2. Korinther 1, 18-22

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2. Korinther 1, 18-22

 


Göttinger Predigten im Internet
hg.
von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch


4.
Advent

19. Dezember 1999
2. Korinther 1, 18-22


Beate Bachmann


Überlegungen zur Predigt

Liebe Gemeinde,

haben Sie heute morgen beim Anblick der vierten brennenden
Adventskerze auch gedacht: Oh, das ist aber schnell gegangen? In einer Woche
ist der Heiligabend schon vorbei.

Die Adventszeit als Vorbereitungszeit, als Wartezeit auf
Weihnachten, war nun doch sehr kurz. Nun ist die Zeit der Vorfreude auf das
Weihnachtsfest bald zu Ende. Dann ist das Fest der Freude selbst da. In dieser
Zeit entstehen nicht nur bei den Kindern und Jugendlichen viele Erwartungen.
Auch wir haben große Erwartungen an das Fest. Wir hoffen auf Frieden in
der Welt und unseren Familien. Wir hoffen auf Freude beim Weihnachtsfest. Wir
hoffen auf schöne, besinnliche Stunden. Wir hoffen, daß das
Weihnachtsfest auch in unser Leben ausstrahlt. Daß die Weihnachtsfreude
auch in unserem Alltag leuchtet. Aber gibt es einen Grund dafür, daß
die Weihnachtsfreude auf Dauer anhalten kann?

Darauf gibt uns der heutige Predigttext versteckt, aber sehr
bestimmt Antwort. Ich lese darum zunächst die Worte aus dem 1. Kapitel des
2. Korintherbriefes.

1,18 Gott aber ist treu [und bürgt dafür],
daß unser Wort an euch nicht Ja und Nein [zugleich] ist. 1,19 denn
der Sohn Gottes, Christus Jesus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist,
durch mich und Silvanus und Timotheus, war nicht Ja und Nein, sondern in ihm
ist ein Ja geschehen. 1,20 Denn so viele Verheißungen Gottes es
gibt, in ihm ist das Ja, deshalb auch durch ihn das Amen, Gott zur Ehre durch
uns. 1,21 Der uns aber mit euch befestigt in Christus und uns gesalbt
hat, ist Gott, 1,22 der uns auch versiegelt und das Unterpfand des
Geistes in unsere Herzen gegeben hat. Gelobt sei, der da kommt im Namen des
Herrn. (nach der Elberfelder Bibel)

Der Predigttext spricht davon, daß unsere Rede eindeutig
sein soll. Wir sollen nicht zugleich Ja und Nein sagen. Das fällt uns
Menschen oft sehr schwer. Nicht immer können wir uns klar entscheiden.
Dafür kennt jeder von uns genügend Beispiele. (Konkrete Beispiele
für die jeweilige Gemeinde aufzählen). Oft wollen wir uns nicht
entscheiden. Wir sagen zuerst ja. Dann merken wir, daß es uns so doch
nicht recht ist uns sagen nein. Wir können uns einfach nicht entscheiden.
Gleichgültig, ob wir ja oder nein sagen: Es ist oft eigentlich ein
„Vielleicht“, ein „Jein“. Aber gerade das lehnt der
Predigttext ab. Er fordert von uns, daß wir uns klar entscheiden sollen.
Wir sollen deutlich ja oder nein sagen. Ohne daß aus unserem ja
später noch ein nein wird. Wir sollen es uns vorher überlegen. Aber
natürlich weiß auch Paulus, der Briefverfasser, daß er uns
Menschen damit überfordert.

Als Menschen können wir uns nicht so sicher eindeutig,
dauerhaft und voraussetzungslos festlegen. Anders ist es dagegen bei Gott.
Unser Predigttext sagt deutlich, daß Gott sich gegenüber uns
Menschen festgelegt hat. Er hat Ja gesagt: eindeutig, bedingungslos,
unumkehrbar. Dieses Ja gilt.

Jetzt denken Sie vielleicht: Was ist daran so neu? Das wissen wir
doch schon längst. Das ist doch die Botschaft, die uns das ganze Jahr
zugesprochen wird. Gott vergibt uns unsere Sünde. Er sagt Ja zu uns. Wo
ist da das Besondere?

