Konfirmationspredigt mit Aktionen zu Genesis 27 und 28

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Konfirmationspredigt mit Aktionen zu Genesis 27 und 28

Konfirmation 2007
Konfirmationspredigt mit Aktionen zu Genesis 27 und 28 verfasst von Petra Dais


Dieser Gottesdienst wurde im Februar 2007 in Stuttgart-Hoffeld gefeiert. Die Idee und Umsetzung ist an vielen anderen Orten möglich, wenn im Vorfeld mit der Gruppe die Aktion vorbereitet wird. Gut, wenn es möglich ist, als Gruppe einen Film auf einer Rolltreppe zu drehen. Dieses Element ist aber nicht unbedingt nötig.

 Raumgestaltung: im Kirchenraum liegt auf dem Boden ein langes Papierband ( wie ein langer Teppich). Der biblische Text Gen 28,10-22 ist aufgeteilt und  auf mehreren Din A4 Blättern groß abgedruckt. Er „steht“ im Kirchenraum auf dem Papierband, jeweils an Ständern angebracht. Für die Lesung steht an jedem Ständer ein/e Konfirmand/in, der Text wird in Abschnitten der Reihe nach gelesen, stellt also hörbar selbst einen Weg dar.

Groß projiziert läuft im Kirchenraum als Endlosschleife ein Film: Konfirmandinnen und Konfirmanden auf einer Rolltreppe; Sie halten einzelne Buchstaben in der Hand, welche zusammengefügt Worte wie FRIEDEN, LACHEN … bilden.

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, liebe Gemeinde,

ein junger Mann ist auf der Flucht. Wir wissen nicht genau, wie alt Jakob war, aber vermutlich war er wohl zwischen 14 und 20 Jahren. Ein Jugendlicher – alleine unterwegs; einen weiten Weg hat er vor sich, in seinem Inneren geht alles drunter und drüber. Vertrauensbruch, Betrug hat er begangen, und deshalb musste er fliehen. Vielleicht ist es etwas vom schlimmsten, wenn man den eigenen Bruder hinterhältig betrügt – und den Vater.

Es ging um den Segen. Eigentlich, so wollte es die Tradition, überträgt der Vater dem ältesten Sohn den Segen.

Eigentlich wollte Isaak, der Vater der Zwillingsbrüder Esau und Jakob, seinem erstgeborenen Sohn Esau bei einem Essen den Segen übergeben.

Doch Jakob konnte das nicht ertragen. Nur der Bruder sollte gesegnet werden und er selbst sollte leer ausgehen? Er – der Verlierer? Nein! Das darf nicht sein.

Mit Hilfe seiner Mutter Rebecca nutzte Jakob das schwache Augenlicht des Vaters aus und führte diesen hinters Licht. In den Kleidern seines Bruders und mit einem Fell über dem Arm, um dessen haarige Haut vorzutäuschen, ging er zum Vater und holte sich den Segen ab.

Als Esau von der Jagd nach Hause kommt und mit dem zubereiteten Essen ins Zelt seines Vaters tritt, wird der Betrug offensichtlich:

wir hören Genesis 27,30-40

Das ist also die belastende Geschichte, die Jakob mit sich herumträgt, und er wird sie sein Leben lang nicht mehr loswerden.

Ich stelle mir vor, dass Jakob ziemlich aufgewühlt ist. Vielleicht bereut er seine Tat, vielleicht wird ihm jetzt erst klar, was er angerichtet hat? Vielleicht würde er am liebsten die Zeit zurückdrehen?

Oder aber steckt in ihm tatsächlich der knallharte Typ, der auch vor Lug und Trug nicht zurückschreckt, um sein Ziel zu erreichen? Um den besseren Teil abzubekommen, dafür geht man ziemlich weit? Doch wie weit?

Jugendliche wie Ihr, wachsen heute in einem gesellschaftlichen Klima auf, wo es ganz normal ist, dass es Gewinner und Verlierer gibt. Gerechtigkeit und Chancengleichheit – beliebte Worte aus dem Mund der Bildungspolitiker – genau besehen gibt es sie nicht – obwohl es auch anders sein könnte in unserem Land.

