Wandelt in der Liebe…

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Wandelt in der Liebe…

Wandelt in der Liebe als Gottes Kinder | Predigt zu Epheser 5, 1-9 | verfasst von Rainer Kopisch |

 

Liebe Gemeinde,

Wahrscheinlich werden sich nur einige von Ihnen an den Bericht in einer Predigt über eine mystische Begegnung erinnern.

Es war die Schilderung der Begegnung mit Gott eines mir persönlich bekannten Pfarrers.

Ich werde diese Vision noch einmal schildern,

weil sie eine spätere Fortsetzung hat, die dem Thema des Predigttextes entspricht.

Ich gebe den Bericht in der orginalen Ich-Form wieder:

„Ich schwebe senkrecht immer schneller in den Himmel.

Die Erdoberfläche entfernt sich und ich bekomme bald die Erde als blauen Planeten in den Blick, der langsam kleiner wird.

Zwischen den Planeten hindurch fliege ich aus unserem Sonnensystem heraus

zwischen vielen Sonnen durch unsere Milchstraße.

Bald sehe ich das System der Milchstraße als geschlossene Galaxie

und fliege zwischen weiteren Galaxien hindurch bis an die Grenze des Alls.

Wo ist Gott? Bald sehe ich ihn sitzen.

Gott blickt mich liebevoll an, als erwarte er mich.

Er lädt mich ein, auf seinem Schoß zu sitzen und seine Gefühle mitzuerleben.

Ich bin sofort einverstanden.

Ein größeres Geschenk von Nähe und Geborgenheit gibt es nicht.

In Gottes Schoß geborgen erlebe ich Unbeschreibliches:

Die Liebe Gottes steigert sich in meiner Wahrnehmung zu allumfassender Gegenwart und Stärke.

Ich bemerke eine Gefühlseinfärbung von Barmherzigkeit in das Gefühl der Liebe.

Es gewinnt zunehmend auch ihre Kraft.

Ich bin unbeschreiblich erfüllt von diesem Erleben.

Doch dann spüre sich ein weiteres Gefühl Gottes: Freude.

Diese zunehmend größer werdende Freude Gottes nehme ich zunächst mit Erstaunen wahr.

Dann spüre ich, wie die Freude an der Liebe und Barmherzigkeit zu einer unbeschreiblich großen Freude wird, die mein ganzes Herz erfasst und damit leiblich als Kern des Lebens erfahrbar wird.“

 

Wenn ein Mystiker oder eine Mystikerin über ein Erlebnis berichtet, ist es schwer für Außenstehende, ihrem Bericht zu folgen.

Nicht persönlich betroffen sucht man nach der Botschaft, die durch solch ein Erlebnis vermittelt wird.

Die Botschaft scheint mir zu sein:

Gottes barmherzige Liebe ist in unermessliche Fülle und Kraft für alle da.

Sie ist Anlass zu großer Freude.

Unser Verständnis für dieses mystische Erlebnis ist auf Grund unseres Wissens möglich.

Wir wissen aus der christlichen Überlieferung, dass Gott die Liebe ist.

Wir wissen, dass Jesus Christus für diese Liebe in den Tod gegangen ist.

Jesus Christus nachfolgen heißt für Christinnen und Christen: auch in der Liebe zu leben.

Den Predigttext unserer Predigt haben Sie schon als Epistellesung aus dem fünften Kapitel des Epheserbriefes Vers eins bis neun gehört.

Sie haben sicher noch in Erinnerung, dass es dem Schreiber des Epheserbriefes ein Anliegen ist, uns zu ermuntern, Gott in seiner Liebe nachzufolgen.

Ich werde Ihnen Textstellen jeweils in einer anderen Übersetzung vorlesen,

die mir liebevoller mit dem Ursprungstext in der Übersetzung vorzugehen scheinen.

 

Es ist die Übersetzung des Neutestamentlers Klaus Berger und der Übersetzungswissenschaftlerin Christiane Nord.

