Konfirmationspredigt | Gal 3,27f

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Sexismus und Feminismus in Bibel, Kirche und Gesellschaft | Konfirmation | 13.06.2021 | Predigt zu Galater 3, 27-28 | Berthold Haerter und Antonia Lüthy Haerter |

Zur Konfirmation dürfen sich die Konfirmandinnen und Konfirmanden ihr Thema selbst wählen. Sie gestalteten den ersten Teil der Konfirmation mit Gedanken zu Feminismus, Sexismus und Feminismus im Alten und Neuen Testament im Bezug auf unsere derzeitige Gesellschaftssituation.

Dialogpredigt zwischen den beiden Konfbegleiter*innen der Konfirmand*innen

 

A

Weisst du eigentlich wie das Schweizer Frauen-Cupfinal letzten Samstag ausgegangen ist?

 

B

Also in unserer Zeitung stand nichts über den Frauenfussballcup.

Aber warte mal, ich meinte in der Zürichsee Zeitung (Lokalzeitung) war eine kleine Notiz. (ZSZ 7.6.21)

Ja genau, die Frauen aus Luzern haben gegen die FCZ Frauen gewonnen.

 

A

Das ist wieder typisch.

Über den Schweizer Fussballcup der Männer haben alle Zeitungen ausführlich berichtet.

Und die EM wird überall gesehen und kommentiert.

Aber die Frauen ignorieren sie geradezu.

 

B

Da kommen die Frauen im Alten Testament ja etwas besser weg.

Alle kennen Sarah, Rebekka und Rahel …

 

A

Aber nur als Ehefrauen!

Als Ehefrauen von Abraham, Isaak und Jakob.

Und dazu spielen sie oft eine negative Rolle.

Auch im Neuen Testament muss man Frauengeschichten suchen.
Da erzählt Lukas ausführlich wie Petrus Christ wird und dann heisst es wenig (Kapitel 8) später….

„Und die Zwölf waren mit Jesus, auch einige Frauen, …: Maria, genannt Magdalena, … , und Johanna, die Frau des Chuza, …. , und Susanna und viele andere, die ihn unterstützten mit dem, was sie besassen.“

 

Das ist nicht besonders viel, was hier von Frauen berichtet wird.

 

B

Aber eines ist doch wichtig: Jesus hat neue Massstäbe im Umgang mit den Geschlechtern gesetzt. Die Jugendlichen haben uns das ja mit ihren Voten klar gemacht. Und dann gibt es doch noch Maria.

 

A

Ja, das wurde mir erst vor Kurzem so richtig bewusst:

Maria ist nicht nur in der Weihnachtsgeschichte zu finden.

Sie ist eine der Frauen, die bei Jesus blieben bis zum Tod am Kreuz.

Von den Männern keine Spur.

Sie sind alle verschwunden.

Und an Ostern waren Maria und weitere Frauen die ersten, die bemerkten, dass Jesus lebt.

 

B

Du hast Recht.

Später, im Mittelalter werden wiederum Frauen, von denen Paulus bewundernd erzählt, kurzerhand durch Männernamen ersetzt.

Sie wird aus Junia plötzlich ein Junias.

Man wollte nicht wahrhaben, dass Paulus Frauen besonders hervorhebt, als Leiterinnen von Gemeinden und Missionarinnen, die einiges erreichten.

 

A

Da fällt mir auch Lydia ein.
Sie ist die erste erwähnte Person, die in Europa zum Christentum konvertierte.

Es wird erzählt, dass sie eine selbstbewusste und eigenständige Frau war.

 

B

Aber eigentlich sollten wir nicht immer Mann und Frau gegeneinander ausspielen.

In einem Text der Konfirmanden wird aus der 2. Schöpfungsgeschichte zitiert und dass Gott den Mann nicht dazu gemacht hat, über die Frau zu herrschen und …

 

A

…  und in der 1. Schöpfungsgeschichte steht es noch deutlicher:

Gott schuf den Menschen als sein Ebenbild, …  als Mann und Frau schuf er sie. (Genesis 1, 27)

Das bedeutet, dass wir alle gleich sind.

