1. Timotheus 2,1-6a

1. Timotheus 2,1-6a

Und wenn wir nicht beteten? | Rogate | 14.05.2023| 1 Tim 2,1-6a | Katharina Wiefel-Jenner |

So ermahne ich nun, dass man vor allen Dingen tue Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung für alle Menschen, für die Könige und für alle Obrigkeit, damit wir ein ruhiges und stilles Leben führen können in aller Frömmigkeit und Ehrbarkeit. Dies ist gut und wohlgefällig vor Gott, unserm Heiland, welcher will, dass alle Menschen gerettet werden und sie zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. Denn es ist ein Gott und ein Mittler zwischen Gott und den Menschen, nämlich der Mensch Christus Jesus, der sich selbst gegeben hat als Lösegeld für alle.

Der Apostel fordert: Betet!

Bitte, Gebet, Fürbitte und Dank sind unsere wichtigste Aufgabe. Betet!

Und wenn wir nun nicht beten?

Würde es jemand bemerken, wenn wir nicht beteten? Wir könnten die Forderung des Apostels einfach in den Wind schlagen. Wo macht unser Beten einen Unterschied? Wer braucht unser Gebet? Niemand würde es merken. Die Welt würde sich wie gewohnt weiterdrehen. Der Nachrichtenstrom würde weiterfließen, die Kriege weitergehen, die Verzweifelten weinen, die Lügner die Wahrheit verachten. Wir würden trotzdem über den Regenbogen staunen und die Neugeborenen auf den Arm wiegen. Was würde sich ändern, wenn wir nicht beteten?

Halt! Stopp! So geht das nicht. Betet! Bitte, Gebet, Fürbitte und Dank sind eure wichtigste Aufgabe. Fangt noch einmal an! Dieses Mal mit weniger Bitterkeit und mit mehr Zuversicht.

Also gut: Wir werden Folge leisten. Wir werden einfach beten. Dann beten wir, während die Bäume blühen und wir den Kindern beim Spielen zuschauen. Dann beten wir, während der Nachrichtenstrom fließt, Tyrannen ihre Feinde ins Lager schicken. Dann beten wir, während Kranke weinen und die Schlaflosen auf die Morgensonne warten.

Ja! Genauso! So ist es richtig. So macht weiter. Betet!

Gut, dann beten wir am besten für alle Menschen und für alle Welt. Das meinst du Apostel doch?

Ja, das ist dir richtige Spur. Betet, alle Menschen und alle Welt brauchen eure Gebete.

Der Nachrichtenstrom fließt. Unaufhörlich strömen die Meldungen über die Mächtigen an unser Ohr, bedrängen unsere Seelen und belagern unsere Gedanken. Wir brauchen gerechtere Mächtige. Beten wir um gerechte Herrscher.

            Und der Apostel sagt dazu: ja, alle Menschen brauchen euer Beten.

Das Elend derer, die zwischen die Mühlsteine der Geschichte geraten, zerreißt uns das Herz und wir wissen nicht, wie wir denen beistehen können, die zwischen Bombenalarmen ihre Kinder versorgen und vor Festungsmauern scheitern. Beten wir um Frieden.

            Und der Apostel sagt dazu: ja, alle Menschen brauchen euer Beten.

Die Schöpfung seufzt. Die Gletscher schmelzen, die Wale verirren sich, die Wüste lebt nicht mehr. Wir geben uns Mühe und drehen an kleinsten Stellschrauben, ohne zu wissen, ob irgendetwas hilft. Beten wir um Sonne und Regen zur rechten Zeit.

            Und der Apostel sagt dazu: ja, alle Welt braucht euer Beten.

Die Natur bricht auf. Die Astronauten zeigen uns Bilder von unserem Planeten mitten in den unendlichen Weiten des Weltraums. Die Liebe findet ihren Weg und überwindet Grenzen. Unsere Herzen sind voll Dank und Staunen.

Und der Apostel sagt dazu: Ja, es gibt jeden Tag einen Grund zum Dank.

