Galater 4, 4-7

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Galater 4, 4-7

 

Göttinger

Predigten im Internet

hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch


1.

Weihnachtstag, 25. Dezember 2001
Predigt über Galater 4, 4-7, verfaßt von Beate Bachmann


Zum Gottesdienst: Es ist ein Abendmahlsgottesdienst, in dem der
Posaunenchor spielt. Die Predigthörer sind Konfirmanden und Zuhörer,
die zum Teil Mitglieder der Brüdergemeinde sind.

Liebe Gemeinde,

durften Sie gestern Abend auch in strahlende Kinderaugen sehen? Durften
Sie Kinder beobachten, deren Augen vor Freude und Dankbarkeit glänzten?
Kinder, denen das Glück nur so aus den Augen strahlte?

Und: Hat Sie das selbst nicht auch mit großer Freude erfüllt?
Mir tut es gut zu beobachten, wie Kinder beschenkt werden. Und Kinder
lassen sich gerne beschenken. Viele Kinder konnten es gestern Abend während
des Krippenspiel-Gottesdienstes gar nicht erwarten, nach Hause zu kommen,
um die Geschenke auszupacken, die für sie unter dem Weihnachtsbaum
lagen. Das haben Sie vielleicht auch bemerkt. Kinder freuen sich auf Geschenke
und über Geschenke. Kinder nehmen Geschenke gerne an. Sie denken
nicht über ein „Gegen-Geschenk“ nach, Sie können sich
noch einfach bedenkenlos beschenken lassen.

Wir Erwachsenen haben damit jedoch oft Probleme. Of hört man ja
auch: „Wie kann ich ihnen das nur wieder gutmachen?“ Ja, es
scheint, als gehört es zur Erwachsenenwelt dazu, dass alles, was
wir empfangen auch wieder vergolten werden müsste. Dieser Gedanke
hat Kinder zum Glück noch nicht erfasst.

Doch für uns Erwachsenen ist es wie ein Zwang. Ein Zwang, von dem
wir Erwachsenen auch manchmal gerne befreit wären. Und es ist nicht
nur der Zwang bei Geschenken. Auch sonst würden wir uns oft gerne
einmal von den Zwängen der Erwachsenenwelt befreien. Ich vermute,
dass sich jeder von uns schon einmal gewünscht hat, noch einmal ein
Kind zu sein. Sich noch einmal so frei, ohne ständige Beachtung von
bestimmten Regeln zu fühlen. Sich noch einmal so bedingungslos geliebt
und ohne Vorbehalte angenommen zu fühlen. Sich noch einmal einfach
nur beschenken zu lassen.

Diesen Wunsch erfüllt uns Gott. Hören wir dazu auf den Predigttext
aus dem 4. Kapitel des Galaterbriefs – Lesung des Predigttextes.

Der Predigttext hat es uns zugesprochen: Wir sind Gottes Kinder. Wir
dürfen Gott Abba, lieber Vater nennen. Wir sind zu Gottes Kindern
durch die Erlösung durch Jesus geworden. Dafür ist Gott in einem
hilflosen, kleinen Kind in aller Niedrigkeit in die Welt gekommen. Und
dafür ist er in dem Mann Jesus erniedrigt am Kreuz gestorben. In
seinem Erdenleben spürte Jesus in allen Höhen und Tiefen das
wahre Menschsein. Er kam als Mensch in diese Welt. Und er lebte in den
Zwängen dieser Welt. Er lebte auch unter dem Gesetz. Er erlebte auch
die Verbote der Gesellschaft und die Fesseln, die dadurch entstanden.
Er war von Gesetzen eingeschränkt, er erlebte viele Verbote seiner
Zeit. Er spürte die Grenzen durch viele Verbote.

So wie ein Kind Verbote der Eltern erlebt. Denken wir nur an das Verbot,
die Tapete mit Filzstiften zu beschmieren. Doch irgendwann versucht es
das Kind vielleicht doch. Die Eltern sehen dieses, sind verärgert
über das Verhalten ihres Kindes und schimpfen mit ihm. Doch sie werden
dem Kind auch verzeihen. Das heißt nicht, dass sie einfach darüber
hinwegsehen. Sondern es bedeutet, dass sie den Fehler deutlich erkennen
und benennen, dass sie aber auf die Strafe für das Handeln verzichten.

