Jesaja 40,1-11

Jesaja 40,1-11

 


Göttinger Predigten im Internet
hg.
von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch


3. Advent, 17.
Dezember 2000

Predigt
über Jesaja 40,1-11, verfaßt von Gunda Schneider


Tröstet mein Volk, so heißt es beim Propheten.

Liebe Gemeinde,

Trost ist keine Billigware. In der Zeit vor Weihnachten zumal.
Trost ist keine Billigware. Was Halt und Festigkeit gibt, trotz Dunkelheit und
Kälte, wo gibt es das? Was Vertrauen hervorruft und Mut macht trotz
Resignation und gegen Traurigkeit, wo gibt es das? Auf den weihnachtlichen
Straßen Leipzigs hören und sehen wir vieles, Trost aber, Trostworte,
Tröstendes, finden wir das?

Was finden wir auf den weihnachtlichen Straßen?

Licht, Helligkeit, Strahlen, Glanz, und das tut gut in der dunklen
Jahreszeit. Die Sterne, die über der festlich geschmückten
Nikolaistraße leuchten, verbreiten Licht wie aus einer wohltuenden
Gegenwelt.

Wenn wir auf die Dekorationen in den Schaufenstern und Buden
blicken, dann sehen wir leuchtende Farben, die nicht nur bei Kindern Freude
machen. Die Farbenpracht ist wie eine Gegenwelt zur jahreszeitlichen Natur. Und
das tut gut.

Wir hören die Rufe an den Verkaufsständen: noch kurze
Zeit bis zum Fest, nur noch wenige Tage. Das ist nicht ohne Hektik. Aber gibt
es ein Fest ohne Hektik, eine Feier ohne die Aufregung der letzten
Vorbereitungen? Die Festvorbereitung lässt etwas von der Spannung und
Erwartung aus Kindertagen erinnern. Es ist wie eine Gegenwelt zum
alltäglichen Trott.

Und der Duft von Mandeln, Kartoffelpuffern, Glühwein und
Zuckerwatte schmeckt wie Vorfreude. Ist auch das Gegenwelt?

Der heutige Predigttext spricht von der Aufforderung zum
Trösten.

Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott.
Redet
mit Jerusalem freundlich und predigt ihr, dass ihre
Knechtschaft ein Ende
hat, dass ihre Schuld vergeben ist;
denn sie hat doppelte Strafe empfangen
von der Hand des
Herrn für alle ihre Sünden.
Es ruft eine
Stimme: In der Wüste bereitet den Herrn den
Weg, macht in der Steppe
eine ebene Bahn unserm Gott.

Alle Täter sollen erhöht werden , und alle Berge und
Hügel
Sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade,

und was hügelig ist, soll eben werden;
denn die Herrlichkeit des
Herrn soll offenbart werden, und
alles Fleisch miteinander wird es sehen;
denn des Herrn
Mund hat’s geredet.

Es spricht eine Stimme: Predige!, und ich sprach: Was soll
Ich
predigen? Alles Fleisch ist Gras, und alle seine Güte
ist wie eine
Blume auf dem Felde.
Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt; denn des Herrn

Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk!
Das Gras verdorrt, die
Blume verwelkt, aber das Wort
unseres Gottes bleibt ewiglich.

Man kann die Verse des Propheten als Anleitung zum
Straßenbau lesen: Es gilt einen Weg zu bereiten durch Einebnen von
unwegsamen Unebenheiten, deshalb müssen die Tiefen und Schluchten
erhöht oder zugeschüttet und die steil im Weg stehenden Höhen
müssen abgebaut werden, Hindernisse müssen aus dem Feld geräumt
und Felsbrocken beiseite geschafft werden. Eine mühsame Arbeit, bis eine
ebene Bahn für eine Straße entsteht, auch heute noch, wo das mit
riesigen Baggern, Planierraupen und Räummaschinen geschieht. Wie viel mehr
vor etwa 2500 Jahren, als es galt, eine Straße zu bauen durch Steppe und
Wüste zwischen Babylon und Jerusalem.

