Lukas 24, 13-35

Home / Bibel / Neues Testament / 03) Lukas / Luke / Lukas 24, 13-35
Lukas 24, 13-35

Österliche Tischgemeinschaften | Ostermontag | Lk 24, 13-35 | Ralf Reuter |

Zum Himmel auf Erden braucht es einen Tisch. Der muss eingedeckt werden. Mit Tellern und Tassen, mit Besteck, mit Servierten. Vielleicht auch mit Blumen und einer schönen Decke. Natürlich gehören dann Brot und Getränke dazu, auch Gekochtes und Gebratenes. Auftischen von dem, was vorbereitet wurde, in der Küche da ist oder andere mitbringen.

Denn zum Himmel auf Erden gehören auch Menschen. Manchmal wird das vergessen und man sitzt alleine. Also einladen, ins Haus bitten, die Kirche öffnen, am Wegesrand Platz nehmen. Es gibt überall Orte, wo Menschen zusammenkommen, um miteinander zu essen und zu trinken. Auch in unserer Kirche. Entscheidend ist, dass wir einladen und selber kommen. Und andere mitbringen.

Wo ein Tisch steht und Menschen an ihm sitzen, gibt es Geschichten, die erzählt werden. Geschichten des Lebens. Schöne Geschichten, aber auch schwere. Manche berichten von ihren Erlebnissen der letzten Zeit, andere von ihren Wunden, die sie mit sich tragen. Reden und Hören, beides braucht es wie Essen und Trinken. Anderen zuhören und sich mitteilen, so entsteht Gemeinschaft.

Gemeinschaft derer, die unterwegs sind wie die beiden Jünger vom Kreuz. Sie gehen miteinander, und in ihr Klagen hinein gesellt sich ein Fremder zu ihnen. Er ist plötzlich da, hört zu, fragt nach. Sie berichten ihm von Jesus, vom Ende ihrer Gemeinschaft in Jerusalem. Warum musste dies geschehen? Wir verstehen es nicht. So gehen auch unsere Geschichten.

An den Tischen in Kirchengemeinden erzählen wir davon, wie wir weniger werden. Berichten, was in den Kirchen gerade läuft, es diese und jene Veränderung gibt. Wir wissen nicht, warum es so sein muss, es nicht bleiben kann wie es war. Es wird auch von neuen Aufbrüchen berichtet. So wie die Jünger von anderen hörten, das Grab sei leer.

Den Jüngern legt der von ihnen noch nicht erkannte Jesus die Schrift aus. Warum traut ihr nicht dem Wort? Musste Christus dies nicht erleiden? Er ist der Verkündiger der Verkündigung, ist als Jesus auch Christus. Mehr geht nicht, doch die Jünger verstehen es nicht. Der Himmel auf Erden kommt nicht nur über den Verstand, das Wort muss erst ins Leben springen.

Es braucht einen Tisch, mit Essen und Trinken, in der Gemeinschaft der Menschen und göttlicher Gegenwart. „Bleibe bei uns; denn es will Abend werden, und der Tag hat sich geneiget.“ Die schönste Einladung der Welt. Es wird Abend, nicht nur mit Abendglocken und Abendbrot, auch bald Nacht mit Dunkelheit und Schlaf. Abend des Tages, aber darin schon vorweggenommen auch Abend des Lebens, Abend der Welt.

Bleibe bei uns, du hast unser Herz berührt, Geleit gegeben. Ein göttlicher Funke ist übergesprungen. Nicht allein bleiben, mit dem Himmel in die Zukunft gehen, uns mitnehmen, tragen lassen. Daher: Im Anderen immer auch den möglichen Boten Gottes sehen. Lade ein, vielleicht wirst du, ohne es zu wissen, Engel beherbergen (Hebr. 13,2).

Und es geht dann so unkompliziert und schnell, fast wie aus der Zeit gefallen. Wer kann spontan jemanden ins Haus mitbringen? Und ihn auch noch bewirten? Selbst in der Kirche, dem großen Gasthaus Gottes auf Erden gelingt uns das nur selten. Wir fühlen uns nicht als spontan Einladende. Oft ist es ist nicht nur äußerlich, sondern auch menschlich kalt unter uns. So manch ein Engel geht so an unseren Gemeinden vorbei.