Aber es ist eben nicht selbstverständlich, daß Gott Ja
zu uns sagt. Wir sind doch nicht die idealen Menschen, die immer nach Gottes
Willen leben. Wenn er in allem mit uns einverstanden sein könnte, dann
wäre die Aussage wirklich überflüssig. Aber so ist es doch
gerade nicht. Wir handeln doch immer wieder gewollt oder ungewollt gegen Gottes
Willen. Wir kehren uns von ihm ab, werden zu Sündern. Dennoch sagt Gott Ja
zu uns. Das ist das Besondere!

Damit ist aber nicht zu verwechseln, daß Gott Ja zu der
Sünde sagen könnte. Nein, die lehnt er ab! Aber uns nimmt er dennoch
an, uns liebt er dennoch. Er wendet sich uns zu und steht zu seinem Ja zu uns.

Aber warum ist das überhaupt wichtig für uns? Spielt
diese Zusage Gottes in unserem Leben denn überhaupt eine Rolle?

Stellen wir uns einmal ein Kind oder einen Konfirmanden vor, die
zur Schule gehen. Dort werden von ihnen höchste Leistungen gefordert.
Immer wieder. Tag für Tag. Gerade jetzt in der Adventszeit häufen
sich die Klassenarbeiten. Drei Stück in einer Woche sind keine Seltenheit.
Und in jedem Fach erwarten alle Beteiligten, die Lehrer, Eltern und auch die
Schüler selbst, höchste Leistungen von dem Schüler.

Vor den Mitschülern ist dann auch derjenige anerkannt, der
ohne großen Lernaufwand mithalten kann, der gut ist. Von den Lehrern
werden die guten Schüler gelobt. Auch die Eltern freuen sich nur über
eine gute Leistung.

Aber was ist, wenn ein Schüler die nicht erbringen kann?
Seine Anerkennung von seiten seiner Lehrer, Eltern und Mitschüler sinkt.
Mit einem Verlierer oder – wie es in der Jugendsprache heißt – mit einem
loser, nein, damit will niemand etwas zu tun haben. Nur die Leistung zählt
in unserer Gesellschaft, vor den Mitmenschen.

Ganz anders ist das bei Gott. Gott sagt Ja zu uns,
gleichgültig welche Leistung wir erbringen. Das soll jetzt natürlich
nicht heißen, daß wir uns hängenlassen sollen, aber die
Wertmaßstäbe verkehren sich. Bei Gott zählt nicht mehr nur der
Leistungsstärkste, der Beste. Gott sagt zu uns allen Ja. Dabei ist unsere
Leistung eben nicht der Maßstab. Gott sagt auch dann Ja zu uns, wenn wir
seinen Anforderungen nicht genügen. Er sagt auch dann bedingungslos Ja zu
uns! Auch dann, wenn wir sündigen und uns von ihm abwenden. Sein Ja gilt
uns dauerhaft! Er nimmt es nicht zurück. Nachdem er einmal Ja zu uns
gesagt hat, gilt das. Bei Gott ist es eben nicht so wie bei uns Menschen. Heute
so, morgen anders. Gottes Ja gilt wirklich. Für immer, unser ganzes Leben
lang.

Ist das kein Grund zu wahrer, tiefer Freude? Wir müssen nicht
mehr befürchten, daß sich Gott enttäuscht abwendet. Wir
können uns auf ihn verlassen. Das hat aber auch Folgen für unser
Leben. Wir können nun ganz anders leben. Wir müssen nicht mehr nach
Anerkennung vor unseren Mitmenschen um jeden Preis kämpfen. Gottes
Anerkennung und Zuwendung gibt uns viel mehr als das, was wir vor Menschen
immer wieder aufs neue erwerben müssen. Hier merken wir dann schon, wie
weit die Wirkung von Gottes Ja in uns ist.

Gottes Zusage gilt auch in Krisenzeiten. Wenn es uns schlecht
geht: finanziell, gesundheitlich, persönlich. Dann wenden sich viele von
uns ab. Sie denken: Jemand der nicht mithalten kann, nutzt uns nichts. Was
sollen wir mit ihm anfangen? Der schließt sich aus. Der ist bei unserem
Spaß nicht dabei. Mit so jemandem wollen wir nichts zu tun haben.
Irgendwann, früher oder später, sagen dann viele: Nein, mit dir
wollen und können wir nichts mehr zu tun haben.