Aber Straßen sind und waren immer Lebensadern, die Welten
verbinden, ob es Heerstraßen sind oder Salzstraßen,
Prachtstraßen für die Mächtigen oder Straßen für den
Transport von Handelswaren. Auch die Straßen für erzwungene oder
friedlich aufbegehrende Demonstrationen sind Lebensadern zwischen Welten, oder
die Straßen, die langen Trecks von fliehenden Menschen Raum geben oder
die Straße, auf der ein roter Teppich entrollt wird.

Straßen sind Lebensadern, die Welten verbinden. Die Welten
kriegführender Parteien oder die Welten von Staaten, die sich gegenseitig
unterstützen, entweder rollen Panzer oder Hilfsgüter. Straßen
verbinden Welten von Menschen, die sich suchen, die sich glücklicherweise
nach Jahrzehnten wiedertreffen dürfen, oder aber sie erstrecken sich
zwischen Welten, die gegeneinander verbaut sind.

Oft sollen Straßen Welten verbinden, die längst
voneinander abgeschnitten sind. Ein Wunder ist es, wenn dennoch Verbindung
zustande kommt. Glaubt man daran, dass eine Mauer eingerissen werden kann oder
ein Graben zugeschüttet?

Oder sind die Hindernisse schon zu nicht mehr zu begradigenden
Naturgegebenheiten geworden, so dass man sich die Welten gar nicht mehr ohne
die trennenden Felsbrocken denken kann? Oft gewinnen ja Trennmauern die
Bedeutung von naturgegebenen Sicherungen, hinter denen man sich nur allzu gerne
verschanzt.

Der hat gut Rufen, der vom Straßenbau in der Wüste
spricht! Sind das nicht die Propheten, die Luftschlösser projektieren? Man
soll doch nicht alles für machbar halten! Wie viele Straßen erweisen
sich als illusionäre Projekte, weil die Brücken über die
Gräben nicht zu projektieren sind, jedenfalls nicht nach realistischen
Vorstellungen und finanziellen Möglichkeiten.

Nehmen wir also die prophetische Aufforderung zum Straßenbau
lediglich als Hinweis auf die Möglichkeit, einmal für uns und andere
weihnachtliche Stimmung zu bereiten? Damit bleiben wir realistisch, und das
können wir und andere auch genießen wie einen Spaziergang auf dem
Weihnachtsmarkt. Am Ende kehren wir dann unverändert in unsere Alltagswelt
zurück.

Der hier ruft in dem alten Prophetenbuch, spricht von einer
Straße, auf der Gott kommt, auf der die Herrlichkeit Gottes aufscheint
und sein Lichtglanz leuchtet. Wie hat man sich eine solche Straße
vorzustellen? Müsste das bei den Baumaßnahmen nicht bedacht werden?
Werden doch die Hindernisse auf der Straße göttlicher Ankunft nicht
geringer sein als beim alltäglichen Straßenbau. Machen wir es uns
doch nicht so leicht, dass wir annehmen, beim göttlich-menschlichen
Straßenbau handle es sich um gut gemeinte Selbstverständlichkeiten
oder um harmlose Stimmungsmache.

Straßen sind Lebensadern, die Welten verbinden. Die Welt
Gottes und die Welt der Menschen. Kann man diese Welten verbinden? Brechen hier
die Welten nicht endgültig auseinander? Ein göttlich menschlicher
Wegebau, ein Weg, der zusammenführen soll, was durch Bestimmung getrennt
ist, Gott und Mensch?

Der Prophet nennt drei Merkmale der Straße, auf der Gott
kommt: Den Trostruf, die Vergebung und die Herrlichkeit, den prächtigen
Lichtglanz Gottes. Alle drei Merkmale werden durch öffentliche
Ankündigung, rufende Herolde mitgeteilt: Tröstet mein Volk,
freundlich soll geredet werden mit Jerusalem, denn es geht um Vergebung, und
der Lichtglanz Gottes wird sich zeigen auf der Straße, die gebaut werden
soll.

Wo Gottes Herrlichkeit kommt, da bricht sie sich Bahn und schafft
Wege wie Leuchtspuren, auch im Dunkel. Wenn man durch eine Allee fährt im
Hochsommer, eine auf der die Bäume so dicht stehen, dass die Käfer
auf dem Blätterdach von einer Seite auf die andere wandern können,
dann herrscht auch bei hellem Sonnenschein nur gedämpftes Licht. Aber der
Lichtschein am Ende der Allee leuchtet so stark, dass er dennoch orientiert. Er
zeigt zunächst erst einmal an: Es gibt einen Weg.

