Hoheslied 8, 6b7

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Hoheslied 8, 6b7

Liebe ist stark – Gottes weibliche Stimme | 20. So. n. Trinitatis | 30. Oktober 2022 | Hoheslied 8, 6b7 | verfasst von Kira Busch-Wagner |

„Liebe ist stark wie der Tod. Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich.“

Ob alle unter Ihnen als ein Wort der Schrift identifiziert hätten, wäre es Ihnen außerhalb von Kirche und Predigt begegnet?

Würde das nicht eher zum Eurovision Song Contest passen? Zum Christopher Street Day? Vielleicht könnte eine kirchliche Gruppe tatsächlich mal überlegen, unter diesem Bibelwort dran teilzunehmen.

Liebe ist stark wie der Tod. Leidenschaft unwiderstehlich wie das Totenreich.

Wer sagt das eigentlich im biblischen Zusammenhang. Ich frage gar nicht nach einer bestimmten Person. Aber wir können wir in der Kirche mal eine Stimmungsprobe machen. Frau? Mann? Gott?

Wer geht davon aus, dass hier Gott redet?

Wer meint, dass hier ein Mann spricht?

Wer denkt, dass es sich um eine Frau handelt?

Wer hineinschaut ins biblische Buch „Lied der Lieder“, oder wie es auch heißt, ins Hohen Lied, findet:

Das ist einer der vielen Dialoge zwischen Freundin und Freund, zwischen Verliebten, zwischen Sehnsüchtigen, Begehrenden. Liebeslieder, erotisches Wortgeplänkel, Worte des Anschmachtens. Voll Glück zumeist, an einigen Stellen in schmerzlichem Verlangen zueinander, wenn sie getrennt sind.

Es redet in unserem Bibelabschnitt wie in der Mehrzahl der Dialoge tatsächlich das Mädchen, die Frau, die weibliche Figur. Sie ist es, die in der Regel die Initiative ergreift, die den Kontakt zwischen den Liebenden gestaltet, ganz ähnlich wie es Ruth tut im gleichnamigen Buch. Was wäre gewesen, wenn in der Generation Ü 60  junge Frauen sich dergleichen biblische Figuren zum Vorbild genommen hätten?

In Ihrem Konfirmandenunterricht, liebe Gemeindeglieder, war das Hohelied vermutlich nur selten Lern- und Arbeitsstoff. Es galt möglicherweise nicht als jugendfrei. Freiwillige Selbstkontrolle – geeignet nur für Erwachsene, erst ab 18? Noch kleben auf Bibeln keine solchen Hinweise. Ob das auch noch kommt? Wer weiß! Dann lieber jetzt gleich lesen!

Wenn Sie höchsten mal was im Reli-Unterricht vom Hohen Lied gehört haben – jetzt, mit der neuen Predigtordnung seit 4 Jahren sind uns einige wenige Verse ganz regelmäßig, spätestens alle 6 Jahre, als Predigtaufgabe und gottesdienstliches Bibelwort aufgetragen.

Und vielleicht ist für Sie, dass es so etwas überhaupt gibt, wie diese Liebesliedersammlung, eine kleine Entdeckung für Ihr Wissen von der Bibel. Kürzlich hat bei einem Hausbesuch mir mal wieder erklärt, dass die Bibel nicht wahr sei. Und er meinte das in dem naturwissenschaftlichen Sinne. Etwa, dass man auf einer Flüssigkeit wie Wasser allenfalls als kleines Insekt, aber nicht als Mensch laufen kann. Als Physikunterricht ist die Geschichte von Jesus auf dem Wasser natürlich auch nicht gemeint. Verse aus dem Hohenlied übrigens auch nicht. Wenn es heißt: (6,4f): Du bist schön, meine Freundin, wie Tirza (das ist eine Stadt bei Samaria), lieblich wie Jerusalem, gewaltig wie ein Heer. Wende deine Augen von mir, denn sie verwirren mich. Deine Haare sind wie eine Herde Ziegen, die herabsteigen vom Gebirge Gilead.“ – dann ist das nix Physik. Nix Geographie. Aber für diesen Verliebten und alle, die es sich mit ihm vorstellen können, die reine Wahrheit! Nur eben keine naturwissenschaftliche.

Tatsächlich war ja auch im Judentum umstritten, ob das Hohelied überhaupt in die Bibel gehört. Zu der Zeit, als man die Schriften der Jesusleute, also das Neue Testament, zu sammeln begann, entschied man sich dann doch endgültig, das Hohelied nicht nur zu akzeptieren. Es wurde die Schriftrolle zum Pessachfest. Bei all der Freude und dem Glück und all der Liebe, von der die Rede ist.

