Urlauberseelsorge

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Urlauberseelsorge

Liebe Gemeinde, verehrte Gäste,

in den Ferien haben Sie und ich etwas, das wir sonst nur in eingeschränktem
Maße haben: Frei verfügbare Zeit.

In meinem wie ihrem Alltag – so nehme ich an – überwiegt die verplante,
bereits durch berufliche und familiäre Vorgaben ausgefüllte
Zeit. Daher stellt sich ganz von selbst ein freudiges Gefühl ein,
wenn sich ankündigt und dann gar Wirklichkeit wird: Urlaub, Ferien,
freie Zeit. Vielleicht kann man sogar einen Zusammenhang zwischen verplanter
Zeit und der Bedeutung der freien Zeit formulieren. Etwa: Je größer
der Anteil verplanter Zeit, desto wichtiger wird die freie Zeit.

Freie Zeit – mit ruhigem Blick über die Meere im Norden unseres
Landes schauen, die sich mächtig erhebenden Berge im Süden
bestaunen, den mit Getreidefeldern und Wäldern bedeckten Hügelketten
in der Mitte Deutschlands nachsinnen und den Blick über die ebenen
Flächen zwischen Nordsee und Mittelgebirge schweifen lassen. Und
was an jedem Ort möglich ist, den Blick in den Himmel heben. Ob
in Cuxhaven an der Nordsee oder Lindau am Bodensee, ob in Köln am
Rhein oder im Berliner Stadtteil Pankow – Wolkenformationen regen zur
Fantasie, zum Träumen, zum Staunen, zum Fragen an.

Nicht zum bedrängenden Fragen, denen Sie und ich im Alltag ausgesetzt
sind. Fragen, denen wir möglichst zügig und kompetent eine
Antwort zu präsentieren haben. Fragen, die uns fordern und bei deren
Antwort wir in gutem Licht stehen bleiben müssen – wie verzwackt
sie auch sein mögen.

Vielmehr lädt der Blick in die Wolken zum probierenden Fragen
ein: vorsichtig, tastend, versuchend, spielerisch, zwei Schritte vor
und einen zurück.

Tastendes Fragen nach uns selbst, nach unserem Leben, nach unserem
Platz in der Welt. – Wer bin ich? – was bestimmt mich? – was will ich?

Und nach dieser Positionsbestimmung schleichen sich die nach vorn in
die Zukunft gerichteten Fragen ein: Wo will ich in meinem Leben hin?
– An welcher Stelle möchte ich es gern verändern, nicht so
sehr völlig neu gestalten, aber doch ein wenig korrigieren, aus
der Schieflage herausholen, die sich über die Zeit eingeschlichen
hat. Wie eine Holzbank, die langsam über die Jahre verwittert und
nun gerichtet und gestrichen werden, vielleicht gar einen neuen Standort
erhalten müsste.

Ferienzeit, Urlaubszeit, freie Zeit – Zeit und Raum für meine
Lebensfragen.

In dieses Nachsinnen und Staunen, Träumen und Andenken, in dieses
tastende Fragen meldet sich ein Wort zum Leben. Gott spricht: „Fürchte
dich nicht, denn ich habe dich befreit; ich habe dich bei deinem Namen
gerufen; du bist mein.“ (Jes. 43,1)

Die selbstbewußt dynamische Frage „Wo will ich in meinem
Leben hin?“ Oder etwas vorsichtiger: „Wie wird das nur alles
werden?“ … – Diese Fragen erhalten durch den biblischen Vers einen
Hinweis. – Wie ein Schiff im Meer, das sich orientieren will. Da blitzt
in der Ferne endlich das Leuchtfeuer auf. Nun ist Positionsbestimmung
ist möglich, die Heimat wird greifbar nah, in Gedanken ist die Besatzung
schon an Land.

„Fürchte dich nicht, … ich habe dich bei deinem Namen gerufen
…“: Gott kennt dich. Gott weiß um dich. Gott hat dich wahrgenommen.
Gott sieht dich an.

„Fürchte dich nicht, … du bist mein.“: Gott bietet
dir himmlisches Bürgerrecht an. Du gehörst zu seinem Reich,
ohne Steuern und Abgaben. Du musst nicht nur im Irdischen verhaftet sein
– mit seinen Merkwürdigkeiten und Unzulänglichkeiten, Ungerechtigkeiten
und Bedrängnissen, sondern: Du hast ein himmlisches Zuhause, ohne
Vorleistung, so wie du bist.

Nachsinnen und Staunen, Träumen und Andenken, tastendes Fragen
und Gottes „Fürchte dich nicht, … du bist mein.“ – Freie
Zeit im Urlaub.

Amen.

Pfarrer Dr. Axel Makowski
Erlenweg 2
34393 Grebenstein
Tel.: 05674
/ 4365
Fax: 05674 / 922 954
e-mail: axel_makowski@yahoo.de

Seit 4 Jahren bin ich für 4 Wochen in der Urlauberseelsorge tätig:
Neuharlingersiel, Cuxhaven, Immenstadt am Alpsee, Lindau am Bodensee,
Seebruck am Chiemsee.

 

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