Matthäus 16

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Matthäus 16

„Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesem Felsen will
ich bauen meine Gemeinde, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.
Ich will dir des Himmelreichs Schlüssel geben, und alles, as du
auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und was du
auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel los sein“.

Jesus nennt Petrus einen Felsen. Das ist ein Wortspiel. Denn der Name
Petrus bedeutet „Felsen“. Das ist der Name, den Jesus dem Fischer
Simon gegeben hat, als er ihn seinen Jünger nannte. Das wird vom
Evangelisten Johannes erzählt. Jesus sagt also in Wirklichkeit:
Ich habe dich Felsen genannt. Du heißt Felsen. Und du bist ein
Felsen.

Was Jesus sagt, sind starke Worte. Er gebraucht ein sehr starkes Bild.
Jesus entnimmt das Bild aus den Schriften des alten Bundes, die sowohl
die Jünger als auch er selbst seit ihrer Kindheit kennen. Und dort
wird das Bild immer von Gott gebraucht. Der Felsen, das ist das Starke
und Feste und Unerschütterliche. Das kann nur Gott selbst sein.

„Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner,
und ist kein Fels, wie unser Gott ist“. So heißt es im Lobgesang
der Hanna im ersten Buch Samuel (2,2) Das ist ein Grundtext im alten
Israel. „Sei mir ein starker Hort, zu dem ich immer fliehen kann,
der du zugesagt hast, mir zu helfen, denn du bist mein Fels und meine
Burg“, so lautet das Gebet des Psalmisten (Ps. 71,3), und der Prophet
Jesaja ermahnt: „Verlaßt euch auf den Herrn immerdar; denn
Gott der Herr ist ein Fels ewiglich“ (26,4).

Aber Jesus will sicher auch, daß wir an einen bestimmten Felsen
denken, der für Israel von großer Bedeutung war. Er will,
daß wir an den Tempelberg in Jerusalem denken, den Berg Zion, den
Fels Zions. Auf diesem Berg und diesem Fels hat Gott seine Wohnung gebaut.
Auf diesem Felsgrund ruht der Tempel Israels. Der Berg Zions: Das ist
die Wohnung Gottes. Das ist der Mittelpunkt der Welt. Dort sollen sich
alle Völker versammeln.

Jesus sagt zu Peter und den anderen Jüngern, daß sie der
neue Felsgrund sein sollen. Sie sollen von nun an der Grund für
die Gegenwart Gottes in der Welt sein. Sie sollen der Ort sein, wo die
Kraft Gottes und der Geist Gottes von nun an wirken sollen. Sie sollen
sein wie ein neuer Tempel für das neue Gottesvolk.

Sie sollen der unerschütterliche und feste Mittelpunkt mitten
in der Veränderlichkeit und Vergänglichkeit der Welt sein.
Sie sollen der Mittelpunkt der Welt sein. Sie sollen alle Menschen sammeln.
In ihrer Gemeinschaft, in ihren Gedanken und Worten, in ihrem Leben soll
es nur Frieden und Versöhnung mit Gott und Frieden und Versöhnung
zwischen Menschen geben.

Wie kann Jesus denn das zu diesen schwachen Menschen sagen? Sie sind
ihm gefolgt, und sie haben ihn gehört, aber vieles haben sie nicht
begriffen. Und sie sind genau so unbeständig wie alle anderen Menschen.

Es zeigt sich gerade in diesem Gespräch in Cäsarea Philippi,
daß Petrus gar nicht verstanden hat, worauf das alles hinausläuft
– und wenn Peter das nicht verstanden hat, dann die anderen sicher auch
nicht.

Jesus sagt sein Leiden voraus, seinen Tod und seine Auferstehung. Und
sofort sagt Petrus entsetzt, daß das um alles in der Welt nicht
geschehn darf. Und nun wird er ein Satan genannt! Und er bekommt geradeheraus
zu wissen, daß er nicht will, was Gott will, sondern was Menschen
wollen.

Das ist ein unglaublich harter Lernprozeß, in den Petrus und
die anderen Jünger von Jesus geführt werden.

