Liebeslieder

Liebeslieder

Predigt zu 2. Chronik 5, 2-5(6-11)12-14 | verfasst von Winfried Klotz |

 

Die Bundeslade wird in den Tempel gebracht (1Kön 8,1-13)

2 Nun ließ König Salomo die Ältesten Israels nach Jerusalem kommen, die Vertreter aller Stämme und Sippen. Sie sollten die Bundeslade des HERRN von der Davidstadt auf dem Zionsberg in den Tempel hinaufbringen.   1Chr 16,1

3 Alle Männer Israels kamen deshalb am Laubhüttenfest im siebten Monat zu König Salomo.   Ex 23,16S

4 Als die Ältesten versammelt waren, hoben die Leviten die Bundeslade auf ihre Schultern

5 und trugen sie zum Tempel hinauf. Mit Hilfe der Priester aus der Nachkommenschaft Levis brachten sie auch das Heilige Zelt und alle seine Geräte dorthin.   Dtn 10,5

6 König Salomo und die ganze Festgemeinde opferten vor der Lade eine große Menge Schafe und Rinder, mehr als man zählen konnte.

7 Dann brachten die Priester die Lade des HERRN an den vorgesehenen Platz im hintersten Raum des Tempels, dem Allerheiligsten. Sie stellten sie unter die Flügel der Keruben.

8 Die Keruben hielten nämlich ihre Flügel ausgebreitet und überspannten damit die Lade und ihre Tragstangen.

9 Die Tragstangen waren aber so lang, dass ihre Enden nur zu sehen waren, wenn jemand direkt vor der Tür zum Allerheiligsten stand; vom Hauptraum des Heiligtums aus waren sie nicht zu sehen. Die Lade befindet sich noch heute dort.

10 In der Lade waren nur die beiden Tafeln, die Mose am Gottesberg Horeb hineingelegt hatte. Auf ihnen steht das Gesetz des Bundes, den der HERR mit den Israeliten geschlossen hat, als sie aus Ägypten kamen.

11 Die Priester traten wieder aus dem Tempel hinaus. Für diesen Tag hatten sich alle anwesenden Priester so vorbereitet, dass sie rein waren, auch die, deren Dienstgruppe während dieser Zeit dienstfrei hatte.   1Chr 24,1-19

12 Auch die Tempelsänger waren vollzählig zugegen: die Leviten Asaf, Heman und Jedutun mit allen ihren Söhnen und Verwandten. Sie trugen Gewänder aus feinem weißen Leinen und standen mit ihren Becken, Harfen und Lauten an der Ostseite des Altars.

Ihnen zur Seite standen hundertzwanzig Priester mit Trompeten.   1Chr 15,16S; 6,24S; 6,18S; 25,1S

13 Diese setzten gleichzeitig mit den Sängern, den Becken und anderen Instrumenten ein. Es klang wie aus einem Mund, als sie alle miteinander den HERRN priesen mit den Worten: »Der HERR ist gut zu uns, seine Liebe hört niemals auf!«

In diesem Augenblick erfüllte eine Wolke den Tempel, das Haus des HERRN.   1Chr 16,34S

14 Die Priester konnten ihren Dienst wegen der Wolke nicht fortsetzen, denn die Herrlichkeit des HERRN erfüllte das ganze Heiligtum.   Ex 19,8-9S

Liebe Gemeinde!

Ein Großereignis in Jerusalem! Etwas, was nur alle 100-500 Jahre geschieht: ein Gotteshaus wird eingeweiht, in Gebrauch genommen, zum Ort der Anbetung Gottes eingerichtet. Dieser Tempel in Jerusalem ist aber mehr als eine Synagoge oder Kirche: er ist der Ort, an dem Gottes Name wohnt; er ist der Ort der vielen Schlacht- und Speiseopfer Israels. Der Ort, jedenfalls zur Zeit des ersten Tempels, wo im Allerheiligsten, in der Bundeslade unter den Flügeln der Cherubim, die Tafeln des Bundes Gottes lagen, der Ort, wo der Hohepriester am Jom Kippur, dem Versöhnungstag, mit dem Blut eines Opfertieres die Sühne für das Volk vollzog.

Der Tempel in Jerusalem ist der Ort der „schönen Gottesdienste des Herrn“ (Psalm 27,4-Luther), der Ort, von dem der Beter sagt: „Mein ganzes Leben lang möchte ich in seinem Haus bleiben, um dort seine Freundlichkeit zu schauen und seinen Tempel zu bewundern.“ (Ps. 27, 4-Gute Nachricht Bibel) Der Tempel ist Ort höchster Heiligkeit, weil dort Gottes Gegenwart sich ereignet und zugleich ist er Ort vielfältiger Begegnung der Menschen bei den Wallfahrtsfesten. Zu diesen Begegnungen gehörte auch nach dem Gottesdienst die Feier, Essen und Trinken als Teilhabe am Opfer.

