4. Mose 21,4-9

4. Mose 21,4-9

Das Zeichen zum Überleben | Reminiszere | 25.02.2024 | 4. Mose 21,4-9 | Andreas Pawlas |

Da brachen sie auf von dem Berge Hor in Richtung auf das Schilfmeer, um das Land der Edomiter zu umgehen. Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege und redete wider Gott und wider Mose: Warum habt ihr uns aus Ägypten geführt, dass wir sterben in der Wüste? Denn es ist kein Brot noch Wasser hier, und uns ekelt vor dieser mageren Speise. Da sandte der Herr feurige Schlangen unter das Volk; die bissen das Volk, dass viele aus Israel starben. Da kamen sie zu Mose und sprachen: Wir haben gesündigt, dass wir wider den Herrn und wider dich geredet haben. Bitte den Herrn, dass er die Schlangen von uns nehme. Und Mose bat für das Volk. Da sprach der Herr zu Mose: Mache dir eine eherne Schlange und richte sie an einer Stange hoch auf. Wer gebissen ist und sieht sie an, der soll leben. Da machte Mose eine eherne Schlange und richtete sie hoch auf. Und wenn jemanden eine Schlange biss, so sah er die eherne Schlange an und blieb leben.

Liebe Gemeinde!

Das Volk Gottes ist unterwegs. Wir alle sind unterwegs. Andauernd. Lebenslang. Da kann sich keiner in seinem Sessel zurücklehnen und sagen: Für mich gibt es keine Wege mehr. Ich bin angekommen. Nein, solange wir leben, sind wir unterwegs. Und es ist wirklich gut, sich am Sonntag Reminiszere, also am Sonntag „Erinnere Dich“, genau daran zu erinnern.

Allerdings ist es für Jüngere manchmal lästig, sich von der Oma zum soundsovielten Male anhören zu müssen, wie ganz besonders die letzte Kreuzfahrt in die Karibik war, oder vom Onkel Klaus, wie aufregend die letzte Bergtour war.

Aber, auch wenn mancher von seinen Reisen nett erzählen kann, es bleibt doch die Frage, was alle diese Reisen, alle diese Wege und Umwege, für unser Leben wohl zu bedeuten haben. Und natürlich weiß ich, dass heute viel daran gemessen wird, wieviel Spass einem die Reise gemacht hat, oder wie die Bergwanderung das eigene Ego noch größer gemacht hat. So etwas ist in Zeiten des Friedens und Wohlergehens eben populär und hat nun einmal absolute Priorität.

Jedoch, ganz anders sieht es aus in Krisen- und Kriegszeiten, bei Nöten und bei Schicksalsschlägen, in Versagen und Schuld, in Krankheit und Tod. Ja, was sollte da noch der Bericht über die letzte Kreuzfahrt oder die letzte Bergtour wirklich helfen können?

Dagegen ist der Bericht über den Auszug des Alten Gottesvolkes aus Ägypten zur Überlieferung festgehalten worden, um aus ihm Entscheidendes für das eigene Leben und das Leben der Menschen zu gewinnen. Und der Auszug der Kinder Israel aus Ägypten war eben keine nette Urlaubsreise oder eine Unternehmung, die eigene Neugierde zu befriedigen. Sondern alle diese Leute waren unterwegs, um größter Not und bitterster Unterdrückung zu entfliehen. Durch das Meer waren sie schon gekommen, durch die Wüste waren sie schon gezogen. Sie waren gerettet worden. Und doch kamen sie nicht weiter, weil ein anderes Volk ihnen den Weg versperrte. Umwege waren angesagt. wieder Mühen in Staub, Sand und Geröll. Kein Wasser, kein Brot. Nein. Das mochte und mochte man nicht mehr.

