Römer 08,31-39

Römer 08,31-39

Ein fester Boden in schwierigen Zeiten | Altjahrsabend | 31. Dezember 2022 | Röm 08,31-39 | Kira Busch-Wagner |

Der Predigtabschnitt, der uns heute zum Trost, zur Erinnerung, zur Zuversicht zu bedenken aufgetragen ist, entstammt dem Eingangsteil des Paulusbriefs an die Gemeinde in Rom. Es ist das letzte Paulusschreiben, das wir kennen. Der letzte, große, abschließende Brief des Paulus, ein theologisches Testament.

Wie stark Paulus zu der Zeit der Abfassung seines Briefes, vermutlich in Korinth, 25 bis 30 Jahre nach der Kreuzigung Jesu, und fast ebensoviel Zeit nach seiner Berufung ,war, –  in wieweit Paulus gerade da persönlich mit schweren Bedrängnissen gerechnet hat, weiß ich nicht. Aber erlebt hatte er schon so vieles: Gerichtsverhandlungen, bei denen nicht abzusehen war, wie es ausginge, Gefängnis, körperliche Strafen, Schiffsunglück, chronische Krankheit. Aber auch Streit, Verleumdung, Gehässigkeit. Er war, wenn auch manches mal schwer lädiert, davon gekommen. Er hatte auch viel erreicht, viel bewirkt. Und musste zugleich immer mit überraschendem Unglück rechnen.

Er ist mit all dem umgegangen auf dem Boden eines unendlich großen Grundvertrauens in Gott.

Paulus hat Jesus nicht persönlich zu Lebzeiten kennengelernt. Aber, – kein Sachverhalt ist öfter überliefert im Neuen Testament als der – Paulus sagt: Christus ist mir begegnet. Der Auferstandene ist mir begegnet. Er hat mich gerufen. Er hat mich berufen. Das verändert das Leben. Das bestärkt mein Vertrauen. Das bestätigt meine Erfahrungen mit Gott, selbst wenn viele Erfahrungen mit Menschen, ja sogar mit übermenschlichen und überirdischen Mächten, dagegen stehen.

Paulus schreibt im Brief nach Rom:

Ist Gott für uns, wer kann wider uns sein? 32 Der auch seinen eigenen Sohn nicht verschont hat, sondern hat ihn für uns alle dahingegeben – wie sollte er uns mit ihm nicht alles schenken? 33 Wer will die Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hier, der gerecht macht. 34 Wer will verdammen? Christus Jesus ist hier, der gestorben ist, ja mehr noch, der auch auferweckt ist, der zur Rechten Gottes ist und für uns eintritt. 35 Wer will uns scheiden von der Liebe Christi? Trübsal oder Angst oder Verfolgung oder Hunger oder Blöße oder Gefahr oder Schwert? 36 Wie geschrieben steht: »Um deinetwillen werden wir getötet den ganzen Tag; wir sind geachtet wie Schlachtschafe.« 37 Aber in dem allen überwinden wir weit durch den, der uns geliebt hat. 38 Denn ich bin gewiss, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Mächte noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, 39 weder Hohes noch Tiefes noch irgendeine andere Kreatur uns scheiden kann von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserm Herrn.

Paulus schreibt nicht, dass er niemals schuldig geworden sei. Er spricht nicht davon, dass er in vollendeter Haltung durchs Leben gehe.

Er behauptet nicht, dass Todesgefahr, Trübsal, Angst, Verfolgung, Hunger, Blöße, sei es Bloßstellung, sei es Nacktheit, ihn kalt lassen, an ihm abprallen oder gar nur in der eigenen Einstellung existieren. All das gehört zu Realität des Lebens. Das kennt er. Bei sich. Bei anderen.

Das unterscheidet ihn von vielen Argumentationen, die mir immer wieder begegnen.

Nicht so schlimm, sagt da jemand. Gibt sich. Zeit heilt Wunden. Oder: selber dran schuld. Kann ich nichts dafür. Ist weit weg.

Oder in Sachen Moral: das wird nicht bestraft, also ist es erlaubt. Ich bin nicht bestraft, also habe ich eine weiße Weste.

Nein, ganz anders.

Schuld – Paulus steht dazu. Gefahr, Bedrängnis, Sterben: für Paulus alles ganz unmittelbare Erfahrung. Das nimmt er ernst. Er redet das Leid nicht klein. Er beharrt aber:

Gott hält Verbindung durch Schuld, Gefahr, Bedrängnis, Sterben, ja durch den Tod hindurch. Wenn Sünde das Wort für den Abstand zu Gott ist, dann macht Gott die Sünde zunichte, weil der den Abstand überbrückt. Durch seinen Messias, durch seinen Christus, den Menschen Jesus. Der, der den Paulus berufen hat. Zu dem wir gehören – sichtbar, hörbar, fassbar –  seit unserer Taufe.

Für Paulus ist das der feste Boden, auf dem er steht, wenn alles über ihn hereinbricht.

Auf diesen Boden weist er uns hin. Wir sind frei, dahin zu treten.

Am ersten Januar 2022 haben wir auf die Jahreslosung geschaut, haben Sie hier in der Kirche noch hängen. Jesus Christus spricht: wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen (Joh 6, 37). Da sind wir auf das neue Jahr zugegangen. Sind hineingegangen . Heute schauen wir sozusagen von innen zurück. Jahreslosung und Bibelwort des letzten Tages begegnen einander. Wie die beiden Schließen einer Kette.

Christus hat uns nicht abgewiesen. Am Ende lädt Paulus uns ein, zu bezeugen: Und nichts kann von ihm, wie auch immer unsere Erfahrungen sind, uns scheiden.

Mögen auch Ihre Erfahrungen mit dem Jahr 2022 sich dahinein fassen lassen.

In Christus Jesus bewahre der Friede Gottes, höher als alle Vernunft, unsere Herzen und Sinne, unseren Verstand und alles Empfinden, unser Gelingen und Scheitern. Amen.


Liedvorschläge

EG 64, 1,2,6 Der du die Zeit in Händen hast (Achtung, verschiedene Melodien!)

EG 65 Von guten Mächten („ohne Zittern“? Oder: „oft mit Zittern“/ „unter Zittern“?)
EG 39, 1+5 Kommt und lasst uns Christus ehren

EG 56, 1.4.5  Weil Gott in tiefster Nacht erschienen

EG 351, 1.12,13 Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich

EG 34, 1+4 Freuet euch der Christen alle (verbindet in der 4. Strophe Weihnachten und Jahreswechsel)

Halleluja nach EG 34

Aus: Wo wir dich loben, wachsen neue LiederNL 167 Keinen Tag soll es geben


Gedanke für die Fürbitte

Taufen, Trauungen, Bestattungen, Konfirmanden, Konfirmierte, Ein- und Austritte der Gemeinde im zurückliegenden Jahr nennen, evtl. in ihrer Anzahl, und aufnehmen in die Fürbitte.

de_DEDeutsch