1. Petrus 1,18 – 19

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1. Petrus 1,18 – 19

 


Göttinger Predigten im Internet
hg.
von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch


3. Sonntag der
Passionszeit, Okuli

26.3.2000
1. Petrus 1,18 – 19


Rudolf Schmidt


Ihr wißt, daß ihr nicht mit
vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel
nach der Väter Weise, sondern mit dem teuren Blut Christi als eines
unschuldigen und unbefleckten Lammes. Er ist zuvor ausersehen, ehe der Welt
Grund gelegt wurde, aber offenbart am Ende der Zeiten um euretwillen, die ihr
durch ihn glaubt an Gott, der ihn auferweckt hat von den Toten und ihm die
Herrlichkeit gegeben, damit ihr Glauben und Hoffnung zu Gott habt.

Liebe Gemeinde!

Die älteren unter uns haben im Konfirmandenunterricht noch
Teile des Kleinen Katechismus Martin Luthers auswendig gelernt und so erinnern
Sie sich vielleicht noch an Luthers Auslegung zum 2. Artikel des
Glaubensbekenntnisses: „Ich glaube, daß Jesus Christus sei mein Herr,
……der mich verlorenen und verdammten Menschen erlöset hat, erworben,
gewonnen von allen Sünden….., nicht mit Gold oder Silber, sondern mit
seinem heiligen, teuren Blut und mit seinem unschuldigen Leiden und Sterben,
damit ich sein eigen sei…“. Mir scheint, es ist deutlich, wie Martin Luther
hier auf die Worte aus dem 1. Petrusbrief zurückgreift, Worte, die
Gemeinden in Kleinasien, der heutigen Türkei, am Ende des 1. Jahrhunderts
nach Christus geschrieben wurden. Petrus war schon lange tot, als dieser Brief
aus Rom wohl geschrieben wurde, aber der Schreiber nahm das Ansehen und die
Autorität des Petrus in Anspruch, um die Gemeinden in Kleinasein zu
ermutigen, – zu erinnern an das Werk Jesu Christi, zu ihrem und unserm Heil.

Als Christen wissen wir das, es ist uns nichts eigentlich Neues
und es ergeht uns damit wie etwas Altbekanntem, Selbstverständlichem. Eine
fast scherzhafte, kleine Erzählung macht das greifbarer: Ein Junge kommt
aus der Kirche und wird zu Hause gefragt, worüber der Pastor denn
gepredigt habe. „Über die Sünde!“ – und was hat er dazu gesagt ? „Er
war dagegen!“.

Darin waren sich der Junge, der Pastor und wir ja auch wohl einig.
Auch wir sind gegen die Sünde, jedenfalls jetzt, hier in der Kirche. Nur
zeigt ja auch unsere Erfahrung, daß es hinterher nicht anders geworden
ist: Unser Leben geht seinen gewohnten Gang weiter, – und es hat gar keine
Folgen, daß wir natürlich auch „dagegen“ sind. Wir kennen unsere
Laster wie da Rauchen z.B. und „sündigen“ im Café bei einem
Stück Sahnetorte. Doch wir nehmen gar nicht wahr, daß Sünde
noch etwas ganz anderes ist, weil sie unser Leben zerstört und in die
falsche Richtung bringt, weg von Gott.

So trägt es für unser Leben nicht viel aus, daß
auch wir -im Blick auf die Sünde – wie der zitierte Pastor in seiner
Predigt- „dagegen“ sind.

Darum ist es wichtig, daß es in diesen Versen aus dem 1.
Petrusbrief auch nicht darum geht, „dagegen“ zu sein. Vorher heißt es im
1. Petrusbrief, daß Gott uns wiedergeboren hat zu einer lebendigen
Hoffnung, – darum sollen wir alle unsere Hoffnung auf die Gnade Gottes setzen.
Die aber ist für uns greifbar, erfahrbar geworden in Jesus Christus. Er
ist Gottes Tat gegen die Sünde, deshalb sollen wir nicht auf unsere
Sünde schauen und „dagegen“ sein, sondern auf Jesus Christus, auf Gottes
Werk, das er in und mit Jesus für uns getan hat.