Denn die rabbinischen Ausleger hörten in all den Liebeserklärungen Gott selbst, hörten darin Gottes Sehnsucht zu seinem Volk, erkannten im Hohen Lied Gottes Erwählen aus reiner Verliebtheit. Das er dann in Israels Befreiung aus Ägypten in die Tat umsetzte.

Die christlichen Theologen des Mittelalters standen den Rabbinen der frühen Zeit in nichts nach: sie verstanden die Liebeserklärungen diejenigen des Christus an seine Braut, die Kirche. Oder deuteten all die Stellen, wo vom Garten die Rede ist, auf Maria.

Heute liegt uns solch allegorische Redeweise nicht so sehr. Aber immerhin: die alle konnten sich auch vorstellen, dass Gott sich der Stimme einer Frau bedient.

Unglaublich. Wo es vor 40 Jahren schon als revolutionär galt, die vielen weiblichen Bilder für Gott in der Schrift zu entdecken und zu benennen: die Adlermutter oder das Huhn, das seine Jungen schützt; die Burg, die Mutter, eine Gebärende, eine Frau, auf der Suche nach ihrem Schmuck, eine Weberin und manche mehr.

Hier also, im Hohenlied, die Stimme der Geliebten, der lebens- und liebeserfahrenen Frau  als Gottes Stimme? Vielleicht ist es manchem Theologen dann so ergangen wie einem meiner Viertklässler, der dann doch mal fragen musste: Aber Gott ist doch ein Mann – oder nicht?

Lege mich wie ein Siegel auf dein Herz. Unverbrüchlich ist dran festzuhalten. Liebe ist stark wie der Tod.

Wir können nicht anders, als menschlich von Gott zu reden. In Vergleichen, die sich auf unsere Erfahrung gründen. Auf Worte, die gesättigt sind von Erfahrung.

Dann mag auch gelten: mit großer, starker Erfahrung wird auch das Reden und Nachdenken über Gott stark und groß und bunt und vielfältig – und bleibt schließlich doch staunend vor Gottes Fülle zurück – am Ende müssen die Engel von Gottes Herrlichkeit singen.

So redet auch die Schrift aus menschlicher Liebes- und Leibes- und Sehnsuchtserfahrung von Gottes Liebe.

„Gott hat uns zuerst geliebt ….“ – der erste Johannesbrief.

„Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen“ – so Paulus im Brief nach Rom. Glaube, Liebe, Hoffnung die drei, die Liebe aber ist die Größte – derselbe im Brief nach Korinth.

Wenn heute Menschen unter uns sind, denen Trauer das Herz schwer macht, so ist die Trauer, die Rückseite der Liebe. Und die Sehnsucht, leibhaftig zusammen zu sein, auch wenn es auf Erden nicht mehr möglich ist.

Unsere Erfahrungen und Hoffnungen sind nicht weit voneinander. zusammen. Erfahrung und Hoffnung gehen manchmal Hand in Hand. Und manchmal setzen sie an, miteinander zu laufen, aneinander vorbeizuziehen, einander einzuholen, um wieder zusammen zu sein. Liebe ist stark wie der Tod. Das ist Erfahrung. Das ist Sehnsucht. Das ist auch Verheißung Gottes an uns.

Höher als alle Vernunft. Sie bestimme unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.


Liedvorschläge

Gottes Liebe ist wie die Sonne – Kreuzungen Nr. 157

Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer – EG Baden 653

Liebe, die du mich zum Bilde deiner Liebe hast gemacht – EG 401

Ich steh an deiner Krippen hier: Strophen 2-4, EG 37

Kol dodi (Hoheslied 2,8) – Thuma Mina Nr. 95

Dodi li vaani lo (Hoheslied 3,16) – Neue Lieder für Gott und die Welt. Freiburger Kinderchorbuch 2 Nr. 20


Material

Wem das Herz voll ist, dem geht der Mund über. Und wem das Herz gefüllt ist mit Liebe, gehen auch die Hände über u gutem Wirken und liebevollen Taten.


Lieder

Gottes Liebe ist wie die Sonne

Herr, deine Liebe ist wie Gras und Ufer

Wenn das Brot, das wir teilen, als Rose blüht

Liebe, die du mich zum Bilde 401


In deine Lieb versenken …


Stets hängen unsere Erfahrungen und hoffnungen Zusammen. Erfahrung und Hoffnung gehen Hand in Hand und sind dabei, einander zu überholen , einander einzuholen und aneinander vorbei zu ziehen.

Hoffnung ohne Erfahrung tu sich schwer, fest und groß zu werden. Erfahrung ohne Hoffnung wäre allzu erdenschwert.

Friede Gottes, höher als alle Vernunft , der halte unsern Verstand wach …. wir können nur hoffen, das die meisten kleinen Kinder das erfahren. Dass sie so geliebt werden, dass ihnen all das, was ihnen an Gefahren drohen könnte, nichts anhaben kann.

de_DEDeutsch