Unser Abschnitt aus dem 2. Chronikbuch nennt den 7. Monat, er heißt heute in Israel Tischri, als Termin für die Einweihung; es ist der Monat, in dem das Laubhüttenfest gefeiert wird. Es erinnert an die Zeit der Wüstenwanderung, es ist aber auch das Erntefest schlechthin. Weil die Ernte eingebracht ist, kann man fröhlich feiern!

Jetzt kommt, von Salomo zusammengerufen, ganz Israel in Jerusalem zusammen; Leviten und Priester bringen die Lade und dazu das Zelt der Begegnung und weitere Gerätschaften hinauf in den Tempels; die Priester selbst stellen die Bundelade an ihren Ort ins Allerheiligste unter die Flügel der Keruben. Währenddessen werden viele Schafe und Rinder von Salomo und den Israeliten geopfert.

Nachdem all das geschehen ist, beginnt der große Lobpreis. Östlich vom Brandopferaltar, der vor dem Tempelgebäude steht, also zum Ölberg hin, haben sich Leviten und Priester aufgestellt; die Leviten als Sänger und mit Becken, Harfen und Lauten, die Priester blasen das Schofar, das Widderhorn. Vom Lobpreis heißt es:

Diese, die Priester, setzten gleichzeitig mit den Sängern, den Becken und anderen Instrumenten ein. Es klang wie aus einem Mund, als sie alle miteinander den HERRN priesen mit den Worten: ‚Der HERR ist gut zu uns, seine Liebe hört niemals auf!‘“

Interessant ist, dass der Hinweis auf den festlichen Lobpreis Gottes im Bericht von der Einweihung des Tempels in 1. Könige 8 fehlt. Der Chronist hat es nachgetragen. Musik und Tanz als Ausdruck des Lobes Gottes spielten eine Rolle schon als David die Lade nach Jerusalem in seine Stadt holen ließ (2. Samuel 6, 5+15/1. Chronik 13, 8) Musik und Tanz waren Zeichen großer Hingabe und Begeisterung! Es ging nicht um festliche Ausgestaltung eines besonderen Ereignisses, sondern um Anbetung, um Hingabe, um ein sich Einbringen in die Verehrung Gottes.

Offensichtlich waren Gesang und Musik im Gottesdienst besonders wichtig in der Zeit als der Chronist die Geschichte Davids, Salomos und der Könige Israels und Judas nach der Zeit des Babylonischen Exils neu erzählte. Wer eine Geschichte neu erzählt, reagiert dabei auch auf Fragen, die seine Zeit stellt. Der zweite Tempel wurde 515 v. Chr. eingeweiht und hatte nicht den Glanz des ersten. (Esra 6, 14-18) Die Lebenssituation der Rückkehrer war geprägt von Unsicherheit. Die Gemeinde musste sich erst neu finden. Ob deshalb der Lobpreis Gottes mehr in den Blick gekommen ist? Der Dienst der Leviten als Musiker und Sänger, eingesetzt für die Lob- und Danklieder (Nehemia 12, 8+24) oder als Chor für den Wechselgesang wird im chronistischen Geschichtswerk besonders hervorgehoben. Brauchen Zeiten äußerer Unsicherheit mehr Lob Gottes?

Am Sonntag Kantate – Singet – passt es gut, wenn wir der Bedeutung der gottesdienstlichen Musik und des Gemeindegesangs nachgehen. Gerade auch deshalb, weil Gemeindegesang in Zeiten der Corona-Pandemie noch nicht sein kann. Beim Singen werden die Viren durch Tröpfcheninfektion besonders verbreitet. So bleibt nur Instrumentalmusik und das Singen Einzelner. Aber in stellvertretendes Lob und Anbetung Gottes, in singende Anrufung und Klage kann man sich innerlich einstimmen.

Auffällig bei der Schilderung der Musik bei der Einweihung des Tempels in unserem biblischen Wort ist die Betonung der Einheit: „Es klang wie aus einem Mund, als sie alle miteinander den HERRN priesen mit den Worten: ‚Der HERR ist gut zu uns, seine Liebe hört niemals auf!‘“

Wenn ich es recht verstehe, ist damit nicht nur das musikalische Geschick der Musiker und Sänger gemeint, sondern ihre völlige Ausrichtung auf Gott, den sie loben. Ihre Musik spiegelt ihre geistliche Einheit! Ich erinnere mich gerne an eine Erfahrung, die ich vor vielen Jahren in Bournemouth, England gemacht habe. Im Abendgottesdienst einer Baptistengemeinde, der ansonsten ohne besondere charismatische Ereignisse ablief, erklang der Gesang der Gemeinde so stark, dass ich den Eindruck hatte, wenn ich jetzt umfiele, würde der Gesang mich aufrecht halten. Noch am nächsten Tag erfüllte mich das Singen der Gemeinde mit Freude!