Aber ganz im Gegenteil verstärkt sich leider der Trend, dass bspw. der soziale Status der Herkunftsfamilie über die Chancen eines Kindes, eines Jugendlichen entscheidet. Die jüngsten Studien von Shell bis Unesco haben es wieder einmal sichtbar gemacht:

-Auf welche Schule man kommt, ob man jemals studieren wird und welche Karriereleiter einem offen steht – die Weichen werden bereits im Elternhaus gestellt, d.h. wer in einem wohlhabenden Elternhaus aufwächst, hat  einen viel leichteren Zugang zu erfolgreicher Bildungs- und Berufslaufbahn als ein Kind aus einer sozial schwachen Familie. Chancen-Gleichheit gibt es nicht. Gerade auch die Jugendwelt besteht aus Gewinnern und Verlierern.

Sich durchkämpfen zu müssen, um etwas vom besseren Teil des Lebens abzubekommen, das ist ein Grundgefühl, das viele Jugendliche heute beschäftigt.

Die größte Angst von Jugendlichen ist, es nicht zu bringen, nicht genügend leistungsfähig zu sein. Viele haben Angst, einmal zu den Arbeitslosen zu gehören, sie haben Angst vor Armut – so die aktuelle Shell Jugendstudie.

Mit einer solchen Angst im Nacken – was geht man da nicht alles ein?

Würde man sich auch auf Betrug oder Korruption einlassen, um Vorteile für sich zu ergreifen?

Ich vermute, dass Jakob seit seinem Betrug nicht mehr gut schlafen konnte. Ich vermute, dass ihn seine Schuld bis in den Schlaf verfolgt hat, dass er immer wieder schweißgebadet aus Alpträumen aufschreckte, die Unruhe ihn quälte.

Erschöpft von seinem weiten Weg legt er sich nieder – auf einem Stein. Ob er wieder so unruhig schlafen wird, gejagt von seinen Alpträumen?

In dieser Nacht träumt er einen besonderen Traum, er ist anders und die Bibel beschreibt eindrücklich diesen Traum:

Himmel und Erde sind miteinander durch eine Treppe verbunden.

Die Engel Gottes gehen auf dieser Treppe herunter und hinauf. …

Und Gott spricht mit Jakob. …

Ein starkes Bild, auch dieses Bild wird Jakob sein Leben lang nicht mehr loslassen. Es ist für ihn ein solch wichtiges Bild, dass er am nächsten Morgen diesem Ort einen neuen Namen gibt und einen Gedenkstein, eine Stele aufrichtet.

Bethel, so nennt er den Ort. Denn an diesem Ort hat er Gott gespürt, an diesem Ort hat er in seiner tiefen Lebenskrise Gottes Gegenwart erlebt. Jakob hat Gottes Zusage bekommen, trotz seiner Gemeinheiten, seiner Niederträchtigkeit . Gott selbst hat Jakob gesegnet.

Vermutlich ist Jakob seit dieser Nacht wieder ruhiger gewesen. Vermutlich ist ihm vieles klar geworden, über sein Leben.

Seine Betrugsgeschichte konnte er nicht abstreifen, er musste mit ihr weiterleben. Einige Jahre später wird er selbst auch betrogen werden, er wird am eigenen Leib bei seiner Hochzeit erfahren, was es heißt, hinters Licht geführt zu werden. Er wird Jahrzehnte lang weiterleben mit der Angst vor seinem Bruder. Und erst sehr viel später wird es zur Versöhnung zwischen den Brüdern  kommen.

Doch diese Nacht mit dem Kopf auf dem Stein hat sein Leben verändert, weil er in seinem ganzen Chaos einen Halt bekommen hat. Er hat gespürt, da gibt es eine Kraft zwischen Himmel und Erde, die holt mich heraus aus meiner Tiefe, diese Kraft gibt mir Mut zum Leben. Diese Kraft hilft mir, aus dem Mechanismus, aus den Regeln dieser Welt auszubrechen. Himmel und Erde berühren sich, das ist eigentlich der Segen. Segen ist nicht machbar, sondern unverfügbar.

Melodie des Lieds „da berühren sich Himmel und Erde“ s.u.

Mitten in der Stadt  hier in Stuttgart haben junge Leute – wissend oder unwissend – den Traum von der Himmelsleiter neu inszeniert.

Es gibt an der Haltestelle Stadtmitte eine nach oben führende Rolltreppe, da kann man auf den Stufen – bei genauem Hinschauen, die Buchstaben P E A C E lesen. Eine Treppe, die den ganzen Tag lautlos dieses Wort wiederholt Peace -Friede.

