Genesis 2, 10-15

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Genesis 2, 10-15

Besinnung im Friedensgebet am Mittwochmittag
in der Schlosskirche der Bonner Universität
26. 03. 03

Lesung: Genesis 2, 10-15

Das Paradies geht unter –
das alte Land an den zwei Strömen
die Quelle europäischer Kultur –
fließt über von Blut und Tränen
Eine Welle der Gewalt
flutet die schmalen Kanäle der Diplomatie,
und wieder sitzen an den Wassern Babylons
viele Menschen
und klagen und weinen,
und in der Ferne warten und bangen Menschen,
ob die Flut der Gewalt auch ihre Nächsten verschlingt.

Gab es keinen Ausweg,
gab es wirklich keinen anderen Weg,
den grausamen Diktator in Schach zu halten,
gab es keine Worte mehr,
warum versagte die Geduld?

Und: warum Krieg hier und nicht im Kongo, in Ruanda, Angola
und wo sonst Verbrechen gegen die Menschlichkeit
durch Wegsehen geduldet werden …

oder vielmehr: Warum Krieg in Eden und nicht Frieden,
Kampf statt Diplomatie, Waffen statt Worte

Das schwarze Gold hat die Sinne vernebelt, noch ehe der Rauch aus brennenden
Quellen die Sicht versperrte?

Wer über Worte allein verfügt und nicht über Waffen,
wirkt wirkungslos,
aber Worte können mehr als Waffen,
sie können verletzen, aber auch lindern,
sie können schwächen, aber auch stärken,
sie können Wege ersinnen und Irrwege verhindern …

so sagt man zurecht vom Wort Gottes: Es ist schärfer,
denn ein zweischneidig Schwert.

Das Losungswort des heutigen Tages (26. 6. 03) gehört zu den Worten,
die die Wende in der Weltgeschichte kommentieren:

„Jesus schrie laut und verschied. Der Hauptmann aber, der dabeistand,
ihm gegenüber, und sah, dass er so verschied, sprach: Wahrlich,
dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ (Mk. 15, 37. 39)

Ein Mord, im Interesse beider Seiten, die sich feindlich gegenüberstehen:
Rom und der Hohe Rat, die Weltmacht und eine Oligarchie in einem kleinen
Territorium: Die Gestalt der Liebe, zwischen den Fronten wie immer, wird
ausgelöscht, die Interessen der Machthaber scheinen zu siegen.

Aber der nicht mehr kommandierende, nur noch kommentierende Befehlshaber
vor Ort sieht über den kurzfristigen Erfolg hinaus, sieht in der
Beseitigung des Aufrührers den Sinn seiner Sendung aufleuchten:
Ein Mensch hat die Welt gewendet durch seine Worte.

Die Wende ist vollzogen,
sie muß nicht mehr herbeigeredet werden,
aber sie muß in Erinnerung gerufen werden, immer wieder: Friedensgebete
– nicht als Beschwörung eines allmächtigen Gottes und seiner
himmlischen Heerscharen, was unterschiede sie von den Alliierten Streitkräften? – sondern
als Erinnerung an eine längst bekannte Erfahrung: Wo Liebe und Güte
sind, da ist Gott, Ubi caritas et amor, Deus ibi est. AMEN.

Prof. Dr. Reinhard Schmidt-Rost
R. Schmidt-Rost@web.de

 

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