Beständig im Wandel: Geheimabkommen

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Beständig im Wandel: Geheimabkommen

Predigt zu Joh.17,20-26 |verfasst von Markus Kreis

Joh.17,20 Jesus spricht: Ich bitte aber nicht allein für sie, sondern auch für die, die durch ihr Wort an mich glauben werden, 21 dass sie alle eins seien. Wie du, Vater, in mir bist und ich in dir, so sollen auch sie in uns sein, auf dass die Welt glaube, dass du mich gesandt hast. 22 Und ich habe ihnen die Herrlichkeit gegeben, die du mir gegeben hast, auf dass sie eins seien, wie wir eins sind, 23 ich in ihnen und du in mir, auf dass sie vollkommen eins seien und die Welt erkenne, dass du mich gesandt hast und sie liebst, wie du mich liebst. 24 Vater, ich will, dass, wo ich bin, auch die bei mir seien, die du mir gegeben hast, damit sie meine Herrlichkeit sehen, die du mir gegeben hast; denn du hast mich geliebt, ehe die Welt gegründet war. 25 Gerechter Vater, die Welt kennt dich nicht; ich aber kenne dich, und diese haben erkannt, dass du mich gesandt hast. 26 Und ich habe ihnen deinen Namen kundgetan und werde ihn kundtun, damit die Liebe, mit der du mich liebst, in ihnen sei und ich in ihnen.

Beständig im Wandel. Seine Leute sollen alle eins sein. Das macht Jesus im stillen Kreis der Jünger mit Gottvater aus. Wie ein Geheimabkommen. Dabei ist es gar nicht geheim. Nachzulesen ist es in der Bibel. Und die ist das am weitesten verbreitete Buch der Welt. Der Text wird im Gottesdienst öffentlich verhandelt – so wie hier und heute. Hunderte von Jahren schon.

 

Ein Geheimabkommen, dessen Text öffentlich ist. So was ist nichts für Leute, die geheime Absprachen wittern, stets und überall. Der Johannestext taugt nicht zur Verschwörungstheorie. Er erscheint geheim, das ja. Das liegt aber daran, dass sich die Welt nicht so recht dafür interessiert. Oder dass die Sprache des Textes so seltsam klingt.

 

Geschrieben hat den Text einer aus der Johannesgemeinde damals. Ein Ohrenzeuge. Und in was für einer Sprache! Für einige vielleicht eine Art Geheimsprache. Kauderwelsch ist es nicht. Dazu steckt stückweise zu viel Sinn drin. Aber gedreht und verschwiemelt klingt es. Schwer verständlich. Nur für Leute vom Fach. Oder solche, die sich von Texten mit sieben Siegeln angezogen fühlen.

 

Andererseits kann man hier entgegen halten: Manchmal entsteht Bindung auch, ohne sich sprachlich zu verstehen. Exotik kann attraktiv wirken. „Je ne parle pas francais, aber bitte red´ weiter…“ , so der Refrain eines Liebesliedes aus jüngerer Zeit.

Ich muss hier mal für Verständnis werben. Der Ohrenzeuge, der sich an das Wort Jesu erinnert. Der steht vor einer schwierigen Aufgabe. Er will sagen, was ihn da gepackt hat. Er will etwas über sein Erleben Jesu mitteilen. Über das große Ganze. Wie sich das alles ausgeht. Aus dem Nähkästchen plaudern. Wahrlich, wahrlich ich sage Euch: Das macht man nicht mal einfach so. Selbst als Jesu Jünger nicht.

Das Gute bei all dem ist: Der Text kommt trotzdem an. Knapp 2000 Jahre bereits. Die Sätze des Ohrenzeugen kommen rüber. Mal mehr, mal weniger. Das hängt von dem ab, was gerade in ist.

Der Text steht und besteht jedenfalls. Abgesehen davon: Zeigt sich in vielen heutigen christlichen Texten nicht Ähnliches? Zumindest für die Ohren der Welt? Andererseits: Werden gefällige Texte der Sache überhaupt gerecht? Hochglanzsprache dem Kreuz Jesu?

Was heißt das nun: Beständigkeit im Wandel? Klingt ein bisschen nach dem Satz: Stillstand ist Rückschritt. Gerne verbreitet in der Wirtschaft. Nur agile Unternehmen werden überleben. Die den Wandel erkennen. Und sich selber wandeln, wenn es nötig ist. Wenn die Welt sich wandelt, ist Stillstand Rückschritt.

Was die Pandemie angeht, ist Stillstand jedenfalls ein Fortschritt und kein Rückschritt. Zumindest, wenn man als Mensch lebt und nicht als Coronavirus. Will sagen: Stillstand kann also gut sein und ist nicht von vorne herein schlecht. Genauso wie Wandel schlecht sein kann und nicht von vorne herein gut.

Und was nun wann der Fall ist? Darüber lässt sich trefflich streiten! Was macht eine neue Nachfrage am Markt gut? Was macht eine neue Nachfrage am Markt schlecht? Was ein macht neues Angebot dort gut? Oder schlecht? Wie wird der Streit ausgehen? Mit einhelliger Meinung? Wenn ja, wird diese Meinung dem echten Leben lange standhalten?

