Eine Art Sommerpredigt

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Eine Art Sommerpredigt

Predigt zum 26. Juli 2020 | Lukas 4, 1-13 | Dekan Uland Spahlinger |

 

Jesu Versuchung

Lukas 4

1 Jesus aber, voll Heiligen Geistes, kam zurück vom Jordan und wurde vom Geist in die Wüste geführt

2 und vierzig Tage lang von dem Teufel versucht. Und er aß nichts in diesen Tagen, und als sie ein Ende hatten, hungerte ihn.

3 Der Teufel aber sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so sprich zu diesem Stein, dass er Brot werde.

4 Und Jesus antwortete ihm: Es steht geschrieben (5.Mose 8,3): »Der Mensch lebt nicht allein vom Brot.«

5 Und der Teufel führte ihn hoch hinauf und zeigte ihm alle Reiche der Welt in einem Augenblick

6 und sprach zu ihm: Alle diese Macht will ich dir geben und ihre Herrlichkeit; denn sie ist mir übergeben und ich gebe sie, wem ich will.

7 Wenn du mich nun anbetest, so soll sie ganz dein sein.

8 Jesus antwortete ihm und sprach: Es steht geschrieben (5.Mose 6,13): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, anbeten und ihm allein dienen.«

9 Und er führte ihn nach Jerusalem und stellte ihn auf die Zinne des Tempels und sprach zu ihm: Bist du Gottes Sohn, so wirf dich von hier hinunter;

10 denn es steht geschrieben (Psalm 91,11-12): »Er wird seinen Engeln deinetwegen befehlen, dass sie dich bewahren.

11 Und sie werden dich auf den Händen tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stößt.«

12 Jesus antwortete und sprach zu ihm: Es ist gesagt (5.Mose 6,16): »Du sollst den Herrn, deinen Gott, nicht versuchen.«

13 Und als der Teufel alle Versuchungen vollendet hatte, wich er von ihm eine Zeit lang.

 

Liebe Gemeinde,

 

„Der Teufel hat den Schnaps gemacht
Um uns zu verderben.
Ich hör‘ schon
Wie der Teufel lacht
Wenn wir am Schnaps einmal sterben“ [i].

 

Kennen Sie das noch? Das war der Kehrvers eines Schlagers von Udo Jürgens – 70er Jahre, würde ich sagen. Udo Jürgens spielt hier mit der populären Vorstellung: der Teufel ist ein Jemand, der irgendwo außerhalb unser selbst sein Unwesen treibt. Er macht etwas – hier den Schnaps. Und er hat ein Ziel – uns zu verderben, zu verführen, wegzuziehen von einem Pfad der Tugend und der Moral. So ähnlich finden wir das manchmal in Comics, im Märchen, im Schauspiel – der Mephisto in Goethes Faust, dort sogar als Gegner Gottes auf Augenhöhe – oder in der Oper – der Samiel im „Freischütz“. Und, und, und…. Hörner, Schwanz und Pferdefuß – die Lust am Untergang des harmlosen Guten. Seiner List kann man entweder mit einem reinen Gemüt oder mit Gegenlist begegnen.

 

Das Pfiffige daran ist dies: der Teufel wird immer als eine Figur außerhalb von uns selbst dargestellt – wir sind also die Opfer. Die Gelockten und Verführten. Und damit eigentlich nicht selber schuld. Zumindest wird die Verstrickung des Menschen in die Schuld aufgeweicht; es war ja der Teufel. Auf dieses Weise lässt sich dann Gut gegen Böse, Moral gegen Verkommenheit prima abgrenzen. Die Schuld liegt beim Teufel. Und du bist aus dem Schneider – denn es ist ja, um mit Udo Jürgens zu sprechen, der Teufel, der den Schnaps gemacht hat. Und weil du denkst, du seist aus dem Schneider – gewinnt er, der Teufel. Denn wer macht den Schnaps in Wirklichkeit? Und wer trinkt ihn? Es ist wirklich ein hinterlistiges Spiel.

 

Unsere biblische Geschichte scheint dieses einfache Denkmuster auf den ersten Blick zu bestätigen. Aber wirklich nur auf den ersten. Schauen wir also genauer hin.

Jesus ist in der Wüste, vom Heiligen Geist geführt, also vom Geist Gottes, der nach der Erzählung des Lukas bei der Taufe „leibhaftig“ auf ihn gekommen war. Lukas legt als Meister der Erzählung viel Wert auf plastische Erzählelemente. Und so stellt er Jesus in der Wüste den Teufel als eine Art Dauerbelagerer gegenüber – 40 Tage habe er ihn versucht. Jesus hält dem stand und fastet.

