Zu Risiken und Nebenwirkungen …

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Zu Risiken und Nebenwirkungen …

Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Jesus |Predigt zu Mt 11,25-30 | verfasst von Suse Günther |

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen. AMEN

Mt 11,25-30

Zu der Zeit fing Jesus an und sprach:

Ich preise Dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil Du dies den Weisen und Klugen verborgen hast und hast es den Unmündigen offenbart. Ja, Vater, denn so hat es Dir wohlgefallen.

Alles ist mir übergeben von meinem Vater, und niemand kennt den Sohn als nur der Vater, und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbart.

Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht.

Gott, gib uns ein Herz für Dein Wort und nun ein Wort für unser Herz. AMEN

Liebe Gemeinde!

In Corona Zeiten hat es sich in unserer Familie ganz fest eingebürgert, abends die Nachrichten anzusehen. Um nicht zu spät zu kommen, wurde schon einige Minuten früher eingeschaltet. Und damit flimmerte die unvermeidliche Werbung ins Wohnzimmer, die, das konnte ich nun über Wochen beobachten, sich zu diesem Zeitpunkt nur an eine Zielgruppe richtet, die Altersgruppe 50+, zu der auch ich gehöre. Man hätte sein ganzes Gehalt ausgeben können für Mittel, die einem Vitalität und Ruhe verschaffen, wenn man dem allen geglaubt hätte. Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker

Ich fühlte mich angesprochen von beidem, vom Wunsch nach Vitalität und vom Wunsch nach Ruhe. Ich konnte den Menschen auf dem Bildschirm nachfühlen, wie glücklich sie über durchgeschlafene Nächte und mehr Leistungsfähigkeit waren, wenn es dazu ein Zaubermittel gäbe, dann wäre auch ich nicht abgeneigt.

Gleichzeitig aber wurden in mir Zweifel wach. Zweifel an einer Lösung für meine Probleme, die mir sagt: Du musst nur das und das von außen aufnehmen, dann wird alles gut.

Ich musste an viele der Menschen denken, denen ich im Krankenhaus und in der Beratung begegne und die genau das von mir wollen: Eine kurze Antwort auf die Frage: Was soll ich tun, was soll ich einnehmen, damit sich mein Problem löst.

Für Medikamente, die sicherlich gut sind, kurzfristig Linderung zu verschaffen, sind allerdings die Mediziner zuständig.

Ich selbst gehe mit den Menschen einen anderen Weg, der oft sehr lang ist: Den Weg sehr genau nachzusehen, wo die Probleme ihren Ursprung haben, wie ein neuer Anfang geschafft werden kann, was der Mensch dabei auch an sich selbst ändern kann, um einen neuen Blick auf die Welt zu bekommen und anderen neu zu begegnen.

Ruhe finden auf lange Sicht ist mit Medikamenten schwierig, wenn weiter im Inneren ein Sturm tobt.

Um diesem Sturm zu begegnen ist vieles wichtig. Zum einen sehr genau hinzusehen, wo dieser Sturm herkommt.

Zum anderen aber auch zu sehen, wie man diesem Sturm begegnen kann. Welche Kräfte man selbst mobilisieren kann.

Jesus behält im Sturm die Ruhe, als seine Jünger (Mk 4, 35-41) zu verzweifeln suchen. Er fordert seine Freunde auf, die Ruhe zu bewahren, auch wenn die Wellen hochschlagen. Dass das nicht einfach ist, weiß er.

Im heutigen Predigttext bietet er deshalb an: Kommt zu mir, hier findet Ihr Ruhe für Eure Seelen.

Auch Jesus besitzt diese Ruhe offensichtlich nicht aus sich selbst heraus. Er weiß, wie es ist, auf dieser Welt zu leben. Mit welchen Ängsten und Sorgen wir da konfrontiert werden. Jesus kann so ruhig leben und das an andere weitergeben, weil er selbst die Quelle kennt, aus der er Kraft schöpft. Seine Kraft kommt aus seinem Zusammenleben mit seinem Vater, mit Gott. „Alles ist mir übergeben von meinem Vater und niemand kennt den Sohn als nur der Vater. Und niemand kennt den Vater als nur der Sohn und wem es der Sohn offenbaren will.“

Eine ganz ähnliche Stelle finden wir im Johannesevangelium (Kapitel 17): Auch hier wendet sich Jesus im Gebet an Gott.+

Schon vorher (Joh 14,11 u.a.) betont er, dass er mit seinem Vater eng verbunden ist, in ihm ist. Als es dann in Kapitel 17 ans Abschiednehmen geht, gibt er den Menschen diese Kraftquelle mit auf den Weg: „Ihr bleibt mit mir verbunden. So wie ich mit Gott verbunden bin.“

