Matthäus 18, 15-20

Matthäus 18, 15-20

 


Göttinger Predigten im Internet
hg. von Ulrich Nembach und Johannes
Neukirch


22. Sonntag nach
Trinitatis / Reformationstag

31. Oktober 1999
Matthäus 18, 15-20

Anke Fasse


Thema des Gottesdienstes:
Was heißt es, eine christliche Gemeinde/Gemeinschaft zu sein? (Was
bestimmt unsere Gemeinschaft? Was ist das Besondere an dieser Gemeinschaft?)

=> Jesu Geist ist unter uns und will uns und unser Handeln leiten und
führen.

Lieder:
Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind (EKG 564)
Herr Jesu Gnadensonne (EKG 404, 1+2, 6-8)
Herr, gib mir Mut zum Brücken bauen (EKG 612)
Ich möcht, daß einer mit mir geht (EKG 209)
Wo ein Mensch Vertrauen gibt (EKG 604)
Bewahre uns Gott, behüte uns Gott (EKG 171, 4)

Kollektengebet
Gott, in deiner Gegenwart wollen wir zur Ruhe kommen.
Wir suchen deine Nähe und möchten deinen Geist in uns spüren.

Gott, du schenkst uns Gemeinschaft.
Zeige du uns, wie Du durch uns in dieser Gemeinschaft und anderswo wirken
willst.
Darum bitten wir dich durch Jesus Christus.
Amen

Aktion zu Beginn des Gottesdienstes
Die Gottesdienstbesucher- und besucherinnen werden z.B. von Konfirmanden und
Konfirmandinnen am Eingang begrüßt und bekommen alle einen Fisch als
Zeichen für die christliche Gemeinschaft (aus Salzteig oder Tonpapier zum
Umhängen, oder auf eine Holzwäscheklammer geklebt zum Anstecken oder
einfach einen Aufkleber). Der erste Teil der Predigt knüpft an dieses
Symbol an.

Predigt

Liebe Gemeinde,

Heute ist etwas anders als sonst. Schauen wir uns doch alle einmal
aufmerksam an! Woran ist unsere Gottesdienstgemeinschaft heute zu erkennen? (Wo
es möglich ist, Gottesdienstbesucher- und besucherinnen antworten lassen
und diese Antworten dann aufnehmen).

Heute tragen wir alle einen Fisch deutlich sichtbar an uns. Einen Fisch!
Warum haben Konfirmanden und Konfirmandinnen Ihnen am Eingang ausgerechnet
einen Fisch geschenkt? (Hier evtl. Konfirmanden und Konfirmandinnen selbst
erklären lassen) Der Fisch ist für die christliche Gemeinde ein ganz
besonderes Symbol. Die ersten Christen bekannten sich als Nachfolger Jesu,
indem sie das Symbol des Fisches sichtbar an ihrem Körper trugen. Der
Fisch war ihr besonderes Erkennungszeichen. Wie kamen sie zum Fisch als
christliches Symbol? Fisch heißt auf griechisch, die Sprache der ersten
Christen, ichtys. Jeder Buchstabe des Wortes Fisch in der griechischen Sprache
steht für das Bekenntnis: Jesus Christus, Sohn Gottes, unser Retter. Der
Fisch blieb über die Jahrhunderte ein wichtiges Symbol für die
christliche Gemeinde. Der Fisch, den wir heute alle an uns tragen, weist uns
direkt auf Jesus Christus, zu dem wir uns als Christen und Christinnen
bekennen. Jesus Christus ist der Grund, weswegen wir hier zusammengekommen sind
und miteinander Gottesdienst feiern.