Gott hingegen sagt auch dann noch Ja zu uns. für ihn sind
alle Menschen wichtig, aber vielleicht sind gerade die Schwachen besonders
wichtig. Dazu fällt ihnen vielleicht auch gerade das bekannte Wort Jesu
ein: Die Gesunden bedürfen des Arztes nicht. Das ist Gottes Devise. Sein
Ja gilt auch, vielleicht sogar gerade, denen, die sich in einer Krise befinden.
Auch ihnen sagt er seine Zuwendung zu.

Das gilt auch für die Menschen, die sich in einer ganz
besonderen Art von Krise befinden, die vielen von uns vielleicht ganz fern ist.
Für einen großen Teil von Christen ist sie allerdings Alltag. Ich
spreche von der Verfolgung der Christen.

Wenn Menschen um ihres Glaubens willen verfolgt werden, dann kann
das eine ganz besondere Lebenskrise auslösen. Aber diese Menschen
können uns auch ganz besonders von ihrer Erfahrung von Gottes Ja zu ihnen
erzählen. Sie wurden von ihren Mitmenschen wegen ihres christlichen
Glaubens verlacht, zu Außenseitern. Im schlimmsten Fall wurden sie nicht
nur seelisch verfolgt, sondern auch körperlich. Nur weil sie Christen
sind. Das paßt anderen nicht in ihr Konzept. Sie werden um ihres Glaubens
willen abgelehnt. Ihre Mitmenschen sagen Nein zu ihnen.

Gerade diesen Menschen hilft jedoch die Gewißheit um Gottes
eindeutiges Ja. Dann gilt es, sich daran zu erinnern, was Gott zugesagt hat.
Gerade dann, wenn es so scheint, als sei Gott ganz fern. Denn nur im Vertrauen
auf Gottes Ja kann man diese Situation aushalten.

Wenn sich dann eines Tages die Machtverhältnisse umkehren,
wenn die alten Kader ihre Macht verlieren, dann wird deutlich, was wir vorher
nur glauben, nur hoffen konnten: Gott hat sich nicht von uns abgewandt. Sein Ja
gilt uns, noch immer. Dann wird auch nach außen sichtbar, daß
Gottes Ja beständig ist. Daß Gott sich nicht abgewendet hatte, auch
wenn es vielen so schien.

Wenn wir ganz allgemein Gottes Zuwendung spüren, dann hat es
auch noch an einer ganz anderen Stelle Auswirkungen in unserem Leben. Aus dem
Gefühl heraus, von Gott angenommen zu sein, sein Ja zu uns zu hören,
erwächst unsere Fähigkeit, auch zu unseren Fehlern zu stehen.

Gott sagt Ja zu uns, trotz aller Sünde. Das eröffnet uns
eine neue Freiheit; nicht nur gegenüber Gott. Wenn wir als Sünder mit
unseren Fehlern von Gott angenommen sind, dann können wir erst recht mit
unseren kleinen oder größeren menschlichen Fehlern und
Schwächen vor unseren Mitmenschen bestehen. Welcher Mensch hat denn das
Recht, über uns zu urteilen und zu richten? Das steht allein Gott zu. Wenn
Gott zwar sein Urteil über uns spricht, aber dennoch eindeutig Ja zu uns
sagt, dann können Urteile von Menschen uns nicht mehr treffen. Gottes
eindeutiges Ja genügt. Es uns tragen, Mut machen, helfen.

Wichtig für uns ist jedoch, daß dieses Ja zu uns auch
dann bestehen bleibt, wenn wir uns abwenden, wenn wir Nein sagen. Diese Zeiten
der Prüfung und Anfechtung gehören mit zu unserem Leben dazu. Auch
dann gilt uns Gottes Ja weiterhin. Bildlich gesprochen: Gott läßt
such dann, wenn wir seine Hand nicht ergreifen, seinen Arm dennoch
ausgestreckt. Wir können jederzeit seine Hand wieder ergreifen. Sein Ja zu
uns gilt eben. Unumkehrbar, dauerhaft, eindeutig.

Wieso können wir aber so sicher über dieses Ja sein? Wie
kann ich diese Zuwendung, Zusage Gottes spüren? Wann gibt er sie mir?

Gott hat uns seine Zuwendung in vielen biblischen Texten zugesagt.
Bekannt sind z.B. die Worte: „Siehe ich bin bei euch alle Tage bis an der
Welt Ende.“ Diese Worte sprechen jedoch nicht ausdrücklich von Gottes
Ja zu uns. Sie sind Teil des Taufauftrages Jesu, wie er bei Matthäus
überliefert ist und wir ihn schon in vielen Gottesdiensten in diesem Jahr
gehört haben.