 

  1. Eifert also Gott nach, weil ihr seine Kinder seid, die er liebt.
  2. Und schenkt reichlich Liebe.

 

Dieser Rat ist Goldes wert, so würde meine Großmutter sagen.

Sie war eine liebevolle und lebenskluge Frau.

 

Wenn Menschen erfahren, dass die Liebe Gottes unerschöpflich ist,

werden sie vertrauensvoll und zuversichtlich auch selbst bereit sein,

diese Liebe Gottes durch ihr Herz hindurch weiterzugeben.

 

„Denn Christus hat euch zuerst geliebt.

Er hat sein Leben eingesetzt für euch.

Er hat es dargebracht und geopfert und Gott nahm es gerne an.“

 

Wir feiern heute den dritten Sonntag der Fastenzeit Okuli.

Lateinisch „okuli“ heisst deutsch „sehet“.

Wir sollen sehen, welches Leiden Jesus auf sich genommen hat.

Zweifellos hat Jesus um seinen Kreuzestod gewusst, als er im Garten Gethsemane zu Gott gebetet hat und mit sich und seinem himmlischen Vater gerungen hat,

während die acht Jünger einschliefen.:

„Vater, willst du, so nimm diesen Kelch von mir;

doch nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“

Jesus hat sein Geschick endlich in Gottes Willen legen können.

Jesus überwand seine Todesängste.

Die letzten Worte Jesu am Kreuz gibt der Evangelist „Lukas wieder:
„Und Jesus rief laut: Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände!“

 

Jesus wurde gewiss, dass er sein Leben opfern muss, damit seine Botschaft von der versöhnenden Liebe Gottes nach seinem Tod von seinen Jüngern weitergetragen werden kann.

Sein Vertrauen auf Gott und sein fester Glaube haben Jesus nicht im Totenreich gelassen.

Gott hat ihn zu neuem Leben auferweckt, wie die Zeugnisse der ersten Christen belegen.

Diese Zeugnisse und der vielfältige Glaube der ersten Christen gingen durch die Missionare in die Welt und haben unseren Vorfahren den christlichen Glauben gebracht.

Viele Menschen sind aus christlicher Sicht von der Verehrung von Götzen zur Verehrung des einzigen Gottes, unseres Vaters im Himmel, gekommen, sie sind zu Heiligen geworden.

Heilig heißt zu Gott gehörig.

Natürlich gibt es Vorstellungen, wie wir als Heilige leben sollen.

 

  1. Sexgier, Habgier und Haltlosigkeit sollt ihr nicht einmal dem Namen nach kennen. So gehört es sich für Heilige.
  1. Das gilt auch für unanständiges und dummes Gerede und für angeblich Witziges. Ihr solltet lieber danken.
  1. Denn merkt euch dies: Wer sexgierig oder habgierig oder haltlos ist, der ist eigentlich ein Götzendiener. Am Reich Christi und am Reich Gottes hat er nicht teil.
  1. Keiner soll euch mit leeren Worten betrügen.

Deswegen droht Gottes Zorn Gericht allen, die ihm nicht gehorchen.

Macht nicht gemeinsame Sache mit ihnen.

 

Falls Sie irgendeine Ähnlichkeit mit Vorkommnissen in unserer jetzigen Zeit erkennen sollten, erschrecken Sie nicht zu sehr und bleiben sie ruhig und gefasst.

Der heutige dritte Sonntag in der Passionszeit heißt nicht ohne Grund Okuli zu deutsch „siehe“.

 

Wenn wir genau und voller Achtsamkeit mit unseren Augen sehen

und mit der barmherzigen Liebe Gottes fühlen,

werden wir Erschreckendes merken.

Das menschliche Zusammenleben ist nicht ohne Folgen:

Eine unzählbare Schar von Opfern tut sich auf,

die den Götzen zum Opfer fallen.