Aber was ist, wenn wir nicht den von außen sichtbaren Fisch als
Zeichen unseres Bekenntnisses zu Jesus Christus an uns tragen? Woran ist dann
unsere Gemeinschaft als eine christliche zu erkennen? Was ist das Besondere an
unserer Gemeinschaft? Wir kommen zu Gottesdiensten zusammen. Es gibt
verschiedene Gruppen, die sich in der Woche treffen. Aber über diese
äußeren Termine und Treffen hinaus, muß da doch noch etwas
anderes sein, was uns bestimmt und zusammenhält. Ich denke, der Glauben an
Gott, an Jesus Christus muß das Entscheidende in unserer Mitte sein, das
uns zusammenführt, das uns trägt. Es ist dieser Glaube, der uns von
anderen Gemeinschaften unterscheidet. Und so muß es auch unser Glaube an
Jesus Christus sein, der unser Handeln, der unser Zusammenleben bestimmt.
Denken wir einmal darüber nach: Wie halten wir’s mit der Nachfolge
Jesu? Wie gehen wir miteinander um? Wie gehen wir insbesondere mit Konflikten
und Problemen in unserer Gemeinde um?

In dem Predigttext für den heutigen Sonntag erzählt Jesus, wie
eine christliche Gemeinde mit Konflikten umgehen sollte. Der Predigttext
für den heutigen Sonntag ist aufgeschrieben bei Matthäus im 18.
Kapitel.

– Mt 18, 15-20 lesen

Jesus gibt hier deutliche, praktische Anweisungen Konflikten und Problemen
in der Gemeinde zu begegnen: Wenn ich den Eindruck habe, eine Person aus
unserer Gemeinde verhält sich mir gegenüber nicht richtig, dann soll
ich sie zu einem Gespräch darüber unter vier Augen persönlich
aufsuchen – so sagt es unser Predigttext. Entscheidend ist das direkte
Gespräch zwischen den Menschen, die der Konflikt direkt betrifft. Alle
anderen Personen müssen außen vor bleiben. Das heißt auch,
daß alle Erzählungen und alles Gerede über solche Situationen
unterbleiben soll. Erst wenn das Gespräch unter vier Augen keinen Erfolg
hat, ist es sinnvoll, ein oder zwei andere Personen mit hinzuzuziehen.
Gemeinsam muß dann versucht werden, eine Lösung zu erreichen. Wenn
diese Möglichkeit dann auch scheitert, dann ist es eine Sache der
Gemeinde, diese Situation gemeinsam zu bereinigen. Dem direkten Gespräch
im Gegensatz zum Gerede hinter dem Rücken kommt hier die entscheidende
Bedeutung zu.

Entscheidungen und Beschlüssen, die Menschen aus einer christlichen
Gemeinde treffen, kommt im weiteren Verlauf des Predigttextes eine sehr
große Bedeutung zu. Es heißt hier sogar, daß diese
Entscheidungen auch im Himmel – also vor Gott und in Ewigkeit Gültigkeit
haben. Beim ersten Lesen des Textes erschreckte ich über diese Aussage.
Ich schreckte vor der großen Verantwortung zurück und dachte:
„Nein, das darf doch nicht sein, daß wir fehlbaren und oft so
egoistischen Menschen so eine unwiderruflich große Verantwortung haben.
Es muß doch Gott sein, der schließlich alles zurechtrücken
wird.“ Bei weiteren Überlegungen zu diesem Punkt fiel meine
Aufmerksamkeit vor allem auf den letzten Satz unseres Predigttextes: Wo zwei
oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.
Jesus sagt uns hier seine Gemeinschaft zu, immer wenn wir uns in seinem
Namen treffen. Jesu Geist ist immer bei uns, daß ist das Besondere
unserer, einer christlichen Gemeinschaft. Jesu Geist will uns führen und
leiten bei allem, was wir tun. Jetzt liegt es an uns, daß wir uns auch
von dem Geist Jesu führen und leiten lassen, daß wir auf seine
Stimme hören, unseren Weg mit ihm suchen. Aus dieser Zusage – Jesus ist
mitten unter uns – ist auch unsere große Verantwortung bei allen
unseren Entscheidungen zu begründen. Denn wir sind bei all unseren
Handlungen nicht allein, nein, der Geist Jesu ist bei uns. So erhalten wir die
Möglichkeit, in seinem Sinne zu handeln.

Heute tragen wir den Fisch als äußeres, sichtbares Zeichen der
christlichen Gemeinschaft. Aber wie sieht es in unserem Inneren aus? Berufen
wir uns auf den Geist Jesu in unserer Mitte, bei allem was wir tun und reden?

