Deuteronomium 6, 4-9

Deuteronomium 6, 4-9

 

Göttinger

Predigten im Internet

hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch


1. Sonntag nach Trinitatis,
2. Juni 2002
Predigt über 5. Mose 6, 4-9, verfaßt von Armin Kraft

 

Ich höre auf IHN!

Wer bestimmt eigentlich unser Leben? Woher kommen unsere Lebenskräfte?
Wir haben gesungen: “ Der Herr ist noch und immer nicht von seinem
Volk geschieden; er bleibet ihre Zuversicht, ihr Segen, Heil und Frieden
mit Mutterhänden leitet er die Seinen stetig hin und her. Gebt unserm
Gott die Ehre.“ (EG 326, Vers 5) „Gebt unserm Gott die Ehre,
hört auf ihn.“ So heißt es auch schon im 5. Mose-Buch.
Das Hören, das Hinhören ist wichtig. Mit dem Hinhören sind
wir zunächst bei den Naturgesetzen. Bestimmte Töne lösen
in unseren Ohren entsprechende Gesetzmäßigkeiten aus. Das ist
lebenswichtig. Der Prozess der Evolution ist von großer Intelligenz
geprägt. Der Schöpfer gibt uns Geschöpfen damit Anteil
an seiner Intelligenz.

„Höre, Israel!“ Das Volk des Alten Testaments wird an
wichtige große Stationen erinnert: Abraham, das Volk Israel in Höhen
und Tiefen, die Sehnsüchte, die Hoffnungen auf den Messias, die Gebote,
die Übertretungen, die Vergebungen. Wenn wir darauf hören, werden
wir aufmerksam. Wir merken, dass Gott in unserm Leben wirken oder auch
vergessen werden kann. „Höre, Israel, der Herr ist unser Gott,
der Herr allein,“ der großartige Schöpfer kann überhört
werden. Das Gottesvolk wird hingewiesen auf viele „Erhellungen“.
Immer wieder ist es hell geworden trotz unverständlicher Glaubenslosigkeiten.
Dieses Hellwerden gibt es im einzelnen Leben aber auch in vielen Beziehungen.
„Du sollst deinen Gott lieb haben von ganzen Herzen, von ganzer Seele
und aller deiner Kraft.“ Du sollst auch deinen Kindern weitersagen,
was dein Leben bestimmt. Gott macht so manche Beziehung in unserm Leben
hell. Jeder von uns wird an Liebeserfahrungen denken. Wenn sie wirklich
tief gehen, sind sie kein Zufall, sondern sie sind fällig, von Gott
aus gewirkt. Höre mal wieder in dich hinein. Wer hat dich zum Glauben
gebracht? Die Gemeinschaft, die Gemeinde, die Beziehungen werden in den
meisten Fällen nicht von uns selbst gestiftet, sondern sie gehen
zurück auf einen Stifter. Gott wirkt in Prozessen, in Erfahrungen,
in Entfaltungen.

Was alles hat sich in Ihrem und meinem Leben durch seine Kraft entfaltet!
Wir haben in unserer Kindheit Prägendes vernommen. Unsere Vernunft
ist ebenso gewachsen wie unsere Gefühle. Und immer wieder kam der
Geist des Herrn dazu, um uns mit Neuem zu beschenken. Dieses sollen wir
zu Herzen nehmen. Damit sind auch viele persönliche Erlebnisse verbunden.
Ich denke an unsere Schutzengel, an Staunenswertes und auch an Erschütterung
im Leben. Meistens erkennen wir ja erst hinterher, dass Gott uns durch
seine Engel behütet, geprüft oder auch bewahrt hat. Höre
auf diese Kräfte, die Gott in dir wirksam werden lässt. Du sollst
sie deinen Kindern einschärfen und davon reden. „Ja, wenn du
in deinem Hause sitzt oder unterwegs bist, wenn du dich niederlegst oder
aufstehst.“ Es geht also auch um die Weitergabe unseres Glaubens
im Alltag, in der Schule, in der Freizeit.

Wohin ziehen wir unsere Kinder? Denn das ist ja das Thema der Erziehung.
Wir ziehen unsere Kinder, Enkelkinder, Patenkinder hoffentlich zu guten
Zeichen Gottes. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Zeichen und Symbole
dabei immer wichtiger werden. Wenn ich mit Kindern oder Enkeln in eine
Kirche gehe, wenn ich besondere Kunstwerke mit ihnen betrachte, dann kann
die Würde und der Wert einen menschlichen Lebens dadurch deutlich
gemacht werden. Die unterschiedlichen Glaubensaussagen bringen Kinder
zum Staunen und Nachdenken. Viele Ereignisse in der Geschichte zeigen,
dass Gott eingreift. Auch die Fülle von Leiden sind in diesem Zusammenhang
zu sehen. Gott schickt uns einen Stellvertreter, damit wir entlastet weiterleben
können. Wir haben einen Stellvertreter, der an unserer Statt trägt
und erträgt, der Gottesknecht im Alten Testament, der Christus im
Neuen.

