Johannes 1, 15-18

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Johannes 1, 15-18

Epiphaniastag | 6. 1. 2022 | Johannes 1, 15-18 | verfasst von Winfried Klotz |

15 Johannes gibt Zeugnis von ihm und ruft: Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich.

16 Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.    Kap 3,34; Kol 1,19

17 Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.   Röm 10,4

18 Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.    Kap 6,46; b) Mt 11,27

Liebe Gemeinde!

Welch eine schöne und passende Fortsetzung der in der Eröffnung des Johannesevangeliums zusammengefassten Weihnachtsbotschaft: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh. 1, 14) Zu den Zeugen, die das fleischgewordene Wort Gottes gesehen haben, die mit ihm gewandert sind durch Israel, die seine Herrlichkeit, nämlich seine Worte gehört und seine Wunder gesehen haben, tritt ein weiterer Zeuge: Johannes der Täufer. Er gehört zu denen, die Jesus vorangingen und die seine Herrlichkeit in einer geistlichen Schau sehen durften. In den Versen 32-34 unseres Kapitels heißt es:

„Und Johannes bezeugte und sprach: Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel und blieb auf ihm. Und ich kannte ihn nicht. Aber der mich sandte zu taufen mit Wasser, der sprach zu mir: Auf wen du siehst den Geist herabfahren und auf ihm bleiben, der ist’s, der mit dem Heiligen Geist tauft. Und ich habe es gesehen und bezeugt: Dieser ist Gottes Sohn.“

Das ist nicht ein Zeugnis nach Augenschein, sondern viel gewisser: Ein Zeugnis veranlasst durch das Reden des Geistes Gottes zum Herzen! Johannes als Zeuge für Jesus, den Sohn, bildet die Kette vom 1. zum 2. Bund Gottes. Jesus ist nicht der aus der Geschichte Gottes mit seinem Volk gefallene Sektierer, sondern Ziel, Erfüllung; Gottes gnadenvolle Einladung zum Leben im Bund mit Gott für alle Menschen.

Jesus, so bezeugt Johannes, ist der Größere: „Dieser war es, von dem ich gesagt habe: Nach mir wird kommen, der vor mir gewesen ist; denn er war eher als ich.“ Jesus kommt aus der Herrlichkeit Gottes! Sein Ursprung ist in Gott. Das übersteigt mein Begreifen; nicht Jesu großartiges geistliches Wirken, nicht der Beifall von Menschen haben Jesus zum Sohn Gottes gemacht- ist er doch in den Augen vieler einer, der am Kreuz mit Recht gerichtet wurde für den Abfall vom Gesetz Gottes – nein, nicht durch den Beifall von Menschen ist Jesus der Sohn Gottes, sondern weil sein Ursprung in Gott ist! Der sich in der Auferstehung zu seinem Sohn bekannt hat! Da leuchtet über dem Kreuz eine Herrlichkeit auf, die dem Sohn gehört von Ewigkeit.

Heute, am Epiphaniastag, wird uns diese Herrlichkeit vor Augen geführt.

Exkurs: Zur Erklärung der Bedeutung des Tages ein kurzes Zitat von der Internetseite der Bayrischen Kirche: „Der Begriff Epiphanias stammt aus dem Griechischen und meint die Erscheinung des Göttlichen in der menschlichen Person Christi. Im theologischen Zentrum der Verkündigung stehen bis heute drei Geschichten, die sich alle am 6. Januar zugetragen haben sollen: Die Ankunft der heiligen drei Könige in Jerusalem, die Taufe Jesu durch Johannes sowie Jesu erstes Wunder, die Umwandlung von Wasser in Wein auf einer Hochzeit in Kana.“ (https://kirchenjahr.bayern-evangelisch.de/epiphanias-was-ist-das.php)

Johannes ist Zeuge für Jesu Herrlichkeit, die doch den Augen der Menschen verborgen ist. Es braucht ein geistliches Schauen; das meint nicht ein Schauen bei abgeschaltetem Verstand oder in einer Ekstase, nein gewiss nicht! Geistlich schaut, wer sich die Augen von Gott öffnen lässt! Wer seinem Rufen folgt und zu IHM umkehrt. Wer den Hochmut des Wissenden loslässt und sich vor Gott erniedrigt. Jesus folgen ist keine Sache für Leute, die ihren Verstand abschalten, sondern die hören und sich etwas sagen lassen. Gib Gott Antwort auf sein Reden durch Jesus! Dann kann geschehen, was unser Predigtwort so beschreibt: „Und von seiner Fülle haben wir alle genommen Gnade um Gnade.“

Gnade um Gnade: das ist ein großes Wort in einer meist ungnädigen Welt, in der scharf abgerechnet wird mit dem Sünder; wir wissen doch alle, dass bei Scheitern und Versagen die erste Frage immer die ist: Wer ist schuld? Manchmal müssten die, die gnadenlos zuschauen, nur zupacken und das Versagen und Scheitern wäre aufgefangen. Aber das kommt nicht so schnell in den Sinn, denn im Hintergrund des Zuschauens stehen Konkurrenz und Machtstreben.

