Matthäus 13, 44- 46

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Matthäus 13, 44- 46

 

Göttinger Predigten im Internet
hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch


 

9. Sonntag nach Trinitatis,
12. August 2001
Predigt über Matthäus 13, 44- 46, verfaßt von Jürgen
Berghaus


Liebe Gemeinde !

Zu den Besonderheiten der Verkündigung Jesu gehörte es, daß
er viele Gleichnisse erzählte – zwei ganz kurze davon bilden heute
die Grundlage meiner Predigt : die Gleichnisse vom Schatz im Acker und
von der kostbaren Perle.

Gleichnisse – sie rufen nach einer Deutung, sie wollen über sich
selbst hinaus auf etwas anderes hin-weisen, sie sprechen in Worten unserer
Welt von der Wirklichkeit Gottes. Aber wie sonst könnten wir von
Gott sprechen, wenn nicht in Worten unserer erfahrbaren Wirklichkeit
? Freilich darf auf diese Wei-se nicht der Unterschied zwischen Gott
und uns Menschen eingeebnet werden. Auch wenn wir in menschlichen Bildern
von Gott reden, wird ER doch niemals zu unsrem Eigentum, über das
wir frei verfügen könnten. Aber etwas Anderes als unsere menschlichen
Begriffe und Bilder haben wir ja nicht; und wo immer das Reden von Gott
in einer Sprache erfolgt, die von den Hörerinnen und Hörern
nicht mehr verstanden werden kann, da ist es nichts als unnützes
Wortgeklingel.

Gleichnisse sind konkret und anschaulich. Das im Gleichnis Erzählte
läßt sich leicht nachvollziehen, eben weil es so dicht an
unserer eigenen Erfahrung liegt. Offen bleibt freilich, ob mir beim
Predigen die Übertragung auf Gott gelingt – und wenn sie gelungen
scheint : ob ich auch wirklich den entscheidenden Punkt getroffen habe.

So ist eine Predigt über Gleichnisse ein auf den ersten Blick
einfaches, aber doch riskantes Unternehmen. Und wie auch sonst, gilt
hier für Sie als Hörerinnen und Hörer die Einladung :
„Prüfet alles, und das Beste behaltet !“ Ich möchte
im folgenden zunächst die beiden Personen beschreiben, die uns
im P.T. begegnet sind; danach schauen wir uns ihren großen Fund
genauer an; und schließlich sollen uns auch noch die Folgen dieses
Fundes interessieren.

1. ZWEI GLÜCKSPILZE

Liebe Gemeinde, die beiden Gleichnisse Jesu vom Schatz im Acker und
von der kostbaren Perle erzählen von zwei unterschiedlichen Menschen,
die eine Entdeckung machen, durch die ihr Leben von Grund auf verändert
wird.

Der erste arbeitet auf einem Acker, der ihm gar nicht selber gehört.
Vielleicht ein Tagelöhner : jemand, der – für damalige Verhältnisse
durchaus normal – jeden Morgen neu seine Arbeitskraft auf dem Markt
anbietet und von irgendeinem Grundbesitzer gemietet wird, solange die
Arbeit reicht. Ein Mensch, der von Tag zu Tag lebt, ja leben muß
– und dessen wirtschaftliche Existenz auf überaus wackeligen Füßen
steht. Solch einem Menschen gönnen wir seine wunderbare Entdeckung
gern : ein Schatz, der alle materielle Sorgen auf einen Schlag beseitigt
und der auf diese Weise eine glückliche Zukunft verspricht.

Der andere : ein wohlhabender Kaufmann. Jemand, der mit Schmuck und
Wertgegenständen handelt und der wohl auch selbst schon lange sein
Schäfchen ins Trockene gebracht hat. Doch auch dieser kühl
kal-kulierende Kapitalist ist ganz aus dem Häuschen, als er jene
einzigartige Perle findet. All sein Vermögen setzt er ein, um sie
in seinen Besitz zu bringen.

Zwei Glückspilze : der eine arm, der andere reich. Ob Jesus uns
damit für das Folgende aufschließen möchte, daß
er so unterschiedliche Charaktere auf die Bühne bringt ? „Egal,
welche gesellschaftliche Stellung du hast oder wie es innerlich um dich
bestellt ist“, so höre ich Jesus reden, „auch und gerade
für dich ist das bestimmt, was ich jetzt erzählen will.“
Wir dürfen gespannt sein, wie´s weitergeht.

