Hebräer 9,11-12.24

Home / Bibel / Neues Testament / 19) Hebräer / Hebrews / Hebräer 9,11-12.24
Hebräer 9,11-12.24

Jesu Leiden und Sterben bezeugt: GOTT IST FÜR UNS! | Karsamstag | 30.3.2024 | Hebr 9,11-12.24 | Winfried Klotz |

11 Jetzt aber ist Christus gekommen als der Oberste Priester, dessen Opfer uns in Gottes Augen wirklich vollkommen gemacht hat. C Er ist durch den vorderen Teil des Zeltes hindurchgegangen – des Zeltes, das größer und vollkommener ist, weil es nicht von Menschen errichtet wurde, und das heißt: nicht zu dieser Welt gehört.    4,14S

  1. C) Wörtlich der Oberste Priester der (Wirklichkeit) gewordenen Güter. Zahlreiche Handschriften haben der zukünftigen Güter.

12 Und er ist ein für alle Mal hineingegangen in das eigentliche, das himmlische Allerheiligste. Das tat er nicht mit dem Blut von Böcken und jungen Stieren, sondern mit seinem eigenen Blut. Und so hat er uns für immer von unserer Schuld befreit.    7,27S; (eigenes Blut) 9,25; 12,24; 13,12.20; Röm 3,25-26S; 1Petr 1,18-19

24 Christus ging nicht in ein Allerheiligstes, das Menschen errichtet haben und das doch nur eine unvollkommene Nachbildung des wirklichen Allerheiligsten ist. Er ging in den Himmel selbst, um von jetzt an ständig in der Gegenwart Gottes zu verweilen und bei ihm für uns einzutreten.

Was glauben und bekennen wir von Jesus, dem Christus? Aus der Sicht des jüdischen Glaubens und in Unterscheidung davon gibt der Hebräerbrief Antwort. Er denkt nicht nach über die Worte und Taten Jesu, sondern schaut auf Jesu Sterben am Kreuz. Er erkennt in Jesus den „Oberste Priester, dessen Opfer uns in Gottes Augen wirklich vollkommen gemacht hat.“ Ausgeliefert an die römische Besatzungsmacht, in römischer Weise hingerichtet am Kreuz, ist Jesus nicht der als Gotteslästerer notwendigerweise aus dem Volk Gottes ausgeschiedene, sondern Gottes Oberster Priester, der durch das Opfer seines Lebens unsere Schuld weggenommen hat.

Was der Hebräerbrief bekennt, halten heute viele für eine unbegründete Hineinlegung in die Geschichte vom Leiden und Sterben Jesu am Kreuz. Aber so wenig hier ein Beweis im Horizont säkularen Denkens zu führen ist – der Verfasser des Hebräerbriefs redet aus Glauben und das heißt nach Kap. 11, 1, weil er innerlich davon überführt, gewiss gemacht ist, was Gott im Leiden Jesu getan hat – so ist seine Beweisführung doch nicht frei erfunden, sondern geschieht im Horizont der jüdischen Überlieferung.

In den Versen 1-7 des neunten Kapitels beschreibt er die Stiftshütte und die Ordnung des Gottesdienstes in Anlehnung an die Berichte in der Thora (z. B. 2. Mose 25; 4. Mose 18 u. ö.). Der Gottesdienst in der Stiftshütte ist für ihn „Sinnbild für die gegenwärtige Zeit und den in ihr herrschenden Zustand: Da werden Opfer und Gaben dargebracht, die nicht die Kraft haben, die Menschen, die sie darbringen, in ihrem Innern vollkommen zu machen, sodass ihr Gewissen sie nicht mehr anklagt“. (V. 9) So sieht der Verfasser die Situation des jüdischen Volkes vor Christus; so ist auch die geistliche Lage all der Kirchenmitglieder, die, obwohl getauft und konfirmiert, auf die Frage nach ihrem Glauben Gott und die 10 Gebote nennen, aber von Gottes Handeln im Christus Jesus nichts zu sagen wissen. Ich weiß, dass viele mir das als überhebliche Kritik ankreiden möchten in der Weise, „die können das halt nicht besser ausdrücken“, aber bei Licht betrachtet ist der Glaubensstand einiger, die das Evangelium verkündigen sollen, neben „sozialpolitisch-ökologischen und friedensbewegten Anreicherungen“ auch nicht tiefer gegründet. Dass der Christus Jesus ins himmlische Allerheiligste eingegangen ist durch sein eigenes Blut – durch das Opfer seines Lebens – und uns eine ewige Erlösung erworben hat, mögen nicht viele nachsprechen; es ist aber unverzichtbar, denn die Kraft unseres Glaubens kommt nicht aus unseren Appellen zur Verbesserung der Menschheit, gegründet auf eine Art Gottesbewusstsein und Mitmenschlichkeit; sondern die Kraft des Glaubens kommt aus dem ungeteilten Vertrauen auf den Gott, der im Christus Jesus „uns für immer von unserer Schuld befreit.“ Das ist doch der Anfang der Erlösung, der Beginn nicht nur eines neuen Lebens für einen Einzelnen, sondern auch einer neuen Welt. Gott hat im Sterben und Auferstehen Jesu für uns gehandelt, das ist keine Tat eines Menschen!