Dann beten wir also für alle Menschen und alle Welt. Das fühlt sich sogar gut an. Aber genügt dir das, Apostel? Und warum? Was bewahrt unser Beten davor, dass wir nur leere Worte in die Welt hinein atmen? Es geht doch um mehr als nur um unsere Pflichterfüllung oder ein gutes Gefühl.

Du, Apostel, sag was!

Und der Apostel schreibt uns: „Betet, denn das ist gut vor Gott, der alle Welt retten will.“ Fünf Worte reichen. Gott will alle Menschen retten. Fünf Worte. Beten ist die Chance für das Leben. Die sollte man nicht verspielen.

Die Gebete und die Rettung der Welt gehören zusammen. Gebete sind überlebenswichtig. Sie werden gebraucht. Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen Gottes Wunsch, dass alle Welt gerettet wird und der Bitte an uns, dass wir beten. Beten und Rettung gehören zusammen.

Betet, denn Gott will alle Menschen retten – vor der Macht der Gewaltherrscher.

Betet, denn Gott will alle Menschen retten – die Verletzten, Traumatisierten und Hungernden, die Versklavten und Verschleppten.

Betet, denn Gott will die Welt retten und die seufzende Schöpfung erlösen.

Betet, denn das Gebet macht den Unterschied.

Aber wie? Apostel, sag was! Wahrscheinlich wirst du jetzt von Jesus Christus sprechen. Anderes würde uns jedenfalls überraschen. Aber bitte antworte so, dass es nicht wie eine allgemeine Formel klingt. Sag uns nichts, was sowieso immer stimmt.

Du, Apostel!

Ja, es liegt an Jesus Christus. Gott will alle Menschen retten und diese Rettung geht durch Jesus Christus. Jesus macht für das Gebet den Unterschied. Gott hat mit Jesu die Welt nicht sich selbst überlassen hat. Gott hat den Kräften von Chaos und Dunkelheit Jesu Liebe und das Licht der Welt entgegengesetzt. Gott hat mit Jesus das wahre Leben gezeigt. Mit Jesus Christus rettet Gott alle Welt und das macht den Unterschied für unser Gebet aus. Mit den Gebeten tauchen wir in Gottes Liebe ein. Im Beten schauen wir auf Christus und halten Gott die Welt hin. So stellen wir uns an die Seite Gottes, verbinden uns mit Jesus und überlassen die Welt nicht den Kräften von Chaos und Dunkelheit. Wir beten und kapitulieren nicht vor den Verhältnissen.

Meinst du das so, du Apostel?

Wenn wir beten, bestreiten wir den Anspruch der Mächtigen auf die Welt.

Wenn wir beten, resignieren wir nicht vor den Mächten, die die Schwachen opfern und dem Hass huldigen?

Wenn wir beten, vertrauen wir unsere Freunde und Kinder Gott an und sie müssen ihr Schicksal nicht allein aus der eigenen Kraft meistern?

Wenn wir beten, gewinnen Versöhnung und Frieden in dieser Welt Raum.

Allmählich versteht ihr es. Sprecht weiter:

Wenn wir beten, halten wir daran fest: Eine andere Welt ist möglich.

Wenn wir beten, stimmen wir Gott zu. Wir geben Gott recht und wir halten mit Gott zusammen. Wir beharren darauf, dass andere Verhältnisse in dieser Welt nötig sind, dass Rettung nötig ist. Mit jedem Gebet trauen wir Gott zu, dass sich Frieden und Gerechtigkeit küssen werden, die Versöhnung wirklich wird und die seufzende Schöpfung erlöst werden wird. Mit jedem Gebet stimmen wir ein in Gottes Willen. Mit jedem Gebet gewinnt Gott Raum in dieser Welt, in uns und durch uns. So verändert unser Beten die Welt.

Und wenn wir nun nicht beteten?

Fangt ihr schon wieder an?

Wollt ihr alle Chancen auf Rettung und Leben verspielen? Betet!

Dr. Katharina Wiefel-Jenner

Berlin

wiefel_jenner@hotmail.com

Katharina Wiefel-Jenner, geb.1958, Pfarrerin i.R., bildet als Dozentin für Liturgik und Homiletik Ehrenamtliche für den Verkündigungsdienst aus.

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