Im Dunkel geht es uns gelegentlich so, dass wir, weil wir keinen
Weg mehr sehen, diese momentane Blindheit nach dem landläufigen
Verständnis von Realismus auch dafür halten, dass es gar keinen Weg
mehr gibt. Ich sehe keinen Weg, also gibt es auch keinen. Die Herrlichkeit
Gottes zeigt einen Weg, wo es vermeintlich keinen mehr gibt. Sie dringt
geradezu ein ins Dunkel und strahlt so darin auf, dass das Dunkel verschwindet
und Wege, die vorher unwegsam und unsichtbar waren, erkennbar werden.
Da wo
ich jetzt keinen Weg sehe, scheint ein Licht auf.

So mag es den Hirten gegangen sein des Nachts auf dem Felde. Nicht
viel hatten sie zu erwarten und nicht viel zu verlieren, aber sie folgten dem
Lichtstrahl des Sternes, der ihnen den Weg Gottes zu den Menschen wies.
Für Gottes Herrlichkeit gibt es keine Ausweglosigkeiten, weil sein Licht
eindringt in die Ausweglosigkeit. Wohl ist gelegentlich menschlicher Sinn so
verfinstert und beschwert, dass er keinen Ausweg mehr sieht, weil er immer nur
sich selbst sieht und den Fels, gegen den anzulaufen, als sinnlos erscheint.
Tatsächlich kann Licht diese Fixierung lösen, so dass Menschen neu
sehen können.

Die Herrlichkeit Gottes kommt.
Das ist doch nur eine Sache der
Perspektive, mag man sagen.
Nur der Perspektive?
Gewiss.

Wenn Menschen ihre Grenzen wahrnehmen, dumpf und beklemmend, so
dass sie gegen die Mauern rennen, weil sie ihnen sinnlos erscheinen, so
geschieht es dennoch, dass die Herrlichkeit begrenzte Mauerräume zu
geschenkten Freiräumen macht, in denen Menschen neue Wege miteinander
gehen. So verbinden sich Gottes Weg und Menschenweg miteinander. Die Liebe ist
so ein Weg, und die Geduld und Phantasie, die wir für jugendliche
Randalierer aufbringen, um ihnen Wege zu zeigen, auch. So verbinden sich Welten
miteinander, Gottes Welt und Menschen Welt. Die Freude, die wir einander
bereiten, jedes kleinste Zeichen von freundlicher Zuwendung, ist so eine
Verbindung.

Gewiss, es gibt Irrlichter, falsches Blendwerk, nicht nur zur
Weihnachtszeit. Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Wo ist das wahre
Licht in der Fülle der Lichter? Es ist die Eigenart der Herrlichkeit
Gottes, dass sie auch da Helligkeit bringt, wo kein Licht mehr zu erwarten ist.
Sie spart nichts aus, keinen Winkel. Für Gottes Herrlichkeit gibt es keine
Ausweglosigkeiten. Das können auch menschliche Bauarbeiter lernen: Wo
göttliches Licht menschliche Bauarbeiten orientiert, da führen die
Wege Menschen zu einander und unüberwindliche Gräben werden
zugeschüttet. Da werden auch Umwege nicht gescheut, damit etwas vom Licht
Gottes zu jedem Menschen kommt.

Wenn die biblische Tradition von der Herrlichkeit Gottes
erzählt, dann tut sie das mit Ehrfurcht vor dem überwältigenden
Lichtglanz und mit Scheu. – Man wusste immer, dass Lichtglanz blenden
kann, ja, dass er gefährlich ist. Es ist das Wissen um die Menschlichkeit
Gottes und um seine Nähe, das uns auch erlaubt zu sagen: Wo Menschen
einander ein Licht anzünden, eine Weihnachtskerze, um Helligkeit, Freude
und Wärme zu verbreiten, wie die Pflegerin beim Hausbesuch, da leuchtet
etwas von der Herrlichkeit Gottes. Die Herrlichkeit Gottes kommt auf der
Straße, die Gottes Welt und unsere Welt verbindet.

