2. Korinther 1, 3-7

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2. Korinther 1, 3-7

3 Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus,
der Vater der Barmherzigkeit und Gott allen Trostes,
4 der uns tröstet in aller unserer Trübsal, damit wir auch
trösten können, die in allerlei Trübsal sind, mit dem
Trost, mit dem wir selber getröstet werden von Gott.
5 Denn wie die
Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden
wir auch reichlich getröstet durch Christus.
6 Haben wir aber Trübsal,
so geschieht es euch zu Trost und Heil. Haben wir Trost, so geschieht
es zu eurem Trost, der sich wirksam erweist, wenn ihr mit Geduld dieselben
Leiden ertragt, die auch wir leiden.
7 Und unsre Hoffnung steht fest für
euch, weil wir wissen: wie ihr an den Leiden teilhabt, so werdet ihr
auch am Trost teilhaben.

Liebe Schwestern und Brüder,

wo haben Sie Trübsal erlebt? Und Trost, getröstet von Gott?
Das
sind die wichtigsten Fragen, wenn wir das getröstete Gotteslob
des Apostels Paulus für unser Leben meditieren: Wo haben ich Trübsal
erlebt? Und wo Trost, getröstet von Gott?

Jeder, jede von uns wird darauf andere Antworten ergeben. Unterschiedlich
die Trübsal, verschieden der Trost, auch wenn es alles Trost von
Gott ist.

Unterschiedlich die Trübsal auch bei Paulus selbst:
* Eine Gerichtsverhandlung,
in der er dachte, das Todesurteil würde
wirklich vollstreckt [1,8-11];
* Vorwürfe gegen ihn, er handle unwahrhaftig
[1,12-24];
* jemand, der Paulus offen widersprochen und ihn beleidigt
hat [2,5-11] ;
* der Vorwurf, seine Predigten seien schwach und kläglich
(ziemlich im Gegensatz zu seinen Briefen) [10,10];
* eine Krankheit, die
wie ein Pfahl im Fleisch steckt, Schmerzen wie Schläge von einer üblen
Macht, weder durch Heilkunst noch durch das Flehen zu Gott waren sie
zu mildern [12,7-8] .

Dies und noch viel mehr die Trübsal des Paulus.

Und ähnlich vielfältig die Trübsal bei uns: die Anteilnahme
am Leid der Opfer und ihrer Angehörigen in Madrid und Bagdad [oder
was immer als gesellschaftsdiakonische Kasualie ansteht] , auch die Bedrängnis
durch Terror und die rechtlosen Kriege des amerikanischen Präsidenten;
im eigenen Lebensumfeld der Abschied von einem Menschen, eine Beerdigung;
zerbrechende Beziehungen, Krankheit, Ärger im Beruf, Streit in der
Familie, Sorgen um den und jenen; Trübsal, weil ich mich selbst
nicht leiden kann.

Vielfältig die Trübsal und vielfältig der Trost. Ich
zum Beispiel: Neulich einmal war ich restlos verärgert über
eine Predigt, völlig ungeistlich und trostlos war die, ich habe
gekocht vor Wut, ich wollte dem Prediger im Anschluß richtig Bescheid
sagen und stand mir selbst im Weg mit meinem Ärger. Da fragt der
Freund, der neben mir saß: „Gehst Du doch noch mit mir zum Abendmahl?“ Ich
bin gegangen. – Auch in dieser Geschichte wahrlich Trübsal, und
wahrhaftig Trost dazu.

Verschieden die Trübsal und ganz unterschiedlich der Trost.
Wo haben
Sie Trübsal erlebt? Und wo Trost, getröstet von Gott?
Diese Fragen zu meditieren soll nun Raum sein, Raum für Ihre Gedanken,
während die Orgel spielt.

EG 396: Jesu meine Freude – Orgel
(Choralbearbeitung oder Choralsatz)

Wohin sind Ihre Gedanken gewandert? Welche Trübsal kam Ihnen in
den Sinn? Oder Mehrzahl: Welche Trübsalen? Welche Durststrecken
und Lebensknoten? Welche Stunden und Tage, in denen Sie auf Trost angewiesen
waren?

