Römer 8,31b-39

Römer 8,31b-39

Altjahresabend | 25.12,22 | Römer 8,31b-39 | Friedrich Seven |

Text

Römer 8, 31b-39

31)  Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein?

32) Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben- wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken?

33  Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht.

34) Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt.

35) Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert?

36) Wie geschrieben steht: „Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.“

37) Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat.

38) Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges,

39) weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.

Predigt

Liebe Gemeinde!

Wem kann denn der Abschied von diesem Jahr schwerfallen?

Zu nah ist uns der Krieg gerückt, als dass wir uns jetzt ganz auf das persönliche Geschick konzentrieren könnten, selbst wenn 2022 für uns und unsere Lieben privat ein vielleicht ganz gutes Jahr war.

Die Kämpfe in der Ukraine werden so erbittert geführt, dass nicht einmal mehr für die Weihnachtstage und die Zeit zwischen den Jahren eine Waffenruhe vereinbart werden konnte.

Während wir hier Gottes Wort hören, singen und beten, schlagen gar nicht so weit von uns entfernt wohl wieder die Geschosse ein.

Wir müssen davon ausgehen, dass das neue Jahr wie das alte weiter geht.

Welche Hoffnungen können wir da an 2023 knüpfen?

Und doch haben wir uns hier an diesem Altjahrsabend zum Gottesdienst versammelt, um noch einmal vor dem Jahreswechsel die Nähe Gottes zu suchen und auf sein Wort zu hören.

Dabei suchen wir nicht nach einem höheren Wesen, an das wir uns einfach anlehnen könnten, sondern wir hören von dem Gott, der uns in Jesus Christus begegnet ist und immer wieder in unserem Gottesglauben begegnen kann.

Die Fragen, die uns der Apostel stellt, stellen eher uns in Frage, als dass sie nach Gott fragen. Der Apostel Paulus antwortet  mit der Gewissheit, dass nichts und niemand uns trennen kann von der Liebe Gottes.

Für diese Liebe steht nicht nur ein Versprechen, sondern ein Name: Jesus Christus. Es ist der Name des Menschen und Sohn Gottes Jesus von Nazareth. Mit ihm hat Gott unser Leben und unsere Geschichte auf ewig mit seiner Geschichte verbunden. Eine für Gott schmerzliche Geschichte, so schmerzlich wie es nur sein kann, wenn wir einen geliebten Menschen, ein Kind verlieren.

Trübsal- was so altertümelnd klingt, wird doch ganz gegenwärtig, wenn wir in der christlichen Hoffnung auf den Frieden in diesem gerade vergehenden Jahr damit konfrontiert werden, dass die Welt den himmlischen Frieden nicht geben kann. Unser Engagement für den Frieden, unsere Friedenbewegung kann sich nicht einfach moralisch über die hinwegsetzen, die sich verteidigen möchten.

Die begrifflichen Konfliktlinien verlaufen zwischen einem brutalen heimtückischen  Eroberungskrieg  und der Selbstverteidigung eines Landes.

Auf einmal müssen wir doch lernen, zu unterscheiden zwischen Abwehr- und Angriffswaffen. Dabei dürfen wir aber nicht unser Ziel, den Frieden, aus den Augen zu verlieren.

Es sieht alles nach einem lange währenden Gebietskrieg aus, wie wir ihn aus der Geschichte kennen.

Christus hat diese alte Geschichte schon überwunden; diese Geschichte, in der wir bestehen müssen und die wir ohne ihn nie überwinden werden.

Die Suche nach der Nähe Gottes führt uns gerade nicht weg in eine fromme Weltflucht, sondern ruft  uns mit dem Sohn Gottes mitten hinein in die Welt, in die er zu uns gekommen ist und aus der er uns dem Heil und dem Frieden entgegen führen will. Wir können mit ihm ziehen – von Jahr zu Jahr.

Wir können uns im Glauben dem Widerspruch stellen, mit dem sich die Welt gegen ihn aufrichten und seinen Sieg rückgängig machen will.

Auch in diesem Jahr sind Schwestern und Brüder um ihres Glaubens an Christus willen verfolgt worden.

Aus der privilegierten Position einer Mehrheitskirche haben wir  auf diese Verfolgten immer erst hingewiesen werden müssen.

Jetzt, wo die Statistiker auch uns einen schnellen Abstieg zu einer Minderheit deutlich unter 50 Prozent in der Bevölkerung prognostizieren, werden wir die Komfortzone wohl verlassen müssen. Vielleicht lernen wir aber auch unser Land neu zu schätzen, wenn wir am eigenen Leib erfahren, dass unsere Verfassung die Glaubensfreiheit schützt.

Die Freiheit des Glaubens, der sich nicht nur zu Weihnachten an das Schwache und Verborgene hält.

Er liegt dort elend nackt und bloß in einem Krippelein – die geistliche Armut, die existentielle Nacktheit des Menschen, ist sicher nicht einfach durch soziales Engagement zu bemänteln, aber wo im Namen Jesu der Mantel nicht geteilt wird, bleibt die Verkündigung leer.

Wenn wir weiterhin hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, bleiben wir dabei, dass wir als geliebte Kinder Gottes  auch und gerade soziale Wesen und diakonische Gemeinden sind.

Zuletzt nennt der Apostel Paulus das Schwert als das Widerfahrnis, das den Christen in der Nachfolge treffen kann und ihn in Rom wohl auch getroffen hat.

Sicher sind wir in unserem Leben vom Martyrium weit entfernt, und es käme einer Lästerung gleich, wenn wir uns mit dem, was wir als Christen in einer nicht immer freundlichen Umwelt auszustehen haben, in die Reihe der Märtyrer stellen würden. Doch genügt ein Blick in die schreckliche Vergangenheit  unseres Landes, um zu sehen, wie schnell uns die gewaltsame Ausgrenzung ereilen kann. Wie bedrückend ist es auch zu wissen, mit welchen machtlüsternen Erwartungen offenbar einige unserer Mitbürger/innen einem neuen alten Reich entgegenfiebern.

Das Reich, auf das wir zugehen, hat bereits angefangen: Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt. Mit seiner Auferweckung ist das Reich unseres Herrn schon angebrochen.

So können wir getrost  den Weg in das neue Jahr gehen. Gott wird wieder mit uns gehen, auch ihm ist die Schwelle bekannt.

Bei aller Sorge und in Angst um den Frieden in der  Welt dürfen wir getrost auch an uns denken.

Dankbar dürfen wir uns auch erinnern an das, was Dir und mir gelungen ist und was uns Hoffnung auf ein Gelingen im neuen Jahr gibt.

Sicher steht für jeden auch einiges Beschwerliche, ja gar Gefährliches  an, aber keiner braucht die Hoffnung zu verlieren.

Darum lasst uns singen: Hilf, Herr Jesu, lass gelingen, hilf das neue Jahr geht an.

Amen!


Pastor i.R.

Dr. Friedrich Seven

Co Almut Willms

Kirchberg 17

37431 Bad Lauterberg


e-mail: friedrichseven@t-online.de

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