Wenn wir bei der Taufe in den Namen Gottes, des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes getauft werden, dann nimmt Gott uns als seine
Kinder an. Wir erhalten einen neuen Namen.

Wir sind jetzt nicht mehr irgendwer, sondern Gottes Kinder, sein
Eigentum. Wir erhalten das Eigentumszeichen Gottes. Gott hat Ja zu uns gesagt.
In der Taufe spricht er uns dieses Ja zu, jedem einzelnen ganz persönlich.
Damit legt sich Gott fest. Er kann jetzt seine Zusage an uns nicht mehr
zurücknehmen. Er hat sich festgelegt, Ja zu uns zu sagen. Auch wenn wir
Dummheiten begehen. Auch wenn wir uns von ihm abwenden. Er steht auch dann
immer noch zu seinem Ja zu uns.

Dieses Ja Gottes aus der Taufe ist kein Jein oder ein Vielleicht.
Es ist ein eindeutiges Ja. Es gilt uns ganz eindeutig uns macht Gottes
Zuwendung nicht von weiteren Bedingungen abhängig. Gottes Ja gilt auch
dann, wenn wir in Sünde leben. Gott weiß um unser Problem. Er wendet
sich dennoch nicht von uns ab. Er bleibt sich selbst und uns treu. Das gilt uns
allen, gleichgültig, in welcher Situation. Das gilt auch allen
zweifelnden, fragenden, kritischen Menschen. Gottes Ja gilt. Seine
Gültigkeit hängt nicht an unserer Zustimmung.

Natürlich ist es schön, wenn wir in dieses Ja Gottes
einstimmen können. Aber es ist eben nicht die Bedingung.

Auf Gottes Ja mit einem Amen, was so viel heißt wie:
„So sei es“, zu antworten, können die meisten von uns in der
Taufe nicht. Die Taufe geschieht mit uns. Oft können wir uns nicht einmal
mehr daran erinnern. Aber: Dieses Ja Gottes können wir selbst
bestätigen. Bei unserer Konfirmation. Da können wir selbst
entscheiden, ob wir Ja zu Gott und seinem Angebot sagen oder ob wir das nicht
wollen. Aber auch wenn wir Gottes Ja aus der Taufe ablehnen, gilt es dennoch
weiterhin. Denn Gott hat sein Ja zu uns gesagt: eindeutig, unumkehrbar,
bedingungslos.

Amen

Überlegungen zu einer Predigt über 2. Kor. 1, 18-22 am
4. Sonntag im Advent:

Die Predigt ist für eine Stadtrandgemeinde in einer
Kleinstadt Kurhessens mit gutem Gottesdienstbesuch geschrieben. Am Gottesdienst
nimmt eine bedeutende Anzahl Konfirmanden und Spätaussiedler aus den
ehemaligen GUS-Staaten teil. Dementsprechend ist eine einfache und klare
Sprache zu wählen. Sie muß eine gesprochene, leicht nachvollziehbare
Sprache sein, ohne die Vollständigkeit der Sätze
übermäßig zu betonen.

Die exegetischen Überlegungen haben sich
schwerpunktmäßig auf eine Verknüpfung zwischen Predigttext und
Kasus konzentriert, um nicht wie Herr Dantine beides zu trennen (vgl. GPM 1981,
S. 21-27).

Der Text spricht von der eindeutigen, bedingungslosen,
unumkehrbaren Zusage Gottes zu uns Menschen in Jesus Christus. Er ist die
Erfüllung der alttestamentlichen Verheißung des Messias. Da Gott
gezeigt hat, daß er seine Verheißung erfüllt, können wir
auch auf sein weiteres Ja vertrauen. Wir können glauben, daß er die
eschatologische Verheißung der Wiederkunft Christi erfüllen wird.

Die Predigt hat das Ziel, Evangelium zu verkünden und einen
Lebensbezug herzustellen. Die Predigthörer sollen dort abgeholt werden, wo
sie jetzt stehen und mit einem greifbaren Gedanken den Gottesdienst verlassen.
Entsprechend können nicht alle im Text enthaltenen Aspekte
berücksichtigt werden., sondern es muß eine Konzentration auf den
Skopus des Textes erfolgen.

Vikarin Beate Bachmann, Am Weißenstein 27, 37269 Eschwege,
Tel. 05651 – 95 17 95


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