Markus 4, 1-20

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Markus 4, 1-20

Predigt zu Markus 4, 1-20, verfasst von Pfarrer Hanne Sander


Nun schon wieder! Wir hören von der Verschwendung und von einem Verhalten, das uns völlig fremd ist. Letzten Sonntag war der Predigttext das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg, wo die Tagelöhner denselben Lohn für ungleiche Arbeit erhielten, ohne daß jemand dadurch betrogen worden wäre. Und nun heute sehen wir das Bild eines Bauern, der in altmodischer Weise, mit einem Sack über der Schulter und mit großen Armbewegungen das Korn mit vollen Händen ausstreut. Und er nimmt es dabei nicht so genau, wo es landet.

Und so wenig wie wir letzten Sonntag etwas über die Regeln des Arbeitsmarktes lernen konnten, genauso wenig können wir heute etwas über die Landwirtschaft lernen. Denn auch hier wird nicht nach Erwägungen über das Verhältnis von Kosten und Nutzen gearbeitet. Sonst hätte sich der Bauer ja damit begnügen können, auf den guten Boden zu säen.

Aber auch mit dem guten Boden ist es merkwürdig bestellt. Es gehört nämlich nicht in den Bereich des Wirklichen, daß etwas hundertfältig Ertrag bringen kann, also 1:100.

In dieser Weise enthält die Geschichte nichts, was man unmittelbar wiedererkennen könnte. Man kann deshalb fragen, wer etwas von dieser Geschichte haben soll. Was können wir hier hören? Verstehen? Ist sie Menschen erzählt, die nicht meinen, daß ihre Arbeit sonderlich viel Früchte trägt, damit sie größere Unbefangenheit lernen? Oder muß man die Geschichte als Ermahnung hören? Hört ordentlich hin, wenn gepredigt wird!

Die Auslegung, die dem Gleichnis angefügt ist, legt jedenfalls nahe, daß hier moralisiert werden soll. Da werden Bodenproben entnommen, und das Bild wechselt, so daß das Augenmerk nun auf die Qualität des Bodens gerichtet ist und nicht mehr auf die Freigiebigkeit und die Offenheit des Bauern und sein Korn.

Die Kirche hat immer viel Zeit darauf verwandt, den Glauben der Leute zu erkunden. Wenn die Verkündigung nicht anschlug, dann konnte man nicht meinen, daß dies am Wort lag, und deshalb mußte es ja an den Empfängern liegen. Hier liegt der Fehler, das war die natürliche Schlußfolgerung.

Deshalb ist das Gleichnis stets eine Provokation gewesen, denn der Bauer streut scheinbar sorglos sein Korn und hat so großes Zutrauen zu Keimfähigkeit des Korns, daß er nicht hinterher läuft und kontrolliert, ob nun auch etwas daraus wird.

Aber natürlich ist es richtig: Keineswegs wird immer etwas daraus. Wir hören nicht richtig auf das, was Gott mit uns will, so daß
wir Frucht bringen. Wir sind mit vielen anderen Dingen beschäftigt. In der Auslegung wird dies oft benannt: Oberflächlichkeit, Sorgen, direkte Widrigkeiten des Lebens und Trauer können bewirken, daß wir uns in uns selbst einschließen. Das erschwert es, daß das befreiende und bewegende Wort Gottes und anderer Menschen zu uns hindurchdringt.

Es klingt zwar hart, wenn man von vergeudetem und unfruchtbarem Leben spricht. Aber so ist es ja, wenn wir unser Leben in seinen verschiedenen Phasen betrachten.

Hier ist freilich wichtig, daß wir sehen, daß die Scheidelinie mitten durch das Leben des einzelnen Menschen geht und nicht zwischen Menschen.

Dennoch: Wir müssen glauben, daß das Leben eines Menschen niemals vergeudet ist – das besagen die Gleichnisse vom verlorenen Sohn, dem verlorenen Schaf und der verlorenen Münze. Deshalb ist das wichtigste an dem Bild dieses Gleichnisses hier, daß man sieht: Das Wort Gottes setzt sich durch trotz Widerständen und trotz all dem, was in der Welt mißlingt.

Wenn die Auslegung dieses Gleichnisses oft so sorgenvoll erscheint, mag das daran liegen, daß wir dem Worte Gottes Grenzen setzen, wenn wir mit unseren Meinungen und Ohren darüber kommen, was wachsen kann und was nicht wachsen kann.

Der Prophet Jesaja (Jes. 55,6-11, die alttestamentliche Lesung für diesen Sonntag nach der dänischen Ordnung) spricht stark und prophetisch von dem Wort des Herrn und seinem Willen, sich durchzusetzen … Das Wort Gottes und sein Wille sind also viel mehr als wir fassen können, zugleich aber ist das Wort Gottes uns auch nahe. Es ist eine Person, ein Mensch, der in der Zeit lebt. „Gezeugt im Herzen Gottes in alle Ewigkeit wird es in die Welt gesandt, um unter den Menschen zu leben und zu sterben“.

Dieser Zusammenhang wurde mir deutlich, als ich neulich eines der berühmten Bilder von Van Gogh vom Säemann sah. Der Säemann befindet sich an der linken Seite des Bildes, er geht auf einem Feld, das gepflügt ist – und sein Kopf ragt genau in eine leuchtende, fast blendende Sonne. An der rechten Seite des Bildes steht ein baum, der fast verdorrt ist. Die obersten Zweige reichen über das Bild hinaus. Aber einer, der dieses Bild neulich betrachtete, meinte, hier sei ein Kreuz angedeutet.

Ob dies nun der Fall ist oder nicht, so ist es dennoch natürlich hier in der Vorfastenzeit, das Bild vom Säemann mit dem Bild vom
Saatkorn zu vergleichen, wo Jesus sagt: Wenn das Korn nicht auf die Erde fällt und stirbt, bleibt es nur das eine Korn, aber wenn es stirbt, bringt es vielfältig Frucht.

Für mich ist dies das Geheimnis, von dem dieser Text redet: das Geheimnis des Saatkornes, wenn man so will, das Geheimnis des Wortes Gottes. So wie Christus nicht für sich lebte und sein Leben für das Leben dahingab, so wird das Wort Gottes auch in unserem Leben umgesetzt – so daß es gebraucht wird im Dienst des Lebens und der Hingabe und zu Leben für andere wird. Amen.


Pfarrer Hanne Sander
Prins Valdemarsvej 62
DK-2820 Gentofte
Tel.: 39 65 52 72
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