An Misstrauische und …

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An Misstrauische und …

An Misstrauische und vermessen Mutige: Alles gibt sich – dank Gottes guter Gabe! | 1.Sonntag n. Epiphanias, 10.1.2021 | Predigt zu Römer 12,1-8 verfasst von Markus Kreis |

Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. 2 Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. 3 Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich’s gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens. 4 Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, 5 so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied. 6 Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Hat jemand prophetische Rede, so übe er sie dem Glauben gemäß. 7 Hat jemand ein Amt, so versehe er dies Amt. Ist jemand Lehrer, so lehre er. 8 Hat jemand die Gabe, zu ermahnen und zu trösten, so ermahne und tröste er. Wer gibt, gebe mit lauterem Sinn. Wer leitet, tue es mit Eifer. Wer Barmherzigkeit übt, tue es mit Freude.

Alles und jedem misstrauen. Das meinen viele zu den Querdenkern. Und die spielen den Ball einfach zurück. Für Mutmaßende gilt das gleiche. Zuwenig Mut, das kriegen Mediziner, Politiker und Sensible zu hören. Zu viel Mut die Leute, die die Coronaregeln nach ihrem Ermessen auslegen. Wo liegt die Wirklichkeit, die Wahrheit? Das richtige Maß? Der richtige Grenzwert? Da gibt es keine Norm. Da helfen weder DIN noch VDE.

Alles wird richtig gut. Geduld ist angesagt. Zumindest, wenn man mehr verstehen will.

Sich opfern, das ist uns bekannt. Im Sinn von Verzichten mit Mehrwert. Oft auch mit persönlichem Mehrwert. Sich opfern, weil das mir oder anderen etwas bringt. Das wird heute gerne auch mal rum gezeigt. Die Schönheit und der Verzicht auf Beschäftigung mit anderem als dem Aussehen. Der berufliche Erfolg und der Verzicht darauf, Kontrolle abzugeben. Geistige Überlegenheit und der Verzicht, zu zweifeln oder Neues auszumachen.

Hat Paulus etwa das gemeint? Opfern ist o.k.! Hauptsache, man opfert einen Teil des eigenen Lebens? Und macht nicht andere zum Opfer? Paulus schließt das nicht direkt aus. Mit vernünftigem Gottesdienst und Opfer, da meint er was Neues.

Und dazu muss klar sein, wie er Gottes Dienst versteht. Nicht so, wie man das üblicherweise hört. Als das, was Menschen im Gottesdienst für Gott machen. Sondern umgekehrt. Was Gott für Menschen macht. Gottes Dienst an uns.

Paulus sagt: In seinem Dienst an uns – da will und gibt Gott nur das allerbeste von sich. Er gibt uns von seinem Leben. Ohne dass zuvor wir ihm etwas geben müssen.

Etwas bekommen, ohne vorher etwas geben zu müssen – das ist uns zwar nicht neu. Aber irgendwie doch fremd. Kein Wunder. Wenn ein Kind für sein Leben von seinen Eltern alles bekommt, dann kriegt es das nicht richtig mit. Das ist so früh in seinem Leben, das geht wieder unter. Vielleicht bleibt etwas davon unbewusst. Und von Großspendern kriegt man später auch eher selten was ab.

Von alleine und ohne vorige Gegenleistung. Gott gibt uns von seinem Leben. Seines lässt er in unser begrenztes Leben. Das steht für ihn an erster Stelle. Das kommt bei ihm vor allem anderen. Dieser Entschluss Gottes, das ist das, was wir an Weihnachten feiern.

Gott kommt seinem Entschluss nach. Setzt ihn in die Tat um. Einmalig. Am Karfreitag. Kommt mit seinem Leben. Lässt es in unser begrenztes Leben. Beendet seine alten Grenzen.

Gott setzt seinen Entschluss um. Und sein Tun gelingt ihm. Einmalig. An Ostern gefeiert. Überlässt uns sein Leben und beendet damit alte Grenzen unseres Lebens. Gibt ihm neue. Erweitert den Spielraum.

Nicht nur einmalig. Sondern auch ein für alle Mal. Auf ewig. Immer wieder. Gott steht zu seiner Gabe an uns. Das wird an Himmelfahrt gefeiert. Gott überlässt uns sein Leben. Beendet damit die alten Grenzen unseres Lebens. Gibt uns Neue. Erweitert den Spielraum. Schafft immer wieder einen Neustart für uns. So versteht Paulus Gottes Dienst an uns.