Ganz anders ist es bei dem, was Gott in Jesus getan hat. Dem Aufbegehren und der Selbstvergötzung des Menschen begegnet Gott nicht mit der Abrechnung – wer könnte da vor ihm bestehen- sondern er bietet Gnade an. Gnade, indem er stellvertretend die Abrechnung auf sich in Jesus lenkt. Und wenn unser Wort sagt „Gnade um Gnade“ dann ist ein Überfluss an liebevoller Zuwendung Gottes gemeint, der wirklich ausreicht, um den Schaden zu heilen, die Schuld zu vergeben, das Aufbegehren in Frieden mit Gott zu verwandeln. Das alles schenkt Gott denen, die sich an Jesus Christus hängen. Denn er ist Zentrum der Gnade Gottes. Er ist der, in dem Gott das Gesetz, gegeben durch Mose, überboten hat, weil sonst die Welt sich in einem ewigen Kreislauf von Schuld und Abrechnung, von Verurteilung und der Forderung nach Wiedergutmachung drehen müsste.

„Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“ Ein Geschehen wird beschrieben, Gnade und Wahrheit wurden in die Welt mit Jesus hineingeboren. Was Gnade ist, habe ich schon beschrieben; Wahrheit meint Gottes Zuverlässigkeit. Wort und Tat sind bei Gott nicht zwei manchmal sehr verschiedene Dinge: „Wenn er spricht, so geschieht`s; wenn er gebietet, so steht`s da.“ (Psalm 33, 9) Gott hält seine Zusagen, ob Gnadenzuspruch oder Gerichtswort. Aber zuerst steht der Gnadenzuspruch, der in Jesus in Vollkommenheit sichtbar und wirksam geworden ist. Das andere ist das Gericht, das auch im Kommen Jesu geschieht: „Das ist aber das Gericht, dass das Licht in die Welt gekommen ist, und die Menschen liebten die Finsternis mehr als das Licht, denn ihre Werke waren böse.“ (Joh. 3, 19) Im Kommen Jesu wird Gottes Gnade groß, es wird aber auch sichtbar die Abwendung des Menschen vom Guten. Hier fällt eine Entscheidung, was gilt für mich? Gottes Gnade oder mein eigensüchtiger Wille? Manche träumen hier von einem Gott, der alles verzeiht, auch wenn ich festhalte an meiner Liebe zur Finsternis. Das kann nicht gehen!

Zwischen Jesu und Mose ist noch ein entscheidender Unterschied: Mose ist Gottes Freund; er ist wie ein Knecht, der über das ganze Haus seines Herrn gesetzt ist; mit ihm redet Gott von Angesicht zu Angesicht. (4. Mose 12, 6-8) Das ist mehr als von manchen Propheten gilt. Jesus aber ist der Sohn des Hauses. Unser Wort sagt: „Niemand hat Gott je gesehen; der Eingeborene, der Gott ist und in des Vaters Schoß ist, der hat ihn uns verkündigt.“ Was hier von Jesu gesagt ist übersteigt alles, was von einem Menschen gesagt werden kann! Es meint ja nicht eine Vergöttlichung, den Aufstieg eines Menschen in göttliche Sphären, sondern den Ursprung in Gott. (Joh. 3, 13) In der Antike gab es göttlich verehrte Menschen, z. B. römische Kaiser genossen göttliche Verehrung. Im Hinduismus können Menschen zur Göttlichkeit aufsteigen. Jesus ist nicht zuerst aufgestiegen, sondern von Gott gekommen.