 

Das mag zwar eigenartig klingen, aber wir müssen damit rechnen,

Opfer von Götzen werden zu können, wenn wir nicht aufpassen.

Es mag zwar eigenartig klingen, aber wir müssen damit rechnen.

Von Martin Luther wird berichtet, dass er ein Tintenfass nach dem Teufel geworfen hat, der ihn offenbar belästigt hatte. Er schrie ihn an: „Baptus sum“ Das heißt: ich bin getauft.

Der Tintenfleck ist heute noch an der Wand seines Arbeitszimmers in der Wartburg zu sehen, natürlich sehr sorgfältig restauriert.

Der erfolgreiche Arbeitsbereich des Bösen ist die Finsternis der Umstände und die Finsternis des Geisteszustandes der möglichen Opfer.

So endet unser Predigttext verständlicherweise mit dem Hinweis, das Licht Gottes zu achten.

 

  1. Denn einst wart ihr von Finsternis umhüllt, jetzt aber steht ihr im Licht, weil ihr zum Herrn gehört. Verhaltet euch wie Kinder des Lichts. Sie können die Früchte des Gotteslichtes selbst schmecken, wenn sie reif werden.
  1. Denn aus Licht wachsen Güte, Gerechtestun und Ehrlichkeit als Früchte heran.

 

Vergessen Sie dabei nicht, wie hilfreich die Gefühle Gottes Sie anregen können.

In diesen Coronazeiten haben Sie oft Gelegenheit,

Menschen zu begegnen, die offen sind für den Austausch von Zeichen der Gefühle.

Sie sehen es in den Augen von Menschen, welche Gefühle Ihnen angeboten werden.

 

Gesten und Bewegungen helfen bei der sprachlosen Kommunikation.

Sie sehen in denselben Augen später Reaktionen auf Ihre mitgeteilten Gefühle.

 

Wichtig ist dabei die Botschaft: Ich achte auf dich und deine Wünsche.

Der Austausch ist oft nur kurz aber intensiv.

Oft werden sie die Freude im Herzen über „Früchte des Lichtes“ erleben.

 

Bleiben Sie bewahrt und achtsam,

gesund und

gesegnet mit Humor und Freude im Herzen.

 

Amen.

 

 

 

Pfarrer i. R. Rainer Kopisch

Braunschweig

E-Mail: rainer.kopisch@gmx.de

 

 

Zur Erstellung der Exegese des Textes habe ich das Theologische Wörterbuch zum NeuenTestament von Kittel in der ersten Auflage und die Interlinearübersetzung von Ernst Dietzfelbinger in der dritten Auflage benutzt.

Als Alternative zum Luthertext 2017 habe ich die Übersetzung des Neuen Testamentes und der frühchristliche Schriften von Berger und Nord gewählt, weil ich die Erinnerung an Kain und Abel bei den Worten „lieblicher Geruch“ im Luthertext vermeiden wollte und um einem Exkurs zum Problem des rituellen Opferkultes aus dem Wege zu gehen.

Der eingefügte Bericht eines Pfarrers über eine mystische Gottesvision, habe ich bereits früher in eine Predigt aufgenommen. Diese Vision bestätigt, was wir von Gott wissen: Er ist Liebe.

Er bietet sich m.E. für diesen Predigttext als Einführungsgeschichte besonders gut an.

 

Rainer Kopisch, Pfarrer in Ruhe der Evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig,

Seelsorger mit logotherapeutischer Kompetenz,

letztes selbstständiges Pfarramt: Martin Luther in Braunschweig,

in der Vergangenheit:

langjähriger Vorsitzender der Vertretung der Pfarrer und Pfarrerinnen in der Landeskirche,

Mitglied in der Pfarrervertretung der Konföderation der Landeskirchen in Niedersachsen,

Mitglied in der Pfarrvertretung der VELKD, Mitglied in der Fuldaer Runde.

 

Roonstr. 6
38102 Braunschweig
rainer.kopisch@gmx.de

 

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