Philipper 4, 4-7

Philipper 4, 4-7

4,4 Freut euch in dem Herrn allewege, und abermals sage ich: Freuet
euch!
5 Eure Güte lasst kund sein allen Menschen! Der Herr ist nahe! 6
Sorgt euch um nichts, sondern in allen Dingen lasst eure Bitten in Gebet
und Flehen mit Danksagung vor Gott kundwerden!
7 Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre
eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.


Nun freu dich doch mal.“ Sagt die Mutter zur Tochter, wenn die
beim Geschenk des Opas nicht gleich in Jubel ausbricht. „Freu dich
doch mal, sonst ist Opa beleidigt. Er hat sich doch solche Mühe
gegeben. Da musst du dich doch wenigstens freuen.“
Das geht nicht. Freude lässt sich nicht befehlen. Freude ist spontan
und unmittelbar, ist Ausdruck von erlebtem Gefühl.

„Freust du dich denn gar nicht?“ Fragt der Ehemann ganz
enttäuscht, wenn seine eigentlich so gut geplante Überraschung
seiner Frau offenbar gar nicht gefällt. „Freust du dich gar
nicht? Kannst du nicht wenigstens so tun, als ob du dich freust?“
Das geht nicht. Freude lässt sich nicht befehlen und auch nicht
vortäuschen. Sie will schon echt empfunden sein.

Die Kinder sind uns dabei ein Vorbild. Sie wissen, was Freude ist, und
freuen sich ansteckend ehrlich. Aber nicht auf Kommando, sondern nur
dann, wenn sie einen Grund haben.

„Freut euch“, sagt der Apostel Paulus, „freut euch
allewege. Denn der Herr ist nahe.“
Wenn wir diese Worte hören, jetzt, kurz vor Weihnachten, dann können
auch die uns nichts befehlen, was wir nicht empfinden. Auch die Vorfreude
im Advent lässt sich nicht herbeizwingen.
Aber die klare Aufforderung von Paulus kann ich trotzdem gut hören
und mir sagen lassen, gerade jetzt, kurz vor Weihnachten: Jetzt ist nichts
anderes mehr dran, kein Sorgen und Planen, kein banges Warten, nur noch
blanke Freude ist dran. „Der Herr ist nahe. Freut euch, sorgt euch
um nichts, vertraut alles Gott an. Er ist schon auf dem Weg, Jesus ist
schon nahe.“

Das lasse ich mir gern sagen, gerade in diesen Tagen. Denn wie leicht
gerät mir das Warten im Advent zur hektischen Betriebsamkeit, und
wie schnell kann dabei die Vorfreude auf das Wesentliche verloren gehen. „Freut
euch, freut euch allewege.“ Es gibt eine Freude jenseits von Konsum-Freuden-Taumel
und angestrengt-verkrampfter Weihnachtsfeierlichkeit. Es gibt einen Grund
für unsere Vorfreude auf Weihnachten. Der Herr ist nahe. Er kommt
zu uns. Das ist jetzt dran. Alles andere kann warten.

„Freut euch, freut euch allewege, denn der Herr ist nahe.“
Als Paulus diese Worte schreibt, sitzt er im Gefängnis. Und denkt
sicher nicht an Weihnachten.
Er erlebt dunkle und trostlose Tage, er ist eingesperrt, weil er Jesus
Christus gepredigt hat.
Nun wartet darauf, dass Gott ihn aus diesem Elend befreien wird. Er ist
zuversichtlich, er macht sich nicht bange. Im Gefängnis schreibt
er an die Gemeinde in Philippi einen ganz ermutigenden, liebevollen Brief.
Und ziemlich gegen Ende fasst er alles, was er an guten Worten für
die Philipper hat, zusammen: Freut euch und lasst eure Freude leuchten.
Lasst alle Menschen eure Güte spüren. Sorgt euch nicht, bringt
alles, was euch bedrückt, vor Gott, bittet ihn, lobt ihn und dankt
ihm. Freut euch, denn er ist nahe. Und in seinem Frieden, der größer
und heilsamer ist als wir Menschen denken können, seid ihr geborgen
und bewahrt.

Solche Freude, von der Paulus schreibt, hat mit Zuversicht zu tun, mit
Vertrauen, mit der Hoffnung, die alles von Gott erwartet.
Solche Freude trägt uns, denn sie sorgt dafür, dass wir selbst
uns und unsere Sorgen leichter nehmen.
Wir können sie nicht herbeipredigen, diese Freude, aber wir können
einiges beiseite schaffen, was sie hindert, zu uns zu kommen: Jammern
und Klagen und Selbstüberschätzung und Rechthaberei….
Solche Freude ist auch mitteilsam und damit ansteckend, weil das Herz überfließt
und sich mitteilen will. Ob lauthals in Jubel und Fröhlichkeit oder
eher still in kleinen freundlichen Gesten…..