Sie werden zu etwas phantastisch Großem ernannt. Sie erhalten
eine unglaubliche Aufgabe. Sie erhalten die geistliche Macht über
die Welt bis hin zum Ende der Welt: „Was du auf Erden binden wirst,
soll auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst,
soll auch im Himmel los sein“.

Aber ihnen wird auch gesagt, daß diese Ernennung voraussetzt,
daß der Grund völlig geräumt werden muß. Der Mensch,
der vor ihnen steht, muß zerstört und aus dem Wege geräumt
werden. Und sie werden selbst ihr Leben verlieren – in jedem Sinne dieses
Wortes.

Sie werden direkt mit Kreuz und Auferstehung konfrontiert. Ihnen wird
nichts anderes angeboten als eben dies: Kreuz und Auferstehung!

Da kann nichts übrigbleiben von ihm. Der kann nichts übrigbleiben
von ihnen. Es kann nichts mehr geben, was ihr Wille oder ihre Träume
und ihre Bedürfnisse heißt. Alles muß sterben, damit
das Leben siegen kann. Alles muß zugrunde gehen, damit die Herrlichkeit
hervortreten kann. Alles muß weichen, damit Gott die Macht und
die ganze Macht übernehmen kann.

Und nur so können sie Fundament werden. Nur so können sie
Kirche werden. „Wer sein Leben findet, der wird’s verlieren; und
wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird’s finden“ (Matth.
10,39). Das ist der Grundsatz des Christenlebens. Du bekommst alles.
Aber du mußt auch alles geben. Alles wirst du verlieren. Du wirst
auch dich selbst verlieren. Aber dann hast du auch Teil am Leben Gottes
selbst. Weder mehr oder weniger.

Sind wir dazu bereit? Sind wir wirklich bereit, Gottes Kirche auf Erden
zu sein?

So gesehen ist das ja nicht etwas, wozu wir von uns selbst aus bereit
drin können. Jesus sagt zu Petrus, daß sein Bekenntnis nicht
von ihm selbst stammen kann „Du bist Christus, des lebendigen Gottes
Sohn“. Das kann Petrus nicht von sich aus sagen. Das kann er nur
sagen, weil Gott selbst ihn dazu gebracht hat, das zu sehen.

Und wir können auch nicht aus uns selbst unser Kreuz auf uns nehmen
und Jesus folgen. Das können wir nur, weil er uns überwindet
und in wunderbarer Weise zu sich zieht. Das können wir nur, weil
er mitten unter uns kommt und mitten unter uns ist.

Alles ist von Anfang bis Ende Gottes Werk in und durch Christus Jesus.
Wir können nur Fels sein, weil der Felsgrund gelegt ist. Da ist
ein „Stein, den die Bauleute verworfen haben, der ist zum Eckstein
geworden“ (Matt. 21,42).

Ist dann alles gut? Können wir dann zuversichtlich Kirche sein
– in all unserer Unzulänglichkeit? Ja und nein!

Ja – weil wirklich nicht alles von uns abhängt. Ja – weil Gott
Gott ist. Ja – weil Gott selbst seine Wahrheit in den Menschen aufkommen
läßt. Ja – weil Gott der Gott aller Menschen ist und in und
durch alle Menschen wirkt. Ja – weil Gott nicht anders kann als das zu
vollenden, was er einmal begonnen hat.

Aber nein – weil Gott nicht Gott sein kann für uns, ohne daß wir
uns ihm zuwenden. Gott ist ja nicht ein Gott für Roboter. Wir sind
keine gedankenlosen und willenlosen Mechanismen. Wir sind Menschen. Und
Gott verlangt von uns, daß wir uns ihm zuwenden. Da kann kein Gespräch
sein, ohne daß da jemand ist, der antwortet. Da kann keine Liebe
sein ohne Gegenliebe.

Nur Gott kann die Welt erlösen, und nur Gott kann die Kirche am
Leben erhalten und sie dazu gebrauchen, das Heil zu bringen. Aber wird
sind es noch immer, die Kirche sind, und unser Leben ist der Schauplatz
des Heils. Anders kann es nicht sein. Der Grund der Welt und der Grund
der Kirche sind ein Verhältnis, ein Verhältnis zwischen Gott
und uns.