Ostern an Tischen in der Kirche sitzen und von den Emmaus-Jüngern erzählen. Darin unsere Geschichten des Lebens erkennen. Wo wir unterwegs sind, klagen, nichts verstehen, und darin dem auferstandenen Herrn begegnen, in seinem Mahl, in seinem wirksamen Wort, in der Gemeinschaft der Menschen, die mit uns unterwegs sind. Das ist die Vision einer Kirche der Zukunft, eines Lebens mit dem Himmel auf Erden.

Diese wunderbare Geschichte von Lukas berichtet vom auferstandenen Jesus, wie er seinen Jüngern im Brotbrechen als Christus begegnet. Er ist für diesen Moment mit seiner ganzen Göttlichkeit auf Erden präsent, sendet sie in die Zukunft und ist wieder verschwunden. Plötzlich ist alles anders, die Nacht schon zum Morgen geworden. Nicht mehr im rückwärtigen Denken gefangen, brechen sie mit großer Energie in die Zukunft auf.

Das Abendmahl als Urbild unserer christlichen Existenz, zu allen Zeiten und an allen Orten, für mich ist dies die Osterbotschaft dieses Jahres. Darin den Himmel auf Erden spüren und erfahren, und mit ihm in die Einladungen des Lebens gehen. Andere mit an unseren Tisch nehmen, ihnen Gastrecht gewähren. Überall, wo es geht, und in der Kirche und im Alltag.

Auch an den Tisch unserer Freundlichkeit laden. Wo in der Begegnung einen Moment verweilt wird. Fragen, wie es geht, was einen bewegt, bedrückt, worauf man sich freut. Geht wunderbar im Supermarkt Manchmal wird daraus ein gemeinsamer Kaffee. Oder kurze Gespräche draußen vor dem Kindergarten beim Abholen der Kinder. Nicht um rückwärtig zu klagen, sondern zuversichtlich nach vorne zeigen. Wie Jesus Christus beim Abendmahl.

Im Gemälde vom Emmausmahl des Malers Caravaggio von 1602 zeigt Jesus segnend mit seiner Hand nach vorne. Ich halte es für wichtig, solche Bilder anzuschauen, mit dem Smartphone in die unmittelbare Gegenwart zu holen. Das Jesusgeschehen und der auferstandene Christus sind unsere Leitbilder. Hier wird das göttliche Wort im Bild lebendig und springt in die Augen. Und wir springen voll himmlischer Dynamik vom Tisch wieder auf wie die Jünger bei Caravaggio.

So wie unsere Jünger von Emmaus jetzt eigenständig in Jerusalem einziehen. Mit der Botschaft der Auferstehung im Herzen. Ihr Herz ist nicht mehr kalt. Es brannte im Rückblick schon da, wo er mit ihnen unterwegs war, ihnen die Schrift auslegte und sie ihn einluden. Nun sind sie Gesandte des Herrn. Wie wir. Mit dem Osterglauben unterwegs sein, in den beruflichen und familiären Verbindungen. Im Einsatz als christliche Gemeinde, in den Orten unseres Lebens, solange wir leben.

Also einladen zu österlichen Tischgemeinschaften. Wo das Feuer im Herzen entfacht wird. Wo aus rückwärtigem Klagen neue Aufbrüche entstehen. Kirche der Zukunft ist niemals eine Kopfgeburt, sie ist das Versammeln der Menschen am Tisch. Nicht unsere Konzepte, auch nicht unsere Reichtümer begehren die Menschen, sondern unsere Freundlichkeit. Sich eingeladen fühlen an den Tisch des Herrn. Wo das Herz brennt, wo die Zukunft aufblüht und der Himmel auf Erden erfahrbar wird.


Pastor Ralf Reuter

Göttingen

E-Mail: Ralf.Reuter@evlka.de

Ralf Reuter, Pastor der Ev.-luth. Weststadt-Kirchengemeinde Göttingen

de_DEDeutsch