 

Wüste: der Ort der Entbehrung und des Rückzugs. Mehr als nur eine karge und bizarre Landschaft. In der Wüste erlebst du unmittelbar, wie der Lebensfaden sehr schnell sehr dünn werden kann, wenn Wasser und Nahrung fehlen, wenn tagsüber große Hitze und nachts schlimme Kälte dir zu Leibe rücken. In der Wüste wirst du auf dich selbst zurückgeworfen – weshalb immer und immer wieder Menschen zur Selbsterfahrung und zur Gottesbegegnung in die Wüste gingen. So auch Jesus.

 

Die 40 Tage: Sie sind natürlich eine Anspielung auf die 40 Jahre, die das Volk Israel durch die Wüste zog nach der Befreiung aus der ägyptischen Sklaverei, nach dem Hochmut des goldenen Kalbs und dem Fall in die Verzögerung des versprochenen gelobten Landes – eben die 40 Jahre. Die Zeit in der Wüste ist eine Zeit, in der du in Versuchung geraten kannst.

 

Und dann das Fasten: Jesus fastet, aber ganz gewiss nicht um abzunehmen. Es geht nicht darum, eine Sünde gegen die Kalorientabelle auszumerzen. Jesus fastet – er übt Verzicht – um sich konzentrieren zu können auf die Situation und auf seine Verbindung zu Gott.

 

Der Evangelist übergeht aber auch nicht die Folgen. Nach den 40 Tagen des Fastens und der Auseinandersetzung hat Jesus Hunger. Ganz elementar und nachvollziehbar. Und das ist der erste Ansatzpunkt für den Teufel.

Lukas verwendet hier nicht das hebräische Wort Satanâs – das hieße so viel wie Widersacher. Bei Lukas steht das griechische Wort Diábolos. Und das ist der, der die gute Ordnung durcheinanderwirft, verwirrt und in Unordnung bringt. Und in unserer Geschichte setzt er zielgenau bei einem Grundbedürfnis an: Jesus hat Hunger, der Diábolos verspricht Brot. Aber ganz tückisch verknüpft er das mit einer Bedingung: Zeig die Macht, die du angeblich hast. Jesus durchschaut ihn und hält dagegen: es geht nicht nur ums Sattwerden – es geht um deine Gottesbeziehung. Zur Debatte steht die alte Weisung Gottes an sein Volk, nämlich „dass der Mensch nicht lebt vom Brot allein, sondern von allem, was aus dem Mund des HERRN geht“ (5. Mose 8,3). Oberflächlich betrachtet bietet der Diábolos eine schnelle Lösung des Problems „Hunger“ an, tiefergründig aber kratzt er die Gottesbeziehung Jesu an.

 

Genau so beim zweiten Versuch: Weltherrschaft. Der Diábolos tritt hier selbst mit einem schier grenzenlosen Machtbewusstsein auf: Alles will ich dir übergeben, wenn du mich anbetest. Das Motiv, das immer und immer wieder durchdacht wird: kann der Mensch Allmacht gewinnen? Und wenn ja, zu welchem Preis? Jesus wehrt kategorisch ab: Nur Gott allein gebührt Anbetung. Punktum.

 

Und der dritte Anlauf: Da geht es nicht mehr um Macht, sondern um einen Vertrauensbeweis. Zeig deinen Glauben. Zeig dein Vertrauen. Sie kennen das vielleicht: Vertrauensspiele in der Jugendgruppe – alle stehen im Kreis eine*r in der Mitte lässt sich nach hinten fallen und wird aufgefangen und sanft weitergeschoben. Es ist großartig, wenn du dich so fallenlassen kannst. (Und – das sei dazugesagt – eine ziemliche Katastrophe, wenn dich dann doch einer nicht halten kann oder fallenlässt…). Sich in den Tod zu stürzen, um Gott dazu zu bewegen, dass er dich auffängt – das, sagt Jesus, heißt aber Gott versuchen. Gott herausfordern. Gott dein eigenes Schicksal aufzwingen wollen. Und das geht nicht an.

 

So erzählt Lukas und schließt damit, dass nach diesem Versuch der Diábolos „für eine Weile“ aufgibt. Die Auseinandersetzung ist nicht beendet.