Erziehung hat mit Ziehen zu tun, mit Zeichen, mit Merkzeichen. Kinder
achten sehr darauf, wie wir Erwachsenen uns verhalten. Sie machen vieles
nach. Falten wir die Hände, damit nichts dazwischen kommt vor dem
Essen, vor dem Schlafengehen? Das Gebet gibt uns die Möglichkeit,
mit dem zu reden, der uns heute als Partner will. Wie das Gebet so ist
das Bekenntnis. Wenn ich bekenne, dass Gott mich führt und trägt,
wenn ich bekenne, dass ich den Stellvertreter und Wegweiser Jesus Christus
brauche, wenn ich bekenne, dass die Vernunft zuwenig vernimmt, dass ich
Gottes Geist nötig habe, dann merke ich, wer in meinem Leben wirkt.
Ich höre auf den Herrn. Und wenn ich mit meiner eigenen Sprache und
meinem eigenen Denken in Glaubensdingen Schwierigkeiten habe, dann kann
ich in den Psalmen oder im Gesangbuch Hilfen erfahren. „So nimm denn
meine Hände und führe mich, bis an mein selig Ende und ewiglich….
wenn ich auch gleich nichts fühle von deiner Macht, du führst
mich doch zum Ziele auch durch die Nacht.“ Oder „von wunderbaren
Mächten wunderbar geborgen, – Ja, es gibt ein Ziel für mich-
erfahren wir getrost was kommen mag. Gott ist mit uns am Abend und am
Morgen und ganz gewiss an jedem neuen Tag.“ Ganz gewiss gibt es diese
Macht, die das machen kann! Ich höre auf Erfahrungen gläubiger
und glaubwürdiger Mitmenschen. Damit ist etwas von der Gottes Ebenbildlichkeit
ausgedrückt. Menschen sind wie Gott kreativ, Menschen sind von Gott
dazu ausersehen, mit ihm zu sprechen – oder auch mit ihm zu schweigen.
Das wird immer wieder passieren, gerade auch im Leiden. Höre! Höre
auf die Worte des Lebens, nimm die Zeichen wahr, auch die Schönheit,
ja auch die Kunstgeschichte bringt uns auf Glaubenswege. Das ist nötig,
Kindern in Museen die Kunstwerke unserer Geschichte nahe zu bringen. Auch
hier können sie Gottes Nähe erfahren und erleben. Kunst und
Beten helfen z. B. gegen die Angst. Was gibt uns die Kraft zum Leben?
Peter Wust antwortet: „Die Ungewissheit im Streben nach Sinn und
Glück muss im vertrauenden Wagnis auf Gottes Güte überwunden
werden.“ Es gibt in der heutigen Zeit viele Zweifler und Ungewissheiten,
aber es gibt auch die Gebetszeiten, es gibt das Kirchenjahr. Sie sind
wie Pfeiler im Strom des Ungewissen. Wie werde ich Zweifel und Sorgen
los? Indem ich sie mit anderen teile, zuletzt mit Gott.

Was trägt mich? Erfahrungen, Texte, Lieder aus dem Gesangbuch. Ich
füge noch die Freundschaften hinzu. Sie bestimmen unser Leben mit.
Auch sie werden gefügt vom Schöpfer, Erlöser und Geist.
So wird Abraham ein Freund Gottes genannt. Wer ist Ihr Freund/Freundin?
Von wem können Sie laut denken ohne gleich verurteilt zu werden?
Durch wen kehren Sie um zum Dank? Höre! Du bist eine unvergängliche
Person. Gott hat etwas Großes mit dir vor. Auch heute. Er kann dich
aus Verstrickungen und Depressionen herausholen, heilen, in ein neues
Leben hinein nehmen. Höre! Der Schöpfer, der dich gewollt hat,
ist derselbe, der dir mit Christus den Erlöser schickt, der dich
löst von Ängsten und Trostlosigkeiten. In seinem Heiligen Geist
bewirkt er Neues, damit du lieben kannst. Du bist in die Dienstgemeinschaft
des Gottesvolkes gerufen.

Höre! Dazu brauchst du dich gar nicht anzustrengen. Des Lebens Ruf
erreicht dich, jetzt: Er ist unser Gott, er allein.

Propst Armin Kraft, Braunschweig
E-Mail c/o s.bluhm@propstei-braunschweig.de

 

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