Wir bewegen uns hier in einem Bereich, der unserer Erfahrung entnommen ist. Wir können hier nicht unser Bestätigungssiegel aufdrücken und feststellen: Geprüft und für richtig befunden. Wir können aber die Erfahrung machen, dass Jesus uns wirklich mit Gott verbindet, weil er von Gott kommt. Sein Weg als Sohn ging durch die Tiefen der Welt bis zur Vernichtung am Kreuz. Aber schon in den Tiefen des Weges Jesu leuchtete Gottes Herrlichkeit bei ihm auf. In seinen Wundern, Zeichen der Barmherzigkeit Gottes. In seinen Worten, die mit Vollmacht geschahen, denn sie bezeugen Gott, so wie er ist. In seiner Verklärung, denn hier wird sichtbar, wohin Jesus gehört. Schließlich in seiner Auferweckung vom Tod. Gottes Herrlichkeit leuchtet auf dem Weg Jesu auf, gerade weil dieser Weg nicht menschlichen Vorstellungen von Glanz, Ruhm, Ehre und Anerkennung entspricht.

Kirchen und Christentum in Deutschland mühen sich heute sehr um gesellschaftliche Anerkennung. Synoden und Kirchenleitungen sprechen Worte zu ethischen und politischen Fragen und erwarten gehört zu werden. Ich sehe nicht, dass Jesus sich je darum bemüht hätte, von Menschen anerkannt zu werden. Gott und seine Wahrheit zu repräsentieren, reichte ihm völlig aus. „Blinde sehen und Lahme gehen, Aussätzige werden rein und Taube hören, Tote stehen auf, und Armen wird das Evangelium gepredigt; und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert.“ (Mt. 11, 5+6) Wer Heil und Hilfe suchte folgte Jesus; wer satt war ärgerte sich an ihm. Dass Jesus die vor Gott Armen zum Leben mit Gott führte, genügte, um religiöse und politische Mächte gegen ihn aufzubringen. Das Volk für seinen Gott zu sammeln als guter Hirte brachte andere Hirten so sehr gegen ihn auf, dass er weg musste.

Hören wir auf, um gesellschaftliches Ansehen zu kämpfen; folgen wir Jesus! ER ist das Brot des Lebens; teilen wir IHN aus! Wer selbst von diesem Brot lebt, kann IHN an andere weiterschenken. Amen.

Liedvorschläge: neben den unter Epiphanias im EG aufgeführten Liedern – ich liebe besonders Nr. 66, Jesus ist kommen, Grund ewiger Freude, schlage ich vor: Darin ist erschienen die Liebe Gottes unter uns, Johannes Jourdan/ Siegfried Fietz, Lebenslieder, CVJM, Nr. 269; Du bist der Weg und die Wahrheit und das Leben, Christoph Zehendner / Johannes Nitsch, Lebenslieder plus Nr. 91; Herr, das Licht deiner Liebe leuchtet auf, Graham Kendrick / Manfred Schmidt, Lebenslieder plus Nr. 49; Lieder aus dem Bereich „Anbetung“, z. B. Licht dieser Welt, (Here I am to worship) Tim Hughes / Andreas Waldmann, Wiedenester Jugendlieder Nr. 78.

Fürbittengebet: Dich ehren wir, Vater im Himmel, durch Jesus Christus, deinen Sohn. Er ist unser Retter und Herr, dem wir folgen. Dafür loben wir Dich und beten dich an.

Erfülle uns deinem Heiligen Geist, damit wir nicht mehr unserer selbstsüchtigen Natur folgen, sondern unser Leben und unseren Tod ganz in Deine Hände legen. Rede uns durch Dein Wort in unser Leben hinein, damit wir Deine Güte erkennen und tun, was Dir gefällt, das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene.

Wir bitten Dich um eine liebevolle und klare Verkündigung des Evangeliums von Jesus, damit alle Betrübten und Zweifelnden dein Wort als Antwort auf ihr Seufzen verstehen können.

Wir bitten Dich für die Christenheit in den verschiedenen Kirchen und Konfessionen, dass sie dein Wort hört und deine Wahrheit schon jetzt in allen menschlichen Irrungen aufstrahlt, bis zuletzt alles erleuchtet wird durch dein Licht in Jesus Christus.

Wir bitten für Menschen und Völker um Frieden. Schaffe Du Befreiung aus den Bindungen an Ungerechtigkeit, Überheblichkeit und Gier; schenke Ausgleich, der zum Frieden führt. Hass und Rache nehmen Menschen völlig in Beschlag, ach Herr Jesus Christus, erbarme Dich.

Wir bitten für Menschen, die durch eine Zeit des Leidens, der Angst und Sorge gehen und beten für sie und uns selbst in der Stille. – stilles Gebet – Vater Unser

Winfried Klotz, Pfr. i. R., Bad König/ Odenwald Jg. 1952, verheiratet, drei erwachsene Kinder

Am Gänsbrunnen 19, 64732 Bad König; winfried.klotz@web.de

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