Ja, viele Probleme können Menschen in ihrem Leben lösen, wenn sie eine solche stabile Beziehung zu Eltern oder anderen wegweisenden Menschen in ihrem Leben gehabt haben.  Viele Probleme entstehen ja erst dadurch, dass es eine solche stabile Beziehung nicht gegeben hat. Jesus bietet sich an, wenn er sagt: „Kommt zu mir. Tretet mit mir in Verbindung, in Beziehung. Auf mich könnt Ihr Euch verlassen. Denn auch ich habe eine solche zuverlässige Verbindung. Ich weiß, zu wem ich gehen kann, wenn es schwer wird im Leben: Zu meinem Vater, zu Gott. Ich biete Euch an, über diese Brücke zu gehen, mit mir verbunden zu bleiben und auf diese Weise auch mit Gott. So findet Ihr Ruhe.“

Manchen Menschen fällt es schwer, eine solche Brücke zu betreten. Gerade dann, wenn sie nicht lernen konnten, zu vertrauen. Aber da hat dann Jesus selbst die Ruhe weg: Er lässt uns Zeit. Er bietet sich an, er drängt sich nicht auf. Die Brücke steht, über alle Zeiten hinweg. „Es ist nie zu spät, eine glückliche Kindheit zu haben“ – dieser Spruch, der so hemdsärmelig daherkommt, hat doch eine tiefe Weisheit in sich. Wer eine stärkende Beziehung zu Eltern in seinem Leben vermisst, der kann trotzdem Rückendeckung bekommen. Jesus ist in Verbindung mit uns. Und er ist in Verbindung mit Gott. Hier finden wir den Vater, die Mutter, den Freund, die Freundin, die uns im Leben etwas zutrauen. Und hier können wir selbst zu Freunden und Freundinnen, zu guten Eltern werden.

Das ist das, was ich Menschen sagen kann, in deren Leben der Sturm tobt. Und denen Medikamente für Ruhe und Kraft wohl für den Moment helfen können mit dem Sturm zu leben. Nicht aber, den Sturm zu stillen.

Ich kann sagen: „Betretet die Brücke. Fangt an, zu vertrauen. Fangt an, Euch etwas zuzutrauen. Schritt für Schritt.“

Dass das nicht einfach ist und seine Zeit braucht, das erlebt jede*r, der sich auf diesen Weg macht. Von den Jünger*innen auf dem sturmumtosten Boot im Markusevangelium bis zu denen, die Jesus in die Welt hinaus sendet als seine Boten (davon berichtet das Markusevangelium kurz vor unseren heutigen Predigttext)Von den Jünger*innen, von denen Jesus im Johannesevangelium Abschied nimmt bis zu uns heute.

Auch zur Zeit Jesu haben Jesu Freunde*innen diese Brücke nötig gehabt.  Hart geht Jesus mit denen ins Gericht, die sich nur um sich selbst drehen und sich nicht zu einem neuen Anfang, zu einer Umkehr auf ihrem Weg bewegen lassen.

Aber die Brücke steht, bis heute.

“Kommt her“ sagt Jesus. „macht Euch auf den Weg, gerade Ihr mit Problemen. Es ist nicht damit getan, sich nur immer selbst im Blick zu haben. Euer Herz wird weit, Euer Kopf wird frei, wenn Euer Blick sich zum Himmel weite:. Wenn Ihr erlebt, wie ihr Hilfe findet in Verbindung mit Gott und den Menschen.“

Corona hat für viele eine ganz neue Sicht auf die Welt eröffnet. Vielen hat diese Zeit ohne Termine, ohne Vereinssitzungen und Freizeitstress, ohne Elternabende und Staus eine ganz neue Ruhe gebracht. Viele haben diese Gelegenheit genutzt, ihr Leben ganz neu zu überdenken. Viele haben sich füreinander eingesetzt und einen Weg finden müssen, mit ihren Ängsten umzugehen. Viele haben täglich die Andachten gelesen, die unsere Kirchengemeinde täglich ins Netz gestellt hat. Viele melden sich auch jetzt, wo das wieder möglich ist, zu den Gottesdiensten an. „Gott ist mit mir durch diese Zeit gegangen und tut es noch“ – diesen Satz habe ich nicht nur einmal gehört.

Die Brücke steht, auch in dieser merkwürdigen Zeit, in der wir anfangen aufzuatmen und dem Frieden doch nicht wirklich trauen: Gott, ich möchte bei Dir sein und bleiben auch in den Zeiten, die jetzt kommen. In allen Stürmen, die mich ängstigen. Bei den Unruhen durch Rassendiskriminierungen. In den Flüchtlingslagern auf griechischen Inseln. Bei der Abholzung des brasilianischen Regenwaldes, bei der Ölverschmutzung in Sibirien. In den Slums, in denen Menschen Corona hilflos ausgeliefert sind.

Ich möchte bei Dir sein und bleiben und meinen Beitrag in der Welt leisten. Weil ich mit Dir verbunden bin und bei Dir Ruhe und Kraft finde. Immer wieder neu.

Risiken und Nebenwirkungen? Fragen Sie Jesus. AMEN

+es scheint tatsächlich, als hätten Matthäus und Johannes dieselbe Quelle benutzt

de_DEDeutsch