Freude spiegelt sich im ganzen Menschen. Richtige Freude sehen wir einem
Menschen von weitem an. Da lacht nämlich mehr als der Mund, da lacht
der ganze Mensch und strahlt, innen und außen.
Ein Mensch, der sich richtig freut, scheint einen halben Meter über
dem Boden zu schweben, scheint alles ringsumher zu erleuchten mit diesem
Strahlen und ist unglaublich ansteckend.
Ein Mensch, der sich freut, richtig, wirklich, echt freut, kann das nicht
verbergen und will das auch gar nicht. Alle dürfen das sehen und
spüren, alle dürfen sich von solcher Freude anstecken lassen.

Wann haben Sie sich das letzte Mal so gefreut?
Wann haben Sie zum letzten Mal einen Menschen getroffen, der so vor Freude
leuchtete?
Haben Sie ihn gefragt, warum er sich so freut?

Christenmenschen haben Grund zur Freude. Jetzt kurz vor Weihnachten
sind wir voller Erwartung, voll guter Hoffnung, dass Gott kommt, um Not
zu wenden, um Frieden zu bringen, um aller Welt Heiland zu sein. Der
Predigttext und alle Texte und Lieder in diesem Gottesdienst heute singen
von dieser Freude, die uns Christenmenschen bewegt.

Ich habe einen wunderschönen „Psalm“ gefunden von
Hanns Dieter Hüsch. Der beschreibt gut, wie diese ansteckend-unwiderstehliche
Freude aussieht, mit der ich auf Weihnachten zugehen kann.

Mit fester Freude
Lauf ich durch die Gegend
Mal durch die Stadt
Mal meinen Fluss entlang
Jesus kommt
Der Freund der Kinder und der Tiere
Ich gehe völlig anders
Ich grüße freundlich
Möchte alle Welt berühren
Mach dich fein
Jesus kommt
Schmück dein Gesicht
Schmücke dein Haus und deinen Garten
Mein Herz schlägt ungemein
Macht Sprünge
Mein Auge lacht und färbt sich voll mit Glück
Jesus kommt
Alles wird gut
(Hanns Dieter Hüsch)

Mein Auge lacht und färbt sich voll mit Glück…

Freut euch, freut euch allewege.
Nicht nur zur Weihnachtszeit will ich so froh und zuversichtlich warten
auf den, der mir da entgegenkommt. Nicht nur zur Weihnachtszeit will
ich mir solche Freude gönnen können.

Aber: letztlich kann ich ja wenig tun, letztlich ist sie ja schon ein
Geschenk.
Freude kann ich mir nicht selbst nehmen, aneignen, antrainieren.
Freude passiert mir einfach, sie begegnet mir und nimmt mich mit,
begleitet mich ein Stückchen meines Weges.
Wenn ich mich öffnen lasse, wenn ich sie herein lasse in mein Herz,
wenn ich mir die frohe Botschaft gesagt sein lasse: „Freut euch,
der Herr ist nahe.“

Mit fester Freude lauf ich durch die Gegend. Mein Auge lacht und färbt
sich voll mit Glück.
Jesus kommt. Alles wird gut.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alles, was wir begreifen,
bewahre unsere Herzen und Sinne in Jesus Christus.

Lieder:
359 In dem Herren freut euch
(auch eine Liedpredigt über dieses Lied eignet sich gut für
diesen Text)
13 Tochter Zion, freue dich
18 Seht, die gute Zeit ist nah
17 Wir sagen euch an (Freut euch, ihr Christen, freuet euch sehr. Schon
ist nahe, der Herr!)
16 Die Nacht ist vorgedrungen

P.S. Eine Legende, die für mich schön ausdrückt, wie
Freude zum Strahlen kommen kann und dabei ebenso erfolgreich-unwiderstehlich
wie unaufdringlich ist, habe ich zuletzt wieder gefunden im Kalender „Der
andere Advent“ zum 2.12.2003:

Licht
Eines Tages bemerkte der König, dass er alt geworden war. Er rief
seine Söhne in die große Halle.

Bis zum Abend habt ihr Zeit“, sagte er, „diese Halle zu füllen.“
Er gab ihnen einen Silberling. Das war nicht viel. „Wer es schafft,
soll mein Nachfolger werden.“
Die beiden zogen los.
Der Ältere kam an ein Feld, auf dem Leute gerade Weizen droschen.

Ich gebe euch einen Silberling für die Spreu!“
Die Bauern waren froh, die Spreu los zu sein und brachten sie sogar ins
Schloss. „Du kannst mich zum König machen“, rief der Ältere
seinem Vater zu, „ich habe die Halle gefüllt.“
Aber der Vater wollte noch warten. Als es dämmerte, kam schließlich
der Jüngere.

Räumt dieses nutzlose Zeug hier raus“, sagte er.
Dann stellte er eine Kerze in die Mitte der Halle. Er zündete sie
an.
Warmes Licht füllte den ganzen Raum und ließ die Gesichter
des Königs und der Söhne,
der Diener und der Mägde leuchten.
Der alte König lächelte: „Du wirst mein Nachfolger.“

Pfarrerin Dr. Petra Savvidis,
Zum Vulting 13a
59514 Welver
savvidisp@hotmail.com

de_DEDeutsch