel durchaus vielen, gerad so wie heut.

Und so wuchs eine kleine Gemeinde,

das war ein ziemlich wilder Haufen:

Phantasten, Sucher, Frauenfeinde,

Gesetzestreue sah man laufen,

Gebildete, G’scheite und schlichte Köpfe,

Nicht-Arbeiten-Müsser und arme Tröpfe.

Die ersten blieben gern unter sich

und taten über Ideen streiten,

die zweiten schufteten fürchterlich

und mussten dennoch Hunger leiden.

Dann tauchten auch noch Redner auf,

die pochten sehr gewandt darauf,

dass sie doch, sie nur ganz allein

Verkündiger der Wahrheit sei’n,

weil sie die schönsten Sätze malten –

„die Frauen soll’n die Klappe halten“.

Manche ha’m das Gesetz bedacht,

andere waren vom Geist entfacht.

So ging es hin, so ging es her

und hoch und tief – das war nicht schwer.

Man stritt mit Fleiß und viel Gebrüll

wie sonntagabends bei Anne Will…..

Doch bald war nicht mehr wirklich klar,

was denn der Kern der Botschaft war.

Und die Rhetoriker, eiseskalt,

machten auch vor Herrn Paulus nicht Halt:

Wie kann denn so ein armer Wicht,

der nicht mal richtig Griechisch spricht,

der Herrlichkeit Verkünder sein?

Das geht doch gar nicht, niemals – nein!

Sie wollten ihren Gründer stoppen

und kurzerhand zur Stadt rausmobben.

Der Paulus, damit gar nicht froh,

schreibt unter andrem etwa so:

„Eines nehme ich euch krumm,

dass ihr meint, ich wäre dumm.

Dabei will ich doch eigentlich

nur Gottes Frieden für euch und mich.

Ehrlich mal: ich find’s zum Kotzen,

aber bitte: dea ma protz’n,

richtig blöd, mit voller Wucht

pflegen wir die Eigensucht.

Helden seid ihr für den Glauben?

ich auch – kann mir keiner rauben.

Abrams Kinderlein sind wir,

sagt ihr – grad so geht es mir.

Christi Diener, auch im Leid?

Ich wie ihr – und nur kein Neid!

Und ich sag bei meiner Ehr‘

ich bin es sogar viel mehr!

Dass ihr gequält wurdet von den Leuten,

das übertreffe ich locker – bei weitem!

Schiffbruch und Prügel und Räubergeschrei,

Hunger und Folter, war alles dabei.

Jeden Tag wurd‘ ich etwas müder.

Doch das schlimmste sind falsche Brüder.

Denn wenn du viel zu kämpfen hast,

sind falsche Brüder eine Last.

Ich sag’s euch: hast du solche Freunde,

dann brauchst du wirklich keine Feinde.

Aber im Ernst: und ich hoff ihr glaubt et,

ick hebb im Leben niemals behauptet,

ein starker Held des Glaubens zu sein.

Nee: ich bin schwächlich und ziemlich klein.

Macht das alles mich zum Helden,

habe ich jetzt mehr zu melden?

Das, was mich letztlich am Laufen hält,

seid ihr, die Gemeinden hier in der Welt.

Korinth, Philippi, Ephesus, Rom:

Ich bin der mit dem Missionsdiplom.

Aber kommt, lasst gut sein, ach,

ihr seid stark und ich bin schwach.

Is‘ in Ordnung. Denn wirklich zählt,

dass Christus stark ist in der Welt.“

Schreibt Paulus, ganz ironisch fein

den Korinthern ins Stammbuch rein.

(vgl. 2. Kor 11, 16-30)

Und die Moral, ihr merkt’s bestimmt:

groß ist, wer sich nicht wichtig nimmt.

Die Sprücheklopfer, ganz besessen

vom Eigenlob – sie sind vergessen.