2. GOTTES REICH ALS FUNDSACHE

Der arme Tagelöhner und der reiche Kaufmann finden jeweils etwas
für sie ganz Wichtiges: der eine einen Geldschatz, der andere ein
wertvolles Schmuckstück. „So etwas Besonderes, so etwas ungeheuer
Wertvolles ist das Himmelreich“, sagt Jesus allen, die ihn damals
hörten und heute hören. „Das Reich Gottes ist nahe herbeigekommen
!“ Ja, liebe Gemeinde, es ist schon mitten unter uns – wir müssen
bloß die Augen aufmachen und danach suchen.

Gottes Reich als Fundsache – das scheint mir der entscheidende Inhalt
unserer beiden Gleichnisse zu sein. Keine Fundsache aus menschlicher
Vergeßlichkeit; sondern hier können wir etwas finden, was
Gott versteckt hat – so, wie es an Ostern mit den Eiern für die
Kinder geschieht. Seht nur, wie ganz anders Gottes Himmelreich ist als
das, was unter uns Menschen hoch im Kurs steht ! Hier gilt nicht der
Vor-rang des stärkeren Ellenbogens, hier kommt es nicht auf dicke
Bankkonten oder auf konzentrierte Wirtschaftsmacht an – nein : Im Dreck
verbuddelt, unscheinbar, ohne großes Brimborium will Gottes Reich
unter uns Gestalt gewinnen.

Wie gesagt : Mitten unter uns. Keineswegs erst am Sankt Nimmerleinstag,
keineswegs dort oben hinter Wolke 17. Der wahre Schatz Gottes, Seine
herrlichste Perle – sie sind schon längst gelandet auf unserer
Erde. Jene Leute, die damals Jesus mit eigen Augen und Ohren erlebt
hatten, die spürten das ganz deutlich. Und auch später wurden
immer wieder neue Erfahrungen mit dem in unsere Welt herein-brechenden
Gottesreiches gemacht.

Doch während der Tagelöhner zufällig seinem Glück
begegnete, hatte der Kaufmann schon lange danach gesucht. Dem einen
fällt es unerwartet vor die Füße, der andere war ihm
bereits engagiert auf den Ver-sen. So kann es einem gehen mit Gottes
Reich, l.G. : Es lassen sich keine Regeln anführen, wie man´s
am besten finden kann. Doch wer es gefunden hat, wer plötzlich
bemerkt : Hier ist Gott mir und den anderen ganz nahe gekommen – der
weiß schon, welchen Gewinn er gemacht hat. Ja, es ist wirklich
ein Glücksfall, unter all den vielfältigen Geschäftigkeiten
unserer Welt Gottes Wirken entdecken zu können!

3. GOTTES REICH VERHILFT ZU NEUEN SCHRITTEN

Nachdem der Tagelöhner und der Kaufmann auf Schatz und Perle gestoßen
sind, werden sie ungeheuer aktiv : Sie setzen ihr ganzes Vermögen
und alle ihre Kräfte ein, um das Gefundene zu behalten und es bloß
nicht wieder zu verlieren. „So ist es auch mit dem Reich Gottes“,
will Jesus uns sagen, „wer es ein-mal entdeckt hat, wird in Bewegung
gesetzt; scheinbar unverrückbare Grenzen werden durchlässig,
denn Gottes Reich verhilft zu neuen Schritten.“

Aber wollen wir das überhaupt, liebe Gemeinde ? Haben wir uns nicht im großen
und ganzen bequem eingerichtet in unserem Leben, so daß uns eine
Veränderung eher beunruhigen würde ? An dieser Stelle ist
es wohl gut, auf Jesus, den Gleichniserzähler, zu schauen : Er
erspürte bei die Johannestaufe am Jordan die Gegen-wart Gottes
und hörte die Zusage des Ewigen : „Du bist mein lieber Sohn,
an dir habe ich Wohlgefal-len“. Da ergab es sich für ihn wie
von selbst, alles zu verlassen und durch die Lande zu ziehen, um von
Gott zu erzählen und Seine heilsame Kraft weiterzugeben. Welche
Wege mögen es sein, die Gott uns führen wird, wenn er uns
in sein Reich einläßt ? Wir dürfen uns überraschen
lassen !
== nochmalige Verlesung des Predigttextes. == (… ) Amen.

Pfarrer Jürgen Berghaus
Leverkusen
berghaus@ekir.de

 

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