Der Weg Gottes verbindet Welten aufgrund von Vergebung. Das ist
das zweite Merkmal des göttlichen Straßenbaus. Vergebung gibt es
das? Wie Wege abbrechen und Straßen verbarrikadiert werden, weil Menschen
ohne Vergebung leben, das können wir in der individuellen Lebensgeschichte
und in der Weltgeschichte alle Tage erleben. So geht es Schlag auf Schlag,
Angriff auf Vergeltung. Ich kann ihr, ihm das einfach nicht vergessen. So
wachsen die Berge von Schuldlasten, und wenn sie noch nicht hoch genug sind,
dann können sie auch boshaft und absichtlich bewusstgemacht und
erhöht werden: Bis auf den letzten Pfennig müssen Rechnungen
beglichen werden, die alten Rechnungen, die alten Verletzungen, sie schmerzen
immer wieder, muss man sie nicht immer wieder beleben? Und es gibt Schuld, die
kann man beim besten Willen nicht einfach übersehen.

Es lässt sich wohl auch nicht denken und rechnen, dass Schuld
vergeben ist. Studierende erklärten mir, und sie erklärten es nicht
böswillig, sondern als Anwälte des Realismus, in dessen Sinne sie
leben und studieren: Gott und Vergebung, das sind doch überholte
Vorstellungen aus früheren Zeiten. Früher redete man eben von Gott
und brauchte Vergebung, heute wird man selbst mit der Schuld fertig, zur Not
mit therapeutischer Unterstützung. Die so reden, haben offensichtlich ihre
Lektion gut gelernt, und es kann nicht darum gehen, ihnen weiß zu machen,
dass sie mit ihrer Schuld nicht fertig werden. Gott und Vergebung, das ist
Tradition, uralte Tradition, von weit her. Aber ist diese Tradition
überholt oder ist sie kostbar? Der Prophet redet davon, dass
zerstörte Wege wiederhergestellt und zerstörte Welten wieder
verbunden werden, dass verhärtete Herzen erweicht und verbitterte Sinne
erneuert werden, weil Gott zuvor vergeben hat. Er hat die Schuld auf sich
genommen. Deshalb kann neu angefangen werden. Was Menschen unmöglich
erscheint, hat Gott zuvor geschaffen. Er selbst hat die Schuld auf sich
genommen.

Der Prophet, dessen Rufen uns der heutige Predigtext mitteilt, hat
vom leidenden Gottesknecht erzählt, der Menschen Schuld abgenommen hat und
weil die Schuldberge nicht mehr abzutragen waren, ist er selbst mitten
hineingegangen in die tödlichen Schuldberge, die Menschen
aufschütten. Abbau der Berge von Schuld und Überbrückung der
Gräben von Hass und Misstrauen, das ist nicht billig zu haben, das braucht
unendliche Kraft und Geduld. Menschen können etwas von der Kraft und
Geduld gewinnen, wenn sie sich darauf verlassen, dass der Kreuzbalken, der die
Straße zwischen Gott und Menschen abstützt, von Gott selbst getragen
wird.

Da, wo Menschen einander nicht vertragen können, da
verspricht Gott Vergebung, das ist Evangelium. Und da, wo ein Mensch mit sich
selbst hart ist und uneins: ‚Das kann ich mir nicht verzeihen’, da
gilt dennoch der Zuspruch der Vergebung und die Bitte Gottes: ‚Lass dir
die Vergebung gefallen’.

Und doch breitet sich Skepsis aus. Der Prophet selbst formuliert
sie: Was soll ich predigen? Alles Fleisch ist Gras und all seine Güte ist
wie eine Blume auf dem Felde. Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt. Denn des
Herrn Odem bläst darein. Ja, Gras ist das Volk.