In unserem Predigtwort antwortet Gott auf das Singen und Musizieren der Leviten und Priester mit einem besonderen Zeichen seiner Gegenwart: „In diesem Augenblick erfüllte eine Wolke den Tempel, das Haus des HERRN.“ Auch damals in Bournemouth berührte im Gesang der Gemeinde die Gegenwart Gottes. Es war eine große, tiefe, erfüllende Freude.

Das Singen der Gemeinde macht froh, fügt zusammen und richtet aus auf Gott! Es darf nicht zur gottesdienstlichen Pflichtübung werden, möglichst kunstvoll vom Organisten gestaltet, aber emotionslos von der Gemeinde aufgenommen, die die alten oder auch neuen Lieder nicht kennt oder gar ablehnt. Singen, Musik, braucht eine starke innere Beteiligung; Singen im Gottesdienst braucht die Bewegung der Herzen, die auch zur Bewegung des ganzen Menschen führen kann. David tanzte vor der Bundeslade, als sie in seine Stadt gebracht wurde.

Auch sollte unser gottesdienstliches Singen nicht völlig von der Kultur unserer Zeit gelöst sein, sonst brauchen wir uns nicht zu wundern, wenn nur noch wenige Gefallen finden am Gottesdienst. Sind wir klug, dann vergessen wir die alten Lieder nicht, sie sind wertvolles Erbe, mit viel geistlicher Erfahrung gefülltes Fundament; zugleich aber brechen wir auf mit neuen Liedern, die in heutiger Sprache- auch heutiger musikalischer Sprache – aufklingen zu Gott.

Im Brief an die Kolosser heißt es: „Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: Lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit; mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern singt Gott dankbar in euren Herzen. (Kolosser 3, 16)

Liebeslieder sind ein vielfach geübtes Genre in der Popularmusik; manche sind mitreißend, viele belanglos. Gute geistliche Musik gleicht einem Liebeslied, das die Beziehung zwischen Gott und seiner Gemeinde beschreibt. ER hat sie doch durch Jesus Christus freigekauft zu einem Leben mit ihm. Liebe ist Emotion, Bewegung hin zum geliebten Gegenüber. Feiern wir im Gottesdienst unsere Liebe zu Gott, dann sind unsere Lieder kräftiger Ausdruck der Bewegung Gottes zu uns und unserer Bewegung zu ihm, so wie es im Evangelium von Jesus uns gegeben ist. Amen.

 

Liedvorschläge: EG 103 Gelobt sei Gott im höchsten Thron oder anderes Osterlied

EG 327 Wunderbarer König

EG 243 Lobt Gott getrost mit Singen

Lobe den Herrn meine Seele (EG+ 87)

Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke (Lebenslieder -LL-298)

Die Herrlichkeit des Herrn (LL 35)

Du bist der Weg und die Wahrheit (LL+91)

Bist zu uns wie ein Vater (EG+ 54 oder LL+121)

Vorschlag Fürbittgebet: Wir danken Dir, Herr unser Gott, und freuen uns über den Schatz an Liedern und Musik, mit denen wir Dich ehren können. Es tut uns gut, Dir fröhlich oder auch traurig Lieder zu singen; es richtet uns auf und macht unser Herz weit.

Segne den Dienst der Organisten, Musikerinnen und Chöre und ihrer LeiterInnen in unserer Kirchengemeinde.

Vor Dir denken wir an Menschen, die in Unfrieden und großer Sorge leben. In der Stille bringen wir sie vor Dich: …………………

Lass Deine Augen auf sie gerichtet sein, höre, lebendiger Gott, ihr Rufen und Klagen und gib ihnen, was nach Deinem Rat gut ist.

Wir bitten für all die, die unter der weltweiten Infektion mit dem Corona-Virus leiden; besonders bitten wir für die, die als Tagelöhner ohne Arbeit und Lohn sind und hungern; hilf uns helfen!

So bring uns in Bewegung, damit wir jetzt und in aller Zukunft Dich anbeten und loben, Dich, den dreieinigen Gott, Vater, Sohn und Heiligen Geist. Amen.

 

 

Winfried Klotz, Pfr., Jg. 1952, verheiratet, 3 erw. Kinder; zuletzt Pfr. in Bad König/ Odenwald

Email: winfried.klotz@web.de

de_DEDeutsch