Oder wenn ich an Euch Konfirmanden denke. Ihr bekommt von Euren Eltern
das Rauchen in der Öffentlichkeit verboten. Doch dann erwacht natürlich
bei euch erst richtig die Neugier. Und ihr raucht trotzdem. Wenn die Eltern
davon erfahren, gibt es regelmäßig Stress. Die Eltern nehmen
euer Verhalten nicht einfach hin. Sie machen euch Vorhaltungen und oft
hat es vielleicht auch eine Strafe zur Folge. Aber eure Eltern lieben
euch dennoch weiterhin. Sie sehen nicht einfach über euer Fehlverhalten
hinweg, aber sie verzeihen es euch, wenn sie spüren, dass es euch
wirklich ernst ist.

So ist es auch gegenüber Gott. So wie Kinder genau wissen, was sie
dürfen und was die Eltern von Ihnen erwarten, so wissen wir Menschen
genau, was Gott von uns erwartet: Wir sollen Gottes Wort halten und Liebe
üben und demütig sein vor unserem Gott. (Micha 6,8) Doch so
wie Kinder die Verbote der Eltern übertreten, so halten auch wir
Menschen uns nicht immer daran, was Gott von uns erwartet. Und so wie
Eltern ihre Kinder zur Verantwortung rufen, so zeigt uns Gott auch unsere
Grenzen auf. Doch so wie Eltern trotz allen Ärgers ihre Kinder lieben
und ihnen verzeihen, so liebt und verzeiht uns auch Gott. Er sieht nicht
über unser Verhalten hinweg, aber er gibt uns eine neue Chance. Er
wendet sich nicht ab, sondern er wendet sich uns besonders liebvoll zu.
Er ist eben wie ein liebevoller Vater zu uns. Deshalb dürfen wir
ihn auch Abba, lieber Vater nennen.

Nachher im Abendmahl können wir das, womit wir Gottes Erwartung
nicht erfüllt haben vor Gott, unseren lieben Vater bringen und ihn
um Verzeihen, um sein Vergeben unserer Schuld bitten. Damit ist unser
Verhalten vor Gott nicht vergessen, aber es bleibt ohne Folgen für
uns. Es erwartet uns keine Strafe. Aus diesem Geschenk heraus können
wir uns so freuen, dass wir diese Freude mit anderen Menschen teilen und
so die Botschaft von Gottes Liebe weitersagen.

Doch durch Jesu Leben und durch seinen Tod sind wir nicht nur zu Gottes
Kindern geworden, nein, wir sind mehr: wir sind auch seine Erben. Wir
sind Erben Gottes. Uns ist zugesagt, dass wir als Kinder Anteil an dem
bekommen, was unserem himmlischen Vater gehört. Dabei geht es nicht
um materielle Werte, sondern das, was wir ererben sollen, ist unendlich
viel wertvoller: es ist das Reich Gottes. Wir sind Erben des Reiches Gottes.
Wir sollen an Gottes, an unseres Vaters Leben in der Vollkommenheit. Anteil
haben. An seinem Reich, in dem Gerechtigkeit, Friede und Liebe das Leben
bestimmen.

Und dieses alles wird uns zuteil, weil Gott in Jesus Christus zu uns
gekommen ist. An seine Geburt haben wir uns gestern erinnert, und durch
Jesus hat uns Gott zu seinen Kindern und Erben gemacht. Dafür ist
Jesus als kleines, hilfloses Kind an einem unbedeutenden Ort, in einem
Viehstall in die Welt gekommen und dafür ist er als erwachsener Mann
in Niedrigkeit am Kreuz gestorben. Er hat dieses für uns getan. Dadurch
sind wir Kinder und Erben Gottes.

Dieses Geschenk kann wahre Weihnachtsfreude in uns auslösen. Dieses
Geschenk können wir uns nur von Gott geben lassen. Wir können
es nur dankbar annehmen, wie kleine Kinder. Unser Nachsinnen darüber,
wie wir dieses Geschenk wieder gutmachen können, kann uns zu keinem
Ergebnis führen, denn dieses Geschenk Gottes ist so groß, dass
es dafür kein „Gegen-Geschenk“ gibt. Wenn wir es aber einfach
so annehmen, wird unsere Freude von selbst dazu führen, dass wir
als glückliche Kinder unseres Vaters im Himmel mit unserer Freude
andere Menschen anstecken und so die Weihnachtsbotschaft verkündigen:
Für Euch ist heute der Retter geboren!

Amen.

Beate Bachmann
Kirchplatz 6
37242 Bad Soden-Allerdorf
Tel.: 05652-2389

 

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