Ein phantastisches Beispiel für Jugendkultur – dieses Graffiti – ein starkes Zeichen, mitten im Fluss unserer Großstadt.

Leise, fast unbemerkbar, aber doch ziemlich groß, bewegen sich diese Buchstaben von unten nach oben, Minute um Minute – sie verschwinden, tauchen wieder auf, und die Botschaft auf der Treppe wiederholt sich, jeden Tag, Sommer Winter, Tag und Nacht.

Mittlerweilen ist für mich und manch andere Leute dieser Ort fast zu einem meditativen Ort geworden – der dauernde Ruf nach Frieden, die Erinnerung an friedvolle Momente, die Mahnung, für den Frieden einzustehen. Täglich stehen hunderte von Menschen auf dieser „Friedenstreppe“ – wenn das alles Engel wären, Boten und Botinnen Gottes, die für den Frieden in unserer Welt eintreten? Ein schöner Traum, ein starkes Bild.

Wir haben vor kurzen diesen Traum weitergeträumt hier in Degerloch auf der Rolltreppe.

Wann spüren wir es, dass Himmel und Erde sich berühren? Wann spüren wir Gottes Kraft, Gottes Segen in dieser Welt?

Ihr Konfirmandinnen und Konfirmanden habt gesagt, das Lachen, die Freude ist ein wichtiges Element von solchen Erfahrungen. Aber auch das Wort Frieden war euch wichtig, hier in Degerloch auf die „Himmelsleiter“ zu bringen.

Einer von euch hat auch gesagt, ich möchte das Wort Rußpartikelfilter auf die Rolltreppe bringen. Sind doch zum einen die Rußpartikel etwas zwischen Himmel und Erde, das uns die Luft zum atmen nimmt, und die Filter das, wo es darum geht, angesichts von Verschmutzung unserer Umwelt nach Lösungen zu suchen, die dem Leben dienen. Die Himmelsleiter hat also auch eine zutiefst politische Dimension, denn die Verbindung zwischen Himmel und Erde ist immer etwas, wo es um unser ganzes Leben geht.

Gemeindelied: Da berühren sich Himmel und Erde.

Text: Thomas Laubach; Musik: Christoph Lehmann

alle Rechte im tvd-Verlag, Düsseldorf, aus: Gib der Hoffnung ein Gesicht,1989.

Ich lade Sie nun ein, selbst zu überlegen, was würden Sie auf die Himmelsleiter schreiben? Was sind für Sie die Worte, die mit der Erfahrung von Gottes Kraft in unserer Welt zu tun haben? Wann haben Sie es erlebt, dass Himmel und Erde sich berühren? Sie können diese Worte auf die ausgelegten Zettel schreiben und den Konfirmandinnen und Konfirmanden geben. Sie werden diese Worte dann auf diese Papierband hier schreiben. Später werden wir dann dieses Band im Kirchenraum aufhängen – zwischen Himmel und Erde.

Aktion im Kirchenraum: die Konfirmandinnen und Konfirmanden sammeln die Worte der Gemeinde und schreiben sie auf das Papierband.

Liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden,

die Bibel ist ein Buch, in dem Menschen ihre Geschichten, ihre Gebete und Worte aufgeschrieben haben – sie erzählen über das, was sie erfahren haben – von der Kraft Gottes zwischen Himmel und Erde. Ich wünsche euch für euer Leben, dass ihr immer wieder die Erfahrung macht „da berühren sich Himmel und Erde“, da ist Gott bei mir, auch wenn ich ganz unten bin, auch wenn ich ganz verzweifelt bin. Ich wünsche euch, dass ihr euch inspirieren lasst von der Bibel, die diese Gotteserfahrungen über Jahrtausende hinweg überliefert. Ich wünsche euch, dass euch diese alten Geschichten in eurem Leben Kraft geben, dass sie für euch aktuell werden!

Und der Friede Gottes, der höher ist als all unsere Vernunft, bewahre eure Herzen in Jesus Christus.

Amen.


Pfarrerin Petra Dais
Evang. Jugendpfarramt Stuttgart
Fritz-Elsas Str.44,70174 Stuttgart
www.jugendpfarramt-stuttgart.de

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