Das ist die alte Erfahrung, uralt und uralt machend, weil sie so
zu Boden zieht. Alles ist hinfällig und nichtig, diese Mischung von
herbstlicher Dunkelheit, Todesgedanken und Vergeblichkeitsgefühlen.
Alltägliche menschliche Resignation angesichts von alltäglicher
menschlicher Kleinlichkeit, Engstirnigkeit und Gleichgültigkeit. Muss da
nicht Resignation unser Realismus sein? Können wir unsere Straßen
anders bauen, wenn anders wir sie auf der Erde bauen? Der Realismus der
Weisheitslehre aller Zeiten lautet: alles ist eitel. Seine Bestätigung
findet das in allen Erfahrungen des Scheiterns, die wir täglich machen,
vom Scheitern des Klimagipfels über das Scheitern, die grundlegenden
Verordnungen zur Sicherung menschlicher Gesundheit zu treffen, bis zum
Scheitern der Versuche, die alltäglichen menschlichen Rivalitäten
offen zu legen und abzubauen. Es ist oft das Wirken und Wachsen des Scheiterns
im Verborgenen, das am zerstörerischsten wuchert.

Alles ist eitel. Der Prophet kannte diese Erfahrung. Viele seiner
Volksgenossen hatten sich und ihre Hoffnung aufgegeben, und wollten von ihrer
Herkunft und ihrer religiösen und heimatlichen Verpflichtung und Bindung
nichts mehr wissen. Tradition von einst, für unbrauchbar und überholt
befunden und abgelegt. Sie hatten sich den neuen Göttern der neuen
Machthaber in Babylon verschrieben. Neue Moden, neue Götter, neue
Verlässlichkeiten. Das war bequemer und lag schon deswegen nahe.

Was soll’s, eine Hoffnung zerbricht, lassen wir sie fahren,
setzen wir auf etwas Neues, wenn nötig auf neue Götter.
Alles ist
eitel, also öfter mal was Neues!?

Das Gefährliche bei diesem resignierten Hoffnungsverbrauch
ist nicht immer bewusst: Mit jeder verbrauchten Hoffnung wirft man ein
Stück von sich selbst weg, verbraucht, zur Entsorgung freigegeben.

Trost, liebe Gemeinde, steht gegen den Verbrauch von Hoffnungen.
Trost steht gegen den Verbrauch von Hoffnungen.

Trost, auch das ein altes Wort, uralt, Urwort. Erinnerung aus
Kindertagen, als wir noch getragen wurden, wenn wir uns schmerzhaft
angestoßen hatten. Als die Mutter noch tröstend sagte: Es wird alles
wieder gut. Dieser Zuspruch hatte eine eigenartige Kraft. Er wirkte trotz des
Schmerzes heilend. Dieser Trostspruch vertröstet nicht, er bringt schon
mit sich, was noch erwartet wird. Er lässt die Welt schon wieder hell
werden, obwohl die Tränen noch nicht getrocknet sind. Gegenwelt mitten in
der Welt, Licht im Dunkel.

Aber wenn menschliche Kindheit so trostlos ist, dass kein
Trostwort gesprochen wird gegen den Schmerz? Wir wissen, dass es das gibt auf
den Straßen dieser Welt, in Bukarest, Brasilia und Leipzig. Wenn Welt
wahrhaft trostlos ist? Dennoch reicht das göttlich-menschliche Trostwort,
das göttlich-menschliche Urwort dahin: Der Prophet teilt es uns mit. Es
ist das Wort der Liebe Gottes, das in jeder Taufe und in jeder Tauferinnerung
bestärkt wird: Ich will dich, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du
bist mein.

Das ist Trost, Rückenstärkung zuvor.

Der Dichter sagt: Gegen die Erde gibt es keinen Trost als den
Sternenhimmel. Damit arbeitet er der Resignation zu, und er eröffnet den
Weg in den Himmel als Fluchtort in eine andere höhere Welt, in die
Menschen abheben oder abtauchen. Gegen die Erde gibt es keinen Trost als den
Sternenhimmel. Aber den Himmel, zu dem hin man abhebt, den überlassen wir
in der Tat den Spatzen. Die Trostrufer, die Boten Gottes, bringen Gottes Himmel
auf die Erde, mitten in unsere Welt. Das ist nicht billig zu haben. Trost ist
keine Billigware. Mit dem Wort der Liebe Gottes wird Gottes Weg gebahnt. Auf
diesem Weg geraten Menschen in Bewegung.

Durch das Wort der Liebe sind Gottes Welt und Menschenwelt fest
verbunden, mit diesem Wort kommt der Himmel Gottes mitten in unsere Welt:
tröstend, vergebend und wunderbar erhellend. Amen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Prof. Dr. Gunda Schneider
E-Mail: gdrschn@attglobal.net


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