Natürlich geschieht es auch heute, in unserer Zeit, daß
einem Menschen aufgeht, wie er sein Leben verfehlt hat, wenn er merkt,
daß er nur an sich denkt und ihm sein Leben zerrinnt und sinnlos
vorkommt, alles so leer und inhaltlos erscheint. Darin kann sei seine Schuld
erkennen, sein Fern sein von Gott! Aber das ist nicht unbedingt der Anfang zum
Weg zu Gott. Es kann ihn auch immer weiter in die Verzweiflung führen,
wenn er nur auf sein Versagen schaut. „Ich fiel auch immer tiefer drein, es war
kein Guts am Leben mein, die Sünd hat mich besessen“, so beschreibt Martin
Luther diesen Zustand in seinem Lied: „Nun freut euch, lieben Christen gmein“.
Solch ein Mensch ist, wenn er sich über sich selbst klar wird,
natürlich auch „gegen“ seine Sünde, gegen sich und alles was sein
Leben prägt, – aber es hilft ihm dann nicht, solange er nur auf sich und
seinen Lebensweg schaut.

Entscheidend ist, und das gilt für uns alle, daß Gott
in Jesus Christus nicht nur „gegen“ die Sünde ist, sondern daß er
das Entscheidende dagegen getan hat und tut. Jesus hat sein Leben auch als
Kampf gegen die Sünde gelebt und vollendet, – aber: so entschieden er sich
gegen die Sünde gestellt hat, so entschieden hat er sich auf die Seite des
Sünders gestellt. Jesus stellte sich zu dem Menschen, der Sünde tut,
und mußte sich darum sagen lassen, er sei der Zöllner und
Sünder Geselle. Daß er bei diesen Menschen war, hat ihm
schließlich den Tod gebracht. Denn „gegen“ die Sünde waren seine
größten Widersacher und Gegner auch, die Pharisäer. Aber sie
sonderten sich vom den Menschen ab, die mit Gott im Konflikt lebten: „Ich danke
dir Gott, daß ich nicht bin wie dieser Zöllner: Ich faste zweimal in
der Woche und gebe den Zehnten von allem was ich habe!“, so lautete das Gebet
eines Pharisäers, das Jesus uns im „Gleichnis vom Pharisäer und
Zöllner“ erzählt hat. Gerade diese Trennung hat Jesus nicht
vollzogen. Wenn er sich aber so zu den Sündern, den Zöllner und
Ehebrechern stellt, – wer wollte ihm dann glauben, daß mit ihm das Reich
Gottes zu den Menschen gekommen sei?

Hier liegt der eigentliche Grund, daß die Menschen damals
Jesus von sich stießen. Wenn er mit aller Härte das Gesetzt
verkündigt hätte, hätten sie ihn so ertragen wie die
Pharisäer ja auch. Und einen Wundertäter und Heilbringer hätte
man damals wie heute ganz gerne in Anspruch genommen.

Aber daß Jesus sich gegen die Sünde, aber zu dem
Sünder stellte, das konnte man damals nicht annehmen, – und jeder, der es
mit seinem Glauben ernst meint, und mit der Notwendigkeit der Umkehr vom
falschen Leben, – der hat heute auch seine Probleme mit Jesus. Wenn es in
unserem Predigttext heißt: „Ihr seid mit dem teuren Blut Christi
erlöst, “ so ist an das Kreuz auf Golgatha gedacht. Da ist Jesus
gestorben, ausgeblutet, – da gab er sein Leben hin, weil er bis zum bitteren
Ende beim Menschen ausgeharrt hatte, beim Sünder , bei uns, auch wenn sich
dieser Mensch an Jesus selbst vergriff.

Das Bildwort vom Lamm erinnert zugleich an den alten Ritus des
Opfers: das makellose Opfertier wurde an Stelle des Menschen getötet, der
eigentlich den Tod verdient hätte. Dies Bild will uns etwas verdeutlichen,
was wir heute noch verstehen und begreifen können: Jesu ist für uns
eingetreten, hat bei uns ausgehalten, bis hin zu seinem Tod am Kreuz auf
Golgatha.

So wie seine Verkündigung nicht etwas von uns fordert und in
Anspruch nehmen will, sondern uns, unser ganzes Leben zu Gott ruft, so hat er
nicht etwas von sich hingegeben, sondern sich selbst Gott ausgeliefert.

Weil Jesus bis in seinen Tod sich nicht von Gott abgewandt hatte ,
sondern die Liebe und das Vertrauen zu Gott auch in seinem schrecklichen
Sterben durchgehalten hat, darum hat er die Macht und Gewalt der Sünde in
seinem Tod überwunden und uns so freigemacht und erlöst. Darum
gehören wir nun zu Gott mit unserem ganzen, so verfehlten Leben. Das ist
das letzte Ziel, der letzte Sinn des Leben und Sterbens Jesu.

Ist diese Wahrheit aber in unserem Leben auszumachen, wird sie
auch bei uns wahr?