 

In der sehr schön erzählten Kinderbibel von Werner Laubi gibt es ein Bild der großartigen Illustratorin Annegert Fuchshuber[ii] zu unserer Geschichte. Dort ist Jesus in der Wüste zu sehen – und hinter ihm steht quasi ein zweiter Jesus, die gleiche Gestalt, aber in bedrohlichen Grau- und Schwarztönen, und flüstert dem anderen leise und verführerisch ins Ohr: Lass dir von mir helfen, der todbringenden Umgebung zu entfliehen. Nutze deine Macht: Verjage den Hunger. Nutze meine Macht: Hol dir die Weltherrschaft. Teste deine Gottesbeziehung: Lass dich vor dem Tod retten. Probier’s aus!

 

Annegert Fuchshuber weist mit ihrem Bild auf etwas hin: es ist nicht so einfach mit dem Diábolos. Er ist eben nicht nur ein mythisches Gegenüber. Er steckt in uns drin – als eine Kraft, eine Phantasie, eine Sehnsucht, ein Hunger nach Leben aus eigener Kraft und um vielleicht jeden Preis. Er steckt in den Beziehungen, in denen wir leben: wenn wir unseren Vorteil suchen, und sei es auf Kosten anderer. Das geht bei so scheinbar belanglosen Dingen an wie dem Drängeln auf der Autobahn – als sei meine Zeit wertvoller als die der anderen, nur weil ich ein stärkeres Auto habe. Das geht weiter bei den kleinen Steuerhinterziehungen und endet bei der großen Wirtschaftskriminalität, Rauschgifthandel, ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen, Zwangsprostitution oder dergleichen Verbrechen. Da muss mir keiner erzählen, das sei der Teufel außerhalb. Nein, nein: hier spielen Menschen und Systeme ineinander.

 

Und nicht einmal der Glaube ist von solchen Einflüsterungen und fehlgeleiteten Phantasien frei. Wie etwa sollen sich Christen im Angesicht der Corona-Pandemie verhalten, etwa in den Gottesdiensten? Die Diskussionen darüber sind lebhaft – die Meinungen kontrovers. Abstand? Masken? Warum bei uns, wenn anderswo schon nicht mehr? Sie kennen die Fragen. Aber Sie erinnern sich sicher auch an die Meldungen gerade über kirchliche und andere Religionsgemeinschaften an verschiedenen Orten der Republik. In einem Radiobeitrag über die Evangeliumschristengemeinde Frankfurt kam der folgende Abschnitt vor:

 

„Das sind Gemeinden, wo man sich stärker umarmt, auch im übertragenen Sinn, als in einer eher unterkühlten landeskirchlichen oder Diözesangemeinde. Es ist sicher richtig, dass der Enthusiasmus, etwa jetzt laut loszusingen, da auch größer ist – das sind ja auch die Stärken dieser Gemeinden.“ (So die Kirchenhistorikerin Dorothea Wendebourg.) Die Stärken, die aber auch ein erhöhtes Risiko in sich bergen. So räumte die Gemeinde der Evangeliumschristen aus Frankfurt, in deren Umfeld sich 200 Menschen mit Covid 19 infizierten, später ein, man habe weder einen Nase-Mund-Schutz getragen noch auf das Singen verzichtet. Neben der zwischenmenschlichen Nähe kann aber auch ein gewisses theologisches Verständnis zum Risiko werden: das absolute Gottvertrauen, einem frommen Menschen könne nichts passieren. (Bernhard Lang): „Man bezieht sich da gern auf eine Psalmstelle die heißt, die Dämonen können dem Menschen immer Schaden zufügen, aber dir nicht; Zehntausende fallen zu deiner Rechten und zehntausende zu deiner Linken – an dich kommt’s nicht heran.“ Dieses Gottvertrauen gebe es offenbar in einigen christlichen Gemeinden, meint Dorothea Wendebourg. Zum Beispiel beim Abendmahl werde gesagt: „Wir können den gemeinsamen Kelch auch trinken, da kann überhaupt nichts entstehen. Also da würde ich schon sagen, das heißt Gott herausfordern“ [iii].

 

Und das ist der Punkt. Die Pandemie wird – neben vielen anderen Aspekten – zum Vergrößerungsglas auf tagträumende Allmachtsphantasien, die sich in Lebensentwürfen und -forderungen widerspiegeln. Da rückt die alte Geschichte von der Versuchung Jesu ganz dicht heran an uns. Und nicht nur im Blick auf die Gottesdienstfeier als solche. Sie lässt sich vielmehr an fast jeden unserer Lebensbereiche anlegen.