Während die EKD zum wiederholten Male die Standfestigkeit ihrer Kirchenmauern untersuchen lässt und viel Geld für eine Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung aufgewendet hat, die zu vielen Diskussionen, ich fürchte aber, nicht zu Umkehr und Erneuerung führt, denn sie rührt nicht an die Frage biblischer Verkündigung, lasst uns den Glauben an den Gott, der in Christus sich unser wirklich angenommen hat, elementar, grundsätzlich und eindeutig weitersagen. Wollen wir denn nicht, dass unsere Mitmenschen angesteckt werden vom heilsamen Virus dieses Vertrauens auf Gott, dieser Hoffnung, die nicht nur eine Orientierung ist für heute, sondern ewige Hoffnung?! Treibt uns denn Gottes Geist nicht dazu, für uns und unsere Nächsten mehr zu erhoffen als ein gelingendes irdisches Leben, mehr, d. h., dass sie, befreit von der Verlorenheit und Einsamkeit in einer überkomplexen Welt, Frieden und Geborgenheit erfahren im Christus Jesus. Dass sie erkennen, wie hohl ein Leben ist, das Erfüllung nur in irdischen Gütern sucht und im Christus Jesus den finden, über dem die Engel Gottes auf- und niedersteigen. Übrigens, wir Christen in der immer noch reichen westlichen Welt sind, auch wenn wir in der Verbindung mit Jesus leben, heftig bedroht und angefochten durch die Ideologie eines guten Lebens. Auch wir setzen immer wieder die falschen Gewichte. Besitzverzicht verlangt Jesus meistens nicht von uns, aber doch ein Haben als hätten wir nicht; du darfst das Gute genießen, aber teile mit den Bedürftigen und lerne zu verzichten.

Jesus ist, so die bildliche Vorstellung des Hebräerbriefs, ins himmlische Allerheiligste durch seine Lebenshingabe am Kreuz eingegangen, „um von jetzt an ständig in der Gegenwart Gottes zu verweilen und bei ihm für uns einzutreten“. „FÜR UNS“, das ist entscheidend, im Christus ist Gott für uns! Im Sterben Jesu am Kreuz ist GOTTES FÜR UNS auf dieser Erde geschehen, seine Kraft wird offenbar darin, dass Jesus in den Himmel eingegangen ist und bei Gott für uns eintritt. Das mag manchen nicht einleuchten, der Himmel ist doch weit weg; das stimmt, gilt aber nur für uns ans Irdische gebundenen Menschen; Gott in Christus kommt denen nahe, die im Namen Jesu beten.

Von himmlischen Dingen redet der Hebräerbrief, von einer normalerweise uns nicht zugänglichen Wirklichkeit; er tut dies im Hinschauen auf Jesus Christus, in dem Gott für uns den Himmel aufgetan hat. Fangen wir wieder mutig an, gegründet auf Jesus, vom Himmel zu reden, ER hat ihn doch für uns geöffnet, deshalb leben wir voller Hoffnung und Zukunft. Je älter ich werde, umso mehr wird mir meine Begrenztheit bewusst; umso größer aber wird mir die Blickrichtung auf den Christus Jesus. Jesus ist durch sein Sterben eingegangen in die unsichtbare Welt Gottes. Auf ihn darf ich zu leben voller Hoffnung. Ich wäre dumm, wenn ich mich begnügen wollte mit den so schnell verrauchenden Freuden und Sorgen dieser Zeit und Welt! Jetzt schon getragen von dem, der für mich eintritt bei Gott, freue ich mich ihn von Angesicht zu sehen. ER hat uns eine ewige Erlösung erworben. Amen.

Winfried Klotz, Pfr. i. R., Bad König/Odenwald, Jg. 1952, verh., drei erwachsene Kinder. Theol. geprägt von Otto Michel und Hans Joachim Iwand, Mitglied Pfarrgebetsbund.

winfried.klotz@web,de

de_DEDeutsch