Und was haben Sie als tröstlich erlebt? Ich bin sicher, wenn wir
zusammentragen würden, wir kämen auf ähnlich viele Tröstungen
wie Trübsale. Ein Blick, ein Händedruck, eine Umarmung kann
Trost bringen. Die Gewißheit, daß ich nicht allein bin, kann
mich trösten. Ein gutes Wort kann tröstlich sein. Mehr noch
die Möglichkeit, sich den Kummer von der Seele reden zu können:
trostreich. Auch Trost durch praktischen Beistand! Vor Gott zu trauern,
ihm Schmerz und Verlust zu klagen: Trost kann das bedeuten.

Viel kann zum Trost werden. Es gibt aber auch Wendungen, die eher trostlos
sind; Wendungen, die eher der Verlegenheit des Trösters helfen als
dem Menschen in Trübsal. Damit auch wir recht zu trösten lernen,
nenne ich einige typische Wendungen: gut gemeinte, hilflose Beispiele
der Trostlosigkeit:

* „Das wird schon wieder!“
* „Die Zeit heilt alle Wunden!“
* „Es ist doch das Beste so gewesen!“
* „Denk doch mal, wie es dem und
jenen ergangen ist!“
* „Ich kann mir gut vorstellen, wie Dir zumute ist.“
* „Jetzt hab Dich doch nicht so!“ (Oder in der schärferen Variante: „Sei
doch kein Spaßverderber!“)

Falscher Trost ist das alles, weil er die Trübsal nicht gelten
läßt.

* Daß „es“ schon wieder wird, das mag ja sein, aber jetzt ist „es“ nicht
so, jetzt ist Trübsal und Trauer und Bedrängnis.
* Wenn der
andere meint, er könne sich vorstellen, wie es mir geht,
gut sogar könne er sich das vorstellen: dann frage ich zurück,
woher er denn weiß, wie es in mir aussieht. Gönnt er mir meine
ureigenste Trübsal nicht?
* Und offenkundig die Ermahnung, ich solle
mich nicht so gehen lassen: Die dient nur dem, der den Schmerz nicht
an sich heranlassen will, dem ich lästig bin mit meiner Trübsal.

Falscher Trost, weil er die Trübsal nicht gelten läßt!
Und falscher Trost auch, weil er von höherer Warte aus gespendet
wird. Trost muß ja von außen kommen, selber kann man nur
schwer Trost fassen. Aber wenn von höherer Warte getröstet
werden soll, dann ist der Trost trostlos:

* Was nützt es, wenn die Zeit alle Wunden heilt, wenn es doch jetzt
in ihnen bohrt und der Schmerz sich nicht stillen läßt?
* Und
was hilft ein Vergleich von höherer Warte, wie schlimm es
dem und wie schlimm jenem ergangen sei? Was helfen mir solche abstrakten
Hinweise, wenn ich doch Trübsal leide?

Falscher Trost ist das, weil er von höherer Warte aus die Trübsal
betrachtet, statt mit an ihr zu leiden. Wenn wir lernen wollen, recht
zu trösten, liebe Schwestern und Brüder, dann laßt uns
dies vermeiden: Trost spenden zu wollen von höherer Warte.

Recht in die Schule des Tröstens gehen können wir bei Paulus,
der schon in den wenigen Versen an die Gemeinde in Korinth ganz unterschiedlich
vom Trost schreibt – aber immer so, daß er von einer Gemeinschaft in
der Trübsal und einer Gemeinschaft im Trost spricht:

* Gott tröstet uns tröstet in aller unserer Trübsal,
damit wir auch trösten können, die in allerlei Trübsal
sind;
* haben wir Trost, so geschieht es zu eurem Trost;
* wie ihr
an den Leiden teilhabt, so werdet ihr auch am Trost teilhaben – diese
Hoffnung steht fest für euch.

Wie immer Paulus die Zuordnung von Trübsal und Trost in den einzelnen
Wendungen bestimmt, es ist jedenfalls eine Gemeinschaft in der Trübsal,
die zur Gemeinschaft im Trost führt.

Keine tröstlichere Erfahrung als die, gemeinsam der Trübsal
zu trotzen! Trotz hat durchaus mit Trost zu tun, gemeinsamer Trotz vor
allem.

Deshalb, möchte ich gerne mit Ihnen singen: „Trotz dem alten Drachen.
Trotz dem Todesrachen, Trotz der Furcht dazu!“

EG 396: Jesu meine Freude – Strophe 3

Eine Gemeinschaft in der Trübsal, die zur Gemeinschaft im Trotz
und im Trost führt – das ist richtig, doch noch zu wenig. Denn gesagt
werden muß, wer zu dieser Gemeinschaft in Trübsal und Trost
gehört. Natürlich sind es die Menschen, die christliche Gemeinde,
in der getröstet wird. Vor allem aber ist es die Gemeinschaft mit
Christus
, in der wir Trost erfahren.