Geblieben ist – und das ist wahr,

Herr Paulus – Völkermissionar.

Doch nun genug von Alt-Korinth,

wo sie so sehr am Streiten sind.

(Hier folgt Dinkelsbühler Lokalpolitik)

Wir reisen flugs mit Heimatgefühl

ins hübsche, beschauliche Dinkelsbühl

und nehmen als Gedankensprit

die folgende Erkenntnis mit:

Gegen Neid und Eigensucht

hilft auch keine Kirchenzucht.

Wo Eitelkeit bestimmt das Leben,

kannst auf Gemeinschaft du nichts geben.

Beherrscht Konkurrenzdenken die Stadt,

dann macht das die Nächstenliebe platt.

Lässt du die falschen Leute machen,

hast du am End‘ nicht viel zu lachen.

Wo wird es denn immer nur ausgeheckt,

das nächste Stadtentwicklungsprojekt?

Wir haben langsam, auf die Dauer

nach Westen hin ne zweite Mauer

mit schwarzen Fortifikationen,

damit wir drinnen sicher wohnen,

weil mancher ohne Zweifel meint,

in Segringen, da sitzt der Feind.

Das Ganze auch noch aufgepeppt

mit einem Parkhaus-Raumkonzept.

Dort sollen, statt in unsren Straßen

Touristen ihre Autos lassen.

Was mich daran nur irritiert:

das Parkhaus ist so präpariert,

dass kaum ein Reisender kapiert:

hier hast du Platz, hier wird parkiert.

So leuchtet schon seit mancher Stunde

ein leeres Parkhaus in die Runde.

Politisch ist das ganz schön kühn:

denn dieses Parkhaus leuchtet grün.

Wenns voll wird, leuchtet – ich betone –

in Dinkelsbühl ’ne Rotlichtzone.

Vielleicht gibt’s unsrem Städchen Glanz;

auf jeden Fall: mehr Toleranz

und mehr Gespräch vor den Projekten

erspart das Heilen von defekten

Beziehungen zwischen den Leuten.

Reden ist besser stets als häuten.

(Ende der Lokalpolitik)

Wir sind zu klein für harte Fronten,

lernt nicht von Trump und Erdogan,

die stell’n ihr Ego oben an

und mästen dabei ihre Konten –

so wird vermutet immerhin,

wie auch bei Johnson und Putin.

Wenn dann noch Amateure spielen,

auf hohe Ämter nur hinschielen,

nur schau’n, was ihrem Namen frommt,

egal, dass dabei die Demokratie

in unserem Land total verkommt.

Den Inhalt sticht das Verfahren -iiiii!

Herr Kemmerich

nun kenn‘ wer dich!

Das kann doch wirklich gar nicht sein.

Thüringen ist doch viel zu klein.

Der Rechtsstaat ist der Rechten Ziel.

Dafür spiel’n die ihr böses Spiel.

Wehrsportgruppen bevölkern die Hügel;

und im Landtag taktiert jetzt der Flügel.

Dahinter dämmert, auch das kenn’n wir schon,

die absolute Totalposition.

Die tun mit viel Gebrüll aufbauen,

die eh dem Kompromiss nicht trauen.

Denn dann müssten sie sich ja wandeln.

Zum Kompromiss musst du verhandeln.

Wer seine Meinung total versteht,

einzig gültig, egal wie verdreht:

Was der tut, heißt zu Recht – ohne Spott

Sünde vor Gott.

Ich muss da gar nicht sehr viel sagen,

um diesen schlichten Schluss zu wagen,

steht auch in einem Paulusbrief (s. z.B. Röm. 7,19-21):

Sünde ist immer destruktiv.

Auch umgekehrt stimmt’s – wie ich finde,

denn: „destruktiv“ ist immer „Sünde“.

Faschisten machen nur kaputt.

Die hau’n die andern in den Dutt.

Das läuft so ab wie im Wilden Westen:

erst schießen, dann fragen – das ist am besten.