Kennen wir das etwa? Ja, genau das! Nur Mühen und Widerstand. Keine Stärkung und kein Erfolg. Wozu hatte man sich denn auf den Weg gemacht? Was sollte das denn alles? Man ist sauer, man hat die Nase voll! Ja, das bedeutet das, wenn unser Bibelwort berichtet: Und das Volk wurde verdrossen auf dem Wege. Und wenn weiter berichtet wird, dass das Volk gegen Gott und Mose redete, dann kennen wir das doch auch. Manche machen dann Gott lächerlich, ignorieren oder verachten ihn, und andere treten aus Rache an diesem unnützen Gott aus der Kirche aus.

Wie einfach wäre es, wenn dann feurige Schlangen übers Land gekrochen kämen, die dann gräßlich um sich beissen würden und allen Lästerern und Ignoranten, allen Gottesverächtern und Meckerern, eine Lektion erteilen würden, die sich gewaschen hat. Und dann würden sie alle endlich umkommen, die nicht so sind – wie Du und ich!

Ja, das wäre einfach, aber bestimmt nicht nach Gottes Willen. Gott sei Dank. Denn er weiss doch genau, dass Du und ich zumindest manchmal durch unser Alltagshandeln und durch alles tägliche Denken und Hoffen, in dem wir darin meinen, auf Gott keine Rücksicht nehmen zu müssen, eigentlich auch in den Kreis der Lästerer und Ignoranten, der Gottesverächter und Meckerer gehören. Insofern trifft die Leere und Hoffnungslosigkeit einer gottlosen und hoffnungslosen Welt irgendwie uns selbst. Was sind dagegen schon feurigen Schlangen, gegen solches selbst gemachtes Elend!

Aber wie gut, dass wir auf unserer Lebenswanderung nicht allein sind. Das Alte Gottesvolk war auch nicht allein. Es wurde geführt von dem Gottesmann Mose. Und von wem werden wir heutigen auf unserer Lebenswanderung geführt? Was sollten Christenmenschen hier anderes antworten als „von Christus!“

Und natürlich dürfen wir es dann genauso tun, wie es das Alte Gottesvolk getan hat: Das hatte Mose all sein Fehlverhalten eingestanden und ihn dann gebeten zu helfen. Genauso dürfen wir Christus bekennen, wo wir uns nicht auf Gottes Güte und Barmherzigkeit verlassen und an unserer Lebenserfüllung durch Gott gezweifelt haben, und wir dürfen ihn dann wirklich bitten zu helfen.

Aber um Himmels willen, was passiert denn da in unserem biblischen Bericht? Da hätten wir doch erwartet, dass das Alte Gottesvolk eins, zwei, drei, in das gelobte Land versetzt wird. Dass da mit einem Male nur noch Milch und Honig fließen. Dass da mit einem Male paradiesische Zustände einkehren und alle Wanderung endlich am Ziel ist. Aber nichts davon! Die Wanderung geht weiter. Wir sind noch nicht am Ziel. Allerdings bekommt der Gottesmann Mose von Gott eine Weisung. Er bekommt von Gott eine Weisung gegen den Angriff der tödlichen Schlangen. Aber Mose bekommt von Gott diesen Auftrag, ein Zeichen zu errichten, das hilft. Ein hoch aufgerichtetes Zeichen, bei dem der glaubende Blick Hilfe und Leben bringt.

Kennen wir das vielleicht? Kennen wir nicht genau das aus unserer christlichen Tradition? Natürlich kennen wir das. Denn was ist wohl die Aufgabe des hoch aufgerichteten Kreuzes in unseren Kirchen, auf unseren Kirchturmspitzen an unseren Gräbern?

Nein, nicht dass der Weg durch die Höhen und Tiefen unseres Lebens jetzt zu Ende und vollendet ist. Nicht, dass wir plötzlich in das gelobte Land versetzt werden. Nicht, dass da mit einem Male nur noch Milch und Honig fließen und paradiesische Zustände einkehren. Nein, die Wanderung geht weiter. Aber wer glaubendauf das Kreuz Christi schaut, den bringen die Bisse von Schuld, Versagen und Verzweiflung nicht um. Wer sich traut, auf das Kreuz Christi und damit auf das Erlösungswerk Christi zu schauen, dem wird neue Kraft geschenkt, Vertrauen und Hoffnung.