 

Jahr für Jahr feiert die kleine evangelische Kirchengemeinde in Veitsweiler in Westmittelfranken (unweit des Hesselbergs) am 24. Juni, am Johannistag, einen Erntebittgottesdienst. Die Landschaft ist bäuerlich geprägt, Felder, Wiesen, Waldstücke formen sie. Die Menschen leben zum Teil noch als Landwirte, viele von denen im Nebenerwerb.

In dieser Region wissen wir noch sehr gut, wie sich die wechselseitige Beziehung zwischen Mensch und Natur beschreibt. Wir wissen, was zu viel Regen bedeutet – wir erfahren jetzt in den letzten Jahren, wie zu wenig Regen die Ernte und damit die Lebensgrundlagen bedroht. Wir wissen um die Zusammenhänge und wir leben mit ihnen. Wir versuchen uns naturnah und regional zu orientieren. Aber Leben auf dem Land heißt nicht: wir sind nur bei uns und der Rest ist uns egal. Denn gleichzeitig leben wir unter dem Eindruck verstörender Berichte über die Folgen der Massentierhaltung am Beispiel einer Großschlachterei in Gütersloh – und wissen: das ist nicht der einzige Fall in unserem Land.

Die Folgen dieses Wirtschaftens sind noch unübersehbar. Es geht dabei eigentlich um alles, was uns – auch als Vermächtnis Gottes – wertvoll sein sollte: die Achtung vor Menschen und Tieren, Gerechtigkeit, Ehrfurcht vor der Schöpfung. Wir hören nicht gern, dass wir Anteil haben an dem System – etwa durch Konsumverhalten. Aber eben auch durch Produktionsmethoden, die wir anwenden – weil wir sonst vielleicht wirtschaftlich nicht standhalten könnten. Weil den Bauern als Produzenten Preise aufgezwungen werden, die zum Teil unter den Produktionskosten liegen. Weil so viele Leute gern Fleisch esse, aber es darf möglichst nichts kosten. Und das geht an die Substanz – überall: Es schafft ungesunde Lebensverhältnisse, es kostet Nerven und raubt die Ruhe. Es bringt Massenproduktion hervor – und wie problematisch die ganz schnell werden kann, davon sind die Nachrichten gerade eben voll. Und dabei spielt es keine Rolle, dass das nicht in unserer Region stattfindet, der Handel mit Agrarprodukten ist ein weltweiter Handel. Vor 25 Jahren konnte ich im Hochland von Neuguinea Konserven mit Schweineschinken aus Dänemark kaufen. Es gäbe noch viele, viele andere Beispiele aus vielen, vielen anderen Lebensbereichen: da fällt Ihnen allen bestimmt eine Menge ein. Und sie alle haben damit zu tun, dass Menschen planen und handeln, als hätten sie die letztgültige Entscheidung, und sich so letztlich selbst an Gottes Stelle rücken. Und so die gut gedachte und gut eingerichtete Ordnung Gottes durcheinanderbringen, verwirren und zerstören.

 

Gott um gute Ernte bitten: das wäre dann eine Gegenbewegung. Ein Protest gegen den Diábolos – um uns und in uns. Gott um gute Ernte bitten: um genug Regen, der nicht immer und nicht überall so fällt, wie die Natur das braucht. Wir sehen das an den Wäldern und zum Teil am Getreide. Im vergangenen Sommer in Mecklenburg-Vorpommern habe ich Getreidefelder gesehen, die waren buchstäblich verbrannt in der Sonne. Kein Regen. Keine Erträge. Genug Regen – sanfter Regen – ist so nötig! Sonne, Wind, alles zur rechten Zeit. Gesundheit und Arbeitskraft, Frieden im Land, damit die Arbeit getan werden kann: das sind alles Faktoren, die wir brauchen, damit Saat, Wachstum und Ernte zu gutem Ziel und guten Erträgen kommen. Dass alle ein Auskommen haben. Dass alle nicht nur überleben können, sondern leben.

 

Der Diábolos in der Jesusgeschichte nimmt auf all das keine Rücksicht. Er setzt auf selbstbezogene Instinkte: Bedürfnisbefriedigung, Macht, Herausforderung Gottes. Er spielt mit der Eigensucht. Er ist der Zerstörer des Vertrauens, der Mitmenschlichkeit, der Rücksicht aufeinander. Dieser böse Geist im Menschen und unter den Menschen hat den Tod zum Paten. Und er ist wirksam. Er ist wirksam überall da, wo wir nicht wachsam sind: wachsam wie Jesus. Wachsam für den Willen Gottes. Wachsam für die Menschen und die Schöpfung, ganz besonders da, wo sie bedroht und gefährdet sind. Wachsam für unser eigenes Denken, Reden und Handeln: Sind wir bei denen, die Gottes Schöpfung bebauen und bewahren? Sehen wir im anderen Menschen den Bruder und die Schwester, die Gott genauso liebt wie mich? Egal woher er kommt, egal was sie glaubt oder wie sie aussieht? Geben wir Gott so die Ehre und räumen ihm den ersten Platz ein?