Gott gibt sich. Er begibt sich in Misstrauen und vermessenen Mut der Menschen. Setzt sich dem aus. Lässt das über sich ergehen. Und beendet alles geduldig. Richtet neues ein. Gewinnt dadurch Spielraum. Und für uns einen neuen Start.

Die Menschen haben daran teil. An Gottes Passivität und Überlassen. Am Beenden und Spielraum erweitern. Drängen hebt sich auf in Geduld. Misstrauen und Irrtum wird wandelt sich in neues Verständnis. Vermessener Mut und Versagen in neues Selbstvertrauen. Das ist das Neue, das wir im Sinn haben sollen. Paulus denkt an diesen guten Dienst Gottes. Den setzt er voraus, wenn er von unserem vernünftigen Gottesdienst redet.

Gottes Überlassen, beenden, neu einrichten und Spielraum ausdehnen ist vollkommen. Gott hat nichts anderes im Sinn. Das gilt nicht nur für ihn, auch für uns: Es umfasst alles, was lebt. Sogar für Glaubenslose gilt das. Alles Leben dient Gottes Tun. Jeder Mensch ist eingeschlossen. Alles Leben steht in Gottes Dienst. Jetzt wieder verstanden wie sonst üblich. Mit allem, was sie tun, dienen Menschen Gott. All inclusive.

Mit dem Privatleben und dem öffentlichem. Mit dem im Beruf und mit dem in der Freizeit. Mit dem im Gehirn und mit dem im Körper. Alles Leben, jeglicher Alltag ist Gottesdienst.

Schön zu sehen ist das an den Talenten, die Paulus nennt. Bei denen spielen Verständnis und Selbstvertrauen eine große Rolle. Da ist nichts dabei, was nur mit Glauben zu tun hat. Und es geht immer darum, jemandem etwas zu überlassen, ihm geduldig einen Neustart zu ermöglichen. Ein Amt versehen, lehren, ermahnen, leiten, spenden. Diese Aufgaben gibt es nicht allein in Kirche und Glaubensdingen. Na gut, die prophetische Rede, zugegeben. Andererseits ist klar: Unsere Welt strotzt geradezu von Vorhersagen. Prognosen. Aktien. Visionen. Utopien. Mit manchen wird richtig Geld verdient. Selbst wenn sich später die Messwerte als falsche Mutmaßung erweisen.

Paulus hat geahnt, wie die Welt Christen ansieht. Die werden begutachtet: Misstrauische, Versager, vermessen Mutige – die bekommen neues Selbstvertrauen und neues Verständnis, einfach so! Was steckt dahinter? Predigen die Wasser, aber trinken Wein? Vorne hui, hinten pfui? Weiß ihre linke Hand, was die rechte tut? Tun die gutes und denken sich dabei böses aus? Der Neustart, den Gott uns überlässt – der macht die Leute gern mal misstrauisch.

Paulus kommt dem entgegen und sagt: Egal, ob im normalen Leben oder in der Kirche – wenn einer mit Gottes Zutun was macht, dann mache er es richtig! Mit dem richtigen Maß. Schieße nicht übers Ziel hinaus. Fange nicht schwach an und lass dann noch stark nach.

Ja, was ist das gute Maß? Wie lautet der richtige Grenzwert? Wenn Gottes Leben auf Endliches trifft – wer kann das wissen? Da kann es zu Problemen kommen. Menschen neigen zum Übertreiben. Oder zum Gegenteil. Zum Überbremsen. Paulus nennt Grenzen, die er für maßgeblich hält:

Ein Amt ausüben – ohne die Leute zu tyrannisieren, die dessen Leistung benötigen. Leistung von Mitmenschen kritisch würdigen, also das Gute und das Schlechte daran sehen und nennen – ohne die Leute nur nieder zu machen. Lehren ohne Besserwisserei. Gutes Tun, ohne damit hinters Licht zu führen, ohne es als Alibi für Übles zu nutzen. Sorgfältig organisieren ohne zu schlampen. Nur dann Leuten vergeben, wenn man es wirklich will. Nicht, weil es cooler wirkt. Oder man dann vor anderen besser dasteht. Da arbeitet die Rache nur im verborgen weiter. Oder die Angst, erneut Opfer zu werden.

