1.Könige 10,1-13

1.Könige 10,1-13

Salam aleikum, Friede sei mit dir | Epiphanias | 6. Januar 2024 | 1.Kön 10,1-13 | Eberhard Busch |

Als die Königin von Saba von dem Ruhme Salomos hörte, kam sie, ihn mit Rätseln zu erproben. Sie kam nach Jerusalem mit großem Gefolge, die Spezerei, Gold in Mengen und Edelsteine trugen. Und als sie zu Salomo kam, fragte sie ihn alles, was sie sich vorgenommen hatte, und Salomo gab ihr auf all ihre Fragen Bescheid. Es war dem König nichts verborgen, dass er ihr nicht hätte Bescheid geben können. Als aber die Königin von Saba all die Weisheit Salomos sah und den Palast, den er gebaut hatte, und die Speisen auf seinen Tischen … und auch sein Brandopfer, den er im Tempel des Herrn darzubringen pflegte, geriet sie vor Staunen außer sich und sprach zum König. Volle Wahrheit ist es gewesen. was ich in meinem Lande über dich und deine Weisheit gehört habe. Gepriesen sei der HERR, dein Gott, der Wohlgefallen an dir gefunden, so dass er dich auf den Thron Israels gesetzt hat! Weil der HERR Israel lieb hat, darum hat er dich zum König eingesetzt, dass du Recht und Gerechtigkeit übst. … Aber König Salomo gab ihr, was sie begehrte und erbat, außer dem, wie ein König zu schenken pflegt. Danach kehrte sie um und zog in ihr Land samt ihrem Gefolge.

 Ein erstaunlicher Fürst ist Salomo in Jerusalem. Er hat Gaben, die sonst kaum bei einem unter seinesgleichen zu finden sind. Er ist friedfertig und weise. Es gibt eher solche, die ihre Überlegenheit dareinsetzen, Andere in Angst und Schrecken zu versetzen, oder solche, die gedankenlos ihren Kopf in den Sand stecken. Friedfertigkeit ist unter Herrschenden nicht gerade verbreitet und ebenso gesunder Menschen-Verstand. Aber genau mit beidem ist Salomo gesegnet. Er verbreitet beides in seinen politischen Entscheidungen. Durch ein wohlbedachtes Handeln sorgt er für ein harmonisches Miteinander. Das bestimmt sein Tun in einem Maße, dass dies weit über die Grenzen des Landes bekannt wird. Endlich eine gute Nachricht! Sie regt zum Nachmachen an. Denn Frieden kann man nicht für sich allein haben. Frieden kann man nur mit Anderen haben, vielleicht mit sehr Anderen.

Davon hat auch die Fürstin im fernen Saba gehört, wo immer das einst gelegen haben mag: im heutigen Jemen oder in Äthiopien. Und die Nachricht bewegt sie derart, dass sie sich auf den weiten Weg macht, aus der Fremde hin nach Jerusalem, dorthin, um dieses Erstaunliche mit eigenen Augen zu sehen. Sie kommt nicht mit leeren Taschen. Sie bringt Gaben mit, um den König Salomo zu erfreuen: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Der Komponist Georg Friedrich Händel hat zu der Geschichte ein schönes Musikstück geschrieben. Köstlich ist darin die Szene, wie diese Fremde vor Salomo auftaucht. Doch die Musik hat dabei keinen Text. Man fragt sich da unwillkürlich, in welcher Sprache sich die beiden wohl verständigen. Wo sie doch in weit entfernten Ländern beheimatet sind. Wo auch sonst Einheimische Mühe haben, Ausländische mit dunkler Hautfarbe und andren Sitten auch nur anzusprechen, geschweige sie willkommen zu heißen. Vermutlich grüßt die Fremde so, wie Muslime einander grüßen: „as-salamu aleykum“ „Friede sei mit dir“. Wie heißt das wohl auf hebräisch, in der Sprache von Salomo?  Richtig, das Wort steckt sogar in seinem Namen! Man kann es auch singen: „Shalom aleichem.“

Die Regentin aus Saba bringt zu ihm nicht nur kostbare Geschenke. Sie bringt auch ein gerüttelt Maß an Fragen mit sich. Um zu lernen, muss man fragen. Um selbst weise zu werden, muss man schon aufbrechen und muss allerlei Schritte auf sich nehmen. Von Fremden kann man immer auch etwas lernen. Und Fremde haben auch Fragen an Ortsansässige. Die Fragen will die Frau dem Salomo vorlegen. Eben, er war nicht nur für seine Friedensliebe bekannt, auch für seine Lebensklugheit. Sie fragt ihn nicht nur aus Wissensbegier. Sie führt ihn dabei auf ein Glatteis. Aber er rutscht nicht aus. Was sie auch fragt, und sie hat viel auf dem Herzen, und sie redet lang und breit, aber er schüttelt sie nicht ab. Er hat ein Ohr für sie; er kann zuhören. Er hat Zeit für sie – das Beste, was wir einander schenken können. Wie hilfreich, er weiß für die Probleme der Anderen eine Lösung zu finden! Er räumt das dornig Ungeklärte aus, eins nach dem Andren. Was dunkel war, lichtet sich. Er bleibt geduldig, auch wenn sie nicht schnell nachkommt, was ja bei Ausländern vorkommt. Er gibt sich Mühe, langsam und verständlich zu reden. Er begegnet ihr ohne Scheuklappen. Er geht auf sie ein. Er geht menschlich mit der Fremden um.