 

B

Aber jetzt muss ich doch mal nachfragen.

Was heisst denn gleich?

Denn wir sind schon gleich, aber doch als Mann und Frau verschieden, oder?

 

A

Aber in vielem sind wir gleich, an Intelligenz, Fähigkeiten, an praktischem Können und Vermögen, usw.

Ich denke, gleich bedeutet hier: wir sind alle gleich viel wert, gleichwertig.

 

B

Wenn Du das so sagst, fällt mir noch etwas auf.

In Sachen Glauben sind es mehrheitlich Frauen, die das Christentum verbreiteten und in der Geschichte lebten und leben.

Bis heute ist es doch so:

Männer müssen oft cool tun.

Und Glauben ist uncool.

Aber Frauen und Männer wissen, dass da noch etwas anderes ist, eine Kraft, eine Energie, Geborgenheit, der man vertrauen kann, etwas Unverfügbares, ein Gegenüber, das mich manchmal auch von äusseren Zwängen befreit, mir Selbstsicherheit gibt, mich in mir selber mehr ruhen lässt.

Das umschreiben wir mit dem Begriff Gott.

 

A

Aber sind es nicht die Frauen, die besser loslassen können und vertrauen, dass Gott da ist, in guten wie in schweren Zeiten?

Sie überschätzen sich vielleicht weniger und geben dem Spirituellen, das in jedem Menschen angelegt ist, mehr Raum.

 

B

Aber jetzt finde ich, tust Du uns Männer doch etwas Unrecht.

Ohne Gottvertrauen hätte ich die DDR nicht so durchgestanden und manch schwierige Situation in den letzten Jahren auch nicht.

Aber vielleicht ist das Bewusstsein, dass, wie die Bibel sagt, es unter Christen keinen Unterschied zwischen Mann und Frau geben soll, auch eine Chance.

 

A

Wie meinst Du das?

 

B

Naja, dass wir uns alle, Männer und Frauen, mehr für das Göttliche öffnen.

Und überhaupt mal darüber reden und diskutieren.

 

Ich frage sie als Eltern, als Gotte und Götti, als Verwandte:

Wann haben Sie das letzte Mal ehrlich über den Glauben diskutiert?

Ich meine nicht, dass jemand sagt: ‚Also mir ist der Glaube wichtig’ und der/ die andere, antwortet:

‚Das ist alles nicht so einfach’ und sich dann wieder dem Fernsehprogramm oder der Zeitung zuwendet.

Vor Gott als Christen gleich und angenommen sein, heisst auch ehrlich und immer wieder über das Thema Glauben zu diskutieren.

Nur so kann er in mir wachsen

So kann Gottvertrauen auch Kraft, Halt und Befreiung geben.

Versuchen Sie das mal!
Die Konfis haben in Sachen Diskussionen zum Thema Glauben einiges in diesem Jahr gelernt.

Die unterstützen Sie dabei.

 

A

Vielleicht diskutieren Sie einmal den Satz, den ich letzthin im Internet gelesen habe:

Man soll immer tun, was man kann, und für den Rest auf Gott vertrauen.“ AMEN

(Antje Schrupp, die das Zitat Teresa von Avila zuschreibt.)

— 

Literatur:

Heine, Susanne: Frauen der frühen Christenheit, Göttingen 3. Auflage 1990.

Niemeyer, Susanne: Eva und der Zitronenfalter, Leipzig 5. Auflage 2019.

Böttrich, Christfried/ Offermann, Kerstin: In Bewegung – in Begegnung, Ökumenische Bibelwoche 2020/21, Texte zur Bibel 36, Neukirchen –Vluyn 2020.

Berthold W. Haerter

Oberrieden/Schweiz

Berthold.haerter@bluewin.ch

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