Das hält Paulus mit einer etwas eigenartigen Formulierung fest: „Denn
wie die Leiden Christi reichlich über uns kommen, so werden wir
auch reichlich getröstet durch Christus.“

Klar ist, daß wir unsere eigene Trübsal erleben,
nicht die Folter, die Todesqualen, die Verlassenheit
von Gott und den Menschen, die Christus erlebt hat. Das kann nicht das
Ziel eines christlichen Lebens sein, daß diese Leiden über
uns kommen. Selbst wenn das Martyrium nicht auszuschließen ist,
selbst dann sind es noch einmal andere, eigene Leiden.

Ich denke, gemeint ist vielmehr: Unsere Trübsal und unsere Bedrängnis
können wir verstehen in Gemeinschaft mit Christus. Christus und
in ihm Gott weiß, was Trübsal und Leiden bedeuten! Christus
hat es selbst erlebt! Reichlich!

Reichlich deshalb auch der Trost in dieser Gemeinschaft: Gott ist unser
Leiden nicht fremd, er kennt und hört unsere Klage, hat selbst menschlich
Leid erlitten, ist nahe den geschundenen Herzen. Die Gemeinschaft im
Leiden ist deshalb auch die Gemeinschaft im Trost: „so werden wir auch
reichlich getröstet durch Christus“.

Wer getröstet ist, recht getröstet, der kann auch singen.
Nicht überschwenglich vielleicht, aber innig und intensiv. Tröstlich
ist das Wochenlied, heute als Predigtlied. Tröstlich ist es, weil
es geradezu programmatisch von der Gemeinschaft mit Christus spricht: „Jesu,
meine Freude, meines Herzens Weide, Jesu, meine Zier …“. Bang ist das
Herz „und verlangt nach dir!“

Die Trübsal wird dabei nicht verdrängt, sondern benannt: Lebensstürme,
Feinde, der Satan, die Welt zittert. Übertragen: Es kracht und blitzt.
Die Innenwelt und die Außenfolge: „Sünd und Hölle“. Nicht
verdrängt wird die Trübsal, doch eine Gewißheit bleibt
in allem Schrecken: „Jesus will mich decken.“

Im Gesangbuch ist dieses Lied in c-moll notiert, in singbarer Lage,
auch wenn es bis zum es‘ hinaufgeht.

Von Johann Sebastian Bach (heute ist sein Geburtstag) gib es eine wunderschöne
Motette zu diesem Lied: Jesu meine Freude. (1) Vielleicht
habe Sie die im Ohr? Die Bachsche Motette ist eine Terz höher gesetzt,
in e-moll. Nach der barocken Charakteristik der Tonarten ist e-moll die
Tonart, die „tieffdenkend, betrübt und traurig zu machen pfleget,
doch so, daß man sich noch dabey zu trösten hoffet“. (2)

Ich habe überlegt, ob wir das Lied heute in e-moll anstimmen sollen.
Jedoch: Es wäre dann für eine Gemeinde fast unsingbar hoch.

Ich nehme auch das fast als einen Wink von Gott: Selbst wer so hoch
das Gotteslob nicht anstimmen kann in seiner Trübsal, selbst der
kann singen. Vielleicht ist es gerade trostreich, e-moll getrost dem
höheren Chor überlassen zu können und auch auf den tieferen
Stufen zu beten und zu rufen, zu singen und zu loben, sich selbst und
anderen zum Trost:

„Weicht, ihr Trauergeister, denn mein Freudenmeister, Jesus, tritt herein.
Denen, die Gott lieben, muß auch ihr Betrüben lauter Freude
sein. Duld ich schon hier Spott und Hohn, dennoch bleibst du auch im
Leide, Jesu, meine Freude.“

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere
Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

EG 396: Jesu meine Freude – Strophen 1.2.6

evtl. an der Stelle des Wochenliedes: EG 326, insbes. Str. 4

(1) BWV 227
(2) Johann Mattheson; zitiert nach
Volker Weymann, GPM 52, 1998, H. 2, S. 179 f.

Dr. Reinhard Brandt
Evang.-Luth. Dekanat
Pfarrgasse 5
91781 Weißenburg
reinhard.brandt@elkb.de

 

 

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