Lukas 22,54-62

Lukas 22,54-62

Angenommen | Lätare | 10.03.2024 | Lk 22,54-62 | Marion Werner |

Gnade sei mit euch und Frieden, von Gott unserem Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen.

Liebe Gemeinde,

Klavierklänge, eine tanzende Ballerina und Jonannes Oerding – er singt sein Lied «Ungeschminkt» (Lied kann eingespielt werden)

«Zeig mal her, die kleine Narbe an deiner Hand. Ja, ich weiss, so viele Male hast du dich verbrannt. Wisch den Dreck nicht einfach weg, denn er macht dich für mich perfekt. Zeig mal her, die kleinen Kratzer, hab ich doch längst gesehen. Wenn du willst, zeig ich dir meine, ich kann dich gut verstehen. Jeder Riss und jeder Fleck, sind deine Special Effects.

Vielleicht siehst du’s grad nicht. Komm ich zeig’s dir, dreh dich mal ins Licht
Genauso, genauso wie du bist. Kein Filter, kein Make-up im Gesicht. Kein Gold und kein Silber, du glänzt ohne Glitzer. Genauso, genauso wie du bist. Ungeschminkt und echt».

Genauso wie du bist. Echt und authentisch. Mit all deinen Kratzern und Falten und dunklen Flecken – genauso wie du bist, bist du echt und akzeptiert und angenommen.

Mit seinen warmen Klängen und der umhüllenden Musik will dieses Lied Meschen helfen, sich selber anzunehmen. Und auch Mut machen andere Menschen so anzunehmen, wie sie sind.

In unserer Welt, die von digitalen Medien und einer starken Bildkultur geprägt wird, von dem Wunsch, möglichst viele «Daumen hoch» zu erhalten, auch wenn die geposteten Fotos glücklicher und cooler aussehen als man sich fühlt – in so einer Welt wirbt Johannes Oering dafür, zu sich selbst zu stehen, sich anzunehmen mit allen Unvollkommenheiten.

Ich mag dieses Lied sehr, weil es für mich die urchristliche Botschaft aufnimmt: Gott sagt zu dir Ja. Du bist bei Gott angenommen und akzeptiert, so wie du bist. Du bist geliebt und von Gott wertgeschätzt. Und weil du von Gott angenommen bist und geliebt, darfst du dich selbst auch lieben und annehmen, so wie du bist. Du darfst mit dir zufrieden sein. Weil Gott dir vergibt, darfst du dir selber verzeihen.

In unserem Predigttext von heute erleben wir einen, der seinem Lebenslauf eine dunkle Episode hinzugefügt hat, einen Fehler macht und nun von sich selbst sehr enttäuscht ist. Wir hören einen Abschnitt aus dem Lukasevangelium im 22 Kapitel.

54 Sie ergriffen Jesus aber und führten ihn ab und brachten ihn in das Haus des Hohenpriesters. Petrus aber folgte von ferne. 55 Da zündeten sie ein Feuer an mitten im Hof und setzten sich zusammen; und Petrus setzte sich mitten unter sie. 56 Da sah ihn eine Magd im Licht sitzen und sah ihn genau an und sprach: Dieser war auch mit ihm. 57 Er aber leugnete und sprach: Frau, ich kenne ihn nicht. 58 Und nach einer kleinen Weile sah ihn ein anderer und sprach: Du bist auch einer von denen. Petrus aber sprach: Mensch, ich bin’s nicht. 59 Und nach einer Weile, etwa nach einer Stunde, bekräftigte es ein anderer und sprach: Wahrhaftig, dieser war auch mit ihm; denn er ist auch ein Galiläer. 60 Petrus aber sprach: Mensch, ich weiß nicht, was du sagst. Und alsbald, während er noch redete, krähte der Hahn. 61 Und der Herr wandte sich und sah Petrus an. Und Petrus gedachte an des Herrn Wort, wie er zu ihm gesagt hatte: Ehe heute der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen. 62 Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.

So weit das Lukasevangelium.

Petrus hat einen Fehler gemacht. Über Fehler ärgert man sich und danach überlegt man, wie man sie korrigieren kann. Noch schlimmer als Ärger ist es, wenn man von sich selber enttäuscht ist und sich nicht verzeihen kann. Ich stelle mir vor, dass Petrus an diesem Punkt angekommen ist, als er hinausgeht und bitterlich weint.