Und wir sind weit weggekommen von Gott. Alles, was in unserem Kulturkreis
gedacht und gesagt ist in den letzten drei- vierhundert Jahren, ist mehr
oder weniger umsonst. Es ist nicht nichts. Es ist nicht gleichgültig.
Da sind große und notwendige Gedanken gedacht – in erster Linie
große Gedanken von Freiheit und Menschenwürde. Es sind große
und wichtige Taten vollbracht worden. Viel Großes ist geschaffen
worden. Weder wollen noch können darauf verzichten – wenn wir ehrlich
sind.

Und doch ist in gewisser Weise alles umsonst. Denn die Perspektive
war nicht göttlich. Und wir bleiben zurück mit einem leeren
Himmel und leeren Herzen. Die Leere hat uns ergriffen. Die Leere ist
in unser Innerstes vorgedrungen. Die Leere bedroht selbst das Heiligste
und Seligste, das wir kennen. Die Leere droht uns die Fülle und
die Seligkeit zu nehmen.

Man möchte hier gerne einen modernen großen Autor aus dem
Norden zitieren, der schon vor Jahrzehnten sagte: „Es gibt nur die
Lust des Fleisches und die unerbittliche Einsamkeit der Seele“.
Das war eines der Worte, die gleichsam zu einem Slogan des modernen Menschen
wurden.

Und Menschen jagen nach Sinn und Lebenserfüllung. Aber sie finden
sie nicht. Oder sie finden sie nur zwischenzeitlich. Was sie finden,
hält nicht. Denn der Felsgrund ist verschwunden.

Und wir machen die Kirche zu Kultur und Freizeitbeschäftigung.
Wir passen sie unseren Bedürfnissen an. Und wir verlieren uns in Äußerlichkeiten
und Nebensächlichkeiten. Wir klammern uns an Traditionen. Wir halten
fest an Trennungslinien zwischen Kirchen.

Und worum geht es dann in Wirklichkeit? Es geht um Bekehrung. Und wohlgemerkt
eine Bekehrung, mit der wir nicht fertig werden. Es geht darum, daß wir
uns immer wieder Gott zuwenden und alles in seine Hände legen. Und
Jesu Wort mit offenen Sinn und offenem Herzen hören.

Es geht darum, daß wir uns auf alles besinnen, was uns jeden
Tag gegeben wird. Uns auf die unfaßbare Größe Gottes
besinnen. Uns auf die Herrlichkeit besinnen, die uns gegeben ist, und
auf die Herrlichkeit, die auf uns wartet. Es geht darum, daß wir
uns selbst prüfen und uns mit Gott versöhnen und mit einander.

Es geht darum, daß das Gebet der Grundrhytmus in unserem Leben
von Tag zu Tag wird, nicht Gebet mit vielen Worten, sondern nur dies,
daß wir alle die heiligen Namen nennen und uns in die richtige
Richtung wenden und dem Licht entgegensehen und uns der Lebensquelle öffnen
und dem Geist, der weht, wo er will.

„Seid allezeit fröhlich, betet ohne Unterlaß, seid
dankbar in allen Dingen!“ (1. Thess. 5,16). Warum sagt Paulus das
wohl? Das ist die älteste christliche Ermahnung, die wir aus dem ältesten
Brief des Paulus haben, den wir kennen. Er sagt dies natürlich,
weil er weiß das es wichtig ist. Er weiß, daß es lebenswichtig
ist. Er sagt es, weil er es meint!

Betet ohne Unterlaß! Ja, denn dann geht es nicht um uns. Dann
ist das Zentrum woanders. Dann kann Gott in uns und mit uns wirken. Dann
können wir Felsgrund sein. Dann können wir Gottes Kirche in
der Welt sein. Und dann können die Tore der Hölle keine Macht über
uns gewinnen. Amen.

 

Pfarrer Jan Ulrik Dyrkjøb
Knud Hjortsøvej
DK-3500 Værløse
Tel.: ++ 45 – 44 48 06 04
e-mail: jukd@vaerloesesogn.dk

 

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