Das ist vernünftiger Gottesdienst im Alltag. Alles andere nährt Misstrauen und vermessenen Mut der Leute. Das hat gut geklappt. In wenig Zeit ist aus der jüdischen Sekte eine Weltreligion geworden.

Ja, was ist das gute Maß? Wie lautet der richtige Grenzwert? Die Frage bleibt aktuell. Grenzwerte können sich ändern. Was einmal gegolten hat, gilt auf einmal nicht mehr. Nichts ist da unverrückbar. Vor 40 Jahren haben Tattoos noch als bedenklich gegolten. Heute regt das kaum jemand ernsthaft auf. Wer sich gerne in Szene setzt, der kann damit Geld verdienen. Und wer sich zu schnell schämt, kriegt mal eher Probleme. Gefühlswechsel: Vom Stolz zum Kontrollerfolg.

Heute muss man als Chef mehr überzeugen als anweisen. Das bekommen Politiker und Wissenschaftler jetzt zu spüren. Früher wurde Autorität weniger hinterfragt. Das Maß ist voll! Zuvor eine mehr oder weniger akzeptierte Anweisung. Heute traut dem Satz kaum noch einer. Selbst viele Chefs und Wissenschaftler nicht. Vielleicht ist der Grenzwert abhandengekommen. Und es gilt, einen guten, neuen zu finden.

Ja, was ist das gute Maß? Wie lautet der richtige Grenzwert? Was ist Übermut? Was ist überängstlich? Was ist berechtigter Zweifel? Was angemessenes Misstrauen? Was gilt mit Grund als Irrtum? Und was gilt mit Grund als wirklich wahr?

Gottes Dienst an uns gibt das Maß. Da gibt und überlässt er uns die richtigen Grenzwerte. Da findet sich das wahrhaft Wirkliche für Irrende und Misstrauische, für vermessen Mutige und Versager: Im Spielraum von Gottes Dienst ergibt sich in uns neues Verständnis und neues Selbstvertrauen. Und das in einem richtig guten Maß. Der jeweiligen Wirklichkeit angemessen.

Das Virus wirkt. Das bestreiten selbst Querdenker nicht. Nur dass es existiert. Für sie existiert es nur in unserer Reaktion auf seine vermeintliche Existenz. Aber es existiert wirklich für sich. Und es wirkt – so weitgehend wie zurzeit bekannt. Man weiß schließlich noch nicht alles über die Regeln und Grenzwerte, denen das Virus unterliegt. Das ist die neue Realität. Wer die nicht richtig erkennt, der irrt sich. Der riskiert, von der neuen Realität überrollt zu werden.

Angesichts der neuen Lage heißt das: Gott überlässt uns von seinem Leben. Zu guter und angemessener Verfügung. Damit wir die alten Grenzen unseres Lebens aufheben. Neue einrichten und Spielraum gewinnen. Für einen guten neuen Grenzwert. Für das, was für uns maßgeblich ist. Und dazu gehört jeder. Keine Gruppe fällt von vornherein raus. Nicht die, die eventuell bald an etwas anderem gestorben wären. Des Menschen Geschöpfeswürde achten, das bedeutet jetzt: einen neuen Grenzwert für Kosten. Einen neuen Grenzwert für Gewinn. Wenn dieser alte steigt und der andere Grenzwert neu sinkt – bei Gott gibt es mit diesen neuen Grenzen steigenden Mehrwert. Den neuen Anfang.

Keine Gruppe fällt raus. Auch nicht die Jüngeren. Denen fehlen jetzt manche Reize beim Wachsen. Gute, aber gewiss auch einige weniger Gute. Die Jüngeren lernen in der neuen Lage neues Gutes. Denen wächst neues Verständnis zu. Die verstehen die Welt besser. Und verstehen sich selbst angemessen darin. Schätzen die Chancen besser, die sie haben. Und die gegebenen Grenzen besser ein. Die Risiken und Gefahren, die ihnen entgegenstehen. Neues angemessenes Selbstvertrauen. Bei Gott gibt es mit neuen Grenzwerten einen steigenden Mehrwert. Den neuen Anfang.

Denn das gefällt ihm wohl. Alles gibt sich – dank Gottes guter Gabe! Amen.

Markus Kreis, Weinheim, markus-kreis@t-online.de,

OStR für EvR an der W.v.Siemens Berufsschule, Mannheim

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