Jetzt wird es kompliziert. Umso mehr, wenn man bedenkt, dass Altes nicht automatisch gut ist. Wie es sich z.B. am Wort Altlasten zeigt. Was ist nun wann der Fall? Eine Meinung habe ich vielleicht. Aber eine Antwort? Und selbst wenn. Sehen wir nur die Mediziner zur Zeit an. Die Virologen, die Infektiologen, die Epidemiologen, die Hygieniker. Selbst deren Erkenntnisse stehen oder fallen mit dem Fortschritt des Wissens.

In allem Wandel und Wechsel steht ein unumstößlich Gutes. Gott ist in Vater und Sohn nicht willkürlich, sondern beständig. Beide sind sich einig. Jesus hat es mit Gottvater ausgehandelt. Genauer gesagt: Jesus bittet Gottvater. Und Bitten passt mit Aushandeln zusammen. Was dem Sohn eine Bitte ist, macht der Vater sich zum Befehl. So ist das mit der Liebe zwischen den beiden. So werden sie einander gerecht. So sind sie einander verbunden. Obgleich jeder seinen eigenen Kopf hat.

 

Eine Sache, die auf Erden erstaunlich anmutet. Da ist das eher anders ´rum geläufig. Der Vater befiehlt. Und der Sohn sagt: bitte nicht! Konflikte zwischen Vätern und Söhnen allerorten. Zwei Dickköpfe, die aneinander krachen.

 

Die Bibel zeigt: Im Himmel geht’s anders herum zu als auf Erden. Zum Beispiel im Gleichnis vom verlorenen Sohn. Auch in der Bergpredigt, wo Jesus vom Beten spricht. So eng sind Gottvater und Jesus. So lieb und gerecht zueinander. Der eine bittet, der andere horcht und gehorcht. Die zwei sind sich einig.

Dazu kommt: Jesus ist auch mit seinen Leuten einig. Nicht nur mit denen, die ihm damals gerade zuhörten. Seinen Jüngern vor Ort. Sondern auch mit jenen, welche neu hinzukommen, wenn Jesus in die Himmel aufgefahren ist. Das gilt bis heute und weiterhin. Im Wechsel der Zeiten. Also in jeder Zukunft wird Jesus einig mit seinen Leuten. Das heißt für die Kirche Beständigkeit im Wandel.

Das öffentliche Geheimabkommen beinhaltet also, dass es stets Abkömmlinge der Jünger geben wird. Gottvater und Jesus werden immer neue Leute finden, mit denen sie einig werden. Selbst wenn Jesus im Himmel weilt. Und so soll das passieren, sich ereignen: Allein dank der Texte Jesu. Die mit Augen und Ohren gehört und gelesen werden, mit Hand und Mund erzählt und geschrieben. Und alles mit Herz und Hirn.

 

Sehr seltsam. Ein echt geheimnisvolles Abkommen. Dass sich immer neue Leute einstellen, ihm zusprechen.  Durch bloße Kommunikation. Wie in einem Märchen, in dem ein Topf immer Brei liefert. Kaum zu glauben. Die Kirche leidet doch unter Bedeutungsverlust.

 

Dieser Wechsel ist im öffentlichen Geheimabkommen eingepreist. Abkommen, das heißt ja auch: den rechten Weg verlieren. Verirren, sich irren. Da denkt der Gläubige gern an die Welt und ihre Abkömmlinge. Die von Gott abgekommen sind. Und sich im Abseits Gottes unabkömmlich fühlen. Von ihm nichts hören oder sehen wollen.

 

Ja, das stimmt. Aber genauso stimmt: Abkommen, das kann Jesu Abkömmlingen selbst passieren: Verirren, sich irren. Sogar so, ohne dass sie es merken. Im Geheimen eben. Sie sind mit Gottvater und Jesus uneins. Obwohl sie glauben: „Zwischen Gott und mich, da passt nichts dazwischen. So eng sind wir miteinander.“ So ein Irrtum. Weiß der Kuckuck, woher so was kommt. Vielleicht durch ein geheimes Geheimabkommen einer dritten Partei?

 

Wie dem auch sei! Die geheime Abkunft der Leute Jesu wirkt dagegen. Ein Wunder göttlichen Schaffens und Redens! Abkömmlinge finden sich immer wieder ein. Vielleicht erhört ein verirrter Schafbock doch seinen Irrtum. Und wandelt sich mit und in der Zeit. Wird vom abgekommenen Abkömmling zu einem, der wieder folgt. In der richtigen Spur landet. Vielleicht hören und kommen einfach Neue im Wandel ihrer Zeit hinzu. Aus dem Abseits derer, die von Gott nichts hören und sehen wollen.

 

Darüber sind sich Gottvater und Jesus einig geworden. Darüber sind Jesus und die Johannesjünger einig geworden. Darüber werden sich Jesus und seine Leute zu jeder Zeit einig. Das öffentliche Geheimabkommen gewinnt Zuspruch im Wandel der Zeiten. Es wird immer Abkömmlinge geben, die sich bei ihm einfinden.

 

Das gilt gerade dann, wenn es in der Welt anders aussieht. Denn einerseits kommen Jesu Leute von ihrem eigenen Abkommen und Irren wieder ab, ohne es zu merken. Fühlen sich verirrt, obwohl sie längst wieder dazu gehören. Andererseits wandeln sich Menschen. Auch die im Abseits. Die sich dort für unabkömmlich halten. Und finden Jesu öffentliches Geheimabkommen plötzlich ganz abkömmlich. Will sagen: bedeutsam und der Folge wert. Und wechseln. Aus ihrem Abseits zu Jesu Leuten. Wunder des göttlichen Redens und Schaffens. Amen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

de_DEDeutsch