So ist sie des Lobes voll. Fast beneidet sie die, die ständig in seiner Nähe leben, nicht so weit weg wie sie. Die in der Nähe müssen nicht in die Ferne schweifen, weil ihnen das Gute so nah liegt. Es gibt Bevorzugte, denen das Glück in den Schoß gefallen ist. Wissen die auch weise umzugehen mit dem, was ihnen anvertraut ist? Sind sie davor geschützt, das nicht zu verprassen, was ihnen auf Zeit ausgehändigt ist? „Wer hoch steht, kann tief fallen.“ Aber sie, „die kam vom Ende der Erde, um die Weisheit Salomos zu hören“ (Mt 12,42), sie, die Fernstehende, steht ihm am Ende näher als die Nahestehenden.

Die Erinnerung an das, was sich unter Salomo zugetragen hat, ist in der Folgezeit nicht verblasst. Denn die Geschichte ist damit nicht fertig, dass sie einmal geschehen ist. Sie taucht erneut auf und hat dabei ein neues Gesicht. Im Jesajabuch (60,6) wird sie aufgegriffen. Hier ist es eine Zusage für eine erst noch kommende Zeit. In ihr wird nicht nur eine Person, da werden sogar Zahllose von „Saba“, so etwas wie moderne Flüchtlingsströme aus der Fremde herbeikommen. Nicht mehr bloß gekrönte Häupter. Jetzt kommen die Laien zum Zuge. Jetzt hat jedermann Zutritt. ,Hinz und Kunz‘, wer er auch sei und wo er sei: „Sie werden aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des Herrn Lob verkündigen“, heißt es. Und obwohl sie alle, obwohl wir alle zuletzt nur Staub sind, können wir Gott nur loben, der uns „krönt mit Gnade und Barmherzigkeit“ (Ps. 103,14.4).

Und damit ist die Geschichte von jenem Besuch aus der Ferne bei König Salomo noch lange nicht ad acta gelegt. Sie geht weiter und zieht weiter ihre Kreise, wie ein ins Wasser geworfener Stein. Wir denken heute am 6. Januar besonders daran. Da tritt diese Geschichte ja erneut ans Licht. Zwar in anderer Gestalt, aber sie findet wieder statt: Im Neuen Testament wird davon erzählt – und das zeigt, wie Altes und Neues Testament in unsrer Bibel unlöslich zusammengehören. Und ohne das Alte verstehen wir nicht, dass auch das Neues Testament ein Buch der Hoffnung ist. Das Künftige ist noch nicht da. Wann wird das sein? Jetzt ist es weiterhin Zukunftsmusik. Aber die Zukunft ist angebrochen und das sehr zum Verwundern. Wiederholt sich jetzt das Einstige? Nochmal tauchen Gestalten aus der Fremde auf, wieder aus dem Orient. Auch sie bringen Begrüßungs-Geschenke mit sich; auch sie haben Gaben.

Aber jetzt ist etwas anders. Warum ist für die Weitgereisten der Palast von König Herodes die falsche Adresse? Jetzt ist der König, den sie suchen, ganz woanders und ein ganz anderer. Und warum geht Herodes nicht mit den Fremden, dahin, wo die nach allerlei Irrungen und Wirrungen schließlich hinkommen? Was hält ihn zurück? Der Machthaber hat nicht einmal Macht über sich selbst. Er hat Angst. Angst vor einem Kind, weil es in der Tat in seiner Schwachheit der Gegensatz ist zu seiner Macht. Das Kind stellt sie in Frage. Ein armseliger Tyrann ist er. Und geht nicht hin zu dem Neugeborenen in der Krippe. Und seine neunmalklugen Ratgeber, die Wissenschaftler, die Geistlichen, gewiss, sie sind aufgeschlossen. Sie wissen genau Bescheid, auch über das, was sich in Bethlehem zugetragen hat. Aber sie gehen auch nicht dorthin. Sie beugen sich nicht vor dem Kind. Darauf käme es doch wohl an.

Aber die Fremden, die, von denen man es zuletzt erwartet hätte, die gehen hin, wie jene Frau aus Saba. Sie knien vor ihm nieder und beten ihn an. Als wäre er der wahre Herrscher. Und er ist es. So erfüllt sich, was laut Lukas 1 (78f) auch uns in Aussicht gestellt ist: „Durch die barmherzige Liebe unsres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe, um allen zu leuchten, die in Finsternis sitzen und Schatten des Todes und unsere Schritte lenken auf den Weg des Friedens.“ Ja, jetzt ist uns gesagt: „Die Finsternis vergeht und das wahre Licht scheint schon“ (1Joh2,8). Und jetzt ist es an der Zeit, es unwiderruflich klarzustellen, wie es in einem Lied heißt: „Gott hat derer nicht vergessen, die im Finstern sind gesessen.“ Darum kommt er ins Finstere, damit es heutzutage hell werde. Darum geht er in die Fremde, damit die Fremden nach Hause kommen.

Die Geschichte hat ein open end. Sie ist nicht abgeschlossen. Sie möchte, dass wir uns den uns Vorangegangenen anschließen. So spricht die Geschichte mit alten und neuen Zungen heute zu nah und fern, zu uns allen: „Herbei o ihr Gläubigen, fröhlich triumphieret. O kommt, o kommet nach Bethlehem. O lasset uns anbeten, … Du König der Ehren, Herrscher der Heerscharen, verschmähst nicht zu ruhn in Marien Schoß, Gott wahrer Gott von Ewigkeit geboren. O kommt. O kommet nach Bethlehem. …“ Und von dort kehren die Anbeter wieder um, „auf einem anderen Weg“, wird gesagt. Ja, von dort geht unser Weg nicht mehr zurück in das alte Leben unter der Herrschaft eines Herodes.  Von dort geht unser Weg vorwärts – nach dem Lied: „Vertraut den neuen Wegen, in die der Herr uns weist…. Gott will, dass ihr ein Segen für diese Erde seid.“ Amen

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Eberhard Busch

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