Er hat Jesus verraten und sich selbst enttäuscht.

Dabei ist Petrus jener, der Jesus mit so viel Treue und Herzblut gefolgt ist. Er hat seine Arbeit, seine Familie und sein Zuhause verlassen, um Jesus zu folgen. Er hat Jesus zugehört und versucht das zu leben, was Jesus gesagt hat. So weit, dass er sogar probiert hat über das Wasser zu gehen. Was er zum Teil auch geschafft hat. Petrus gehörte zu den Jüngern, die Jesus sehr nahegestanden haben, die auch auf ihn gesorgt haben, wenn zu viele Menschen auf Jesus eingestürmt sind. Petrus hat in Jesus mehr als nur den Freund und Meister gesehen. Er hat ihn als den von Gott gesandten Messias erkannt.

Und nun sagt er dreimal, dass er Jesus nicht kennt und nicht zu ihm gehört.

Natürlich kann man für jeden Fehler mildernde Umstände suchen: Petrus wollte nahe bei Jesus bleiben, was er nur konnte, wenn er unerkannt blieb. Hätte man Petrus als Jünger ausgemacht – wer weiss, würde man ihn auch gefangen nehmen. Es war also eine Notlüge zu seinem Schutz. Notlügen finden bei uns heute ja oft Verständnis.

Petrus aber, kann sich das erst einmal nicht verzeihen. Er hätte nie gedacht, dass er Jesus verraten würde. Erst am Abend zuvor hatte er noch gesagt: «Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.» (Lukas 22, 33) Und nun war alles so anders gekommen. Was sollte Petrus nur tun? Wie damit umgehen?

Wie gehen wir mit eigenen Fehlern und Enttäuschungen um? Sie wühlen uns auf und treiben uns lange um. Und wie oft sind wir gütiger zu andern Menschen als zu uns selbst. Anderen verzeihen wir manchmal schneller als uns selbst.

Was Petrus geholfen hat und vielleicht auch uns hilft, steht einige Verse vor unserem Predigttext. Am Gründonnerstag, beim letzten Abendmahl, sagt Jesus: «Simon, ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dann umkehrst, so stärke deine Brüder» (Lukas 22,32).

Jesus wusste, dass der Verrat kommt. Jesus weiss, dass wir Fehler machen, er erwartet keine Perfektion von den Seinen. «Ich bete für dich, dass dein Glaube nicht aufhört» – er betet für uns, dass wir an den schweren Zeiten nicht zerbrechen.

«Und wenn du umkehrst» – sagt er zu Petrus. Wenn wir umkehren. Wenn wir trotz schlechten Gewissens und Verzweiflung zu Gott kommen, dann dürfen wir Vergebung empfangen. Denn Gott nimmt uns um Christi Willen auch dann an, wenn wir uns selbst gerade nicht ausstehen können.

UND Wir dürfen uns selbst verzeihen, weil Gott uns vergibt, wenn wir ihn bitten.

Ja, ich weiss, es ist nicht leicht zu sich selbst gütig zu sein. Wir sind ja lieber strenger zu uns als zu Freunden und Familie und zu Fremden. Daher mein guter Rat: überlegen Sie in solchen Momenten, was würden Sie einem guten Freund oder einer Freundin sagen, die gerade das Gleiche durchmachen. Und dann, dann sagen Sie diese tröstenden Worte zu sich selbst.

Wir Menschen sind nun mal nicht perfekt. Wir haben unsere Stärken und Glanzmomente aber auch Unvollkommenheiten und Fehler. Wir selbst und unser Leben sind ein buntes Gemisch. Aber so sind wir authentisch und etwas Besonderes. Keine Fliessbandprodukte. So einzigartig wollte Gott uns haben. Und so braucht er uns auch. «Stärke deine Brüder» wird Petrus gesagt. «Seid füreinander da», sagt Jesus uns allen.

Ich erinnere zum Abschluss nochmals an das Lied: «Vielleicht siehst du’s grad nicht. Komm ich zeig’s dir, dreh dich mal ins Licht. Genauso, genauso wie du bist. Du glänzt ohne Glitzer. Echt» und authentisch. So will Gott dich haben.

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus unserem Herrn.

Amen.

Pfarrerin Dr. Marion Werner

Evangelisch-Lutherische Kirche Zürich

E-Mail. pfarrerin@luther-zuerich.ch

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