Wer Zäune baut, das will ich schon sagen,

muss nicht gleich braune Socken tragen.

Doch Ausgrenzung, wo sie geschieht,

ist nun einmal faschistoid.

Mit so ner Haltung kriegst du im Nu

nach allen Seiten die Grenzen zu.

Am pfiffigsten war‘ da die Dänen,

die sich krankheitsgefährdet wähnen.

Wildschweine kämen nach Jütland zuhauf,

von Polen und Deutschland ginge ihr Lauf.

Um da nen Riegel reinzuhaun,

baut Dänemark nen Schweinezaun.

Doch mancher Betrachter fragt sich ganz zu Recht:

wem gilt denn das Gitter vor Jütland in echt?

Was ist der Sinn dieses Verhaus?
Grenzt Schwein er oder Menschen aus?

Nun gut, da gibt’s auch mal ein Tor.

Doch was geht in den Köpfen vor,

die solche Zäune ausgeheckt

und in den Boden dann gesteckt?

Ob Jütland, Ungarn, Mexiko,

nein: so ein Zaun, der macht nicht froh.

Wer kann denn nur so voll eiseskalt

dem Flüchtling sagen: „schlaf du nur im Wald“,

oder – noch schlimmer, nicht zu fassen,

Ertrinkende ertrinken lassen?

Dabei – das weiß doch groß und klein:

Herkunft kann nur ein Zufall sein.

Das heißt ganz dürr mit andren Worten

Kind Gottes bist du allerorten,

ob du in Afrika geboren,

auf Grönland oder den Komoren,

ob Tofu oder Fleischwurst du isst,

in Sauna oder bei Fitness du schwitzt,

ob Sex in the City, ob Tatort du magst,

ob über zu hohe Mieten du klagst,

fährst Fahrrad du oder Deutsche Bahn

hättst gern 130 auf Autobahn’n –

Wir sind verschieden,

denken verschieden,

leben verschieden,

glauben verschieden.

So ist nun einmal

das Leben hienieden.

Das Leben und die Welt sind bunt –

na und?

Grenzen: die sind was für den Zoll.

Der liebe Gott will’s offen, jawoll.

Gott hat grenzenlos gedacht.

Darum hat er’s so gemacht.

Das macht seine Schöpfung groß:

grenzenlos.

Das hat Herr Paulus auch kapiert,

drum hat er Grenzen übersprungen

hat auch so manchen Brief diktiert

und hat von Gott und Mensch gesungen,

von Gottes Liebe beispielsweise.

Die ist nicht laut, ist eher leise:

ein Plan für alle Nationen,

egal grad, wo die Leute wohnen.

Der Christus, so sagt er, macht uns frei,

für Glaube, Hoffnung, Liebe, die drei.

Das sang Herr Paulus in Korinth,

das singt er heut, wo wir jetzt sind.

Drum lasst doch heut und alle Zeiten

von Gottes Freundlichkeit euch leiten.

Denn Freundlichkeit ist ein Genuss.

Amen. Schluss.

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Ein paar Hinweise:

Betonung spielt bei dieser Reimerei eine große Rolle.

Den Abschnitt: „Herr Paulus, na, ihr wisst doch schon, / der hatte eine Vi-si-on,“

bis

„So begann in ungefähre / Paulus seine Karriere“

kann man aus der Predigt lösen und als biblische „Lesung“ voranstellen, wenn man auch diese gereimt haben möchte.

Die „Dinkelsbühler Lokalpolitik“ kann man ohne größeren Schaden auslassen.

Zur Musik: Unser sehr guter Posaunenchor freut sich auf schräge Harmonien und lateinamerikanische Rhythmen – auch hier ist viel Raum zum Experiment.

Dekan Uland Spahlinger
Dinkelsbühl, Deutschland
E-Mail: uland.spahlinger@elkb.de
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