Das wussten unsere Mütter und Väter im Glauben. Und so wurde doch das Kreuz zum Zeichen der Christenheit. Und wer sich so, durch den Blick auf das Kreuz Christi dem Glauben an Christus öffnet, der wird nicht nur auf dem eigenen Lebensweg gestärkt und bewahrt. Sondern wer sich hier in diesem Leben auf Christus verlässt, der gehört auch in Ewigkeit zu Christus, dem ist ewiges Leben zugesagt. Deshalb doch das Kreuz auf den Gräbern und in den Todesanzeigen.

Aber was ist nun mit denen, die klagen: Ich habe mir in meinem Elend schon die Augen ausgeguckt an den vielen Kreuzen am Wege, an den vielen Kreuzen an der Wand, an den vielen Kreuzen auf den Kirchturmspitzen. Und was ist passiert? Nichts. Ich bin so leer und ausgepumpt wie vorher und die Schmerzen und die Hoffnungslosigkeit beissen mich nach wie vor wie feurige Schlangen. Ja, so werden viele verdrossen auf dem Wege und reden wider Gott und wider Christus.

Aber Moment, da würde dann doch mancher von uns sagen: Wieso denn wider Gott und wider Christus reden? Über die habe ich doch gar nichts gesagt. Oh doch! Denn erinnern wir uns: Was hat damals das Alte Gottesvolk wider Gott und wider Christus geredet? Doch dass der Weg vergebens und nutzlos ist und man lieber wieder in Ägypten wäre. Bitterer Zweifel an dem Weg, den Gott für diese Volk ausgesucht und bestimmt hat. Gott, der Versager und Nichtskönner! Gott, der uns nur etwas vormacht und in die Irre führt. So oder so ähnlich damals das Alte Gottesvolk.

Und wie klingt das bei uns? Sind wir uns denn ganz sicher, dass Gott diesen unseren Lebensweg genau für uns bestimmt hat und wir damit zum Ziel kommen werden? Was bedeutet das denn eigentlich, wenn wir an nichts anderes mehr denken können, als an unsere zerbrochenen Hoffnungen, an unsere Demütigungen, unsere Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit? Trauen wir denn da unserem Gott noch irgendetwas zu? Ist dann für uns nicht Gott nur der Versager und Nichtskönner, ein Götze, der uns nur etwas vormacht und in die Irre führt? Ja, so schauen wir, gebissen von den feurige Schlangen unseres Alltagselends wie gebannt vor unsere Füsse, um weiteren Schmerzen auszuweichen.

Aber was würde denn passieren, wenn wir unseren Blick erheben würden? Was würde denn passieren, wenn wir unseren Blick erheben würden und auf das Kreuz schauten? Müssten da nicht wirklich ganz andereGedanken und Gefühle in uns wirksam sein? Müssten sich da nicht der ganze Zweifel an dem Sinn des Ganzen, an Weg und Ziel wie von selbst wegheben?

Nein, das ist keine Mechanik. Durch das schnelle Schlagen des Kreuzes springt der Teufel nicht wieder in die Kiste. Aber durch den Blick auf das Kreuz Christi allein auf Christus zu schauen und lebendig zu hoffen, das ist etwas anderes. Das ist der Blick des Glaubens. Das ist der Blick der Hoffnung. Das ist der Blick der Liebe. Und dem ist Ewigkeit zugesagt. Selbst wer in allem Elend vergehen sollte, der wird so zum Lebenfinden, zum ewigen Leben. Das ist die Zusage des lebendigen Gottes. Das hat er uns durch Christus und sein Kreuz verbürgt. Gott sei Dank! Amen.


Pastor i. R. Prof. Dr. Andreas Pawlas

Eichenweg 24

25365 Kl. Offenseth-Sparrieshoop

Andreas.Pawlas@web.de

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