 

An manchen Stellen im Neuen Testament kann man Aufforderungen zum wachsamen Leben lesen, zum Beispiel im 1. Petrusbrief: „Alle eure Sorge werft auf ihn; denn er sorgt für euch.

Seid nüchtern und wacht; denn euer Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, wen er verschlinge“ (1. Petr. 5, 7-8).

 

Da finde ich die Geschichte von der Versuchung Jesu zusammengefasst in eine Mahnung an die Gemeinde: Der Diábolos – auch dort „Diábolos“ – der Verwirrer und Durcheinanderbringer ist die große Gefahr für euer Leben im Frieden Gottes. Es ist in euch und um euch. Oft unsichtbar – und deshalb umso tückischer.

 

Eine eigenartige Kraft der Beschädigung des guten Lebens. Und doch soll sie nicht die Überhand gewinnen. Deshalb seid wachsam. Deshalb werft Eure Sorgen auf Gott, ladet sie bei Gott ab. Unterstützt euch dabei gegenseitig im Sinn des Liebesgebotes. Lasst euch anregen und anleiten von Gott und seiner Weisung für das gute, das mitmenschliche, das barmherzige Leben. Lasst euch anregen und leiten von Gottes Gerechtigkeit und von seiner Gnade.

 

Es tut nicht gut, wenn wir Gott herausfordern und uns an seine Stelle setzen wollen. Es ist aber auch nicht nötig. Mit Dietrich Bonhoeffer vertraue ich darauf, dass Gott „auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet“[iv].

 

In diesem Vertrauen schließe ich mit einem alten Feldsegen – der heute so aktuell ist wie zu den Zeiten unserer weisen Altvorderen:

„Herr unser Gott, der du aus der Erde Gras wachsen lässt für das Vieh und Saat zum Nutzen der Menschen: segne alle Arbeit auf den Äckern und Wiesen, in den Weinbergen und Gärten.

Verleihe milde und fruchtbare Witterung, Regen und Sonnenschein zur rechten Zeit, damit die Früchte reifen und am Ende die Ernte eingebracht werden kann.

Behüte und bewahre unsere Felder und Gärten, die Obstbäume, Weinberge und Wälder vor bösem, verderblichen Hagelschlag, vor Unwetter und Ungeziefer und schütze unsere Häuser und Gehöfte vor Feuer und Blitz“ [v].

Amen.

 

Dekan Uland Spahlinger, Dinkelsbühl

uland.spahlinger@elkb.de

 

Ergänzende Erläuterung: Den Erntebittgottesdienst in Veitsweiler am 24.6. nehme ich sehr ernst. Dort wird etwas von dem unmittelbar, was im Alltag der vermutlich meisten Menschen kaum mehr eine Rolle spielt: die Wechselseitigkeit des Lebens von Menschen und Natur. Als Sohn eines Forstbeamten wurde ich mit diesen Zusammenhängen von klein auf vertraut gemacht. In der Dienstzeit in Papua-Neuguinea (1989-1993) lernte ich von den Menschen in den Dörfern des Hochlandes noch einmal intensiver, was es heißt, in und mit der Natur zu leben und unerwarteten und unplanbaren Wechselfällen ausgesetzt zu sein.

[i] Zu finden zum Beispiel unter: https://www.udojuergens.de/lied/der-teufel-hat-den-schnaps-gemacht

[ii] Das Bild findet sich in Laubi/Fuchshuber, Kinderbibel, Ernst Kaufmann, Lahr 19933, S. 194

[iii] Mitschrift aus: Deutschlandfunk, Tag für Tag, 15.6.2020; https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2020/06/15/religionsgemeinschaften_als_corona_hotspots_dlf_20200615_0945_901127c5.mp3

[iv] Zitiert nach https://www.dietrich-bonhoeffer.net/zitat/729-ich-glaube-dass-gott-aus-al/

[v] Die Formulierung des Feldsegens verdanke ich einem Kollegen aus der Region – Quelle unbekannt.

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