Unsere Erfahrung zeigt doch immer von neuem, daß wir selbst
nicht Herr über unser verfehltes Leben, über die unsere Sünde
sind. Zu meinem Großvater sagte einmal ein Bauer in der Bibelstunde, als
es um das Pauluswort ging, daß der alte Adam in uns täglich
ersäufet werde durch Reue und Buße: „Ja, Herr Pastor, aber das Biest
kann schwimmen!“ Also so einfach geht das nicht mit dem Töten der
Sünde. Es reicht nicht hin, daß wir uns einmal klar machen, wie es
ist mit unserem Leben: wir können uns wohl einen Ruck geben, einen
moralischen Rippenstoß, – und etwas tun, was wir vielleicht sonst lieber
verdrängt hätten: ein Gespräch mit dem vergrätzten
Nachbarn, oder einen vergessenen Geburtstagsbesuch doch noch nachholen, – und
was dergleichen „Gute Taten“ noch sind. Aber unser Leben ändern, bis in
seine Tiefen, wo wir das Getrennt sein von Gott erst richtig wahrnehmen, – das
können wir von uns aus nicht, und wir wollen da ja auch gar nicht. Doch
wenn wir das schon nicht von uns aus schaffen, – wie kann das dann Jesus
Christus, – warum sind wir durch ihn erlöst aus allen unseren Sünden
?

Mir scheint, dem können wir uns nicht so nähern,
daß feststellen: das war damals so und das gilt heute auch noch! Sondern
diese Wahrheit will immer neu ergriffen und in unserem Leben so wahr werden,
daß wir auf Gott hin heute unser Leben ausrichten, heute ihn unseren
Herrn sein lassen. In Martin Luthers Kleinem Katechismus, auf den ich zu Beginn
hinwies, heißt es ja: „Auf daß ich sein Eigen sei und ihm diene…“

Das ist im Gespräch mit Gott, im Gespräch mit Jesus
immer neu anzunehmen und zu leben. Jesus, Gott, spricht uns an in seinem Wort,
in der Predigt, – auch heute und in diesem Gottesdienst: er will nicht nur
unsere Gedanken ergreifen, sondern uns selbst. Auch heute stellt er sich zu dem
sündigen, an sich selbst verfallenen Menschen, zu uns, – auch heute will
er daß wir sein Eigen seien! Das ist für uns deswegen schwer, weil
wir ja im Grunde immer unsere eigenen Herren sein wollen, – und damit
herrenlos, haltlos.

Und doch: Wir brauchen nur ja zu sagen, Ja, Herr! Denn damit sagen
wir Ja zu Jesus Christus als auch unserem Herrn, dem auch unser Leben
gehört. Und dann gilt auch für uns, daß Jesus uns herausgeholt
hat, erlöst , gelöst aus unserem verkehrten Wandel nach der
Väter Weise, wie es im 1. Petrusbrief heißt. Denn wen Gott erkennen
läßt, durch sein Evangelium, daß Jesus Christus auch für
uns gelebt hat und gestorben ist, für den ist die Sünde keine sein
Leben bestimmende Macht mehr. Diese Wahrheit ist immer neu zu ergreifen, so
daß wir uns und unser Leben an Jesus Christus ausliefern mit dem
Bekenntnis: Ja, Herr.

Jeden Tag gilt es dann, daraus die Folgen zu ziehen, im Lichte des
Evangeliums so zu leben und das zu tun, was dem Leben, der Liebe und dem
Frieden dient. Denn darum ist Jesus Christus gestorben, daß wir für
unser Leben Glauben und Hoffnung haben. Darum gilt uns Allen diese
tröstliche Ermahnung :wißt, daß ihr nicht mit
vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel
nach der Väter Weise, – sondern mit dem teuren Blut Christi.

Das gilt auch uns .Amen.

Zum Gottesdienstablauf:

Eingangslied : EG 165,
1 7 8 : Gott ist gegenwärtig

Eingangspsalm: Psalm 34,
18-20.23
Epistel : 1. Korinther 1, 18 -125
Wochenlied: EG
82, 1 – 6 : Wenn meine Sünd mich kränken
Evangelium :
Lukas 9, 57 – 62
Lied vor der Predigt : 96 : Du schöner
Lebensbaum des Paradieses
Lied nach der Predigt : EG 94, 1-5 Das
Kreuz ist aufgerichtet
Kollektenlied : EG 93,1-4 : Nun gehören
unsre Herzen

Rudolf Schmidt
Pastor an St.
Marien
Rosdorfer Weg 6
37073 Göttingen 14.3.2000
Tel. 0551 /
72617
Fax: 0551 /541901


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