Göttinger Predigten im Internet hg. von Ulrich Nembach und Johannes Neukirch |
8. Sonntag nach Trinitatis, 21. Juli 2002 Predigt über Römer 6,19-23, verfaßt von Katharina Coblenz-Arfken |
Liebe Gemeinde,
wo müsste heute jemand ansetzen, wenn er den Menschen etwas von der christlichen Botschaft mitteilen wollte? Wie könnte er sie begeistern? Vielleicht sollten wir beim allgemeinen Sinnverlust beginnen, wo alles in die Beliebigkeit des einzelnen gestellt wird und dann der Einzelne allzu oft das Gefühl hat, es hat ja keinen Zweck sich für irgendetwas einzusetzen“, ich kann nichts machen“, es geht auch ohne mich“, Glück hat, wer nicht unter die Räder kommt“… Der Predigttext ist auch so ein Stück aus dem Brief eines Streiters für den Glauben. Der Apostel Paulus will die Römer für seine Überzeugung gewinnen. Er versucht ihnen klar zu machen, daß sie von sich aus überhaupt keine Chance haben, vor Gott zu bestehen. Alle miteinander sind wir Menschen auf Gnade angewiesen. Aus ihr leben wir. Im 6.Kapitel seines Briefes setzt er sich damit auseinander: 19. Ich muß nach menschlicher Weise davon reden wegen eurer Anfälligkeit dem Bösen gegenüber. Wie ihr euch hingegeben hattet dem Dienst der Unreinheit zu immer neuem Unrecht, so gebt euch nun hin zum Tun, was recht ist, damit ihr heilig werdet. Paulus meint Klartext zu reden, wenn er betont nach menschlicher Weise“ zu reden. Das ist also die Zusammenfassung, die wir alle mühelos verstehen sollten. Als ich diesen Text das erste Mal las, sagte ich uff“ und darin stieg in mir ein Unbehagen auf. Der Text macht es uns nicht bequem. Er ist schon schwer nachzubuchstabieren, zumal wir in einer Welt leben, wo immer alles glatt und schnell gehen soll. Wer hört schon gern etwas von Sünde? Von den Sünden anderer schon. Aber nicht von der eigenen. Zu oft ist das Wort benutzt, um Menschen klein zu halten und noch öfter einseitig unter der Gürtellinie missbraucht. Dabei geht es um eine Daseinsbeschreibung: Sünde ist dort, wo sich ein Mensch vom Ursprung seines Lebens trennt. Banal gesagt, er befindet sich auf dem Egotrip“. Die Folge benennt der Apostel Paulus klar: Unrecht. Dienst der Unreinheit zu immer neuem Unrecht“. Wir sind als Gesellschaft in den folgenden Jahrhunderten da kaum weiter gekommen. Um bedeutend zu werden, können sich Menschen anstrengen und anstrengen – am Ende steht doch der Tod – die einzige Gerechtigkeit, wie mein Friedhofsgärtner immer zu sagen pflegte. Alle Anstrengungen des Menschen, sich selbst aufzubauen, zerplatzen. Wir sind von Gott gewollt und geliebt. Aus dieser Gnade dürfen wir leben. Paulus sagt das kurz und bündig: Ihr habt den Gewinn, daß ihr heilig werdet.“ Kein Mensch ist heilig, weil er so und soviel Gutes tut, sondern weil er von Gott geliebt wird. Und was ist mit Gottes Liebe? Ist nicht auch jeder Windhauch, der dein Gesicht berührt und dir den Rücken stärkt, Jesus lebte uns das vor. Er wusste, wie schnell wir als einzelne in die Irre gehen, wenn wir meinen, wir müssen alles selbst verantworten. Dann sind wir wie der verlorene Sohn, der sich sein Erbe schon vorzeitig auszahlen ließ, um sein Leben so zu gestalten, wie er es wollte. Er kam dabei ab vom Ziel. Er ging nicht achtsam mit dem Erbe um. Er verkam. Menschen sind immer gescheitert oder haben entsetzliches Unheil angerichtet, wenn sie geglaubt haben, sie könnten tun und lassen, was sie wollten. Ob sie nun Nero, Stalin oder Hitler oder sonst wie hießen. In der Geschichte vom verlorenen Sohn bleiben die liebevollen Arme des Vaters ausgebreitet. Deshalb kann der Sohn zurückkehren. Er kann sich von dieser Liebe wieder berühren lassen und zu neuem Leben erwachen. Denn wer sich von der Liebe Gottes berühren läßt, wird nicht gleichgültig bleiben, sondern empfindsam werden, wenn Leben neben uns rücksichtslos zerstört wird. Heutzutage kann das heißen, daß ich beginne zu fragen, was die Bank mit dem Geld macht, das da gespart wird, daß ich weiter frage, unter welchen Bedingungen die Sachen und Lebensmittel hergestellt werden, die wir billig konsumieren sollen, daß ich frage, wie der Strom produziert wird, den ich aus der Steckdose beziehe… Lassen wir uns doch ermutigen, gegen den Tod aufzustehen, damit wir uns nicht unserer Taten schämen müssen, wie Paulus sagt, und die Erde für unsere Kinder und Enkel schön und bewohnbar bleibt. Christen werden dadurch keine bequemen Zeitgenossen, aber sie werden das ewige Leben erben. Durch das, was der Apostel Paulus hier schreibt, wurden heute zwei Wegweiser hier aufgestellt, die für unser Leben die Richtung bestimmen. Der eine zeigt uns ein Leben, das wir ganz allein nach unseren eigenen Wünschen einrichten Das aber am Ende ins Verderben führt, weil wir uns damit von Gott unserem Ursprung gelöst haben. Der andere zeigt uns ein Leben, das wir nach Gottes Wünschen einrichten und das ins ewige Leben führt. Wir haben die Wahl. Amen. Liebvorschlag: EG: 400, 6 und 7 Amen
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