Ich denke über unser alltägliches Leben in der Gemeinde nach (hier
Präzisierungen aus der eigenen Gemeinde). Es gibt viele schöne
Erfahrungen und Begegnungen, viele Gespräche, in denen ich auch etwas von
dem Geist Jesu spüre. Aber es gibt auch die anderen Erlebnisse, ich denke
an die vielen unausgesprochenen Konflikte und Störungen oder an das viele
Gerede hinter dem Rücken von den eigentlich betroffenen Menschen. Es
entstehen Mauern, Verletzungen und Gerüchte. – Ich muß an die
Anweisungen Jesu zum Umgang miteinander aus dem Predigttext denken. Warum
schaffen wir es nicht, das direkte Gespräch zu suchen, auf den anderen
direkt zuzugehen? Ich wünsche uns, daß wir uns hier von dem
Predigttext anstoßen lassen, daß wir dem Geist Jesu in unserer
Mitte mehr Raum geben und uns von ihm führen lassen.

Ich blicke mich in dieser Kirche um und sehe viele verschiedene Menschen. Es
gehören noch weitaus mehr Menschen, ganz verschiedene, zu unserer
christlichen Gemeinde. Wenn unsere Gemeinschaft funktionieren soll, müssen
alle ernst genommen werden, alle müssen einbezogen werden bei
Entscheidungen, bei dem Angebot, bei dem Versuch, Regeln für unsre
Gemeinschaft aufzustellen. Das ist sicher oft schwer. Aber ich spüre, wir
sehr wir dieser Aufgabe im Geist Jesu nachkommen müssen. Besonders die
Jugendlichen, die unsere Kirche mittragen, sie weitertragen, müssen bei
einer Suche nach Orientierung für unser Handeln in der Kirche einbezogen
werden.

Der Geist Jesu ist in unserer Mitte – diese Zusage gibt uns der
Predigttext. Der Geist Jesu, – was ist das für ein Geist? Erinnern Sie
sich an das Evangelium? Er beginnt: Herr, wie oft muß ich meinem
Bruder, der sündigt, vergeben? Genügt es siebenmal? Jesus sprach zu
ihm: Ich sage dir nicht siebenmal, sondern siebzig mal siebenmal.
Der Geist
Jesu, ein Geist der Vergebung. Ein Geist, der nicht auf Fehler und Schulden
beharrt, sondern von Liebe und Neuanfang, von ehrlicher Gemeinschaft
geprägt ist. Dieser Geist Jesu ist in unserer Mitte, heute, jetzt und
immer, wenn zwei oder drei sich im Namen Jesu treffen, daß heißt
sich in unserer christlichen Gemeinde treffen. Der Geist Jesu möchte uns
beschenken. Er möchte uns führen und leiten bei allem, was wir tun.
Dieser Geist Jesu, er ist das Besondere, was unsere Gemeinschaft ausmacht. Er
begleitet uns. Er soll auch von Außen erkennbar werden. Leben in der
Gemeinschaft dieses Geistes, daß ist es, was uns von anderen
Gemeinschaften unterscheidet, was uns reich macht. Heute ist es der Fisch, der
uns von außen als Christen und Christinnen erkennen läßt.
Woran werden wir morgen zu erkennen sein? Es sollen nicht die
Äußerlichkeiten sein, die uns als Christen und Christinnen erweisen,
sondern es soll der Geist Jesu sein, der unser Leben und Handeln bestimmt.

Jesu Geist in unserer Mitte – das ist das Besondere unserer
christlichen Gemeinschaft. Ich wünsche uns, daß wir dieses Besondere
wahr und ernst nehmen, daß wir uns vom Geist Jesu bestimmen lassen in
allem, was wir tun und lassen. Auf die Zusage Jesu, die uns in jedem Augenblick
unseres Lebens tragen und stärken will, können wir uns verlassen.
Jesus spricht zu uns: Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin
ich mitten unter ihnen.

Amen

Anke Fasse
Anton-Günther-Str. 21
26434 Wangerland/Hohenkirchen
E-Mail: Anke@sefarim.de


 

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